Protocol of the Session on March 4, 2009

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, mal sehen, was sie heute macht.)

Und wer weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, hätten wir ein drittes Mal abgestimmt, wären Sie bestimmt mit uns beim Nein zur Abschaffung des Staatshaftungsgesetzes angekommen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das werden wir heute sehen. – Gino Leonhard, FDP: So weit geht die Freundschaft nicht.)

Apropos Wiedereintritt in die Beratungen: Ich will mich in diesem Zusammenhang auch bei – den sehe ich gar nicht – Detlef Müller als Ausschussvorsitzenden bedanken dafür,

(Reinhard Dankert, SPD: Der ist leider verhindert.)

dass er sich entschieden hat, den Mitgliedern des Rechtsausschusses zu empfehlen, die kommunalen Spitzenverbände mit an den Tisch zu holen, unabhängig davon, dass die Auffassung von Landkreistag und Städte- und Gemeindetag dem Ausschuss bekannt war.

Ich sage, gerichtet an Herrn Müller, Sie haben sich völlig zu Recht auf Paragraf 23 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung bezogen, der besagt, dass den kommunalen Verbänden vor der Beschlussfassung die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme im Ausschuss gegeben werden soll, wenn die Vorlage unmittelbar Belange von Gemeinden und Landkreisen berührt. Das müsste der Ausschuss nicht zwingend tun, er sollte es aber. Dass Sie daran erinnert haben, Herr Müller, ist gut. Ähnliche Formulierungen und ähnliche Forderungen macht ja auch unsere Kommunalverfassung in Paragraf 6 Absatz 3 deutlich.

Meine Damen und Herren, ich hebe das deshalb hervor, weil es gerade zu diesem Thema aus meiner Fraktion häufig Kritik gab und geben musste, weil die parlamentarische Praxis von SPD und CDU nicht selten so war, ich möchte es schon als Unsitte bezeichnen, derartige Vorlagen gar nicht erst in die Fachausschüsse zu überweisen.

Liebe Kollegen von SPD und CDU, ich appelliere an dieser Stelle erneut – hoffentlich und vielleicht das letzte

Mal – an Sie, zukünftig alle Vorlagen, die die Belange von Kommunen berühren, auch zu überweisen. Nur dann kann der Landtag seiner eigenen Geschäftsordnung und auch der Kommunalverfassung überhaupt gerecht werden. Und um es auch positiv zu sehen, ich sehe das praktizierte Verfahren zum Staatsverhaftungsgesetz als einen guten Anfang und denke, Herr Müller teilt meine Auffassung in dieser Angelegenheit. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Měšťan.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dankert für die Fraktion der SPD.

Nun sieht man, dass das doch eher ein Thema ist, was etwas trockener ist. In der Sache, auch aus anderen Gesichtspunkten und Absichten heraus hat meine Kollegin Měšťan eigentlich alles gesagt.

Ich möchte einfach noch mal zusammenfassend darauf hinweisen, was für uns den Ausschlag gegeben hat, dieses Staatshaftungsgesetz, was nach dem Einigungsvertrag in den Ländern weitergilt, was überwiegend in allen ostdeutschen Ländern abgeschafft beziehungsweise auch reduziert wurde und uns bewogen hat, auch abzuschaffen. Es liegt einfach daran, dass das Argument der bundeseinheitlichen Regelung für Kommunen und Land bei uns überwogen hat gegenüber möglicherweise besseren einzelnen Interessen bei den Bürgern. Und so einen Abwägungsprozess muss man in der Politik einmal machen. Wir haben uns anders entschieden, als die LINKE sich das gewünscht hatte. Ich denke, das ist zu verkraften. Entscheidend war für uns, glaube ich, ganz besonders die einheitliche Stellungnahme des Landkreistages und des Städte- und Gemeindetages, die diese Gesetzesänderung begrüßen. Insofern haben wir auch keine Probleme gehabt, letztendlich dieses Gesetz abzuschaffen.

