„– Förderung der Verbraucherbildung auf allen Ebenen im Sinne einer vorsorgenden Verbraucherpolitik,
Weiterentwicklung der Lebensmittelsicherheit, der Tiergesundheit und der Tierhaltung im Rahmen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes mit dem Ziel eines hohen Sicherheitsstandards für Lebensmittel,
Mit unserem heutigen Antrag wollen wir die Landesregierung auffordern, einen Zwischenbericht über die Umsetzung der anspruchsvollen Aufgaben zu erstellen. Und, meine Damen und Herren, ohne dem Bericht vorgreifen zu wollen, schätze ich als zuständige verbraucherpolitische Sprecherin unserer Fraktion schon heute ein, dass viel getan wurde, dass insbesondere auch die Bündelung des Politikfeldes Verbraucherschutz im Ministe
rium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz insgesamt dem Verbraucherschutz im Lande gutgetan hat.
Ja, es hat sehr gutgetan, eben, weil auch neue Wege gegangen wurden. Ich denke da an das Verbraucherforum, das im Herbst 2007 erstmals einberufen wurde und auch getagt hatte. Sie sehen also, von Juni bis Herbst 2007 ist nicht viel Zeit vergangen, sodass man sich auch gleich an die Umsetzung unserer Aufgaben gemacht hat.
Zum anderen wollen wir natürlich jetzt schon im Vorfeld der Aufstellung des Landeshaushaltes 2009 und 2010 sicherstellen, dass die Erfolgsgeschichte der Neuen Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommerns auf der Basis einer stabilen – hier liegt die Betonung auf „stabil“ –, einer stabilen finanziellen Ausstattung fortgeschrieben werden kann. Stabile Basis deshalb, denn aufgrund einer immer komplexer werdenden Anforderung an eine souveräne und eigenverantwortliche Lebensführung kommt der unabhängigen Verbraucherberatung für alle sozialen Schichten und Altersgruppen eine immer höhere Bedeutung zu. Ich betone „unabhängig“, denn in anderen Bundesländern wird auch manchmal so verfahren, dass man hier Spenden in Größenordnungen von Firmen einwirbt. Wir meinen, Derartiges möchten wir ungern, weil Spenden in Größenordnungen auch abhängig machen. Das wäre dann keine unabhängige Verbraucherzentrale mehr.
Unbestritten ist auch, das wissen wir, dass die Verbraucherberatung auf ständig neue Herausforderungen im Verbraucherschutz sich einstellen muss. Genau deshalb, meine Damen und Herren, ist Verbraucherberatung als gesellschaftliche Aufgabe zu betrachten und erfordert auch einen gesellschaftlichen Aufwand, und deswegen eben auch die unabhängige Verbraucherberatung.
Wenn mit Stichtag 1. Oktober 2008 mehr als 160.000 Einwohner unseres Landes als überschuldet gelten beziehungsweise nachhaltige Zahlungsstörungen aufweisen, müssen wir eben neue Wege gehen. Neben der wichtigen Schuldnerberatung – wenn das Kind erst mal in den Brunnen gefallen ist, dann wird ja beraten – brauchen wir vorher die Initiativen, brauchen wir also Prävention. Damit muss bei Kindern und jungen Erwachsenen begonnen werden. Gerade die gegenwärtige Finanzkrise zeigt dramatisch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zum Beispiel mehr Finanzkompetenz benötigen, um sich vor faulen Finanzprodukten schützen zu können. Insbesondere unsere Kinder und Jugendlichen sind da mit einbezogen. Dafür ist auch eine ökonomische Bildung eine Voraussetzung. Aus Kindern und Jugendlichen wollen wir kritische Verbraucher und Verbraucherinnen machen.
Unsere Aufgabe ist es deshalb, die unabhängige Verbraucherberatung in die Lage zu versetzen, sich diesen Herausforderungen auch stellen zu können und ganz aktuell diesem ganz be stimmten Segment. Unsere Forderung, ich sagte das schon, ist also, die neue Verbraucherberatung im Haushalt 2009/2010 auf eine sichere finanzielle Basis zu stellen. Ich komme nachher noch mal in einem zweiten Teil zu meiner Rede. Ich bedanke mich
erst mal für die Aufmerksamkeit und bin ganz gespannt auf die Diskussion jetzt im Anschluss. – Danke sehr.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat zunächst in Vertretung von Herrn Dr. Backhaus die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Polzin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Die persönlichen Fans des Verbraucherministers müssen jetzt mit mir vorliebnehmen,
aber das, was ich Ihnen jetzt verkünden werde, ist natürlich in Abstimmung mit ihm gemacht, und insofern können wir ihm nur gute Besserung wünschen, damit er beim nächsten Mal bei so einem Thema wieder im Original auf dem Podium ist.
