Protocol of the Session on December 17, 2008

Daran sollte dieses Haus wieder anknüpfen.

Meine Damen und Herren, da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf, der nicht zur Ausschussberatung überwiesen wurde, um kommunalverfassungsrechtliche Fragen handelt, wird noch ein ganz anderes Problem der bereits angesprochenen Geschäftsordnungsregelung deutlich. Und hier bitte ich uns alle, ernsthaft nachzudenken. Der Paragraf 6 Absatz 3 der Kommunalverfassung regelt, dass der Landtag bei den Beratungen von Gesetzentwürfen, die unmittelbar die Belange von Gemeinden berühren, die kommunalen Verbände anzuhören hat,

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

beziehungsweise die Kommunalverfassung sagt deutlich, anhören soll.

Dem entsprechenden Kommentar ist dazu zu entnehmen, dass der Landtag mit dieser Regelung – ich zitiere – „eine gewisse Selbstbindung für von ihm künftig einzuhaltende Verfahrensregelungen eingegangen“ ist. Weder die Regelung der Kommunalverfassung noch unsere Geschäftsordnung gehen nun aber davon aus, dass es Aufgabe des Landtagsplenums sei, im Rahmen der Grundsatzdebatte, also der Ersten Lesung, die kommunalen Verbände anzuhören. Nein, meine Damen und Herren, eine solche, vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Anhörung der kommunalen Verbände findet ausschließlich in den Landtagsausschüssen statt. Und ich verweise an dieser Stelle erneut auf den Paragrafen 23 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung.

Meine Damen und Herren, man könnte an dieser Stelle einwenden, dass in unserer Kommunalverfassung ja bekanntermaßen im Paragrafen 6 Absatz 3 mit einer Sollregelung beziehungsweise einer Regel-AusnahmeFestlegung von der Anhörung ausnahmsweise abgewichen werden kann. Den kommunalen Spitzenverbänden aber gerade beim Spitzengesetz oder, wie wir es immer so schön sagen,

(Michael Roolf, FDP: Herzstück.)

der „Verfassung der Kommunen“ das Anhörungsrecht zu verwehren,

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja.)

das allerdings bedarf dann schon starker Argumente,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Richtig.)

und zwar nicht, lieber Herr Kollege Müller, gegen den vorliegenden Gesetzentwurf, sondern vielmehr für die Rechtfertigung einer Nichtbeteiligung der kommunalen Verbände. Und hierzu – das müssen Sie sich allerdings vorwerfen lassen – haben Sie im Rahmen der Ersten Lesung nicht eine Silbe gesagt.

Meine Damen und Herren, wir als Fraktion DIE LINKE werden dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen, nicht aus inhaltlichen Erwägungen, sondern deshalb, weil ihm die notwendigen Entscheidungs

grundlagen, die in der Kommunalverfassung und in der Geschäftsordnung geregelt sind, gefehlt haben. Und wir kritisieren sehr deutlich das von der Koalition gewählte Beratungsverfahren. Deshalb wird es Sie nicht wundern, dass wir schließlich an dieses Haus auch vor dem Hintergrund dieses Gesetzentwurfes, zu dem man inhaltlich meinen kann, was man will, appellieren, gemeinsam die Geschäftsordnungsregelung nach Paragraf 48 Absatz 3 kritisch zu hinterfragen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Müller?

Wenn ich noch Zeit habe, gern.

Ja, es ist noch ausreichend Redezeit da.

Frau Měšťan, der Antrag der Fraktion der FDP enthält inhaltlich …

(Toralf Schnur, FDP: Der Gesetzentwurf. – Michael Roolf, FDP: Das ist ein Gesetzentwurf.)

Der Gesetzentwurf. Ich bitte um Entschuldigung.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP enthält den Vorschlag, eine Regelung zu korrigieren, die wir vor einigen Jahren in die Kommunalverfassung eingefügt haben. Ist Ihnen bekannt, ob wir, als wir damals diese Regelung in der Kommunalverfassung verankert haben, dazu die kommunalen Verbände angehört haben?

Herr Müller, das ist mir sehr gut bekannt.

Haben wir sie angehört?

Aber ich denke, so einfach darf man es sich nicht machen. Hier geht es nicht darum,

(Michael Roolf, FDP: Einmal angehört, immer angehört, oder wie, für den Rest des Lebens?)

inhaltlich den Gesetzentwurf zu bewerten, denn die FDP war in der letzten Legislatur nicht bei uns vertreten. Und wenn sie einen Gesetzentwurf einbringen, der kommunale Belange betrifft,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

dann haben wir die Pflicht, die kommunalen Verbände anzuhören. Das sagt sowohl die Geschäftsordnung als auch die Kommunalverfassung.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist nicht gemacht worden. – Michael Roolf, FDP: Genau so. Das ist genau so. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und nicht mehr habe ich hier gesagt. Zu den Inhalten, denke ich, habe ich sehr deutlich die Kritik schon in der letzten Sitzung angebracht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig.)

Gestatten Sie eine Zusatzfrage?

