Protocol of the Session on January 29, 2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ein anderer wichtiger Punkt ist für uns die Interessenvertretung der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter. In den allermeisten Fällen werden sie bisher gar nicht oder sehr unzureichend vertreten. Um das zu verändern, müssen sie zunächst einmal als Beschäftigte des Betriebes gezählt werden. Das hätte in den großen Betrieben zumindest Auswirkungen auf die Größe der Arbeitnehmervertretungen.

(Zurufe von Karin Strenz, CDU, und Michael Roolf, FDP)

Und es ist eine wichtige Voraussetzung, um sich mit den Problemen der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter zu befassen und sich für sie einsetzen zu können. Die EURichtlinie lässt ein solches Herangehen zu. Nun muss es nur noch verpflichtend in das Bundesgesetz aufgenommen werden.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, unser Antrag macht bereits deutlich, dass wir mit der EU-Richtlinie nicht zufrieden sind. Wir wollen keine Ausnahmetatbestände vom Gleichbehandlungsgrundsatz. Aber wir wollen, dass zumindest die Spielräume zur Verbesserung der Situation der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter ausgeschöpft werden. Das betrifft auch die Einschränkung von Leiharbeit. Zumindest müssen die Auswüchse ausgeschlossen werden. Das bedeutet, Leiharbeit wieder auf den ursprünglichen Sinn zurückzuführen – sie ist dazu da, um Auftragsspitzen abdecken zu können. Die Begrenzung der Verweildauer in ein und demselben Unternehmen auf maximal sechs Monate muss wieder eingeführt werden. Und wir fordern die Festanstellung nach Abschluss dieser Frist!

Die Festlegung einer Obergrenze für die Anzahl von Leiharbeitskräften in einem Betrieb ist für uns ebenfalls ausschlaggebend. Kollegin Borchardt ist darauf eingegangen. Die gängige Praxis, vor allem in Großbetrieben Mitarbeiter zu entlassen, um sie dann über hauseigene Verleihfirmen zu schlechteren Tarifbedingungen zurückzuleihen, muss ebenso unterbunden werden wie das Ausgliedern von Aufgaben, das Verleihen der Mitarbeiter an die Fremdfirmen und dann der Einkauf der Leistungen zu Dumpingbedingungen. Dieses miese Geschäft macht Menschen zu Schachfiguren, die nach Marktlage geheuert und gefeuert werden.

(Michael Andrejewski, NPD: Monopoly!)

Wo bleibt da Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“?

(Michael Andrejewski, NPD: Der ist im Urlaub.)

Ich sage es immer wieder: Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sind äußerst flexibel – Herr Roolf, und da sind wir uns auch einig –, arbeiten sich sehr schnell ein, sind zum großen Teil gut qualifiziert und sehr belastbar. Sie hoffen, einen Platz in der Stammbelegschaft zu erhalten,

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

deshalb sind sie besonders flexibel. Da sind wir gar nicht auseinander.

(Michael Roolf, FDP: Nein, aber die sind aus eigenem Interesse flexibel.)

Ja, weil Sie uns den Vorwurf gemacht haben, wir wüssten nicht, was Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sind. Lohndumping und Rechtlosigkeit sind menschenverachtend und gehören geächtet und endlich abgeschafft.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Wer das Wort von sozialer Marktwirtschaft oder gar sozialer Gerechtigkeit in den Mund nimmt, muss sofort handeln. Wenn Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter auch nur eine vergleichsweise kleine Gruppe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmern ausmachen, können sie wegen ihrer besonders prekären Lage jedoch sofortiges Handeln von der Politik erwarten. Das meine ich.

Die erste Stellungnahme des Bundesarbeitsministers zur EU-Richtlinie über die Zeitarbeit lautet, ich zitiere: „Da das deutsche Recht den neuen europäischen Standards bereits entspricht, sind keine wesentlichen Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsrecht notwendig.“ Das nehmen wir nicht hin, Kolleginnen und Kollegen. Wir erwarten im Interesse der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter Änderungen, die sich klipp und klar dazu bekennen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zweiter Klasse – nicht mit uns.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Lück.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2149. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2149 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Chancen des demographischen Wandels nutzen – Engagement von Senioren in Beruf und Ehrenamt fördern – Überprüfung aller Altersbeschränkungen, Drucksache 5/2146.

Antrag der Fraktion der FDP: Chancen des demographischen Wandels nutzen – Engagement von Senioren in Beruf und Ehrenamt fördern – Überprüfung aller Altersbeschränkungen – Drucksache 5/2146 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP. Bitte schön, Herr Grabow.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Alters ist nicht zeitgemäß und war es auch nie. Die Geschichte Deutschlands und auch unseres Bundeslandes sähe anders aus, wenn es Altersgrenzen für Bundeskanzler, Minister oder Ministerpräsidenten gegeben hätte.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Konrad Adenauer wäre wohl nie Regierungschef geworden, Hans-Dietrich Genscher überzeugte weit über seinen 60. Geburtstag hinaus als deutscher Außenminister und auch Herr Dr. Harald Ringstorff hätte sein Ministerpräsidentenamt sehr viel früher aufgeben müssen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zumindest die Koalitionsfraktionen müssten mir zustimmen, dass Adenauer und Ringstorff trotz oder vielleicht auch wegen ihres Alters und ihrer Erfahrungen viel geleistet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Dr. Harald Ringstorff, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie sich einmal die Mühe gemacht, in die Datenbank des Landtages den Begriff „demokratischer Wandel“,

(Stefan Köster, NPD: Demokratisch?!)

