Protocol of the Session on November 19, 2008

(Stefan Köster, NPD: Hier auch nicht. – Udo Pastörs, NPD: Wenn Sie vorher aussortieren, gibt’s die ja auch nicht mehr. Sie sind auf dem Weg dahin. – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Und damit wir diese demokratischen Wahlverfahren in der kommunalen Selbstverwaltung dauerhaft schützen, werden wir das Kommunalwahlgesetz demokratisch ändern.

(Udo Pastörs, NPD: Demokratisch diktatorisch. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das werden wir durchführen und die entsprechenden Beratungen in diesem Hohen Hause fortsetzen.

Meine Damen und Herren, aber nicht nur dieser Punkt ist ja ein Bestandteil der Gesetzesänderung zum Verfassungsschutzgesetz, sondern auch andere. Der Verfassungsschutz hat eine Aufgabe. Wir wollen, dass er seine Aufgabe erfüllt, und wir wollen natürlich auch, dass er die rechtsstaatlichen Instrumente bekommt, um diese Aufgabe mit der Entwicklung der Technik, die einherschreitet, immer besser erfüllen zu können. Und deswegen werden wir dem Verfassungsschutz des Landes auch die Instrumente an die Hand geben, die der Bund bereits hat. Das heißt, der Bund kann hier in unser Bundesland bei Luftfahrtunternehmen, bei Banken und Kreditunternehmen, bei Postdienstleistern, bei Telekommunikationsunternehmen Daten erheben, die wir als Landesbehörde bislang nicht erheben konnten. Um aber genauso schlau zu sein, wie der Bund selbst es ist, werden wir auch unsere eigenen landesrechtlichen Bestimmungen weiterentwickeln.

In diesem Zusammenhang würde ich gern einen kurzen Schlenker machen zur BKA-Debatte, zur Änderung des BKA-Gesetzes.

(Gino Leonhard, FDP: Oh, nee, nee, nee!)

Hier ist es so, dass die Föderalismuskommission I dem Bundeskriminalamt eine Aufgabe zugewiesen hat in der Gefahrenabwehr, das BKA aber im Moment noch keine Instrumente an der Hand hat, um die Aufgabe zu erledigen. Und deswegen hat die Regierung in Berlin, die Große Koalition, ein BKA-Änderungsgesetz vorgelegt, um dem Bundeskriminalamt genau die Instrumente an

die Hand zu geben – mit dem saloppen Wort „Onlinedurchsuchung“ ist da einiges bezeichnet –, die es braucht, um seine zentrale Aufgabe zu erledigen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach, die brauchen wir dafür?)

Und auch hier ist es so, meine Damen und Herren, dass es nicht so sein kann, dass wir Aufgaben an Behörden zuweisen und dann, wenn es darum geht, dass die Aufgabe auch durch Eingriffsbefugnisse erledigt werden soll, ihnen diese nicht geben. Das kann nicht funktionieren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. Völlig richtig, genau. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Dass allerdings bei den Eilverfahren, Herr Dr. Jäger, vielleicht noch mal neu abgewogen werden muss,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Na ja, richtig.)

ob die Eilverfahren richtig konstruiert sind –

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau das.)

da nicken Sie auch mit dem Kopf –, das halten wir gemeinsam für richtig. Aber entscheidend ist auch hier, dass im Rahmen der Gefahrenabwehr alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten herangezogen werden, um Gefahren gar nicht erst auftreten zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Ute Schildt, SPD: Richtig. – Angelika Peters, SPD: Prävention, Prävention und noch mal Prävention.)

Wir wollen Straftaten und schwere Kriminalität bis hin zu Terrorismusgefahr im Vorfeld verhindern. Das ist unsere Aufgabe des Bundes und der Länder.

Hier im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, wie gesagt, haben wir vor, Daten zu erheben bei Luftfahrtunternehmen und so weiter. Ich habe da auf einiges hingewiesen. Die Aufgabenstellung geht aber auch noch weiter. Wir haben vor, der Verfassungsschutzbehörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern die Möglichkeit zu geben, technische Mittel einzusetzen zur Ermittlung des Standortes eines Mobilfunktelefons.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist so.)

