Protocol of the Session on November 19, 2008

Sie fordern Qualifizierungsmaßnahmen bei den Beschäftigten. Dazu muss ich Ihnen sagen, dass das

Operationelle Programm des ESF im Lande Mecklenburg-Vorpommern einen nach meiner Auffassung hinreichenden Rahmen diesbezüglich bietet zur Förderung der beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung sowie zur Unterstützung der Kompetenzentwicklung der Beschäftigten und Unternehmen. Insbesondere im Handlungsfeld „Wettbewerbsfähige Unternehmen und Beschäftigte“ des Programms „Arbeit durch Bildung und Innovation“ werden Unternehmen unterstützt, wo es darum geht, vorausschauend und flexibel zu handeln und frühzeitig neue Herausforderungen und Chancen des Strukturwandels zu erkennen, sich auf neue Erfordernisse einzustellen. Wir haben gegenwärtig 30 Projekte diesbezüglich, wo es um Qualifizierung in Beschäftigung geht.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Wir unterstützen die Arbeitnehmerqualifizierung bei Wadan Yards. Hier betrifft dies 140 Arbeitnehmer. Da werden Fremdsprachen verbessert, da werden IT-Kenntnisse aufgefrischt oder verbessert, wie Sie auch immer wollen. Also ich denke, dass wir diese Strecke weiterführen werden. Wir haben einen diesbezüglichen Antrag von Automotive, wo ebenfalls solche Maßnahmen anstehen. Ich glaube, dass hier auch die Möglichkeiten des gegenwärtigen ESF durchaus reichen.

Sie fordern mich auf, im Hinblick auf den Bund tätig zu werden, was Steuerentlastung betrifft. Das klingt ja alles sehr schön. Ich will Ihnen auch gern sagen, dass ich in dem Rahmen, den ich für richtig halte, diesbezüglich auch gern tätig werden will. Aber ich will Ihnen auch gleichzeitig sagen, man könnte jetzt sagen, wir haben uns sehr dafür eingesetzt, dass die Verdoppelungen des von der Steuer abzusetzenden Betrages bei Handwerkerleistungen kommen. Die sind ja inzwischen beschlossen. Das war übrigens eine Initiative Mecklenburg-Vorpommerns im Bundesrat, die letztlich auch mit dazu …

(Zuruf aus dem Plenum)

Ja, das ist immerhin das Doppelte von dem, was bisher möglich ist. Ich glaube, das ist gut. Das Handwerk begrüßt das zumindest.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Von daher finde ich nach wie vor eine solche Aktivität richtig. Aber wenn Sie davon sprechen und vielleicht mich noch auffordern, ich weiß ja nicht, ob Sie es nachher tun werden, da eine Bundesratsinitiative einzuleiten, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Roolf, das sind so Dinge, die klingen im Moment sicherlich gut, und ich will mich gern dafür einsetzen, das sage ich noch mal, dass gerade dieses Thema „Kalte Progression“ – ich gehe mal davon aus, dass Sie das kennen – in Zukunft eine andere Regelung erfährt. Ja, ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt, wenn Sie vielleicht …

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Entschuldigung, gut. Nein, nein, aber Sie sind ja sehr leicht mit Worten, insofern will ich nur ganz vorsichtig argumentieren.

Aber Sie müssen aufpassen. Wenn Sie solche Forderungen aus Mecklenburg-Vorpommern vielleicht noch im Rahmen einer Bundesratsinitiative stellen würden, sage ich Ihnen, landen Sie gleich bei Zustimmung, und zwar dann dahin gehend, dass der Solizuschlag abgeschafft werden soll. Und genau dies wollen wir nun wieder nicht. Also insofern will ich noch mal sagen, man muss aufpas

sen in der Politik und aus dem Land heraus vielleicht auch ein bisschen mal auf die Bundesebene schauen, wenn man diesbezüglich Vorschläge macht.