Das Argument der Deregulierung halte ich persönlich auch nicht für so besonders herausstechend, denn ich glaube, so viele Fälle hat es dazu nicht gegeben. Also insofern gilt hier eine Abwägung, ob das viel oder wenig Geld gekostet hat, auch nicht. Entscheidend ist die bundeseinheitliche Regelung für uns. Und deswegen haben wir uns entschieden, dieses Staatshaftungsgesetz abzuschaffen – nicht, weil es noch ein DDR-Gesetz war oder weil man da vielleicht etwas anderes reininterpretieren könnte, einfach aus sachlichen Erwägungen heraus. Ich bitte, der Beschlussempfehlung des Ausschusses zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dankert.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Leonhard für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, mit dem vorliegenden Gesetz soll das alte DDR-Staatshaftungsrecht aufgehoben werden. Und es scheint allen so, als sei dies längst überfällig. Ich will hier in dieser Runde auch darauf hinweisen, dass nach unseren Informationen dieses Staatshaftungsrecht, das ehemalige

DDR-Staatshaftungsrecht nie in Anspruch genommen worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ich will auch darauf hinweisen – und ich denke, dass wir in den nächsten Sitzungen noch genügend darüber diskutieren werden –, im 60. Jahr des Mauerfalls,

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: 60. Jahr? Ganz so viele sind es noch nicht. – Zurufe von Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Michael Andrejewski, NPD)

20. Jahr des Mauerfalls – vielen Dank, 60 Jahre Deutsche Bundesrepublik – können wir auch darauf hinweisen,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dass dieses Gesetz aus dem geltenden Unrecht der DDR gilt.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Immerhin haben ja inzwischen alle anderen ostdeutschen Länder das Staatshaftungsgesetz der ehemaligen DDR aufgehoben oder doch ganz wesentlich in Richtung bundesdeutsches Recht verändert.

Ich will es gleich vorab sagen, auch die FDP-Fraktion wird heute diesem Gesetz zustimmen. Wir gehen auch darauf ein – das hat Kollege Dankert eben gerade angekündigt –, dass die kommunalen Verbände, die Spitzenverbände, sowohl Landkreistag als auch der Städte- und Gemeindetag eindeutig ihre Zustimmung signalisiert haben. Wir halten es, und glauben Sie mir, dass auch in unserer Fraktion die Diskussion sehr sorgfältig geführt wurde, nach Abwägung letztlich kaum für vertretbar, wenn sich Mecklenburg-Vorpommern einen mit der verschuldensunabhängigen Haftung höheren Standard leistet als alle anderen Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland. Und dieses gilt umso mehr, da die meisten Länder, vor allem die Geberländer in der Bundesrepublik, auf diesen Standard mittlerweile verzichten.

Aber, und das will ich ganz ausdrücklich sagen, meine Damen und Herren, wer einzig und allein auf mögliche Kostenrisiken für das Land schaut, der macht es sich in diesem Fall zu einfach, denn für die FDP-Fraktion ist mit einer Verabschiedung dieses Gesetzes die Diskussion um die Staatshaftung in Mecklenburg-Vorpommern nicht vom Tisch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Bekanntermaßen, meine Damen und Herren, wird über eine Reform des Staatshaftungsrechts seit Jahrzehnten, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, diskutiert. Die Reformbedürftigkeit der Materie ist bei näherem Blick kaum zu bestreiten. Die Diskussion um eine Verbesserung des Staatshaftungsrechts muss allerdings auf Bundesebene und damit gewissermaßen gesamtdeutsch in der Bundesrepublik geführt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Bekanntermaßen hat sich das Staatshaftungsrecht vorwiegend aus der Rechtsprechung heraus entwickelt. Man kann das anders ausdrücken: Der Gesetzgeber überlässt es weiterhin der Rechtsprechung, das Staatshaftungsrecht der stetigen Fortentwicklung sowohl im Staat, in Gesellschaft als auch in Wirtschaft anzupassen.