Technisch gesehen kann das inzwischen fast jeder.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, muss ja auch sein.)

Inzwischen werden ja diese Daten auch verwendet, um Staumeldungen über den Verkehrsfunk zu verbreiten oder die Staumeldungen erst mal sozusagen zusammenzustellen, um sie danach verbreiten zu können. Die Frage ist also nicht, ob man die Daten erheben kann, sondern die Frage ist, ob der Verfassungsschutz diese Daten verwenden kann. Und warum sollen wir die Landesbehörden, in diesem Fall also den Verfassungsschutz, das kann man für die Polizei aber auch diskutieren, warum sollen wir diese Instrumente, die alle inzwischen haben – die Seite der Kriminalität hat sie auf jeden Fall –, denen, die die Kriminalität bekämpfen, nicht an die Hand geben? Und genau dieses nachholende Gesetzgebungsverfahren bringen wir jetzt auf den Weg.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich hoffe, nicht.)

Ich werbe um Ihre Zustimmung. Wir werden ja im Innenausschuss noch einiges dazu miteinander diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition! Mit Ihren Ausreden zur Ablehnung unseres Antrages heute früh zum BKA-Gesetz haben Sie zumindest deutlich gemacht, dass es sich um ein schlechtes Gesetz handelt und dass es im Vermittlungsausschuss landen muss.

Lieber Kollege Timm, Sie nennen das Gesetz ein Eilverfahren. Wissen Sie eigentlich, wie lange Schäuble schon an diesem Gesetz arbeitet? Also von Eilverfahren kann nun wirklich bei diesem Gesetz nicht die Rede sein. Es ist einfach schlecht gemacht und muss deshalb zu Recht im Vermittlungsausschuss landen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist im Übrigen nicht das erste Mal, dass ein Gesetz im Bereich der inneren Sicherheit dort landet beziehungsweise von Gerichten wieder zurückgeholt wird. Insofern ist jedes Hinterfragen eines Gesetzes im Bereich der inneren Sicherheit notwendig. Deshalb wird meine Fraktion auch der Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes federführend in den Innenausschuss zustimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen darin überein, dass der Staat bei der inneren Sicherheit auf die neuen Herausforderungen reagieren muss. Streitpunkt bleibt allerdings, wie dabei die notwendige und angemessene Balance von gebotener Sicherheit und bürgerlicher Freiheit erreicht werden kann. Hierbei kommt der demokratischen Opposition eine besondere Verantwortung zu und der werden wir uns nicht entziehen.

Zum anderen aber berührt der vorliegende Gesetzentwurf Regelungsmaterien, Stichwort Kommunalwahlgesetz, die mit dem Verfassungsschutz nichts beziehungsweise nur unmittelbar etwas zu tun haben. Sehr geehrter Herr Innenminister, insofern ist der Titel Ihres Gesetzentwurfes offensichtlich förmlich unpräzise und irreführend. Inhaltlich halte ich ihn sogar für falsch beziehungsweise unzulässig. Auch darüber muss man im Ausschuss noch einmal reden, denn der Gesetzentwurf der Landesregierung beinhaltet die Novellierung von Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes und des Landesverfassungsschutzgesetzes sowie des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes. Es ist also mithin nicht nur ein Gesetz zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes.

(Minister Lorenz Caffier: Das habe ich auch so gesagt.)

Ja, Sie haben das gesagt, aber dann muss es sich im Titel des Gesetzes auch so widerspiegeln, denn wir wollen hier richtige Gesetzes verabschieden und uns nicht nur daran lang hangeln, was der Innenminister hier richtig dargestellt hat.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist ein Artikelgesetz.)

Ja, dann muss es auch so benannt werden, lieber Kollege Ringguth.

Nach diesem Gesetzentwurf können die für die Prüfung zuständigen Wahlausschüsse künftig Beratung durch die Rechtsaufsichtsbehörden in Anspruch nehmen, sollten tatsächlich Anhaltspunkte Anlass zum Zweifel an der Verfassungstreue eines Kandidaten geben. In diesem Zusammenhang kann die Rechtsaufsicht die Verfassungsschutzbehörde fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist zumindest eine neue Art der Öffentlichkeitsarbeit der Verfassungsschutzbehörde und muss hinterfragt werden.