Meine Damen und Herren, was ich noch einmal sagen möchte: Ich finde, es ist nicht richtig, eine schwierige Situation, die wir auch in Mecklenburg-Vorpommern haben, mit allgemeinem Gerede – ich will es ruhig so bezeichnen – hier zu nutzen. Wissen Sie, wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, dann ist es für mich schon ein bisschen komisch, das will ich ganz deutlich sagen. Wenn Sie vor wenigen Wochen noch die Landesregierung angegangen sind im Hinblick auf Verschleuderung von Fördermitteln und heute Flexibilisierung fordern,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, ja, das ist immer so ein bisschen seltsam.)

dann ist das natürlich ein gewagter Sprung, den Sie machen, oder wenn Sie im Bund das Konjunkturprogramm als Strohfeuer bezeichnen, hier ein Wirtschaftswachstumsprogramm fordern, oder wenn Sie in Schwerin Pressekonferenzen machen und da toll herumtönen. Und da, Herr Roolf, ich habe es Ihnen vorhin gesagt, wo wirklich über die Probleme geredet wird, gestern Abend und heute Vormittag in Rostock bei der BalticFuture, also wo sich die Zulieferer zu den Schiffbauunternehmen treffen,

(Michael Roolf, FDP: Und wir im Landtag gesessen haben.)

da finde ich keinen von Ihnen,

(Michael Roolf, FDP: Da haben wir im Landtag gesessen.)

der da mit uns spricht.

(Gino Leonhard, FDP: Da sitzen wir im Landtag, das ist das Problem.)

Und das, das sage ich Ihnen, ist meiner Auffassung nach eben dann doch populistisches Gerede

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

und ich halte es für einen schlechten Stil. Das will ich Ihnen gerne noch mal entgegenhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter Minister Seidel! Vielleicht zunächst ein Wort auch zugunsten von Herrn Kollegen Roolf, weil er nicht an der BalticFuture teilgenommen hat. Ich habe daran auch nicht teilgenommen. Heute ist Landtagssitzung

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

und es ist nun mal eine der Aufgaben von Landtagsabgeordneten, daran teilzunehmen.

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja. Gestern Abend war ich noch zum Zukunftskongress, das habe ich Ihnen gesagt.)

Na gut, bei der Abendveranstaltung, das ist nun auch nicht eine Sache. Aber, Herr Kollege Roolf, das ist dann auch das Einzige, wo ich Sie hier in Schutz nehmen möchte.

Wenn ich mir mal Ihren Antrag angucke, das Einzige, was bei diesem Antrag tatsächlich noch irgendwas taugt, ist die Überschrift: „Den Mittelstand unterstützen – Vertrauen schaffen – Wirtschaftswachstumsprogramm jetzt“. Mit dem „Wirtschaftswachstumsprogramm jetzt“, da wird es dann schon schwierig, aber dazu komme ich gleich noch. Alles, was danach kommt, Herr Kollege Roolf, ist die wirtschaftspolitische Mottenkiste, die die FDP schon seit Jahren wieder herausholt und uns auch heute wieder auf den Tisch legt, um deutlich zu machen, dass Ihnen auf gut Deutsch doch nie Neues einfällt.

Herr Kollege Roolf, das, was Minister Seidel eben ausgeführt hat, was die einzelnen Maßnahmen angeht, die hier im Land angebracht wären, die hier tatsächlich auch zur Stärkung der Unternehmen, zur Stärkung der Beschäftigung, zur Sicherung der Arbeitsplätze vorgenommen werden sollen, möchte ich hier nicht wiederholen. Sie haben es ja eben gehört. Sie haben es auch im Wirtschaftsausschuss gehört und jetzt in der öffentlichen Sitzung. Ich gehe davon aus, dass Sie auch noch darauf eingehen werden. Ich möchte es jetzt nicht tun.

Ich möchte allerdings auf das eingehen, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben. Da fange ich einmal an mit der „Flexibilisierung der Rahmenbedingungen bei der Fördermittelvergabe“. Und da kann ich natürlich nur dem beipflichten, was Herr Minister Seidel eben gesagt hat. Es klingt erst mal schön, aber da müsste man natürlich auch mal wirklich mit den Unternehmen sprechen, ob die tatsächlich dort das Problem sehen. Mir ist nicht bekannt, dass die Unternehmen tatsächlich bei der Flexibilisierung der Rahmenbedingungen bei der Fördermittelvergabe ein Problem sehen. Da ist manchmal eher die Frage, wie schnell das Geld hinterher ausgekehrt werden kann. Das ist ein ganz anderes Thema.