Und ein derartiger Anpassungsprozess vollzieht sich damit mühsam und im Wege von zahlreichen Einzelfallentscheidungen. Eine Neuordnung des Staatshaftungsrechts könnte nicht nur mehr Transparenz und damit letztlich mehr Rechtssicherheit bringen, sondern beispielsweise auch zu einer unmittelbaren und primären Verantwortlichkeit für rechtswidriges staatliches Handeln führen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und natürlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehört in eine derartige Diskussion auch die Frage nach einer verschuldensunabhängigen Staatshaftung und dem Verzicht auf das sogenannte Verweisungsprivileg bei der zivilrechtlichen Haftung bei Amtspflichtverletzungen. Entsprechende Mehrbedarfsrechte für den Fall der Einführung einer verschuldensunabhängigen Staatshaftung für die Haushalte der öffentlichen Hände hat es in der Vergangenheit auf Bundesebene durchaus gegeben. Danach, bei auch entsprechendem Schadensvolumenanstieg, müsste mit einem deutlichen Anstieg gerechnet werden. Das aber allein, meine Damen und Herren, ist sicherlich kein ausreichender Grund, derartige Überlegungen von vornherein zu verwerfen.

(Michael Andrejewski, NPD: Genau, Banken haben nie Schuld. – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, eine Rechtszersplitterung im Staatshaftungsrecht halten wir Liberalen in diesem Rechtsgebiet für denkbar ungeeignet. Und dieser Grund, und ausschließlich dieser Grund, meine Damen und Herren, ist für die FDP-Fraktion ausschlaggebend für die Zustimmung dieses Gesetzes. Eine Neuordnung des Staatshaftungsrechtes eventuell auch mit mehr verschuldensunabhängigen Anspruchsgrundlagen ist für uns als FDP-Fraktion, für uns als Liberale damit aber auf keinen Fall vom Tisch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Wir fordern nach wie vor, meine Damen und Herren, mehr Rechte für Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr gut.)

Vielen Dank, Herr Leonhard.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Widersprüchlich ist noch geschmeichelt, wenn man die Begründung für den vorliegenden Gesetzentwurf einmal charakterisieren will. Einerseits sagt die Landesregierung, dass das Staatshaftungsgesetz so gut wie nie in Anspruch genommen worden sei, ein So-da-Gesetz, das einfach nur so da ist, keinem nützt und keinem schadet und daher völlig überflüssig ist. Andererseits könnte man aber Einsparungen erzielen und so zur Haushaltskonsolidierung beitragen, wenn man es denn abschaffte. Wie soll das denn gehen? Niemand bekommt Geld vom Staat aufgrund des Gesetzes, aber der Staat spart Geld ohne das Gesetz. Wenn die Landesregierung noch 100 Gesetze von dieser Sorte hätte, wäre sie ihre Geldsorgen los.

Entspräche es der Wahrheit, dass es so gut wie gar keine praktischen Anwendungsfälle für das Staatshaftungsgesetz gab und gibt, dann wäre der ganze Papierkrieg zu seiner Beseitigung inklusive Zweiter Lesungen im Landtag und jeder Menge Drucksachen ja schon kostspieliger als alles, was man auf diesem Wege vielleicht einsparen könnte.

Außerdem, was soll eigentlich dieses Sparruten in einer Zeit, in der immer neue Milliardenprogramme staatlicherseits aufgelegt werden? Früher hieß es immer, es sei kein Geld da, Verschuldung sei kein Weg, weil man kommenden Generationen ja kein Defizit hinterlassen könne. Jetzt gilt das alles nicht mehr, zumindest nicht für Banken, Konzerne, Börsenzocker, auch für Käufer von Neuwagen, die noch eine alte Schrottlaube zu Hause stehen haben. Da fließen unvorstellbare Summen, die man wohl noch irgendwo im Sparstrumpf versteckt hatte. Allein für die Rettung der Hypo Real Estate ist kein Opfer zu groß. Es findet sich immer noch eine Milliarde und noch eine und noch hundert.

Aber trotzdem ist das Prinzip Sparsamkeit noch nicht ganz tot. Es lebt sofort wieder auf, wenn ein paar Bürger, denen der Staat Schaden zugefügt hat, vielleicht ihre Ansprüche etwas leichter geltend machen könnten, wenn sie kein Verschulden nachweisen müssten. Banken hingegen können so viel Schulden haben, wie sie wollen, die kriegen immer Geld.

Der BRD-Staat ist eine einschüchternde Machtmaschine, gegen die der Bürger sowieso kaum eine Chance hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)