Protocol of the Session on November 19, 2008

Darauf setzen natürlich die herrschenden Parteien, die die Landkreise und Kreistage dominieren. Ganz sicher sind sie sich zwar nicht. So verfügt der Landkreis Ostvorpommern über einen Kreiswahlleiter, der eigentlich Ahnung von Wahlrecht haben sollte

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hat er auch.)

und ein Rechtsamt mit Volljuristen, und dennoch hat der Landkreis noch mit Steuergeldern eine Anwaltskanzlei angeheuert. Sie scheinen wohl die Hosen voll zu haben. Diese Anwaltskanzlei versucht es zu einer verfassungsrechtlichen Prüfung gar nicht kommen zu lassen und will sich hinter verfahrensrechtlichen Fragen verstecken.

(Udo Pastörs, NPD: Da kommt er aber hin.)

Aber alles, was das Verwaltungsgericht Greifswald in sein Urteil schreibt und die gegnerische Kanzlei vorbringt, kann in die Klage unseres Fraktionsgeschäftsführers Peter Marx, dem man die Kandidatur als Oberbürgermeister Schwerins verwehrte,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zu Recht! Zu Recht!)

sofort eingearbeitet werden. Machen Sie sich klar – als letzter Satz –, mit Ihrer Zuarbeit und Ihrem Geld bekämpfen wir Sie vor Gericht! Ich zahle die Gerichtsgebühren mit Vergnügen von meinen Diäten. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner, insbesondere von der Koalition und auch von der LINKEN, Kollege Ritter, haben auf die Vielzahl von Regelungen in dem Gesetzentwurf der Landesregierung, neben den redaktionellen Änderungen im Sicherheitsüberprüfungsgesetz, die Neuregelung für die Bearbeitung, die Nutzung personenbezogener Daten bis hin zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes, die bereits heute in der Presse diskutiert werden, hingewiesen. Und auf letztere Änderungen will ich mich in meiner Rede konzentrieren, denn diese Vorschriften haben es bereits in diverse Nachrichtenmagazine geschafft.

Stellvertretend möchte ich hier eine Schlagzeile aus dem aktuellen „Focus“ zitieren: „Massiver Eingriff ins Wahlrecht“ – „Staatsrechtler … kritisiert Mecklenburger Gesetz“. Zunächst möchte ich im Namen meiner Fraktion ganz klar Folgendes feststellen: Wir Liberale wollen ebenso wie unsere Vorredner keine Bürgermeister in den Rathäusern des Landes, die extremistische Ideologien verfolgen oder unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Wir wollen nicht, dass Verfassungsfeinde kommunale Ämter wahrnehmen. Nun gibt es aber verschiedene Wege, das zu verhindern. Zunächst sind da die politische Auseinandersetzung, die Information der Bürger über die Wahlziele einzelner Parteien oder Einzelbewerber sowie der Kampf für und um die Demokratie in unserem Land. Denn letztlich muss es doch Ziel jedes vernünftig denkenden und politisch aktiven Menschen sein, die Bürger davon zu überzeugen, dass extreme Parteien nichts, aber auch gar nichts zu Lösungen von Problemen beitragen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Diese Parteien sind es, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Probleme erzeugen. Sie hetzen ganz bewusst auf, sie spielen Menschen gegeneinander aus und sie instrumentalisieren Ängste der Bevölkerung für ihre Ziele. Wenn die Menschen in unserem Land solchen Parteien oder Einzelbewerbern keine Stimme mehr geben, ja, dann haben wir viel geschafft, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Ich weiß allerdings, dass dies ein langer und schwerer Weg ist, der mit Mühen, viel Engagement und insbesondere mit viel persönlichem Engagement der Abgeordneten verbunden ist. Der Innenminister will offensichtlich nicht warten, bis wir den extremen Kräften die Basis beim Wähler entzogen haben, er schlägt daher Änderungen im Wahlgesetz vor, um eine Kandidatur zu verhindern.

(Michael Andrejewski, NPD: Er rechnet mit langen Zeiträumen.)

Genau hier kommen wir an den Punkt, wo wir aufpassen müssen, dass die Regelungen praktisch anwendbar sind und gerade nicht dem Grundgesetz widersprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig. Sehr richtig.)

