Protocol of the Session on January 29, 2009

Kollegin Lück, ich habe damals versprochen, ich sage das nie wieder, Herr Timm, ich komme auch nie wieder auf dieses Thema mit dem Spruch: „Vergebens predigt Salomo, die Leute machen’s doch nicht so“ mit dem gemeinsamen Antrag. Nun haben wir wieder alle einen

Antrag und stimmen alle für einen Antrag, und mir ist bald, wie sagt meine Tochter, schietpiepegal, wer obendrüber steht, Hauptsache, das Thema wird angesetzt, kommt ins Parlament und wird entsprechend bearbeitet.

(Harry Glawe, CDU: Das schreibe ich jetzt auf.)

In diesem Sinne positive Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Baunach.

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2213 abstimmen. Wer dem FDP-Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2213 bei Zustimmung der Fraktion der FDP, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE, zwei Gegenstimmen aus der Fraktion der NPD und zwei Stimmenthaltungen aus der Fraktion der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/2138 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/2138 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE, keiner Gegenstimme und Stimmenthaltung der Fraktion der FDP und der NPD angenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich noch einmal auf den Tagesordnungspunkt 19 zurückkommen. Der Abgeordnete Herr Udo Pastörs hat in seinen Reden, sowohl in der Einbringung als auch in der Rede zum Antrag, eine Reihe von Formulierungen verwendet, die gemäß unserer Geschäftsordnung mit entsprechenden Ordnungsmaßnahmen zu bedenken sind.

Zunächst erst einmal weise ich die Äußerung zurück, dass Israel kein Rechtsstaat sei.

(Michael Andrejewski, NPD: Ach wirklich?)

Ebenso weise ich zurück die Angriffe auf die Abgeordnete Frau Lochner-Borst,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

der Ignoranz und Polemik vorgeworfen wurde. Die Äußerung, dass die israelische Armee Nachfolgeorganisation einer Terrororganisation sei und damit gleichzusetzen einer Terrororganisation, muss ich hier auch zurückweisen.

(Michael Andrejewski, NPD: Ist aber wahr.)

Diese Äußerung im Zusammenhang mit der Äußerung, dass die BRD auch zu den Hauptunterstützern dieses Terrorstaates gehöre, verletzt die Souveränität des Staates Israel. Und auch die Aussage, dass der israelische Staat nicht auf Recht gegründet, sondern auf Raub, Vertreibung und Unterdrückung gegründet sei, ist unrecht.

(Michael Andrejewski, NPD: Es gab keine Vertreibung.)

Vor diesem Hintergrund erteile ich dem Abgeordneten Udo Pastörs einen weiteren Ordnungsruf. Das ist der dritte. Ich habe Herrn Pastörs darauf aufmerksam gemacht,

(Michael Andrejewski, NPD: Er ist leider nicht mehr da.)

dass der dritte Ordnungsruf gemäß Paragraf 98 unserer Geschäftsordnung die Wortentziehung für die gesamte weitere Sitzung nach sich zieht.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Der wird nichts mehr sagen. – Michael Andrejewski, NPD: Der Arme!)

Herr Pastörs ist nicht mehr anwesend, aber ich denke, dass er das mit Sicherheit zur Kenntnis nehmen wird.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Bedingungen für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter verbessern – Spielräume der EU-Richtlinie über Leiharbeit nutzen, Drucksache 5/2149.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Bedingungen für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter verbessern – Spielräume der EU-Richtlinie über Leiharbeit nutzen – Drucksache 5/2149 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht zum ersten Mal beschäftigt sich der Landtag mit dem Thema Leiharbeit. Ich erinnere an die Debatten zu dem Antrag meiner Fraktion „Bedingungen für die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter verbessern“ und auch an den Koalitionsantrag „Rahmenbedingungen für Zeitarbeit in MecklenburgVorpommern weiter verbessern“.

Es stellt sich nun die Frage, und ich gebe zu, sie ist berechtigt: Gibt es einen neuen Handlungsbedarf? Wir sagen klar: Ja. Begründet wird dieser Handlungsbedarf zum einen aus der aktuellen Situation im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigten, denn genau hier zeigt sich ganz deutlich, dass gerade sie es sind, die ihren Arbeitsplatz zuerst verlieren, und zum anderen aus der Beschlusslage des Europäischen Parlamentes. Auf Letzteres möchte ich mich konzentrieren.

Im Juli 2008 hat der Rat der Arbeits- und Sozialminister der Europäischen Union eine politische Einigung über die lang umstrittene EU-Leiharbeitszeitrichtlinie erzielt. Diese wurde dem Europäischen Parlament Ende September 2008 offiziell als gemeinsamer Standpunkt des Rates zugeleitet. Im Oktober 2008 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit dem gemeinsamen Standpunkt des Rates ohne Änderungen zugestimmt. Damit ist die EU-Leiharbeitszeitrichtlinie nun rechtskräftig. Die Mitgliedsstaaten müssen sie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Für uns fällt die politische Bewertung der nun vorliegenden Entscheidung sehr differenziert aus. Das wird Sie sicherlich nicht überraschen. Wer sich mit unserem Antrag beschäftigt hat, wird das auch deutlich erkannt haben.

