Protocol of the Session on September 24, 2008

dass Herr Sellering der Meinung sein muss, er muss sich in der Ländersozialministerrunde dafür entschuldigen, dass er noch eine vernünftige Leistung für die Blinden erbringt. Da muss ich ehrlich sagen, da bin ich schon etwas baff, und der Staatstechnokratismus, der dabei durchkommt, erschreckt mich wirklich. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie sind ja richtig linksliberal, Herr Ratjen.)

Danke schön, Herr Ratjen.

Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht mehr vor. Wir schließen damit die Aussprache und kommen zur Überweisung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/1769 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD und CDU, ansonsten Ablehnung durch die Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD angenommen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Eine Stimme bei der SPD! – Zurufe von der Fraktion der SPD: Nein, drei!)

und zwei Ablehnungen bei der SPD,

(Zurufe von der Fraktion der SPD: Nein, drei!)

drei Ablehnungen bei der SPD, damit es komplett ist. Der Gesetzentwurf ist aber trotzdem überwiesen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern, auf der Drucksache 5/1770.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 5/1770 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bildung bezeichnet die Formung des Menschen im Hinblick auf sein Menschsein. Während in der Umgangssprache der Begriff der Bildung andere Begriffe wie Belehrung, Schulbildung und Wissensvermittlung impliziert, haftet seit Wilhelm von Humboldt in der Theorie und der Programmatik dem Wort Bildung das Moment der Selbstständigkeit, also des Sich-Bildens der Persönlichkeit an. Nach Humboldt ist Bildung die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen.

Diese Aufgabe kommt in unserer heutigen Zeit in erster Linie der Schule zu. Wir haben im Jahre 2006 unsere Arbeit im Bildungsbereich mit dem Ziel aufgenommen, die Qualität von Schule zu verbessern, statt neue Schulstrukturen zu schaffen. Diese Forderung finden Sie in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Die ist falsch.)

Genau aus diesem Grund ist es notwendig, das bestehende Schulgesetz zu novellieren. Diese Arbeit liegt nun vor und wir können sagen, die hier verankerten Maßnahmen und Regelungen dienen vor allem der Qualitätssicherung. Dieses Gesetz ist eine Entscheidung über die Zukunft der Bildungsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelpunkt steht das verfassungsmäßige Recht unserer Kinder und Jugendlichen auf eine gute Bildung, auf guten Unterricht. Es ist unsere Pflicht, jeden einzelnen in seiner Entwicklung individuell zu fördern und ihn entsprechend seines Leistungsvermögens optimal zu unterstützen.

(Udo Pastörs, NPD: Bla, bla, bla!)

So hat es bereits Wilhelm von Humboldt gesehen.

Wissen Sie, Herr Pastörs …

(Volker Schlotmann, SPD: Dazu sagt der: „Bla, bla, bla!“)

Dazu sagt er erstens „Bla, bla, bla!“,

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das tragen Sie ständig vor. Sagen Sie doch etwas Konkretes!)

und das Zweite, Herr Pastörs, Sie werden den Artikel 21 des Grundgesetzes überhaupt nicht für wichtig nehmen: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“

(Udo Pastörs, NPD: Ja, aber auch nur mit und Sie dominieren. Das ist der Unterschied. Der Parteien- staat dominiert und ist Teil der Willensbildung.)

Sie ziehen die einfach in den Dreck, und das auch sprachlich. Sie wollen doch, Herr Pastörs, und das sei Ihnen an dieser Stelle gerade beim Schulgesetz gesagt, mit Parteienverachtung am Ende ein Geschäft machen.

(Volker Schlotmann, SPD: So ist es. – Heike Polzin, SPD: Ja.)

Genau das wollen Sie machen und Sie wissen ganz genau, das passt nämlich in die Propaganda des Nationalsozialismus rein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist genau das, was Sie wollen. Sie wollen und generieren sich einfach so, als ob Sie für eine öffentliche Auseinandersetzung wären, ja, im Grunde genommen einer Republik. Das wollen Sie doch gar nicht.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Das wollen Sie doch gar nicht. Sie wollen demagogische Nutznießer sein von Problemen, die in diesem Land sind.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Das wollen Sie. Das ist alles.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Die wollen uns hier für dumm verkaufen.)

Und um es ganz einfach zu machen, das hat mit Niveau und Sachverstand bei Ihnen nichts zu tun, gar nichts. Und insofern …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Borrmann, NPD: Kümmern Sie sich doch mal um Ihr Ressort! Sie sind Minister. Sie müssen Ihre Aufgabe erfüllen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD – Glocke der Vizepräsidentin)

Ich kann nur sagen, so, wie Sie hier vor mir sitzen, muss ich Sie als Auslese Ihrer Partei nehmen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Und insofern werden Sie mir an einer Stelle nicht widersprechen können, an einer Stelle können Sie nicht widersprechen: Sie pöbeln einfach rum.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Volker Schlotmann, SPD: Genau. – Udo Pastörs, NPD: Und was machen Sie?)