Den Antrag begrüße ich natürlich im Namen der Landesregierung ausdrücklich. Sofern der Beschlussvorschlag heute die erforderliche Mehrheit erhält – und davon ist ja wohl auszugehen –,
wird Dr. Till Backhaus als federführender Minister die Möglichkeit haben, Ihnen demnächst detailliert über die Fortschritte im Bereich Verbraucherschutz im Land Mecklenburg-Vorpommern zu berichten, natürlich auch über den noch bestehenden Handlungsbedarf.
Den Kernpunkten eines solchen Berichts will ich daher natürlich nicht vorgreifen, kann aber bereits heute feststellen: Was die Schwerpunkte der Verbraucherpolitik angeht, haben wir die interministerielle Zusammenarbeit deutlich verbessert, das Verbraucherforum im Land etabliert, auch eine Verbraucherplattform befindet sich im Aufbau, um nur wenige Beispiele zu nennen. Nicht von ungefähr ist Mecklenburg-Vorpommern bei der letzten Analyse der in den Bundesländern erreichten Verbraucherschutzstandards 2008 als Aufsteiger des Jahres geehrt worden. Eine wichtige Schlüsselposition im Land nimmt hierbei die Neue Verbraucherzentrale ein. Deren Finanzierung haben wir inzwischen so geregelt, dass sie ihrem selbst gestellten hohen Anspruch souverän gerecht wurde. Um den Service für die Bürger zu verbessern, wurden die Öffnungszeiten deutlich ausgeweitet, Beratungsstellen neu geschaffen wie in Wismar oder modernisiert wie in Schwerin und Neubrandenburg.
Befristet wurde zusätzliches Personal eingestellt. Interessierte Verbraucher können kostenlose Orientierungsseminare zur Einführung in die Welt des Verbraucherschutzes besuchen. Die ersten Zertifikate werden im März verteilt. Ab 2010 wird es darum gehen, die Finanzierung der Neuen Verbraucherzentrale weiter zu konsolidieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, eingehen möchte ich heute vor allem auf den dritten Punkt des Antrages. Der Landtag wird darin aufgefordert, festzustellen, dass es
„dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung von Maßnahmen zur Vermeidung der Überschuldung von privaten Haushalten“ gibt. Insofern bin ich vielleicht doch nicht die falsche Ressortministerin, die hier steht.
Ich kann dies nur unterstützen, ebenso die Untersetzung, dass die Gesellschaft insbesondere etwas tun muss, um die Finanzkompetenz von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen deutlich zu verbessern, und dass dies eine Aufgabe für die unabhängige Verbraucherberatung sein kann beziehungsweise sollte, wobei wir davon ausgehen müssen, dass die alleine das Problem nicht lösen wird, denn wenn wir den mündigen Verbraucher schon im Jugendalter brauchen, dann heißt das, sowohl kritisch beurteilen als auch selbstkritisch beurteilen. Und die Mentalität, die ja nun wirklich offensichtlich auch geschürt wird, heißt: „Ich will alles jetzt sofort.“ Das führt natürlich gerade im Finanzbereich des Verbrauchers sehr oft auch zu kritischen Verschuldungssituationen. Vielleicht sind auch manche Angebote von Katalogen, die da heißen: „Jetzt kaufen und irgendwann später bezahlen!“, doch eine zu große Verlockung für viele, die über das Später sofort nicht nachdenken.
Nein, das sind auch männliche Jugendliche im Handybereich, Herr Müller. Das wollen wir hier mal glattziehen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ja wohl …! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)
Wohl jeder von uns kennt Mitmenschen, denen es zunehmend schwerer fällt, sich im Alltag zurechtzufinden. Technisierung, Bürokratisierung oder Globalisierung machen das Leben fortschreitend komplizierter, selbst in einfachsten alltäglichen Bereichen. Die Zahl derer, die hierbei zu scheitern drohen, nimmt stetig zu. Ich persönlich kenne sehr viele Menschen, die schon mit einer Parkuhr, mit dem Lösen eines Tickets an Bahnschaltern oder in Straßenbahnen so ihre Mühe haben, vom Einparken will ich jetzt überhaupt nicht reden, sonst muss ich auch noch was in irgendwelche Kassen einzahlen.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber da hat die andere Seite Schwierigkeiten. – Zuruf von Dr. Marianne Linke, DIE LINKE)
Beim zunehmenden Verschuldungsrisiko handelt es sich um ein Phänomen, das Bürger aller Altersgruppen, aller sozialen Schichten, aller Bildungsniveaus berührt. Es verwundert daher nicht, wenn der SchuldnerAtlas Deutschlands 2008 eine wachsende Überschuldung privater Haushalte und zum Stichtag 1. Oktober 2008 für Mecklenburg-Vorpommern eine Schuldnerquote von 10,85 Prozent dokumentiert. Das heißt immerhin, mehr als 160.000 Einwohner unseres Landes über 18 Jahre sind überschuldet oder weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf.
