Protocol of the Session on March 5, 2009

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linken lassen nichts unversucht, um ihren vorgetäuschten Gestaltungswillen im Land aufzuzeigen. Nun wollen sie, dass der seit dem 1. Juli 2005 allein von den Versicherten zu zahlende Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung um 0,9 Prozent als Versicherungsbeitrag gestrichen und ab dem 01.07.2009 durch Steuermittel finanziert wird. Seien Sie doch einmal ehrlich, dass dieses Vorhaben doch lediglich ein Herumdoktern an einem todkranken Patienten bedeutet! Sicherlich ist es erst einmal für alle Versicherten gut zu wissen, dass der Beitrag gesenkt wird. Allerdings bedarf es doch vielerlei Maßnahmen, um die Stärkung und Erhaltung der Volksgesundheit sicherzustellen. Eine generelle Reduzierung des Beitrages ist möglich, den richtigen Weg haben wir Ihnen bereits mit unserem Antrag im November 2008 aufgezeigt.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Was ist aus nationaler Sicht grundsätzlich vonnöten? Zunächst einmal lehnen wir Nationalisten sämtliche Privatisierungsmaßnahmen im Bereich der sozialen Sicherungssysteme entschieden ab. Stattdessen ist ein staatlich organisiertes Sozialversicherungsmodell zu schaffen, das alle Deutschen, gleich welchen Einkommens, eingliedert.

(Irene Müller, DIE LINKE: Vor allen Dingen die Deutschen.)

Dieses hat einen Lebensabend in Würde sicherzustellen sowie die bestmögliche Gesundheitsversorgung für alle Volksangehörigen zu gewährleisten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und die anderen, die brauchen nicht?)

Wesentlicher Bestandteil einer nationalen Gesundheitspolitik ist darüber hinaus auch die Erziehung zu einer gesunden Lebensführung. Der Gesundheitsschutz in einem präventiven und nachhaltigen Sinne steht heute nicht mehr im Vordergrund der Gesundheitspolitik, da Krankheiten vielfach der Profitmaximierung von Pharmakonzernen und privaten Gesundheitsdienstleistern dienen. Maßnahmen zur Krankheitsvorbeugung können demzufolge nur in einem Gesundheitssystem Wirksamkeit entfalten, das möglichst frei von betriebswirtschaftlichen Zwängen die Volksgesundheit zu heben bestrebt ist. In einer Volksgemeinschaft ist Gesundheitsversorgung kein Luxus, sondern ein Grundrecht. Um dieses Grundrecht auf Gesundheit zu gewährleisten und es auch bezahlbar zu machen, stellt die NPD dem bisherigen Krankenversicherungswesen die Forderung nach einer nationalen Gesundheitssystemneuordnung zur Schaffung einer Gesundheitskasse entgegen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wie soll das aussehen, Herr Köster?)

Für ein solidarisches Gesundheitswesen ist es unerlässlich, dass unabhängig vom Einkommen oder beruflichem Status eine Versicherungspflicht für alle in einer gesetzlichen Gesundheitskasse besteht und gleiche medizinische Leistungen bei jedem Versicherten gleich bezahlt werden. Zu diesen gravierenden Änderungen sind die Linken aber nicht bereit, da sie mittlerweile fester Bestandteil dieses Lobbyistensystems und somit Teil der politischen Klasse sind. Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er einfach nur Kosmetik ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da bin ich ja richtig erschüttert.)

Danke, Herr Köster.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das Wort hat jetzt Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie mich zunächst etwas zu einigen Vorrednern sagen.

Herr Ratjen, sollte – ich weiß nicht, ob er noch im Raum ist –, aber sollte Ihre Partei

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der ist schon wieder zur Behandlung.)

oder sollte die FDP, wovon ich jetzt einfach mal ausgehe, auch nach der nächsten Bundestagswahl noch weiter Bundespolitik mitmachen wollen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der hängt am Sauerstoffgerät.)

dann empfehle ich Ihnen einfach, den Kommentar auf der Seite 8 der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 10. Februar zu lesen,

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

um Ihre Position zu einer gerechten, innovativen Gesundheitspolitik zu durchdenken. Also ich denke, besser als in diesem Kommentar beschrieben kann man es überhaupt nicht sagen.

