Protocol of the Session on April 2, 2009

Und zweitens habe ich mich auch deshalb enthalten, weil ich schon verwundert bin, dass wir gestern in der Debatte um die Aufsetzung des Dringlichkeitsantrages keine Gegenwehr gehört haben. Im Gegenteil, zwei Drittel dieses Landtages haben sich entschieden, den Punkt zu behandeln. Und wenn ich die Ausführungen von Herrn Minister Backhaus richtig gehört habe, ist er bereit, zu vielen Dingen noch einmal zu sprechen. Dann wäre eine Überweisung in den Agrarausschuss,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

auch wenn sie ziemlich verspätet wäre, angemessen gewesen.

Und dann möchte ich noch eines hinzufügen: Ich habe meinen Kollegen Professor Fritz Tack hier noch nie

erlebt, dass er in einer unsachlichen Art und Weise den Minister in seiner Arbeit gerügt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Hat er doch gar nicht gesagt.)

Ich rufe jetzt vereinbarungsgemäß auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Reform des Staatshaftungsrechts, Drucksache 5/2367.

Antrag der Fraktion der FDP: Reform des Staatshaftungsrechts – Drucksache 5/2367 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Ratjen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es ist mir als Zahnarzt immer eine besondere Freude, zu rechtspolitischen Themen zu sprechen. Ich könnte jetzt, wenn ich unfair und gemein wäre, die vollen zehn Minuten Redezeit ausnutzen

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

und alles, was an Literatur zum Staatshaftungsrecht in den letzten 40 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht wurde, Ihnen näherbringen. Ich glaube, es gibt wenig geschriebene Gesetze, über die so viel geschrieben wurde wie über dieses Gesetz, das es gar nicht gibt.

(allgemeine Unruhe)

Es gibt einen Flickenteppich bundesweit, was Staatshaftungsrecht betrifft. Es gibt mehr durch richterliche Rechtsprechung ausgeübtes Recht denn geschriebenes Gesetz dazu. Es ist ein Flickenteppich zum Staatshaftungsrecht, auf dem sich nicht einmal der Fachmann zurechtfindet. Und wo dann der Bürger?

Die FDP-Fraktion hat in der letzten Sitzung, in der letzten Sitzungswoche, als das alte DDR-Staatshaftungsrecht abgeschafft wurde, darüber lässt sich lange diskutieren,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

nur deshalb dafür gestimmt, weil wir auch gesagt haben, wir werden in der nächsten Sitzung einen Antrag einbringen, ein neues Staatshaftungsrecht hier in MecklenburgVorpommern zu beginnen und in den Bundesrat einzubringen, getreu dem Motto: „Ex oriente lux, ex occidente luxus“.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Niemand in dieser Bundesrepublik Deutschland ist in seinem Handeln so machtprivilegiert wie der Staat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Dieses Privileg muss er haben. Aber wenn er dieses Privileg hat, dann muss sein Handeln unter einem besonderen Rechtschaffenheitsvorbehalt stehen. Er muss sich selbst immer wieder mit überprüfen, ob sein Handeln rechtschaffen ist. Und dann kann es nicht sein, dass das einzige Argument zur Abschaffung eines Staatshaftungsrechts ist, die Kosten sind zu hoch. Das darf nicht sein, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Die Kosten sind nur dann hoch, wenn der Staat offensichtlich nicht rechtschaffen und nicht rechtens gehandelt hat. Deshalb muss ein einheitliches, verständliches, eindeutiges, klares Staatshaftungsrecht in Deutschland eingeführt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und dann ist auch die Frage, ob es verschuldensabhängig oder verschuldensunabhängig der Fall ist, nicht mehr so bedeutend, denn wer als Staat so handelt, dass ein Schaden bei anderen, bei Dritten entsteht, der handelt auch in irgendeiner Form schuldhaft. Außerdem ist dann wirklich die Frage nach der Schuld zu stellen. Aber es muss auch gelten, der Staat haftet für seine Mitarbeiter, in diesem Fall für die Beamten oder auch für die öffentlichen Angestellten. Es kann nicht sein, dass hier Schuld einfach an der Teflonweste abprallt. Wir wollen einen Staat, mit dem der Bürger sich identifizieren kann, und das bedeutet auch, dass der Staat, der jetzt in Form von Politikern bei den Managern fordert, dass sie Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, dass dies auch für den Staat gelten muss.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tut es doch auch.)

Ich möchte Sie damit eigentlich in die Debatte entlassen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vielen Dank, Herr Ratjen. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Ich glaube, das, was essenziell ist, habe ich gesagt. Man muss seine Redezeit nicht immer voll ausschöpfen, um Bedeutungsvolles zu sagen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vor allem, wenn man nichts zu sagen hat. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Ich kann das jetzt noch weiter sagen, lieber Herr Nieszery, wobei …

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Zusammenfassend noch mal: Seit Beginn der 80er-Jahre haben wir in der Bundesrepublik West eine Debatte gehabt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da waren Sie auch schon dabei?)

1982 ist ein Staatshaftungsrecht eingeführt worden, vom Verfassungsgericht anschließend kassiert worden. 1994 wurde dann endlich die Verfassung so weit geändert, dass die bundesgesetzgeberische Zuständigkeit hergestellt wurde.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Rechtshistorie. – Zuruf aus dem Plenum: Das hat Gino uns schon mal erzählt.)

Ja, aber nicht hier heute an diesem Ort.

(Zuruf aus dem Plenum: Nein.)

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Also lassen Sie uns das jetzt nicht zum Theater ausarten, denn allen Ernstes, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kämpfen um die Glaubwürdigkeit des Staates auch in der Argumentation gegen eine gewisse Fensterfront.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Frank Borrmann, NPD)

Es ist eindeutig, dass der Bürger vom Staat auch Verantwortung für das Handeln und Verantwortung für die Fehler verlangt.

(Beifall der Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Und ich glaube, es stünde uns gut an, hier heute einen Anfang zu machen. – Danke.

(Beifall der Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Ratjen.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat um das Wort gebeten die Justizministerin des Landes Frau Kuder. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gar nicht erwartet, dass das heute Abend noch kommt. Ich hatte damit gerechnet, dass es in der morgigen Sitzung aufgerufen wird.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber Sie sind ja vorbereitet.)