Zwar hat sich wegen der positiven konjunkturellen Entwicklung 2007 und im ersten Halbjahr 2008 die Zahl der von Überschuldung betroffenen Haushalte erfreulicherweise verringert – in Mecklenburg-Vorpommern sogar überproportional um immerhin 1,32 Prozentpunkte, in Deutschland insgesamt sind es also 0,74, auch hier Auf
steiger insgesamt –, aber aufgrund der seit Herbst 2008 offen zutage getretenen Finanzkrise wird erneut mit erheblichen Auswirkungen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, gerechnet. In der Folge dürfte das einen massiven Wiederanstieg der Schuldnerquoten bedeuten.
Die Landeshauptstadt Schwerin beispielsweise findet sich im bundesweiten Vergleich im traurigen Spitzenfeld wieder. Die aktuelle Verschuldungsquote liegt hier bei 21,5 Prozent der privaten Haushalte beziehungsweise rund 15 Prozent der erwachsenen Bürger. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von mehreren Tausend Personen mit Zahlungsschwierigkeiten oder einem erhöhten Verschuldungsrisiko – Zahlen, die uns aufmerken lassen sollten, um zu handeln. Im Durchschnitt konstatierten die Schweriner Schuldnerberater bei den Neufällen im Jahr 2008 Verbindlichkeiten von 28.000 Euro, die nicht mehr bedient werden können. Es sind vor allem immer mehr junge Menschen, die in die Schuldenfalle tappen. Jeder fünfte neue Klient war jünger als 28 Jahre.
Bedenklich muss uns dabei ein aus anderen sozialen Studien leider bekannter Effekt stimmen. Mangelhafte Verhaltensmuster der Eltern werden von den Kindern oft unbewusst übernommen beziehungsweise ihnen in einigen Fällen sogar regelrecht anerzogen. Heranwachsende und junge Erwachsene, viele Alleinerziehende und junge Familien brauchen also auch außerhalb traditioneller Familienbeziehungen geeignete Möglichkeiten, sich zu informieren und gegebenenfalls frühzeitig Hilfe zu bekommen.
Genau hier könnte eine präventive Strategie bei jungen Erwachsenen ansetzen, damit sie lernen, angemessene finanzielle Entscheidungen zu treffen. Bereits frühzeitig sollte es daher über die in den Bildungseinrichtungen vermittelten Inhalte hinaus gezielte Angebote geben, und zwar beginnend im Grundschulalter bis in die berufliche Ausbildung hinein. Vertrauensvolle Mentoren mit Erfahrung im Bereich Schuldnerberatung beziehungsweise Insolvenzrecht, möglichst pädagogisch geschult, sollten Kindern und Jugendlichen spielerisch beziehungsweise alltagstauglich Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Geld vermitteln. Junge Eltern beziehungsweise Alleinerziehende und ihre Kinder, die häufig in besonders heiklen finanziellen Situationen zu bestehen haben, könnten über gezielte Angebote in Kindertagesstätten und Horten erreicht werden. Schließlich hat finanzielle Bildung, unabhängig von ihrer Bedeutung für die Schuldenprävention, auch eine Schlüsselfunktion für jene souveräne und eigenverantwortliche Lebensführung, die wir von mündigen Verbrauchern erwarten. Insofern ist präventive Bildungsarbeit im Bereich der privaten Finanzkompetenzen angewandter Verbraucherschutz.
Sehr geehrte Damen und Herren, bereits im September 2008 haben die für den Verbraucherschutz zuständigen Minister auf ihrer Jahreskonferenz festgestellt, dass ein wichtiger Ansatzpunkt in der Stärkung der Finanzkompetenz von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt und dies als Teil der gemeinsamen Verbraucherschutzpolitik mit hohem Stellenwert zu betrachten ist. In einem Beschluss haben die Fachminister vereinbart, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen beziehungsweise sie beizubehalten. Inzwischen arbeitet das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz bereits an der Vorbereitung für ein entsprechendes Projekt in unserem Land, das 2010 starten soll. Einzelheiten werden in den Haushaltsberatungen zum kommenden Doppelhaushalt zu diskutieren sein.
Abschließend möchte ich noch einmal, auch im Namen des zuständigen Ministers, für diesen Antrag werben und bitte Sie daher um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.