Ich freue mich, dass die SPD, das war mir so nicht gegenwärtig, diesen Vorschlag in die Verhandlungen zum Konjunkturpaket II eingebracht hat, dass wir in dieser Frage einig sind, und ich denke, es ist uns unbenommen, gerade als Opposition, vernünftige Forderungen auch immer wieder zu vernünftiger und gegebener Zeit auf die Tagesordnung zu setzen. Und wir haben uns eben in diese Debatte eingemischt, als es noch darum ging, dieses Konjunkturpaket II mitzudiskutieren. Wir haben es als Dringlichkeitsantrag eingebracht, er konnte nicht durchgesetzt werden, aber wir halten diese Forderung nach wie vor für sinnvoll und vernünftig und werden immer wieder zu gegebener Zeit an diese erinnern.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aber das hätten sie wenigstens beachten können, dass es ein Dringlichkeitsantrag war.)

Genau, das wäre sinnvoll gewesen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nicht hier Hase und Igel spielen. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und ich finde, das zeigt einfach, dass die Linkspartei ein Gespür für wichtige soziale Fragen hat und das auch mit diesem Dringlichkeitsantrag zum Ausdruck gebracht hat.

In der Einbringung des Antrages habe ich Ihnen schon unseren Standpunkt dargelegt, dass wir der Meinung sind, die 0,6 Prozent sind kein nachhaltiger, kein wirksamer Beitrag, um spürbare finanzielle Entlastungen der Versicherten zu erbringen. Wir gehen davon aus, dass diese spürbaren Entlastungen eben durch die Streichung des Sonderbeitrages in Höhe von 0,9 Prozent erbracht werden könnten. Und ich möchte gern zum Verständnis des Antrages noch einmal kurz etwas zur Entstehung dieses Sonderbeitrages sagen, der ja im Ergebnis des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes 2003 beraten und eingeführt wurde. Sie wissen, Rot-Rot hat damals im Bundesrat diesem Gesetzespaket nicht zugestimmt, eben wegen dieser sehr einseitigen Belastung der Versicherten.

Ursprünglich war vorgesehen, den Zahnersatz gänzlich aus der gesetzlichen Krankenversicherung auszugliedern und zur Finanzierung des Krankengeldes einen Sonderbeitrag in Höhe von 0,5 Prozent allein von den Versicherten zu erheben. Hier war alleiniges Ziel der Maßnahme die Entlastung der Arbeitgeber von den angeblich zu hohen Lohnnebenkosten, die – wie wir alle wissen – eigentlich originäre Lohnbestandteile sind. Damals schon gab es ebenso wie heute umfangreiche Debatten, die dann dazu geführt haben, dass der Zahnersatz wie auch das Krankengeld Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben sind, wobei diese jedoch im Ergebnis dieses Gesetzes allein von der Versichertengemeinschaft, also nicht mehr von den Arbeitgebern zu finanzieren sind.

Neben diesem Sonderbeitrag brachte gerade die Gesundheitsreform 2004 die umfangreiche Privatisierung der Gesundheitskosten. Erinnert sei an die Einführung der Praxisgebühr, an Zuzahlungen für Medikamente, Heil- und Hilfsmittel, auch für Krankenhausaufenthalt. Sie wissen, Brillen müssen seitdem selbst bezahlt werden. Das Sterbegeld wurde abgeschafft und gestern haben wir ja hier schon das Thema Kostentragung bei der künstlichen Befruchtung debattiert. Die Erhöhung von Zuzahlungen und explizite Leistungsausgliederungen sind seit Ende der 80er-Jahre in der Gesundheitspolitik ein zentrales Instrument zur Kostendämpfung und haben eben zu einem erheblichen Anstieg des privaten Anteils an den Krankenbehandlungskosten geführt.

