Dass Sie, meine Damen und Herren auf der rechten Seite, vom Föderalismus überhaupt nichts halten, das ist dem Haus bekannt,
(Udo Pastörs, NPD: Wir halten auch gar nichts davon. Das ist so. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei persönliche Bemerkungen meiner Rede voranstellen:
Erstens. Ich bin stolz auf die Haushaltslage des Landes und will sie bei diesem Tagesordnungspunkt auch nicht beklagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, von einer tatsächlichen Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, dem eigentlichen Ziel der Föderalismusreform II, sind wir mittlerweile weit entfernt. Wir sind weit entfernt davon, die Finanzbeziehungen grundsätzlich so zu ändern, dass die Finanzen von Ländern und Kommunen endlich auf eine solide Basis gestellt werden. Stattdessen geht es nur noch um Geld und darum, wer bekommt von wem wie viel.
Die Föderalismusreform droht so in kleinlichem Zank und Streit stecken zu bleiben. Längst ist keine Rede mehr davon, wie die aufgabenkonforme Finanzausstattung und die Solidarität im föderalen System gestärkt werden sollen. Herr Borchert, Sie haben es ja richtigerweise beklagt, es wird auf der Strecke bleiben. Berechtigte Ansprüche an die Reform sind mittlerweile unter den Tisch gefallen. Bürgerinnen und Bürger können kaum noch nachvollziehen, welche Ziele die Föderalismusreform II tatsächlich verfolgt, geschweige denn dass klar wird, welche Auswirkungen die jeweiligen Vorschläge beziehungsweise die jeweils ausgehandelten Deals haben.
Jüngster Entwurf des Bundesfinanzministeriums – seit vorgestern ja nun kein Geheimpapier mehr, weil offiziell der Kommission zur Modernisierung der Bund-LänderFinanzbeziehungen überstellt – hat für reichlich Empörung gesorgt. Wir haben es eben auch gehört. Danach erhalten nach gegenwärtigem Stand fünf Bundesländer insgesamt 741,8 Millionen Euro an Konsolidierungshilfen, finanziert hälftig durch den Bund und alle übrigen Länder. Mecklenburg-Vorpommern, auch das haben wir jetzt mehrmals gehört, wäre mit 7,5 Millionen Euro betroffen, eine Zahl, die hier ja schon mehrfach genannt wurde. Zweifellos wäre dies eine erhebliche Belastung für den Landeshaushalt von Mecklenburg-Vorpommern.
Lassen Sie mich aber etwas zum Konsolidierungsfonds sagen. Für DIE LINKE macht eine Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nur Sinn, wenn damit auch eine nachhaltige Entschuldung finanzschwacher Bundesländer und Kommunen verbunden wird. Ich meine, die jetzt diskutierten Konsolidierungshilfen reichen dafür nicht aus. Um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, ist ein Entschuldungsfonds unabdingbar. Dabei muss das Altschuldenproblem grundsätzlich in einer gemeinsamen Lösung für Bund, Länder und Kommunen angepackt werden.
Im Übrigen könnten wir uns beispielsweise vorstellen, einen Teil der Goldreserven der Bundesbank für die Bewältigung der Altlasten heranzuziehen. Das ist kein Einfall der LINKEN, sondern hier lohnt sich ein Blick in eine aufschlussreiche Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.
(Udo Pastörs, NPD: Dann müssen Sie die aber erst mal aus Amerika zurückholen! – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)
Dass die Frage der Konsolidierungs- und Entschuldungshilfen an Bedingungen geknüpft wird, gehört zur politischen Realität. Jeder Deal, der letztlich aber darauf hinausläuft, mehr Steuerautonomie zuzulassen, ist fatal und daher abzulehnen.
Meine Damen und Herren, wir halten aber an dem Prinzip fest: Solidarität vor Wettbewerb. Deshalb lehnen wir die von den reichen Bundesländern forcierte Steuerautonomie bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer ab. Sie ist kontraproduktiv, denn in der Konsequenz würde durch so einen Steuerwettbewerb mehr denn je die Finanzlage eines Bundeslandes nicht nur über die Arbeits- und Einkommensbedingungen, sondern insgesamt über Quantität und auch Qualität der öffentlichen Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Jeder kann sich ausrechnen, was dies für unser Land Mecklenburg-Vorpommern bedeuten würde. Die finanzschwachen Länder würden durchweg verlieren und die Kluft würde in der Bundesrepublik Deutschland nur noch größer. Mit Chancengleichheit hat dieses Verständnis von Föderalismus nichts zu tun. Hierdurch werden ohne Not neue soziale und wirtschaftliche Gräben aufgerissen, welche die bundesstaatliche Solidarität in der gesamten Bundesrepublik Deutschland schwächen würden.
Meine Damen und Herren, Kernfrage der Föderalismusreform ist die Begrenzung der Staatsschulden. Grundsätzlich sind selbstverständlich auch wir dafür, dass die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen dauerhaft sichergestellt werden muss. So ist es völlig berechtigt, nach Lösungen zu suchen, wie die aus der hohen Staatsverschuldung resultierenden Risiken für die öffentlichen Haushalte ökonomisch sinnvoll eingegrenzt werden können. Das kann allerdings aus unserer Sicht nicht bedeuten, sich einem weiteren starren und dazu noch willkürlichen Regelwerk zu unterwerfen. Dies beraubt den Gesetzgeber und die Regierung ihrer politischen Handlungsmöglichkeiten.