Aber was natürlich ein Unding ist, und da hat Minister Seidel vollkommen recht, man kann sich nicht im Rahmen einer Debatte wie der heutigen Landtagssitzung, wo es darum geht, Wirtschaft zu unterstützen, hinstellen und sagen, wir wollen flexiblere Rahmenbedingungen bei der Fördermittelvergabe, und wenn es denn in der Vergangenheit – ich will es mal so ausdrücken – etwas flexibler gehandhabt worden ist, dann wird als Erstes nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geschrien. Also das ist natürlich eine Arbeitsweise, wie schaffe ich mir die Untersuchungsausschüsse dann selber.

Und das Gleiche gilt natürlich auch bei der „Straffung der Genehmigungs- und Antragsverfahren bei Investitionsvorhaben, um anstehende Investitionsvorhaben vorzuziehen“. Ich persönlich, Herr Kollege Roolf, bin dieser Tage bei der Pressekonferenz der VUMV gewesen, wo es tatsächlich darum ging, in welcher Art und Weise mittelständische Wirtschaft gerade in der bestehenden Finanzkrise und vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf die Wirtschaft in diesem Land gestützt werden kann. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Herr Bremer oder der Geschäftsführer des VUMV Herr Wilken auch nur einen Satz darüber gesprochen haben. Ich habe mir auch die Unterlagen hinterher noch mal geben lassen. Auch darin steht nichts. Ich gebe sie Ihnen gerne, wenn Sie das lesen möchten. Sie haben einiges dazu gesagt, die VUMV, Sie nicht. Sie sind bei Allgemeinplätzen geblieben. Sie haben einiges dazu gesagt bei der VUMV, das zumindest war es nicht.

Und dann kommt der Punkt „Initiative auf Bundesebene für ein Steuersenkungsprogramm zur Entlastung der Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen“.

Das finde ich schön. Das finde ich wirklich schön, das klingt gut. Und wenn ich mir überlege, dass das natürlich gerade bei uns im Land die Masse der Beschäftigten ist, die zu den niedrigeren beziehungsweise bestenfalls zu den mittleren Einkommen gehört, dann klingt das erst mal ganz toll. Aber wenn ich mir dann Ihre Begründung anschaue und dann dort drinsteht, dass als einer der ersten Schritte die Steuerfreibeträge auf 8.000 Euro anzuheben sind,

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

dann stellt sich bei mir natürlich die Frage, ob das tatsächlich den Einkommensbeziehern mit niedrigen oder mittleren Einkommen zugutekommt. Dann gehe ich eher davon aus, dass das vielleicht Ihnen oder mir zugutekommt, aber ob das möglicherweise bei irgendeiner Angestellten, die relativ wenig verdient, vielleicht ein Bruttoeinkommen von 1.500 Euro im Monat hat, das ist ja wohl durchaus nichts Ungewöhnliches in diesem Land, zugutekommt, da habe ich dann doch ernsthafte Zweifel.

(Michael Roolf, FDP: Zweifel?!)

Und wenn es sich auswirkt, dann wirkt es sich bei Ihnen und bei mir sicherlich in ganz anderem Maße aus, als es sich bei den Beschäftigen auswirken wird.