Ich will heute keine rechtliche Bewertung vornehmen. Das kann ich auch nicht. Das will ich ausdrücklich hier an dieser Stelle sagen. Das sollte aus unserer Sicht ausgewiesenen Staatsrechtlern vorbehalten sein.

(Udo Pastörs, NPD: Die arbeiten schon dran.)

Die ersten kritischen Stimmen zu dem Gesetzentwurf haben wir in meiner Fraktion zumindest wahrgenommen. Deshalb werden wir eine Anhörung im zuständigen Ausschuss, und zwar im Innenausschuss beantragen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist okay.)

Dann wird sich zeigen, inwieweit dieser Gesetzentwurf in all seinen Facetten tragfähig, umsetzbar und rechtlich unproblematisch ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ungeachtet dessen werden wir einer Überweisung dieses Gesetzentwurfes der Landesregierung in den Innenausschuss zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Warum denn nicht in den Verfassungsausschuss?)

Danke schön, Herr Leonhard.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/1936 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP sowie Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie darüber informieren, dass gemäß dem Fortschreiten der Zeit und der Ersparnis wahrscheinlich noch die Tagesordnungspunkte 28 und 27 am Schluss der Beratung heute vorgezogen werden, soweit es sich mit dem Ablauf und dem Zeitplan ermöglichen lässt.

Vereinbarungsgemäß rufe ich an dieser Stelle den Tagesordnungspunkt 12 auf: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Sicherung der Finanzierung von Kultureinrichtungen und -angeboten für Städte und das Umland, auf der Drucksache 5/1953.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sicherung der Finanzierung von Kultureinrichtungen und -angeboten für Städte und das Umland – Drucksache 5/1953 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Koplin. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Überschrift unseres Antrages ist eben noch einmal verlesen worden. Der Antrag hätte auch lauten können: „Für eine solidarische Kulturförderung!“

Ich denke, mit Blick auf die demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses sind wir uns einig, dass Kultur für die Daseinsvorsorge unverzichtbar ist. Dabei ist es zunächst nicht von Belang, ob Kultur- und Kunsteinrichtungen im ländlichen Raum angesiedelt sind oder in den Städten. Hier wie dort sind Kulturinstitutionen nicht mehr selbstverständlicher Teil des Gemeinwesens. Sie sind in jeder Hinsicht wertvoll.

Verständigungsversuche, warum Gelder für Kultur aufgebracht werden müssen, führen oftmals ein Schattendasein. Von Subventionen für Flughäfen, Straßen, Wege et cetera kann man das nicht in jedem Fall sagen. Was bedeuten aber Museen, Bibliotheken, Theater, Literatur, Musik, Kunst und die freie Szene für die gegenwärtige und künftige Identität des Landes, einer Stadt oder deren Umland?

Mit Heimatliebe und stolzgeschwellter Brust hört man hier und da sehr wohl jemanden sagen: Ich komme aus der Lilienthalstadt Anklam oder ich lebe …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Reuterstadt Stavenhagen.)

… in der Reuterstadt Stavenhagen oder er bekennt sich, Herr Dr. Körner, als Residenzstädter, also als jemand, der in Neustrelitz lebt und auch da seinen Lebensmittelpunkt hat. Nicht gehört habe ich bis jetzt einen leidenschaftlichen Ausspruch, der da sagt, also ich wohne gleich hinter dem Flugplatz Trollenhagen oder hinter dem Flugplatz Heringsdorf.

Das sage ich nicht abwertend. Ich will auf etwas sehr Wichtiges hin, denn dass das eine sehr wohl gesagt wird und man das andere nicht hört, ist nachvollziehbar. Die menschliche Verordnung ist kulturgeprägt und nicht technik- und technologiefixiert. Und weil das so ist, brauchen wir ein Klima, das kulturelle Prozesse ermöglicht und befördert. Dazu bedarf es insbesondere finanzieller Ressourcen. Während der Kulturhaushalt des Bundes in der bisherigen Legislatur um 7,8 Prozent angestiegen ist, verharrt unser Kulturbudget auf beschämend niedrigem Niveau.

