Die Frage der Tariftreue ist in der Tat ein Thema, wo ich meine, hier ist nicht Schnelligkeit angesagt, sondern Gründlichkeit. Das wäre hier viel wichtiger,
denn ich will mal sagen, was bitte nützt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Gesetz, wo sie meinen, dass ihnen am Ende höheres Einkommen zukommt, wenn das Unternehmen, das sie bezahlen müsste, pleite ist.
Ja, mir ist mit dem heutigen Tage in der Post ein Gesetz zugegangen von der SPD, das wir uns anschauen werden,
ein Gesetzentwurf – Entschuldigung. Das muss man sich anschauen. Da habe ich allerdings Zweifel, ob man nun die Bezugnahme auf ÖPNV und Schienenpersonennahverkehr auch noch gesondert regeln sollte und ob es denn sehr sinnvoll ist, die Frage der Behandlung von Landesstraßen anders zu sehen als die der Bundesstraßen.
Ich will noch einmal sagen, ich gehe davon aus, dass wir Ihren Antrag ablehnen und die Gespräche zwischen den Fraktionen in aller Ruhe und aller Gründlichkeit weitergeführt werden. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wie bisher, wie bisher. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Allens blifft bi’n Ollen.)
Herr Abgeordneter Borrmann, ich habe noch einmal überprüfen lassen, wie Sie hier vorhin die Anrede formuliert haben. Sie sind zweimal von dem amtierenden Präsidenten Herrn Bluhm darauf hingewiesen worden, dass es hier nicht darum geht, jemanden persönlich anzusprechen,
sondern dass der jeweils amtierende Präsident oder die Präsidentin als Präsident oder Präsidentin anzureden ist. Ich bin Vizepräsident, aber ich amtiere hier als Präsident.
Bitte diskutieren Sie jetzt nicht mit mir! Ich weise darauf noch mal hin, weil wir bei den nächsten Malen darauf achten werden.
Meine Damen und Herren, es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.
Wenn Sie mehr als kleine Häppchen bekommen, Herr Roolf, dann sind Sie gleich überfressen. Das kann ich nicht verantworten, auch wenn das jetzt unparlamentarisch ist.
(Michael Roolf, FDP: Ich kann das alles in kleine Scheiben schneiden. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was ist? Was ist?)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE fordert im vorliegenden Antrag den Landtag auf, sein Unverständnis dahin gehend festzustellen, dass der Beschluss des Landtages vom 03.07. auf Drucksache 5/1588 bis zum heutigen Tag nicht umgesetzt worden ist. Gleichzeitig wird die Landesregierung aufgefordert, dem vorgenannten Beschluss unverzüglich nachzukommen.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir an dieser Stelle, dass ich zunächst einmal kurz auf den damaligen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD zur öffentlichen Auftragsvergabe – Frau Kollegin Lück hat das als Machwerk bezeichnet, darüber unterhalten wir uns gleich noch bei einem Kaffee – in unserem Land eingehe. Der damalige Entwurf hatte, was den Bereich der sogenannten Tariftreue angeht, zwei entscheidende Komponenten, auf die ich mich, glaube ich, hier beschränken kann.
Erstens. Im Paragrafen 2 Absatz 1 des damaligen Entwurfes heißt es – und das ist wichtig für die eventuell nachfolgende Diskussion in diesem Haus, weshalb ich Sie bitte, vielleicht auch einmal zuzuhören –:
„Auftraggeber im Sinne dieses Gesetzes sind das Land und dessen Gebietskörperschaften einschließlich der jeweiligen Sondervermögen“ – ich hoffe, ich störe Sie nicht, Herr Kollege Ringguth –
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Es geht um die guten Vorschläge. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
„sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts“ – ich kann Sie nicht stören, das ist mir schon klar –, „für die das Haushaltswirtschaftsrecht des Landes oder der Gemeinden Anwendung findet.“
Damit ist deutlich gemacht worden, dass die Adressaten des damaligen Gesetzentwurfes öffentliche Auftraggeber und ausschließlich öffentliche Auftraggeber und damit öffentliche Aufträge in Abgrenzung zu sonstigen privaten Aufträgen waren. Ich sage das nur noch einmal deutlich, weil immer wieder die Diskussion aufkommt, wir wollten private Aufträge verteuern. Das ist nicht der Fall.