Ich darf Ihnen zwei Zahlen sagen. Im Jahre 1991 belief sich das Zuzahlungsvolumen für GKV-Leistungen auf umgerechnet 3,3 Milliarden Euro. Das entsprach damals 4,4 Prozent der GKV-Leistungsausgaben. Ein gutes Jahrzehnt später, also 2002, waren es mit nunmehr 9,8 Milliarden Euro bereits 7,3 Prozent der Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dem 2004 in Kraft getretenen GKV-Modernisierungsgesetz, das die bestehenden Zuzahlungen also noch einmal drastisch erhöhte und umfangreiche Zuzahlungen einführte, hat sich die Parität der Finanzierung des Gesundheitswesens so weit verschoben, dass Experten davon ausgehen, dass die Versicherten heute für mindestens 65 Prozent der Gesundheitskosten allein aufkommen.

Und, Herr Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion, Sie haben die Steuerfinanzierung hier noch einmal dargelegt. Steuerfinanzierung im Gesundheitswesen – in einem im Wesentlichen beitragsorientierten Gesundheitswesen! – sind problematisch.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Versicherungsfremde Leistungen.)

Beiträge sind zweckgebunden, das wissen Sie, Steuern unterliegen der Finanzhoheit des Finanzministers. Wir haben alle die Erfahrung gemacht mit der Erhöhung oder mit dem Anteil aus der Erhöhung der Tabaksteuer, auch im Zuge der letzten Gesundheitsreform 2004, und wir haben auch die Erfahrung gemacht mit diesen etwas mehr als 4 Milliarden Euro: Kaum waren sie beschlossen, schon wieder umgeleitet

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das muss aber nicht immer so sein. Das muss aber nicht immer so sein, Frau Linke.)

in ein wichtigeres Projekt: Elterngeld, nicht wahr, Elterngeld. Wir sind für beide Maßnahmen, wir sind für Stärkung des Gesundheitswesens, wir sind für Stärkung der Familien und der Eltern, befürworten beide Größen, sehen aber allein an dieser Umleitung der Steuergelder, wie problematisch es ist, wenn man in einem stabilen System, das eben beitragsfinanziert ist, umsteuert.

Aus der Diskussion über Steuerungswirkungen von Zuzahlungen – und ein Zusatzbeitrag ist ja eine Zuzahlung – ist bekannt, dass die Spürbarkeit von Kosten mit sinkendem Einkommen steigt. So gesehen treffen Zuzahlungen in erster Linie sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds in diesem Jahr wurde diese unsolidarische Finanzierung, also diese einseitige Entlastung der Arbeitgeber von den Kosten des Gesundheitswesens, zementiert. Mit der vorgesehenen Einführung von Zusatzprämien, die ebenfalls allein von den Versicherten zu entrichten sein werden, wurde diese Entwicklung der Privatisierung

deutlich fortgeschrieben. Die Bundesregierung will mit der Senkung der Beiträge um 0,6 Prozent die Konjunktur ankurbeln.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nicht nur damit, oder?)

Ehrlicherweise sollte sie sagen, dass mit dieser Maßnahme es nicht einmal gelingen wird, die deutlichen Beitragserhöhungen für die etwa 80 Prozent der Versicherten im Zuge der Einführung des Gesundheitsfonds zum 01.01.2009 aufzuheben.

Meine Fraktion fordert zur deutlichen Entlastung der Versicherten und zur Stärkung ihrer Finanzkraft die Abschaffung des Sonderbeitrages für Zahnersatz und Krankengeld in Höhe von 0,9 Prozent. Wie gesagt, die Debatten werden weitergehen, die Forderung bleibt auf der Tagesordnung.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wäre gut, für Herrn Ratjen auch.)

Der Ihnen vorliegende Antrag verfolgt also zwei Ziele, einmal die Stärkung der Finanzkraft der gesetzlichen Krankenversicherung als solidarisch-paritätische Finanzierung durch finanzielle Entlastung vom Sonderbeitrag für Zahnersatz und Krankengeld sowie die damit verbundene Rücknahme der Privatisierung eines Teils der Gesundheitskosten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Dr. Linke.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2339 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2339 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, aber Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2181 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2181 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Zwangsmitgliedschaft nichtbedürftiger und nicht unterhaltspflichtiger Bürger in SGB II-Bedarfsgemeinschaften beenden, Drucksache 5/2272.

Antrag der Fraktion der NPD: Zwangsmitgliedschaft nichtbedürftiger und nicht unterhaltspflichtiger Bürger in SGB II-Bedarfsgemeinschaften beenden – Drucksache 5/2272 –