Wie es um die Kommunen steht, ist hinlänglich bekannt. Auch wenn sich die Einnahmen von 2007 zu 2006 um 3,6 Prozent verbessert haben, die Situation der sechs kreisfreien Städte ist defizitär, ist mit einem strukturellen Defizit oftmals belastet. Mehr als 260 Millionen Euro sind Schulden, die allein nicht die laufenden Kosten decken, wenn meine Zahlenrecherche korrekt ist. Davon gehe ich aber aus.

Historisch gewachsen finden sich kulturelle Einrichtungen vor allen Dingen in Zentren von Städten. Da

erzähle ich Ihnen nichts Neues, aber es ist im Zusammenhang mit unserem Antrag noch mal ein wichtiger Aspekt. Dass sie unterschiedlich im Angebot sind, ist auch sinnvoll, dadurch erhöhen sich die kulturelle Vielfalt und ihre Anziehungskraft auf unterschiedlich interessiertes Publikum. Das ist auch der Grund dafür, dass diese Einrichtungen auch von Einwohnerinnen und Einwohnern der umliegenden Gemeinden, Städte und Landkreise genutzt werden. Insofern sind diese Einrichtungen nicht nur Teil der kulturellen Infrastruktur der jeweiligen Kommune, sondern ebenso der des Umlandes. Das aber beteiligt sich höchst unterschiedlich an der Finanzierung dieser Kultureinrichtungen und Kulturprojekte.

Um das zu illustrieren, möchte ich Sie auf eine Drucksache der Enquetekommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ aufmerksam machen. Das ist die Enquetedrucksache 5/123. Da sind in einem Extrakt die Stellungnahmen der Kommunen zu den StadtUmland-Beziehungen dargestellt worden und am interessantesten, Herr Vierkant, fand ich die Darstellung der Hansestadt Stralsund. Die war aus meiner Sicht am aussagefähigsten. Dort ist dargestellt, Stralsund hält vor für die Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt, aber auch für ein beträchtliches Umfeld unter anderem: Theater, Musikschule, Bibliothek, Archiv, Denkmäler, Volkshochschule. Und dann wird noch mal dargestellt, wie viele Menschen aus dem Umland nutzen denn die kulturellen Angebote der Hansestadt Stralsund. So ist ausgewiesen: 21 Prozent der Besucher, Nutzer muss es korrekterweise heißen, aus dem Umland nutzen die Bibliothek, 30 Prozent der Besucher des Tierparks und 38 Prozent der Theaterbesucher sind aus dem Umland von Stralsund. Und die letzte Zahl finde ich sehr untersuchenswert, denn in dem Zusammenhang wird auch dargestellt, dass die Hansestadt Stralsund im Jahre 2007 das Theater mit 3,119 Millionen Euro bezuschusst hat. Das ist eine beträchtliche Summe.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist richtig.)

Wenn ich das jetzt mal umbreche und sage, diese Bezuschussung gilt für das kulturelle Angebot für Stralsund und das Umfeld – und 38 Prozent der Besucherinnen und Besucher des Theaters kommen aus dem Umfeld –, dann bezuschussen die Stralsunderinnen und Stralsunder – ich habe das mal umgerechnet – mit 1,185 Millionen Euro das Umland. Wenn ich das jetzt in ein Verhältnis bringe mit der Einwohnerzahl von Stralsund, 58.027 Einwohner – ich habe also mit 58.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gerechnet –, dann bezuschusst vom Baby bis zum Greis jeder Stralsunder, jede Stralsunderin mit 20,43 Euro dieses Theaterangebot für die Menschen im Umland.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Es gibt aber auch den 10e. Es gibt aber auch den 10e.)

Nein, nur einfach, damit man die Dimension sieht. Und die Rechnung ließe sich natürlich auf andere Einrichtungen auch ausweiten, dann würde also die Rechnung höher ausfallen. Die Rechnung ließe sich auch auf andere Kommunen anwenden, zum Beispiel meine Heimatstadt Neubrandenburg oder eben auch hier Schwerin. Die Zahlen würden lediglich variieren.