Protocol of the Session on July 4, 2008

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee, nicht das auch noch! – Udo Pastörs, NPD: Sie sollen doch richtig Spaß haben. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So viel Spaß können wir gar nicht vertragen.)

Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin persönlich von Herrn Koplin angesprochen worden und möchte diese Unterstellung zurückweisen mit folgender Bemerkung:

1. Die Ablehnung der gegenwärtigen Netzwerkwirtschaft

(Heike Polzin, SPD: Das war der vorherige Tagesordnungspunkt. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

als Propagierung einer linearen Befehlen-und-Gehorchen-Philosophie weise ich zurück.

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

2. Ich verweise vielmehr darauf, dass Marx und Engels im „Kommunistischen Manifest“ neben der Freiheitsthese

(Dr. Armin Jäger, CDU: Na, da kennen Sie sich ja gut aus. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

auch von industriellen Armeen spricht und bei denen ja bekanntlich Befehl und Gehorsam gelten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Marx hätte sich gewundert über Ihre Interpretation.)

3. Worum es mir vielmehr ging, ist, dass ich mit der Netzwirtschaft nicht jedes beliebige soziale Netz meine, sondern jene konkreten neofeudalen Strukturen, wie ich meine, deren technische Grundlagen in dem Werk von Castells über die Netzwirtschaft umfassend diskutiert werden.

4. Mir geht es um die Frage, inwieweit die sozialen Grundlagen des marxschen „Kapitals“ sich verändert haben und neue Produktionsverhältnisse entstanden sind, die einen neuen rechtlichen und politischen Überbau bedingen.

(Ute Schildt, SPD: Und das alles im Zusammenhang mit der Milchproduktion.)

5. Ich habe begründeten Zweifel, dass diese Überbaustrukturen in der EU demokratisch sind, und ich bin mit meinem Zweifel nicht allein. Die Werke des Professors von Arnim und anderer bestärken mich in meinem Zweifel.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 38: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Situation und Perspektiven der Nebenerwerbslandwirte in Mecklenburg-Vorpommern wissenschaftlich untersuchen, Drucksache 5/1576.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Situation und Perspektiven der Nebenerwerbslandwirte in Mecklenburg-Vorpommern wissenschaftlich untersuchen – Drucksache 5/1576 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Professor Dr. Tack. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat im Agrarausschuss des Landtages eine nicht öffentliche Anhörung zur „Situation der Nebenerwerbslandwirte in Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt gehabt. Diese Anhörung fand in der 32. Sitzung am 17. April dieses Jahres statt.

Blickt man auf die Geschichte des Agrarausschusses, muss man feststellen, dass sich der Ausschuss wahrscheinlich erstmalig ausführlich mit dieser Thematik befasst hat, wie übrigens auch der Landtag. Offensichtlich stehen die Nebenerwerbsbetriebe in der Landwirtschaft, um es vorsichtig zu formulieren, nicht im Fokus des politischen Interesses. Damit habe ich aber nicht gesagt, dass sie bisher völlig von der Politik vergessen wurden.

(Ute Schildt, SPD: Nein, sind sie auch nicht.)

Nein, das habe ich ja auch nicht gesagt.

Gerade der Deutsche Bauerntag in Berlin am Anfang dieser Woche hat den Nebenerwerbslandwirten Aufmerksamkeit gewidmet. Wir sollten dieses auch tun. Die Situation in der Landwirtschaft ist auch dadurch geprägt, dass Nebenerwerbslandwirte nur zu einem geringen Teil von Verbänden oder Interessengruppen im Lande vertreten werden, aber nur zum Teil an der Vertretung interessiert sind. Wir wissen dieses nicht genau.

Es stellt sich die Frage: Der Nebenerwerbslandwirt – das unbekannte Wesen? Das kann man mit Blick auf die wirtschaftlichen Daten der Betriebe, die statistisch oder über die Daten der Inanspruchnahme der Agrarförderung erstellt werden, wahrlich nicht behaupten. Mit 2.487 Betrieben stellen die Nebenerwerbslandwirte circa 46 Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen in unserem Lande. Die Zahl ist über Jahre, und darüber sind wir sehr froh, fast konstant geblieben. Diese Betriebe brauchen, ebenso wie die Betriebe im Haupterwerb, Zukunftsperspektiven. Auch darüber, denke ich, gibt es Einverständnis und Übereinstimmung. Es ist die Feststellung gerechtfertigt, dass die Nebenerwerbsbetriebe ein stabiler, sicherlich auch ein stabilisierender Faktor im ländlichen Raum sind.

Über diese Statistik ist auch bekannt, wie viele Tiere welcher Art von den Nebenerwerbslandwirten gehalten werden. Genauso bekannt ist die Anbaustruktur. Die von den Nebenerwerbsbetrieben genutzte landwirtschaftliche Fläche beträgt derzeit 71.779 Hektar, wie aus dem neuesten Agrarbericht zu entnehmen ist. Damit haben sie einen Anteil von 5,3 Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche.