Aber davon mal ganz abgesehen, ich will Ihnen einfach nur sagen – und das werden Sie sicherlich auch kennen, aber darauf möchte ich dann trotzdem nicht verzichten –, es gibt gerade jetzt eine Untersuchung des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung an der Leipziger Universität, das sich unter anderem auch mit der Frage beschäftigt hat, wie ein Konjunkturprogramm, wenn man es denn so nennen möchte, tatsächlich mehr Arbeitsplätze, auch mehr Beschäftigung und wirtschaftliches Wachstum in diesem Land schaffen kann. Und da wurde sich dann unter anderem mit unterschiedlichen Modellen beschäftigt, einmal mit der Frage Steuersenkung, dann Senkung der Sozialversicherungsbeiträge und Erhöhung öffentlicher Investitionen als drittes Modell. Dann ist es halt so, dass an Wirtschaftswachstum bei Steuersenkungen sich im Jahresdurchschnitt mit absolutem Maß, oder sagen wir mal, nur ungefähr ein Drittel von dem so auswirken würde, wie es tatsächlich der Fall ist, wenn das gleiche Geld in die Erhöhung öffentlicher Investitionen geht.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Und das, denke ich, ist tatsächlich der entscheidende Punkt, wo man auch hier im Land darüber nachdenken muss. Es kann hier im Land nicht darum gehen, so, wie Sie das im Begründungstext Ihres Antrages geschrieben haben, dass sich die Landesregierung schnellstens mit der EU-Kommission in Verbindung setzt, um zu einer nachhaltigen Flexibilisierung der Fördermittelrahmenbedingungen zu kommen. Also, Herr Minister Seidel, ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber wenn ich mir vorstelle, dass Sie bei der EU-Kommission mit dieser Frage auftauchen …

(Minister Jürgen Seidel: Nur, wenn Herr Roolf mitkommt.)

Gut, selbst wenn Herr Roolf mitkommt, werden Sie wahrscheinlich immer noch irgendwo hinten in der Reihe stehen. Das hängt sicherlich nicht mit Ihnen persönlich zusammen, sondern mit der Frage, dass wahrscheinlich andere schon da waren und über dieses Thema schon längere Zeit dort diskutieren.

Was wir hier im Land tatsächlich machen können, was ich für sehr wichtig halte, in Bezug auf die Erhöhung der Bürgschaften, insbesondere für die Werftindustrie in diesem Land und damit auch für die Zulieferbetriebe in diesem Land, ist tatsächlich die Frage, inwieweit gerade die öffentliche Hand Investitionen tätigen oder vorziehen kann. Aber da, Herr Minister Seidel, muss ich Sie nun wieder ein bisschen in Schutz nehmen, da sind Sie im Grunde nicht der richtige Ansprechpartner. Da würde ich es mir eher wünschen – Herr Minister Caffier ist leider im Moment nicht da –, dass man sich vielleicht auch in der Landesregierung Gedanken darüber macht, wie man bei der Vielzahl der Kommunen in diesem Land, die in der jetzigen Haushaltssituation, die sie haben, gerade nicht im investiven Bereich tätig werden können, Möglichkeiten findet, um diesen Kommunen tatsächlich eine Chance zu geben, Investitionen vorzuziehen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Das hätte zwei ganz wichtige Effekte. Erstens würde es dazu führen, dass gerade – und das sind dann in erster Linie kleine und mittelständische Unternehmen, die ja in diesem Land tätig sind – die kleinen und mittelständischen Unternehmen in diesem Land an gesicherte Aufträge kommen würden, gesichert insofern, dass sie dann hinterher wahrscheinlich auch bezahlt werden. Das ist bedauerlicherweise heutzutage bei der Vielzahl von Finanzschwierigkeiten, die es bei größeren Unternehmen gibt, nicht immer der Fall. Ich möchte nur daran erinnern, welche Schwierigkeiten ein großes Unternehmen wie die Opel GmbH aufgrund der Finanzkrise des Mutterkonzerns hat. Aber da wäre es natürlich gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in diesem Land eine Chance, an Aufträge zu kommen, ihre Arbeitsplätze in ihrem Unternehmen zu sichern und tatsächlich damit dann auch wieder den Binnenkonsum in diesem Land zu stärken, was wiederum nachhaltige Effekte für die Wirtschaft in diesem Land hätte.

Der zweite Punkt – und daran möchte ich auch erinnern und vielleicht nimmt der Innenminister die Frage in die Überlegungen auf – wäre, im Endeffekt würde es wahrscheinlich sogar zu einer Entlastung auf Dauer bei den Kommunen führen, dadurch, dass man es vorzieht, dass man vielleicht zu diesem Zeitpunkt bestimmte Ausgaben schon tätigen kann, die sich tatsächlich auch längerfristig nachhaltig auswirken auf die Kommunen. Es würde zumindest nicht teurer werden.