Zweitens. Im Paragrafen 5 Absatz 1 des damaligen Entwurfes hieß es: „Aufträge nach § 2 dieses Gesetzes“, das sind die sogenannten öffentlichen Aufträge, „dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe verpflichten, ihre bei der Ausführung dieser Leistung Beschäftigten mindestens nach den am Ort der Ausführung für Tarifvertragsparteien jeweils geltenden tariflichen branchen- und tätigkeitsspezifischen Mindestentgeltsätzen einschließlich der Überstundensätze zu bezahlen, sofern sie nicht... aufgrund
Und Absatz 6 sagte – das ist wichtig, meine Damen und Herren, für die folgende Diskussion, auch im Hinblick auf das, was der Wirtschaftsminister gesagt hat –: „Die Bestimmungen des Absatzes 1 finden keine Anwendung, soweit aufgrund bundesgesetzlicher Bestimmungen“, also mit Arbeitnehmerentsendegesetz, Mindestarbeitsgesetz, Tarifvertragsgesetz mit entsprechender Allgemeinverbindlichkeitserklärung bereits die Verpflichtung zur Zahlung von Mindestentgelten besteht, so dass klar ist, dort, wo bundesgesetzliche Regelungen sind – Arbeitnehmerentsendegesetz, Allgemeinverbindlichkeitserklärung –, fand es keine Anwendung oder kann es keine Anwendung dieser zunächst genannten Regelung im Paragrafen 5 Absatz 1 geben.
Um es vielleicht verständlicher auszudrücken, die SPDLandtagsfraktion hatte sich mit der CDU entsprechend der zwischen den Fraktionsvorsitzenden getroffenen Absprache bemüht, einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, der erstens nur für öffentliche Aufträge gelten sollte, dass dort, wo es allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge gibt, die Einhaltung bei der öffentlichen Auftragsvergabe vereinbart und kontrolliert werden sollte, und zweitens, dass dort, wo es solche für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge nicht gibt, die Einhaltung der sich ergebenden Mindestentgelte von den bestehenden Branchentarifverträgen bei der öffentlichen Auftragsvergabe verpflichtend vereinbart werden sollte.
Als Grundlage – auch das vielleicht nur noch mal als Hinweis, so damals schon die Rechtsauffassung der SPD-Fraktion – diente dafür die Richtlinie der Europäischen Union 2004/18 über die Vergabegrundsätze für öffentliche Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD ging und geht – ich sage das hier in aller Deutlichkeit – weiterhin davon aus, dass die vorgesehenen Regelungen ungeachtet der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache Rüffert europarechtskonform waren und sind.
Diese Auffassung wurde zum damaligen Zeitpunkt von unserem Koalitionspartner nicht geteilt. Herr Wirtschaftsminister Seidel hat es eben noch mal deutlich gemacht. Ich glaube, die Bedenken, die er damals hatte, wenn ich das zusammenfassen darf, haben wir heute auch noch.
Damit muss man leben können. Und wenn Sie mir das hier erlauben, Herr Minister, dann möchte ich aus Ihrer Rede vom 03.07.2008 zitieren. Das macht es vielleicht auch noch mal deutlich. Dort heißt es, ich zitiere: „Die Regelung im Entwurf unseres Koalitionspartners hält die vom EuGH gesetzten Grenzen nach unserer Auffassung nicht ein. Sie knüpft nicht an Tarifverträge an, die allgemein verbindlich erklärt sind...“ – das ist, ich habe das
eben dargestellt, so nicht ganz zutreffend –, „sie erfasst lediglich öffentliche Aufträge, nicht auch private.“ Das ist richtig. „Das sind die Mängel gewesen, die im niedersächsischen Vergabegesetz kritisiert wurden und die Entscheidung des EuGH am Ende zur Folge hatten.“ Zitatende.