Protocol of the Session on September 25, 2008

Ich habe in keinem Jahr zu keiner Problematik so eine parteiübergreifende Kritik erlebt wie zu diesen Richtlinien.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und dass Sie sich hier hinstellen, Herr Glawe, und sagen, es gibt Jugendämter, die verweigern sich, dieses oder jenes umzusetzen,

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

dazu empfehle ich Ihnen mal einen Blick in das Jugendamt des Landkreises Demmin. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten bis zum Umfallen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ja.)

Sie sind nicht mal mehr in der Lage, die Ermäßigungsanträge, die im Amt vorliegen, zeitgerecht zu bearbeiten. Zusätzliches Personal können wir nicht einstellen, weil wir permanent Post vom Innenminister bekommen, wir sollen weiter einsparen.

(Zuruf von Werner Kuhn, CDU)

Und da sagen Sie, die Leute vor Ort verweigern sich.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und wie …

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Lorenz, jetzt hast du noch Schuld. Der Sozialminister hat nichts damit zu tun. Du bist jetzt schuld, dass die Caterer ihr Geld nicht kriegen.)

Nein, er ist überhaupt nicht schuld.

Und wie Sie mit der berechtigten Kritik von den Betroffenen umgehen, das ist schon ein starkes Stück. Der Jugendhilfeausschuss das Landkreises Demmin hat nach Erscheinen der Richtlinien parteiübergreifend – und ich schwöre, ohne dass ich das angeleiert habe – einen Brief an den Sozialminister geschrieben und die …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Ritter, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Heydorn?

Nein, ich gestatte keine Frage.

… berechtigten Kritiken formuliert.

(Harry Glawe, CDU: Die kennen wir ja.)

Wir haben bis heute nicht mal eine Antwort vom Sozialminister bekommen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das sind die Tatsachen. – Harry Glawe, CDU: Herr Heydorn wollte eine Frage stellen.)

Und da wird den Ämtern vorgeworfen beziehungsweise den Jugendhilfeausschüssen, die arbeiten nicht richtig, die verweigern sich.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist das Letzte!)

Sie wissen nicht, wie es vor Ort aussieht, und machen hier dicke Backen.

(Harry Glawe, CDU: Nun ist es aber genug. Nun reicht es aber. Nun reicht es aber.)

Das lasse ich nicht durchgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1821 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1821 bei Zustimmung durch die Fraktionen

DIE LINKE, FDP und NPD sowie Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1826 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1826 bei Zustimmung durch die Fraktionen DIE LINKE, FDP und NPD sowie Gegenstimmen durch die Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den unveränderten Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1641. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1641 bei Zustimmung durch die Fraktionen DIE LINKE, FDP und NPD sowie Gegenstimmen durch die Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – FSC-Zertifizierung von Nationalparken beenden, auf Druck sache 5/1775.

Antrag der Fraktion der FDP: FSC-Zertifizierung von Nationalparken beenden – Drucksache 5/1775 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Reese von der Fraktion der FDP. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Ich denke, es ist jetzt sicherlich schwer für mich, nach einem so emotionalen Thema auf ein Sachthema zurückzukommen, die FSC-Zertifizierung von Nationalparken in unserem Land. Ich will trotzdem versuchen, Ihre Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken.

Die Zertifizierung von Waldbewirtschaftungsformen ist ein Instrument, um eine nachhaltige ökologische Entwicklung von Wald- und Forststandorten zu dokumentieren und somit zur Erhaltung unserer Landschaft beizutragen. Weiterhin ist mit der Zertifizierung auch ein Qualitätsmanagement verbunden, welches dem Kunden eine bessere Orientierung am Markt ermöglichen soll. Meines Wissens hat dies bisher jedoch in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht zu nennenswerten Erlös steigerungen geführt. Die bei uns gebräuchlichsten Zertifikate sind die Zertifikate des Forest Stewardship Council, kurz FSC, und die Pan-European Forest Certification, kurz PEFC. Das FSC ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein nach mexikanischem Recht und das PEFC ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein in Luxemburg, nach deren Grundsätzen die Zertifikate vergeben werden.

Ziel der Zertifizierung nach den FSC-Kriterien ist die Förderung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung, die ökologisch, sozial und wirtschaftlich verträglich ist. Weiterhin dient die PEFC-Zertifizierung der Imageverbesserung der Forstwirtschaft und des Rohstoffes Holz, da durch Monokulturen und brutales Abholzen von Naturwäldern Raubbau vor allen Dingen in Süd- und Nordamerika, aber zunehmend auch in Russland betrieben wird. Beide sogenannten Zertifizierungssysteme sind rein privatrechtlicher Natur, von den Umweltverbänden,

Waldbesitzern und Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft getragen und akzeptiert. Aber einen verbindlichen Rechtscharakter haben diese Zertifikate nicht.

Mit dem Ziel, das Holz aus den Wäldern unseres Landes besser vermarkten zu können, hatte sich die Landesregierung im Jahr 2002 dazu entschlossen, die Waldflächen des Landes zertifizieren zu lassen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es geht nicht nur um das Zertifikat, es geht um die Art des Wirtschaftens.)