„Alter“ oder „Senioren“ einzugeben? Sie können sich denken, dass sich mittlerweile fast jede parlamentarische Initiative mit der Problematik der Überalterung der Gesellschaft befasst. In unzähligen Debatten ist hier im Hause festgestellt worden, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern älter werden und dass die Menschen in unserem Bundesland weniger werden. In der Konsequenz heißt das, wir werden mehr ältere Mitbür

gerinnen und Mitbürger, kurz Senioren, haben. Wir werden vor allem mehr leistungsfähige, gesunde Senioren haben, die sich einbringen wollen. Ohne das Engagement der Älteren und die Förderung ihrer Leistungsfähigkeit werden wir den demokratischen Wandel auch nicht meistern können –

(Stefan Köster, NPD: Demografisch!)

demografischen Wandel. Ja, es wäre geradezu töricht,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Engagement und Erfahrungen einer wachsenden Bevölkerungsgruppe nicht einzubringen, zu nutzen und zu fördern. Unser Bundesland hat immer mehr ältere Bürger, die ähnlich wie Adenauer oder Genscher auch im Alter viel leisten können und viel leisten wollen. Dieses Engagement sollten wir anerkennen und fördern, anstatt es zu behindern. Aber noch immer gibt es viele – zu viele! – Altersgrenzen, die die Senioren im Ehrenamt oder im Beruf einschränken. Noch immer entscheidet das Alter in Form einer Zahl und nicht das Leistungsvermögen oder die Erfahrung über ihr weiteres Tun. Das halten wir als FDP für das falsche Signal.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Haltung zum Alter und zum Älterwerden hat sich grundlegend geändert. Altersgrenzen bei Senioren sollten unserer Meinung nach zur absoluten Ausnahme werden. Zu viele vermeintlich objektive Gründe wie beispielsweise die Belastbarkeit oder die Leistungsfähigkeit sind eben nicht pauschal nach einer Alterszahl einzuschätzen. Sie können nur ein Merkmal unter vielen sein, aber nicht das K.-o.-Kriterium, wie es heute gesehen wird.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Auch das Erreichen einer Altersgrenze für einen bestimmten Bereich darf nicht das Ende einer Karriere bedeuten. Anschlussfinanzierung und eine altersgerechte Weiterbeschäftigung sind Zukunftsaufgaben, denen wir uns stellen müssen. Ich möchte hier nur das Stichwort „lebenslanges Lernen“ nennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde mich freuen, wenn wir mit unserer Initiative als Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zeigen, dass das Engagement von Senioren gewollt ist und unterstützt wird. CDU und SPD haben sich im Rahmen ihrer Koalitionsvereinbarung in Ziffer 217 darauf verständigt, alle bestehenden starren Altersgrenzen zu überprüfen. Im Referat Seniorenpolitik des Sozialministeriums soll bereits eine entsprechende Arbeit begonnen haben. Unser Antrag zielt nun darauf ab, diese Arbeit für den Landtag transparent zu machen. Schließlich kann es nicht nur darum gehen, Gesetze und Verordnungen im Sozialministerium zu überprüfen. Alle Ministerien und alle Behörden des Landes und der Kommunen sind aufgefordert, eine entsprechende Überprüfung durchzuführen. Dies kann nach unserer Auffassung jedoch nicht allein auf Verwaltungsebene geschehen. Für meine Fraktion ist es wichtig, dass vor allem die Praxis beziehungsweise die Senioren selbst mit in diese Arbeit eingebunden werden. Wir wollen, dass diese Arbeit rasch und möglichst breit angelegt durchgeführt wird. Die Folgen des demografischen Wandels ereilen uns mit jedem Jahr schneller. Deshalb müssen wir jetzt reagieren und aus den vermeintlichen Nachteilen der Überalterung der Gesellschaft die Vorteile herausziehen.

(Michael Roolf, FDP: Jawohl.)

Ich bitte um Unterstützung unseres Antrages.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Grabow.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig.

Ich bin immer froh, wenn ich hier rankomme, dann darf ich mal einen Schluck Wasser trinken. Es ist ja sonst sehr streng mit dem Wasser hier.

(Irene Müller, DIE LINKE: Richtig.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Chancen des demographischen Wandels nutzen – Engagement von Senioren in Beruf und Ehrenamt fördern – Überprüfung aller Altersbeschränkungen“, das ist ein schöner Dreiklang, den uns die FDP zu Gehör bringt. Ich will mit dem letzten Ton anfangen: Überprüfung aller Altersbeschränkungen.