Das sind klare Fakten, die Überprüfungen standhalten und nicht weiter wissenschaftlich untersucht werden müssen. Das ist auch nicht das Anliegen unseres Antrages. Diese vorliegenden Daten sagen zwar etwas über die wirtschaftlichen Strukturen der Nebenerwerbslandwirte aus, sie sagen jedoch wenig bis gar nichts aus über Perspektiven dieser Betriebsformen, wie sie auch

auf dem Bauerntag gefordert wurden. Dafür ist eine Betrachtung der Gesamtsituation des Betriebes und der Nebenerwerbslandwirte erforderlich.

Die Nebenerwerbslandwirte leisten mehr, als die Statistik uns sagen kann. Von mehreren Sachverständigen wurde in der Anhörung darauf hingewiesen, dass die Nebenerwerbslandwirte nicht nur einen finanziellen Beitrag zum Familieneinkommen schaffen, sondern auch zum Erhalt des Dorfes als Produktionsstandort im Allgemeinen und des traditionellen Dorfbildes im Speziellen beitragen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich kann mir eine flächendeckende Landwirtschaft, die wir alle für unser Land wollen, ohne die Nebenerwerbsbetriebe im Lande nicht vorstellen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

Gerade die Bewirtschaftung von Rest- und Splitterflächen ist das I-Tüpfelchen der Pflege unserer einmaligen Kulturlandschaft und eine Stärke der Nebenerwerbslandwirte.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ebenso gehört die Nutzung vorhandener Gebäude und landwirtschaftlicher Anlagen dazu.

Besonders hervorheben möchte ich die Pflege des landwirtschaftlichen und dörflichen Brauchtums, ebenso zum Beispiel auch die Durchführung von Hausschlachtungen, die Kleintierhaltung und Kleintierzucht wie auch die Direktvermarktung der Produkte im Dorf und im ländlichen Raum. Auch damit, betonten Sachverständige, werde der allenthalben festzustellenden Entfremdung der Verbraucher von der landwirtschaftlichen Erzeugung von Nahrungsmitteln erfolgreich entgegengewirkt,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Auch das stimmt.)

ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des Images unserer landwirtschaftlichen Produktion.

Das sind einige Gründe, die dafür sprechen, dass die Nebenerwerbslandwirte einen unverzichtbaren Teil unserer Agrarwirtschaft darstellen und das unbedingt erhalten werden sollte. Hierauf ist unser Antrag gerichtet.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie mir bis hierher zustimmen konnten, dann werbe ich mit den folgenden Ausführungen nun ebenfalls um Ihre Zustimmung.

Wie erwähnt wissen wir nicht allzu viel über die Nebenerwerbslandwirtschaft und unter welchen Bedingungen und mit welchen Motivationen die Inhaber produzieren. Ich gehe davon aus und werde dabei durch Studien von Herrn Kollegen Professor Fock von der Hochschule Neubrandenburg gestützt, dass die materiellen Bedingungen der Nebenerwerbslandwirte eher durch alte Gebäude und Anlagen sowie unmoderne Technik geprägt sind, ein Fakt, der die Entwicklung der Arbeitsproduktivität und damit verbunden eine Erleichterung der Arbeit eher unmöglich macht.

Ich sehe das auch im Kontext mit der Frage der Weiterführung der Betriebe und der Betriebsnachfolge, die für den Erhalt der Nebenerwerbslandwirtschaft wichtig ist. Ist es zum Beispiel notwendig und für alle Inhaber auch hilfreich, die Untergrenzen für die Investitionsförderung von derzeit 30.000 Euro auf die in der Anhörung vorgeschlagenen 10.000 Euro zu senken oder vielleicht einen

revolvierenden Darlehensfonds für Kleinkredite einzurichten?

Eine andere, meines Erachtens noch wichtigere Frage lautet: Worin besteht heute die entscheidende Motivation für die Führung der Nebenerwerbslandwirte? Wir wissen, dass diese Landwirte circa vier Stunden am Tage neben einer anderen Tätigkeit arbeiten, dass sie ihren Urlaub im Betrieb verbringen, dass Familienmitglieder, Freunde und Bekannte mithelfen. Wie kann diese Motivation erhalten bleiben und gestärkt werden? Mit welchen Methoden ist sie zu fördern, damit diese Betriebe erhalten bleiben? Welche Rolle spielen erzielte Einkommen unter den neuen Gesichtspunkten des weiter gesunkenen Realeinkommens und Hartz IV im ländlichen Raum?

Ich möchte zusammenfassen: Wenn wir die Struktur der Nebenerwerbslandwirtschaft als stabilen Faktor im ländlichen Raum mit einem unverwechselbaren Beitrag zur Pflege der Kulturlandschaft, zur Erhaltung der Artenvielfalt, der dörflichen und bäuerlichen Traditionen erhalten wollen, sollten wir die Situation der Nebenerwerbslandwirte durch gezielte wissenschaftliche Untersuchungen analysieren, um mit ihnen gemeinsam die Perspektiven zu bestimmen und diese zu sichern. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich bin ja gespannt, wer jetzt Landwirt- schaftsminister ist. Es ist ein Skandal, dass nur noch ein Minister hier ist.)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart, ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat in Vertretung des Landwirtschaftsministers der Innenminister Herr Caffier um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

(Volker Schlotmann, SPD: Lorenz Backhaus. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na, er ist doch sehr kompetent. Das ist gar nicht die Frage. – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Kann ich schon mal ’ne Frage stellen?)