Protocol of the Session on April 2, 2009

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Der wirkt manchmal völlig überfordert. Das ist so.)

der alle möglichen Aspekte einer Strukturreform von vorn, von hinten, von oben und von unten beleuchtet.

(Toralf Schnur, FDP: Sie kennen ja meinen Schrank nicht.)

Welcher Bürger oder welche Bürgerin würde sich wohl durch diesen Papierwust durcharbeiten wollen?

(Zuruf von Sebastian Ratjen, FDP)

Oder geht es der FDP lediglich um die Ermittlung einer Tendenz? Eine Volksbefragung zur Ermittlung einer Tendenz ist meiner Auffassung nach aber nicht erforderlich, weil die Reformnotwendigkeit an sich auch nicht von Ihnen bis jetzt infrage gestellt wurde.

(Toralf Schnur, FDP: Das stimmt. – Raimund Frank Borrmann, NPD: Die werden aber vom Volk infrage gestellt.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Antragstellerin hält eine Bürgerbeteiligung für das Gesetzgebungsverfahren zur Kreisstrukturreform für erforderlich. In der Begründung sagen Sie dazu, die derzeit kontroverse Diskussion über die Kreisgebietsreform beruht auf der fehlenden Beteiligung der eigentlich Betroffenen. Die Feststellung, dass die Einwohner unseres Landes die Betroffenen sind, teile ich ja durchaus. Die Bürgerinnen und Bürger sind es, die letztendlich für die Finanzierung unserer Verwaltungen geradestehen, und je weniger Bürger zur Kostenbeteiligung herangezogen werden können, desto mehr muss der Einzelne dann letztendlich zahlen. Weil wir das aber nicht wollen, müssen die Verwaltungskosten gesenkt werden.

Die demografische Entwicklung sowie die veränderte Altersstruktur wird die Pro-Kopf-Kosten für Verwaltungsleistungen zwangsläufig anheben. Außerdem wissen Sie genauso gut wie wir, dass uns ein großer Teil an finanziellen Mitteln wegbrechen wird. Deshalb wollen wir effiziente Strukturen und eine effektive Aufgabenerfüllung. Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land haben ein Recht darauf, dass die Landespolitik rechtzeitig auf vorhersehbare Entwicklungen reagiert. Deshalb wurde auch in der letzten Wahlperiode eine Verwaltungsreform beschlossen, die, wie Sie alle wissen, durch das Verfassungsgericht gekippt wurde.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Deshalb steht der Neuanfang der Verwaltungsreform im Koalitionsvertrag und deshalb hat die Enquetekommission den Zusatzauftrag bekommen und Ziele, Leitbild und Leitlinien für eine Kreisgebietsreform in MecklenburgVorpommern erarbeitet, welche ja schon vor einiger Zeit von diesem Hohen Haus beschlossen wurden.

So weit waren sich die meisten Akteure einschließlich der kommunalen Spitzenverbände auch einig. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, der Teufel steckt im Detail und deshalb entstehen zum jetzigen Zeitpunkt, da der Referentenentwurf in der Verbandsanhörung war und die Stellungnahmen vorliegen, die kontroversen Diskussionen.

Der Antrag fordert weiter ganz konkret, wann eine Befragung durchgeführt werden soll, nämlich zur Bundestagswahl, und die Landesregierung wird auch aufgefordert, dem Landtag die notwendige Fragestellung für die Volksbefragung bis zum 31.05. vorzulegen. Die Landes

regierung soll bis zum 31. Mai geeignete Fragen für die Volksbefragung zur Kreisstrukturreform an den Landtag übergeben.

(Toralf Schnur, FDP: Herr Caffier hat ja schon geübt bei den Fragen.)

Da kann es entsprechend den Zielen der Verwaltungsreform meiner Meinung nach eigentlich überhaupt nur zwei Fragen geben, nämlich: Sind Sie bereit, zukünftig für schlechtere Verwaltungsdienstleistungen mehr Geld zu bezahlen? Sind Sie bereit, wenn Sie Kreistagsmitglied sind, längere Anfahrtswege zur Kreistagssitzung in Kauf zu nehmen, wenn dafür eine bessere Verwaltungsqualität im Land gesichert werden kann?

(Toralf Schnur, FDP: Sehen Sie, da haben Sie auch schon zwei Fragen. – Zuruf von Sebastian Ratjen, FDP)

Diese Fragen meinen Sie aber sicherlich nicht. Und diese Fragen ergeben sich meines Erachtens höchstens daraus, weil die bisherigen Beratungen in der Enquetekommission das so eindeutig ergeben haben.