Der beste Weg zur Reduzierung der Neuverschuldung und damit auch zur Begrenzung des Gesamtschuldenanstiegs ist immer noch eine Politik, die das wirtschaftliche Wachstum fördert, statt es zu behindern. Eine weitere wichtige Bedingung ist die Absicherung der Einnahmeseite. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Zunahme der Staatsverschuldung durch umfangreiche Steuersenkungen, aber auch durch falsche Steuerschätzungen, vorangetrieben worden ist. Ein gutes Beispiel sind dafür die Körperschaftssteuerreform von 2000 oder die gerade erst beschlossene Unternehmenssteuerreform ab 2008. Hier sind die allerbesten Chancen dazu vertan worden, dass der Staat auch die Einnahmeseite realisieren kann.
Meine Damen und Herren, das, was im Rahmen der Föderalismusreform ebenfalls völlig ausgeblendet wird, ist die zunehmende Relevanz des Bildungsbereiches.
Dem wird in der gegenwärtigen Debatte keine Rechnung getragen. Stattdessen gibt es starke Bestrebungen, den Investitionsbegriff noch restriktiver zu fassen. Damit wird die Chance vertan, sich aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu stellen.
Und noch ein Wort, meine Damen und Herren, zur Situation der Kommunen. Leider spielt sie in der Debatte so gut wie keine Rolle. Ich meine, wir brauchen endlich ein abgestimmtes finanzpolitisches Verhalten auf den verschiedenen Ebenen. Dieses muss eine bedarfs- und wachstumssichernde Entwicklung der öffentlichen Investitionen gewährleisten. Aber wir wissen, bei uns im Land, und nicht nur hier, werden etwa zwei Drittel der öffentlichen Investitionen von den Kommunen durchgeführt. Sie sind mangels ausreichender finanzieller Möglichkeiten zunehmend gezwungen, ihre Investitionsausgaben zu reduzieren.
Dieser Trend, meine Damen und Herren, muss gebrochen werden. Das wäre eine Herausforderung, der sich die Föderalismusreform II hätte stellen müssen. Aber Fehlanzeige! Stattdessen, und das erleben wir leider hier auch heute, spitzen sich der Streit und das Gezerre um Details zu. Und dringende Probleme werden nicht angepackt, weil man nicht bereit ist, über den eigenen Tellerrand zu schauen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Das machen Sie in Schwerin als Bürgermeisterin besser.)
Frau Gramkow, im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht empört, aber ich lehne schlichtweg den Vorschlag, der zur heutigen Diskussion geführt hat, ab. Das wird Sie nicht überraschen. Es ist übrigens interessant – und das sollten wir in diesem Landtag auch deutlich machen –, es ist überhaupt kein Problem zwischen den beiden großen Parteien in dieser Republik, sondern das ist ein Problem zwischen den reichen und den armen Ländern. Und deswegen lehnen wir zum Beispiel auch die Absenkung bei der Einkommenssteuer mit Einkaufspreis eines Hebesatzrechtes oder eines Aufschlagsrechtes ab, weil dies für Länder wie Mecklenburg-Vorpommern absolut unzuträglich ist.
Und da muss man ganz einfach den Deal sehen, der mit diesem Papier versucht wird. Dazu sage ich, man merkt die Absicht und ist verstimmt.
Wenn man sieht, wie viele Stimmen erforderlich sind, da muss man nur den Kreis der Nehmerländer etwas vergrößern
und dann bekommt man sie auf diese Seite. Okay, das gehört vielleicht zum politischen Geschäft, ist aber bei der Ernsthaftigkeit der Frage, vor der wir stehen, zu bedenken, denn wir müssen die öffentlichen Haushalte konsolidieren. Die Bundesrepublik Deutschland muss, und da gebe ich Ihnen recht, Frau Gramkow, alle Haushalte zusammengenommen sehen, auch die der Kommunen. Von daher ist der Ansatz, der hier gemacht wird, nicht richtig. Deswegen werden wir ihn auch ablehnen. Ich bin der SPD-Fraktion dankbar,
dass sie dieses Thema der Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt hat. Wir müssen, ja, lieber Volker Schlotmann, wir müssen dringend einfach einen Schlag zulegen, damit wir der Entwicklung in der Kommission immer einen halben Schritt oder einen ganzen voraus sind. Ich habe das ein paar Mal leidvoll auf Bund-Länder-Ebene erlebt, dass wir hier keine vorbesprochene und abgesprochene Haltung haben. Und hier ist das Haus, in dem das bestimmt wird. Deswegen vielen Dank dafür.
Und wenn wir heute nicht zu den Ländern gehören, die 125 Prozent der Zinsbelastung pro Kopf haben – also nicht 125 Prozent des Haushaltes oder was auch immer Sie wollen, sondern pro Kopf –, dann heißt das, dass wir als einwohnerschwaches Land dennoch eine solche Konsolidierungspolitik gemacht haben, dass die Zinslast unterhalb dieser jetzt neu gesetzten magischen Marke liegt.
Aber, meine Damen und Herren, sparen, das wissen wir auch, ist kein Selbstzweck. Ich sehe mit Sorge, dass wir im Bildungsbereich – und da greife ich das auf, was Sie gesagt haben, der Investitionsbegriff ist sicher hinterfragungsbedürftig –, und das ist der Bereich, in dem unser Land seine Chancen hat,