Und Sie können mir auch nicht widersprechen, dass Sie einfach Schläger in Ihren Reihen haben.

(Volker Schlotmann, SPD: Genauso ist das. Genauso ist das. Die Liste von den Vorbestraften können Sie mal geben. – Udo Pastörs, NPD: Und Sie können nicht widersprechen, dass Sie in Ihren Reihen Kriminelle haben. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Herr Pastörs, ich gebe Ihnen für diesen Zwischenruf einen Ordnungsruf. Das ist der dritte Ordnungsruf

(Volker Schlotmann, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU: Der dritte?)

und damit entziehe ich Ihnen das Wort für diese Landtagssitzung.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist eine Entscheidung über die Zukunft der Bildungsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelpunkt steht das verfassungsmäßige Recht unserer Kinder und Jugendlichen – und ich wiederhole es – auf eine gute Bildung und auf guten Unterricht. Es ist unsere Pflicht, jeden Einzelnen in seiner Entwicklung individuell zu fördern und ihn entsprechend seines Leistungsvermögens optimal zu unterstützen. So hat es bereits Wilhelm von Humboldt gesehen. Und der Weg dorthin, so meinen wir, geht über die flächendeckende Einführung der Selbstständigen Schule in Mecklenburg-Vorpommern. Die Selbstständige Schule ist der Schlüssel zur Qualitätsverbesserung des Bildungswesens in Mecklenburg-Vorpommern, damit die jungen Menschen für das wirkliche Leben vorbereitet werden. Wir versetzen sie damit in die Lage, erfolgreich auf dem nationalen und europäischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu bestehen und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.

Lassen Sie mich einen kurzen Blick zurückwerfen. Im Jahre 2007 haben wir das Konzept „Auf dem Weg zur Selbstständigen Schule in Mecklenburg-Vorpommern“ veröffentlicht und im jetzt laufenden Schuljahr 2008/2009 wurden die ersten – wie auch angekündigt – untergesetzlichen Elemente dieses Konzeptes, wie zum Beispiel die Vollbeschäftigung der Schulleitungen, die Fortbildung von Schulleitungen und Personalräten, die Umstrukturierung der Lehrerfort- und -weiterbildung und der Schulaufsicht, die Stärkung von Evaluation und Schulberatung, also hier insbesondere die Ausbildung von Qualitätsberatern eingeführt. Mit der Novelle des Schulgesetzes werden wir konsequent auf dem Weg zur Selbstständigen Schule weitergehen.

Dazu sind wichtige Schritte zwingend notwendig, zum Beispiel, dass die Aufhebung von Zügigkeiten von Schulen und damit das sogenannte Bandbreitenmodell als unabdingbare Voraussetzung zur Einführung der schülerbezogenen Mittelzuweisung dann abgeschafft wird. Sie ist ein Kernelement, wenn wir jetzt sozusagen hier schülerbezogene Mittelzuweisung einführen. Dies bedeutet, der einzelnen Schule einen veränderten Handlungsrahmen zu geben, der von klaren staatlichen Vorgaben ausgeht, gleichzeitig jedoch Freiräume eröffnet und die Eigenverantwortung der Schulen stärkt. Die Schulen sollen damit spezifischer und flexibler auf ihre konkreten Bedingungen sowie auf veränderte Zielstellungen reagieren können. Angestrebt wird der effiziente und zielgerichtete Einsatz der Ressourcen der Einzelschule. Sie übernimmt die Verantwortung für die Einstellung eigener pädagogischer Konzepte und für ihre Ergebnisse.

Die landesweite Einführung der Selbstständigen Schule orientiert sich an internationalen Entwicklungen in der Bildungspolitik und greift positive Erfahrungen auf. Es geht dabei nicht um eine erneute Veränderung von Schularten. Es geht vielmehr, wie bereits gesagt, um eine höhere Qualität des Unterrichts an unseren Schulen durch eine stärkere individuelle Förderung. Mit dem Inkrafttreten

der Schulgesetzänderung zum Schuljahr 2009/10 können diese bildungspolitischen Ziele in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Es geht also um die Verpflichtung zur bedarfsgerechten individuellen Förderung in jeder Schulart durch individuelle Förderpläne. Und ich glaube, dass individuelle Förderung nie wieder aus den Überschriften verschwinden wird.

Des Weiteren geht es um die Stärkung der Rechte und Pflichten der Erziehungsberechtigten, in dem erstmalig, wenn Sie so wollen, ein Pflichtenkatalog für Eltern, der sich aus dem Schulgesetz ableitet, öffentlich gemacht wird, der die Eltern zur Mitwirkung an der Schule verpflichtet.