Durch Sparzwang wird die Verwaltungsqualität in den heutigen Strukturen zwangsläufig erheblich leiden. Mit der Schaffung größerer Einheiten, so, wie es der Gesetzentwurf zur Kreisgebietsreform vorsieht, können Effizienzgewinne bei mindestens gleichbleibender Qualität erreicht werden. Auch wenn im Augenblick über die Höhe der Effizienzgewinne noch gestritten wird, ist die Erzielung von Effizienzgewinnen durch eine Kreisgebietsreform selbst von Ihnen, die Herren und die Dame von der FDP, eigentlich anerkannt gewesen.

(Toralf Schnur, FDP: Nee, die Höhe des Effi- zienzgewinnes ist so nicht anerkannt worden.)

Ich habe gesagt, auch wenn über die Höhe noch gestritten wird.

(Toralf Schnur, FDP: Ach so, ja.)

Dass Effizienzgewinne zu erwarten sind, das haben Sie bis jetzt auch nicht bestritten.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Kreisstrukturen überschreiten zwar zum Teil auch die vorgegebenen Flächengrößen, aber auch das wurde in den Stellungnahmen, die ich bisher gelesen habe, jedenfalls toleriert.

Eine Volksbefragung würde ganz im Gegenteil eine Menge weiterer Fragen aufwerfen. Was würde der Landtag überhaupt mit den Ergebnissen einer Volksbefragung, wie immer sie dann aussehen würde, anfangen können?

(Toralf Schnur, FDP: Bei dieser Regierung wäre es wahrscheinlich egal. Das stimmt.)

Wie hoch muss eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sein, um ein repräsentatives Ergebnis daraus zu erhalten? Sind die Nichtwähler dafür oder dagegen?

(Toralf Schnur, FDP: Das interessiert Sie doch bei Wahlen auch nicht.)

Die Ergebnisse der Volksbefragung hätten einen vollkommen unverbindlichen Charakter. Sie würden lediglich eine Tendenz zum Ausdruck bringen, die den Gesetzgeber nicht von seiner verfassungsmäßigen Gestaltungspflicht entbindet.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch wenn Sie es bestreiten, der Antrag ist populistisch.

(Toralf Schnur, FDP: Nö.)

Die FDP-Fraktion will sich an dieser Stelle aus der Verantwortung für ihre eigene Entfaltungsfindung stehlen. Der FDP steht es frei, eigene Meinungsbildungsprozesse an der Basis zu organisieren. Andere Parteien mit ihren kommunalpolitischen Vereinigungen beispielsweise tun dies auch,

(Toralf Schnur, FDP: Wir auch.)

und das schon sehr lange Zeit von Anfang des Prozesses an.

Eine Volksbefragung ist kein geeignetes Mittel, um den Abwägungsprozess für eine Entscheidung über das Kreisgebietsreformgesetz zu steuern. Hier führen wir lediglich ein Scheingefecht. Eine Volksbefragung ist verfassungsrechtlich nicht vorgesehen, unverbindlich, ersetzt nicht die Stellungnahmen der Kreistage und Gemeindevertretungen, entbindet den Gesetzgeber nicht von seinem verfassungsrechtlichen Gestaltungsauftrag.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir lehnen diesen Antrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Tegtmeier.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Měšťan von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE unterstützt ausdrücklich Initiativen der Volksgesetzgebung und eine Aktivierung direkter Demokratie in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Toralf Schnur, FDP: Wenn sie von der LINKEN kommt. Aber nur, wenn sie von euch kommt.)

Ich darf in diesem Zusammenhang an die dritte Änderung unserer Landesverfassung erinnern, die durch eine Volksinitiative und damit mit einem Instrument direkter Demokratie, das in unserer Landesverfassung garantiert ist, eingeleitet wurde. Meine Fraktion hat diese Volksinitiative von Anfang an intensiv unterstützt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Toralf Schnur, FDP: Ja, noch.)

Erinnern will ich deshalb auch an die Volksinitiative „Kein Steinkohlekraftwerk in Lubmin“, wobei sich die Koalitionsmehrheit wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat.

Meine Damen und Herren, aufgrund der bekanntermaßen hohen Wertschätzung meiner Fraktion für Volksinitiativen und andere Formen direkter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist aber der vorliegende Antrag konsequent abzulehnen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Sebastian Ratjen, FDP, und Toralf Schnur, FDP)

denn, meine Damen und Herren von der FDP – hören Sie zu –, Inhalt und Form dieses FDP-Antrages fügen der demokratischen Grundidee der Bürgerbeteiligung insgesamt Schaden zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Sehr richtig. – Toralf Schnur, FDP: Das ist ein Witz.)

Sowohl für den Gegenstand als auch für das Verfahren ist der FDP-Antrag – und da kann ich nur meine Vorredner wiederholen – deutlich viel zu oberflächlich und es tut mir leid, Ihnen das auch sagen zu müssen, er ist einfach populistisch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)