Wenn immer noch Zeit ist.

Frau Kollegin Měšťan, ist Ihnen bekannt, ob die kommunalen Verbände unabhängig von der Tatsache, ob die FDP im Landtag vertreten ist oder nicht, ihre damals geäußerte Position zu dieser Regelung verändert haben?

Auch an der Stelle, Herr Müller, Sie wissen, dass wir inhaltlich nicht auseinander sind, aber an der Stelle wieder ein Zitat und Mutmaßungen zu machen, wo ein Gesetzentwurf durch eine Fraktion vorgelegt worden ist, das ist einfach nicht fair und wir sollten wirklich über das Verfahren nachdenken

(Michael Roolf, FDP: Kommt schlecht. Kommt jetzt schlecht. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

und inhaltliche Auseinandersetzungen dann führen, wenn wir die kommunalen Verbände am Tisch haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Frau Měšťan.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, die kleinen Parteien in den Kommunalvertretungen seien in keiner Weise dadurch benachteiligt, dass für den Fraktionsstatus laut Kommunalverfassung vier Abgeordnete nötig seien, sagen die großen Parteien. Schließlich hätten alle Kreistagsmitglieder die Möglichkeit, sich zu Fraktionen zusammenzuschließen, man braucht nur drei Gleichgesinnte zu finden und schon ist man im Besitz aller Vorrechte einer Fraktion.

Einen Unterschied gibt es aber schon: Einmal abgesehen von der SPD, die in Vorpommern auf ein Splitterparteiendasein zusteuert, können die großen Parteien Fraktionen bilden, ohne ihre politische Identität zu gefährden. Neun CDU-Abgeordnete machen einfach eine CDU-Fraktion – keine Frage. Aber was sollen zwei FDP-Kreistagsmitglieder machen, sich mit einem von der MarxistischLeninistischen Partei Deutschlands und einem von der Partei Bibeltreuer Christen zusammentun? Was für eine Fraktion soll das denn sein? Montags Marx, dienstags der liebe Gott und der Herr Jesus, mittwochs der freie Markt und Guido Westerwelle? Das wäre zwar bunt statt braun, aber vielleicht ein bisschen zu bunt. Das liefe auf ein innerlich zerrissenes oder aber konturloses Gebilde hinaus, das ohne jeden Nutzen für die Beteiligten wäre. Wo soll denn da der kleinste gemeinsame Nenner sein? Natürlich könnten sich die beiden FDP-Abgeordneten auch einer der größeren Fraktionen anschließen, der CDU oder vielleicht in Gedanken an liberal-soziale Zeiten der SPD. Aber dort würden sie untergehen. Sie würden absorbiert.

Verzicht auf Fraktionsrechte oder Verzicht auf die politische Identität – vor diese Wahl werden die kleinen Parteien gestellt. Sie sind eben generell lästig, sie stellen eine unerwünschte Konkurrenz dar und sollen am besten von der Bildfläche verschwinden.

Interessant ist, dass die Argumentation für ein Mehrheitswahlrecht der für die jetzige Fraktionsstärkenregelung sehr ähnlich ist. Da heißt es, die Anhänger kleiner Parteien können sich ja in größeren engagieren und dort liberale, ökologische oder linke Flügel bilden. Und wenn man nicht Angst vor großen inneren Spannungen hätte, die die Aussperrung aller politischen kleinen Strömun

gen aus dem Parlament zur Folge haben könnten, wäre das Mehrheitswahlrecht schon längst durchgepaukt.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Wie bekommt man nun FDP und Grüne dazu, in ihre eigene Diskriminierung einzuwilligen? – Indem man das Gespenst der rechten Gefahr an die Wand malt. Damit die NPD keinen Fraktionsstatus in den Kreistagen bekommt, müssen andere Parteien eben auch verzichten. Dieses Opfer muss für die gute Sache gebracht werden. Sollte die NPD in einem Kreistag nach den nächsten Kommunalwahlen, sagen wir, auf sieben Abgeordnete kommen, dann ist die neue Mindeststärke für eine Fraktion sieben plus eins und FDP und Grüne wären in den meisten Kreistagen weg vom Fenster.

Aber auch von Freiheitsrechten muss Abschied genommen werden, wenn es der antifaschistischen Sache dient. Die Versammlungsgesetze in Deutschland werden immer repressiver, was sich angeblich alleine gegen böse rechte Aufmärsche richtet. Dennoch dämmert mittlerweile sogar einigen in der linken Szene, dass sie die Nächsten sein könnten und dass sie das auch trifft. Für die Errichtung eines Polizeistaates braucht man ein Bedrohungsszenario. Das liefern die Medien mit immer neuen Tatarenmeldungen über so gefährliche Aktivitäten von nationalen Bürgern wie etwa dem Beitritt zur freiwilligen Feuerwehr.

(Jörg Heydorn, SPD: Was heißt hier Tatarenmeldungen? Sie nehmen doch die Realität nicht wahr. Bekennen Sie sich doch mal zur Realität, was Ihren Laden betrifft! Das ist doch fürchterlich.)