Aber auch in diesem Verfahren bleibt der Verfassungsschutz Mittel zum Zweck. Wesentlicher Gegenstand der Novelle sind vielmehr Wahlausschuss, Prüfverfahren sowie Prüfergebnis und das sollte auch in der Hausnummer beziehungsweise im Titel des Gesetzes unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden. Auch die wahlrechtlichen Konsequenzen einer allgemeinen Gebietsreform können bestenfalls Verfassungsfragen berühren, den Verfassungsschutz betreffen sie aber keinesfalls.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Schwerpunkt der vorliegenden, den Verfassungsschutz betreffenden Vorschriften liegt darin, der Landesverfassungsschutzbehörde die entsprechenden gesetzlichen Befugnisse zu geben, wie sie sich auf Bundesebene aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz ergeben. Dieser Schwerpunkt stellt dann auch das Hauptproblem für den Landesgesetzgeber dar. Das Hauptproblem ist nämlich ein Bundesproblem, und zwar nicht allein sicherheitspolitisch, sondern gesetzestechnisch.

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, Regelungen zu beobachten, bei deren Erlass hinsichtlich der Voraussetzungen und der wahrscheinlichen Folgen Ungewissheiten bestehen. Diese Regelungen sind zu evaluieren. In der allgemeinen Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes wird daher zutreffend darauf verwiesen, dass das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz die Erkenntnisse aus der Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes umsetze.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf verschweigt allerdings auffallend, dass der entsprechende Evaluierungsbericht auf Bundesebene scharf kritisiert wurde. Weder das Überprüfungsverfahren noch die einzelnen Prüfkriterien und die zugrunde liegende Datenbasis waren gesetzlich geregelt. Nein, das Bundesministerium des Innern selbst hat das Terrorismusbekämpfungsgesetz evaluiert, es selbst hat das Verfahren und die Kriterien festgelegt und damit wohl auch maßgeblich das Prüfungsergebnis. Dieses Verfahren, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt an der Aussagekraft dieser Überprüfung objektiv erhebliche Zweifel aufkommen. Auf dieser Basis soll nun auch der Landesgesetzgeber der Neuregelung zustimmen, um eine erforderliche und gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesverfassungsschutzbehörde zu ermöglichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung fordert damit von diesem Landtag einen gesetzgeberischen Blindflug. Hier besteht im Rahmen der Anhörung erheblicher Aufklärungsbedarf nicht allein, aber auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten. Das Problem des vorliegenden Gesetzentwurfes ist doch, dass die Unverzichtbarkeit der vorgese

henen Maßnahme nicht ansatzweise dargelegt wird. Es wird nicht dargelegt, ob man nicht auch mit herkömmlichen Mitteln das gleiche Ziel erreichen könne. Damit bleibt die Frage unbeantwortet, ob der Freiheitsverlust in erträglicher Relation zum Sicherheitsgewinn steht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 28. Januar 2004 wurde in diesem Raum in Erster Lesung der Gesetzentwurf der rot-roten Landesregierung zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes behandelt. In der Debatte führte der damalige CDUAbgeordnete Thomas unter anderem aus: „Der“ – ich zitiere – „in Deutschland praktizierte Datenschutz“ sei aus seiner Sicht „eher eine Bedrohung für viele rechtstreue Bürger“. Zitatende. Das Protokoll vermerkt an dieser Stelle, ich zitiere: „(Beifall Lorenz Caffier, CDU)“.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Sehr geehrter Herr Kollege Innenminister, ich möchte davon ausgehen können, dass im Rahmen der Beratungen zum jetzt vorliegenden Gesetzentwurf der heutige Minister eindringlich den Abgeordneten Caffier von der rechtsstaatlichen Bedeutung eines wirkungsvollen Datenschutzes überzeugt.

(Udo Pastörs, NPD: Der ist für alles zu haben.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend eine Bemerkung zum kommunalwahlrechtlichen Kampf gegen den Extremismus.

(Stefan Köster, NPD: Also gegen die LINKE.)