In den Großschutzgebieten, zu denen auch die Nationalparke gehören, war eine Zertifizierung nach den FSCStandards vorgesehen. Die übrigen Waldflächen der Landesforst sollten nach dem PEFC-Standard zertifiziert werden. Sowohl das PEFC-Zertifikat als auch das FSCZertifikat sind auf die Waldbewirtschaftung ausgelegt. Auch wenn nach der FSC-Richtlinie eine Einbeziehung von Schutzgebieten durchaus möglich sein soll, sieht meine Fraktion jedoch einen Widerspruch mit den Zielen der FSC-Zertifizierung und denen eines Nationalparks.

Ich will an dieser Stelle aber klar sagen, dass wir als FDP-Fraktion uns nicht generell gegen die Zertifizierung von Waldflächen mit dem dazugehörigen Management aussprechen wollen. Solange Waldbesitzer sich freiwillig darauf einigen, eine Zertifizierung durchführen zu wollen, weil sie sich dadurch Vorteile im wirtschaftlichen Wettbewerb erhoffen, sollen sie dies herzlich gerne tun. Es erschließt sich mir allerdings nicht, warum eine Zertifizierung der Nationalparke nach den FSC-Kriterien 2002 angeordnet wurde.

Das Bundesnaturschutzgesetz definiert in Paragraf 24 Nationalparke als rechtsverbindlich festgesetzte, einheitlich zu schützende Gebiete. Die Länder haben sicherzustellen, dass Nationalparke unter Berücksichtigung ihres Schutzzweckes wie Naturschutzgebiete geschützt werden. Durch die Behandlung eines Nationalparks wie ein Naturschutzgebiet ist eine wirtschaftliche Betätigung, sei es durch Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Jagd und Fischerei, weitestgehend auszuschließen. Ausnahmen werden nur unter strengen Auflagen der Naturschutzbehörden erteilt. Durch die gleichwertige Behandlung eines Nationalparks mit einem Naturschutzgebiet lassen sich Rückschlüsse auf die anzuwendenden Bewirtschaftungsmöglichkeiten ziehen. Mit dem FSC-Zertifikat soll eine nachhaltige, ökologische und soziale Waldbewirtschaftung erreicht werden. Dieses Ziel ist mit der Einstufung eines Nationalparks als gleichwertig mit einem Naturschutzgebiet bereits sowieso gegeben. Aus diesen Gründen bedarf es keiner weiteren Zertifizierung nach der FSC-Richtlinie, sondern eines detaillierten, ökologisch sinnvollen Naturparkplanes, welcher auch eine gesunde Entwicklung des Gebietes erlaubt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Kennen Sie die Unterschiede?)

In diesem Plan sind die konkreten Pflege- und Entwicklungsziele eines Nationalparkes fest verankert. Weiterhin gibt es seit dem Jahr 2005 eine Waldbehandlungsrichtlinie, welche die Grundlage für den Umbau der immer noch weitestgehend naturfernen Forste in naturnahe, sich selbst regulierende Wälder bildet. Ebenso gibt es Verordnungen über die Ausübung der Jagd in den National parken. Die eben genannten Ausführungen sollen verdeutlichen, dass es in den Nationalparken bereits eine Vielzahl an Gesetzen und sonstigen rechtlichen Regelungen gibt, die die Handlungsspielräume in National parken umfassend festlegen.

Es ist für mich unverständlich, warum gerade in diesen schon fast überregulierten Gebieten noch eine weitere Regulierung im Sinne einer zwingend vorgeschriebenen Zertifizierung nach wirtschaftlichen Betrachtungsweisen sinnvoll sein soll. Durch die in den Nationalparken bereits geltenden Bewirtschaftungsvorschriften sollte auf dem Markt mindestens ein gleich hoher Preis wie bei einer wie auch immer gearteten Zertifizierung erzielt werden können. Und da Minister Backhaus ja gerne neue Label erfindet, warum nicht auch: Gewachsen unter kontrollierten ökologischen Bedingungen in Nationalparken Mecklenburg-Vorpommerns? Am 29. Mai …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, müssen wir. Ja, weil wir Klimaaktien verkaufen.)

Ja, das ist eine gute Idee, ne? Genau, eine gute Idee.

Am 29. Mai dieses Jahres wurde im Agrarausschuss eine Anhörung gerade zu diesem Thema der FSC-Zertifizierung von Nationalparken durchgeführt. Im Ergebnis der Beratung wurde von einem Großteil der anzuhörenden Sachverständigen erklärt, dass sie eine FSC-Zertifizierung unserer Nationalparke als nicht zwingend sinnvoll und notwendig erachten. Auch die Landesforstanstalt stellte die Zertifizierung infrage, da sie Differenzen mit den Zielstellungen der Zertifizierung und des Nationalparks sieht. Seitens der Umweltverbände und auch des Ministeriums wird oft auf die touristische Ausstrahlung der Nationalparke abgestellt und die Zertifizierung auch mit diesem Argument begründet. Ich möchte hier nur so viel sagen, dass auch vom Tourismusverband FischlandDarß-Zingst eine FSC-Zertifizierung als nicht zwingend förderlich angesehen wird. Die Entwicklung der Besucherzahlen wird sich nicht verändern, ob mit oder ohne Zertifizierung, wie ja der Zeitraum des nicht vorhandenen Zertifikates deutlich bewiesen hat.