Beginnen möchte ich mit einer positiven Betrachtung. Positiv ist, dass vom Grundsatz her eine Gleich

behandlung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern sowie Regulärbeschäftigten vom ersten Tag an angestrebt wird. Dieses betrifft sowohl die Stundenentgelte, Kernarbeitszeitbedingungen wie Arbeitszeit, Pausen, Urlaub, Sozialzuschüsse, Antidiskriminierung, Gleichstellung der Geschlechter und so weiter und so fort. Nachzulesen im Artikel 3 und Artikel 5.1 der Richtlinie. Im Kern geht es also um gleichen Lohn, gleichen Sozialschutz und gleichen Zugang zur beruflichen Fortbildung wie bei Stammbeschäftigten. Bei der Umsetzung in nationales Recht ist darauf also konkret zu achten. Für viele Mitgliedsstaaten bedeutet die Anerkennung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom ersten Tag an einen deutlichen Fortschritt gegenüber der bestehenden Situation.

Negativ ist aber, dass die Richtlinie eine Begrenzung von Arbeitszeit durch nationalstaatliche Gesetze der Mitgliedsstaaten erheblich erschwert. Im Artikel 4 heißt es, ich zitiere: „Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit sind nur aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt; hierzu zählen vor allem der Schutz der Leiharbeitnehmer, die Erfordernisse von Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz oder die Notwendigkeit, das reibungslose Funktionieren des Arbeitsmarktes zu gewährleisten und eventuellen Missbrauch zu verhüten.“

Und das, meine Damen und Herren, läuft aus unserer Sicht wieder auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof hinaus, der nicht erst in den Urteilen von Viking Line, Lavel, Rüffert und Luxemburg für eine unternehmerfreundliche Politik bekannt ist.

Darüber hinaus lässt diese Richtlinie zahlreiche Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichbehandlung zu, nachzulesen im Artikel 5.2, zum Beispiel beim Arbeitsentgelt, wenn die Leiharbeitnehmer unbefristet beschäftigt sind und auch zwischen Entleihphasen ihr Gehalt weiter beziehen, oder Artikel 5.3, dass durch Tarifverträge oder bei Nichtvorliegen eines Systems allgemeinverbindlicher Tarifverträge auch durch Gesetz oder einfache Verwaltungsverordnungen davon abgewichen werden kann, oder Artikel 5.4 im Hinblick auf eine Wartezeit in Bezug auf die Gleichbehandlung wie in Großbritannien oder abweichende Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie unterschiedliche Behandlungen bei betrieblichen Systemen, der sozialen Sicherheit einschließlich Rentensystemen, System von Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall oder System der finanziellen Beteiligung, zum Beispiel vermögenswirksame Leistungen.

Problematisch ist aus unserer Sicht auch der Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie zum Thema Betriebliche Interessenvertretung beziehungsweise Betriebsräte. Demnach können die Mitgliedsstaaten nach nationalstaatlichem Recht davon absehen, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bei der Feststellung der Betriebsgröße und bei Freistellung sowohl im Entleihbetrieb wie auch im Verleihunternehmen mitzuzählen.

Unter Berücksichtigung all dieser Bestimmungen ergibt sich aus unserer Sicht ein erheblicher Handlungsbedarf für Deutschland, der leider bislang durch die Bundesregierung, insbesondere durch den Arbeitsminister Herrn Scholz, abgestritten wird. Für Deutschland kann nur dann eine Verbesserung der Situation erwartet werden, wenn Abweichungen vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch nationalgesetzliche Regelungen zur Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie generell ausgeschlossen werden und auch keine Öffnung durch Tarifvertrag mög

lich ist. Für die Debatte um die nationale Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie ins nationale Recht durch Bundestag und Bundesrat kommt es deshalb darauf an, den Grundsatz der Gleichbehandlung vom ersten Tag an wie in Artikel 5.1 der Richtlinie in nationalem Recht zu verankern und dabei keine einzige durch die Richtlinie erlaubte Abweichung von diesem Grundsatz ins nationale Recht zu übernehmen.

Artikel 4 der EU-Richtlinie ist so in das nationale Recht zu übernehmen, dass ein weiterer Ermessungsspielraum zur Beschränkung von Leiharbeit ermöglicht wird. Das geltende Deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz lässt Abweichungen vom Grundsatz der Gleichbehandlung durch tarifliche Regelungen zu. Das ist zwar nach der EU-Leiharbeitsrichtlinie gestattet, sollte aber generell gestrichen werden.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, Sie werden unschwer erkannt haben, unsere Kernforderungen in Bezug auf die Stellung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiternehmern haben sich nicht geändert. Bereits im Jahr 2007 haben wir gefordert:

„1. Tarifliche Gleichbehandlung der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter zur jeweiligen Stammbelegschaft nach dem Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit,

2. Stärkung betrieblicher Mitbestimmung für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter auch in den entleihenden Unternehmen,

3. Schutz von regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen durch eine begrenzte Verweildauer,

4. Festlegung einer Obergrenze für den Anteil von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in einem Betrieb.“

Nun haben wir gemeinsam die Chance, uns ohne Wenn und Aber für eine Verbesserung der Situation der Beschäftigten einzusetzen. Es wird Zeit, dass wir nicht nur beklagen, dass die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer im Schnitt 2 bis 3 Euro pro Stunde weniger verdienen als die Stammbelegschaft. Wir haben die Chance, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Situation von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern sich verbessert.

Wir sehen uns auch gerade nach der Beschlussfassung im EU-Parlament und durch die Festlegung der EU-Leiharbeitsrichtlinie in unserer Auffassung bestärkt, dass die Chancen für die Verbesserung der Bedingungen für die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer groß sind. Und auch daran sei an dieser Stelle erinnert: Vor circa eineinhalb Jahren forderte die EU-Kommission insbesondere die Bundesregierung auf, die Bedingungen für die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer zu verbessern. Nutzen wir also gemeinsam diese Chance! Ich bin gespannt auf die Debatte und hoffe, dass wir gemeinsam diesen Antrag auf den Weg bringen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Borchardt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Waldmüller von der Fraktion der CDU.