(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU, DIE LINKE und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war ein Auftritt wie aus der Anstalt, ganz genau so. Wie aus der Anstalt. – Udo Pastörs, NPD: So macht man das im Theater.)
Im Übrigen will ich Ihnen nur noch einmal sagen – das ist auch in der gestrigen Debatte zum Ausdruck gekommen –, was unser Land Mecklenburg-Vorpommern für ein Budget im Sozialhaushalt hat. Im Sozialhilfefinanzierungsgesetz stehen fast 250 Millionen Euro, womit wir gerade den Menschen, die unverschuldet in Armut geraten sind, helfen,
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Da sind Sie auch noch stolz drauf. – Irene Müller, DIE LINKE: So viel Armut muss bezahlt werden. Ist das nicht furchtbar?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind nicht die Steuerzahler, die letztendlich dort einzahlen.
(Irene Müller, DIE LINKE: Warum haben wir denn so viele, die keine Steuern zahlen? Vielleicht wollen die ja sogar Steuern zahlen können. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
Das muss man sich auch einmal überlegen, ob es um die Rente oder um die Zahlung von Sozialleistungen geht.
(Michael Roolf, FDP: Ja. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben Sie schon zum Thema gesprochen? – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Udo Pastörs, NPD)
Die Landesregierung, federführend das Sozialministerium mit Herrn Minister Sellering, wird dazu einen Bericht vorlegen,
Insofern brauchen wir die Aufforderung durch Ihren Antrag nicht. Deshalb werden wir ihn auch ablehnen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Harry Glawe, CDU: Sehr richtig, Herr Kollege. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ein längst vergessenes Phänomen ist mit der Deutschen Einheit nach Ostdeutschland, nach Mecklenburg-Vorpommern zurückgekommen – die Armut.
Der Zusammenbruch der Betriebe, die Entindustrialisierung ganzer Industrieregionen im Ergebnis einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik zu Beginn der 90er-Jahre haben in Gestalt von Arbeitslosigkeit, ja, Langzeitarbeitslosigkeit ihre Spuren hinterlassen.
Mit der Einführung und der Umsetzung der Hartz-IVGesetze jedoch erhielt Armut in der bundesdeutschen Gesellschaft eine vollkommen andere, in den vergangenen 50, 60 Jahren so überhaupt nicht mehr gekannte Dimension. Hartz IV, das war 2005 für viele Hunderttausende der Übergang aus der Arbeitslosenversicherung als Leistungsversicherung in die Sozialhilfe und für weitere Millionen damit eine Drohung, die geeignet ist, sie für jede Verschlechterung der Entlohnung und der Arbeitsbedingungen gefügig zu machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, ob Sie die Zahlen wahrhaben wollen oder nicht: Mit der Einführung von Hartz IV im Jahre 2005 hat sich quasi über Nacht die Zahl der in Armut lebenden Kinder in Deutschland verdoppelt, wobei die meisten armen Kinder in Mecklenburg-Vorpommern leben.
35 Prozent der Kinder und Jugendlichen unseres Landes leben in Familien, deren Eltern Hartz-IV-Leistungsempfänger sind. Daneben verfügen über 15 Prozent der Eltern über ein so geringes Einkommen, das sie nötigt, ergänzende staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, der Minister hat es gesagt: Kinderarmut ist zunächst einmal Einkommensarmut der Eltern, steht also für wenig Geld. Armut ist somit die Folge der Arbeitsmarktsituation, der Anzahl von Familienhaushalten im Hartz-IV-Leistungsbezug seit 2005, einer Müttererwerbstätigkeit auf anhaltend niedrigem Niveau, eines starken Anstiegs der alleinerziehenden Haushalte, eines Anstiegs der Jugendlichen ohne abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung und eines Anstiegs von Familien ohne Vollzeiterwerbstätigkeit und einer sinkenden Reallohnentwicklung seit Ende der 90er-Jahre mit spürbar steigenden Lebenshaltungskosten, insbesondere für Familien. Armut ist vor allem ein Synonym für eingeschränkte Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Armut schränkt die Möglichkeiten, die Selbstverwirklichungspotenziale der Kinder und Jugendlichen ein. Armut ist damit zunehmend der unzureichende Zugang zu den Institutionen des Gesundheitswesens, zu den anregungsreichen, impulsgebenden Einrichtungen, wie Kindertagesförderung, Bibliotheken, Musikschulen, Theater, Sportvereine. Armut zeigt sich in Wohn-
und Lebensverhältnissen, zeigt sich in unzureichender Ernährung, zeigt sich auch in fehlenden Möglichkeiten der Teilnahme an Klassen- oder Vereinsfahrten, ebenso wie an fehlenden Möglichkeiten, zeitgemäße Bücher, Kleidung und Sportgeräte zu erwerben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Armut ist ein Ausgeschlossensein der betroffenen Kinder. Armut ist Isolation, Ausgrenzung von armen Kindern.
Unser Antrag orientiert darauf, die sich mit der Einführung von Hartz IV dramatisch verschlechternde Lebenssituation der Kinder in unserem Land zu beschreiben, zu analysieren, um Schritte für politisches Handeln abzuleiten, zunächst einmal die Armut als gesellschaftliches Problem anzuerkennen, dem folglich auch mit gesellschaftlichen Lösungen begegnet werden muss.
Herr Minister, Armut ist nicht die Technikausstattung zu Hause. Armut zeigt sich doch vor allem in der fehlenden Kommunikation zwischen sozialen Gruppen dieser Gesellschaft. Armut lässt sich nicht auf individuelles Versagen oder die Unfähigkeit der Einzelnen reduzieren. Insofern sind Kochkurse schön, wie sie seit eineinhalb Jahren empfohlen werden. Sie mögen bereichern, beseitigen aber nicht den armutsbedingten Stress arbeitsloser Eltern.
Mit Kochkursen, Gutscheinen, mit Gesprächszirkeln und Familienkonvents die Probleme dieser Welt zu lösen, ich denke, das wird vor allem in der Fantasie manch gut verdienender lebensferner Akademiker funktionieren. Nähe zu den Menschen und ihren Problemen bringt andere Lösungen hervor. Die Bekämpfung der Kinderarmut verlangt die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Eltern. Das ist die zentrale politische Aufgabe.
Nein, Bekämpfung von Armut heißt Schaffung von gut bezahlten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen.
Die Bekämpfung der Armut verlangt auch die Stärkung der Rechte der Kinder, das heißt, die Interessen der Kinder in Gesetzen zu berücksichtigen. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat uns bewogen, gestern nicht der Novelle des KiföG zuzustimmen,
weil wir der Meinung sind, Gesetze müssen Rechte verankern und müssen dann diese Rechte auch entsprechend gesetzlich finanziell untersetzen.