Protocol of the Session on July 3, 2008

Mit Inkrafttreten des Einigungsvertrages wurde das Datum der Wiedervereinigung, der 3. Oktober, anstelle des 17. Juni als Tag der Deutschen Einheit zum gesetzlichen Feiertag, der 17. Juni aber behielt seinen Status als nationaler Gedenktag.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Richtig.)

Die Fraktion der NPD will nun zusätzlich zu einem nationalen Gedenktag den 17. Juni zum Landesgedenktag erklärt wissen.

(Stefan Köster, NPD: Richtig.)

Das Streben nach Freiheit, Selbstbestimmung und sozialer Gerechtigkeit soll damit gewürdigt werden. Doch die Freiheit, die Selbstbestimmung und die soziale Gerechtigkeit, die Sie meinen, hat mit wirklicher Freiheit, mit Selbstbestimmung und sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und FDP – Udo Pastörs, NPD: Die Sie definieren.)

Selbstbestimmung für die NPD heißt Entausländerung. Soziale Gerechtigkeit heißt für die NPD die ausschließliche Sorge um das Starke und Gesunde.

(Michael Andrejewski, NPD: Ach Gott!)

Freiheit heißt für die NPD die Forderung nach „Revision der nach dem Krieg abgeschlossenen Grenzanerkennungsverträge“ und Hilfe für „Millionen von Deutschen in den abgetrennten Gebieten“, nachzulesen im NPD-Parteiprogramm.

(Udo Pastörs, NPD: Sie brauchen sehr stark unsere Hilfe. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Bei Herrn Andrejewski, jüngst zu Recht aus dem NikolaiFörderverein ausgeschlossen,

(Michael Andrejewski, NPD: Noch nicht!)

liest sich das so: „Es scheint Herrn Eggert noch nicht aufgefallen zu sein,“

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

„daß die Rote Armee, die die Stadt 1945 besetzt hielt, dort nichts zu suchen hatte.“

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

„Ohne ihre Anwesenheit wären die Bemühungen der deutschen Wehrmacht, die Stadt zurückzugewinnen, nicht nötig gewesen. Daß die Kirche überdies nicht schon längst Opfer der alliierten Bombenangriffe geworden war, ist ohnehin ein Wunder.“

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, ja.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, solcher Geschichtsklitterung wie hier bei Herrn Andrejewski oder solcher Geschichtsklitterung verdeckt im Antrag der NPD zur Änderung des Feiertagsgesetzes

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

können und werden die demokratischen Fraktionen im Landtag nicht zustimmen.

(Michael Andrejewski, NPD: Ändern Sie die Geschichte selber.)

Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind uns unserer geschichtlichen Verantwortung bewusst und in diesem Wissen können wir klar und deutlich Nein zum Antrag der Fraktion der NPD sagen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Danke schön, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

(Zurufe von Dr. Klaus-Michael Körner, SPD, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor 55 Jahren erhoben sich Millionen Menschen, erhoben Millionen Menschen ihre Stimme und die deutsche Fahne für mehr Freiheit. Der Volksaufstand war ein Tag der Deutschen. Aber wer denkt heute noch an den dramatischen 17. Juni 1953,

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

fragte „Die Welt“ am 17. Juni 2008. Noch am 17. Juni 1999 gedachte der Landtag in einer Sondersitzung der Ereignisse am 17. Juni 1953. Freiheit und Gerechtigkeit sowie das Bekenntnis zu Volk und Vaterland vermissen immer mehr Deutsche in unserem Land.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

Wir Nationalisten erhalten das Gedenken an die Frauen und Männer des Volksaufstandes im Juni 1953 aufrecht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das tun wir auch.)

Vollkommen willkürlich und ohne Rechtsgrundlage wurden Frauen und Männer festgenommen, misshandelt und ermordet.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ach!)

Zu ihrem Gedenken erinnere ich stellvertretend für alle Opfer an Alfred Wagenknecht.

(Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: Und Stauffenberg?)

Der fünffache Familienvater Alfred Wagenknecht baute nach Krieg und Gefangenschaft das Fuhrgeschäft der Familie und nahm den Betrieb der Landwirtschaft wieder auf.

(Die Abgeordneten der Fraktion der NPD erheben sich von ihren Plätzen. – Unruhe auf der Zuschauertribüne)

Der tägliche Milchtransport bleibt das Hauptgeschäft und sorgt für ein konstantes Einkommen. Am 17. Juni 1953 fährt Alfred Wagenknecht …

Herr Abgeordneter, ich muss Sie leider unterbrechen.

Ich bitte, auf der Tribüne …

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Danke. Also die Äußerungen auf der Tribüne sind untersagt und deswegen habe ich Sie unterbrochen. Sie haben jetzt das Wort.

Am 17. Juni 1953 fährt Alfred Wagenknecht die Milch aus den umliegenden Dörfern zur Molkerei nach Görlitz. Auf dem Rückweg nimmt er einen in Görlitz befreiten Häftling mit nach Rothenburg und erfährt so von den Ereignissen in der Kreisstadt. Als er am 19. Juni gegen 18.00 Uhr von seiner Fahrt heimkehrt, wird er vor seinem Haus verhaftet.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Hätten Sie sich mal gestern so hingestellt.)

Er geht, wie er gekommen ist, in seinen Arbeitssachen mit den Polizisten, führt auch das Fahrrad mit, weil er nachher noch aufs Feld will. Er ist sich keiner Schuld bewusst und beruhigt die Kinder: Habt keine Angst, ich gehe mit und kläre das. Nach zwei Tagen bekommt seine Frau Herta einen Anruf vom Volkspolizeikreisamt Niesky, dass ihr Mann im Gefängnis verstorben sei. Im verschlossenen Sarg darf sie ihn abholen, wobei man ihr mitteilt, dass er erhängt in seiner Zelle aufgefunden worden sei und der Sarg nicht mehr geöffnet werden dürfe. An dieses Verbot hielt sich Herta Wagenknecht allerdings nicht. Ein herbeigerufener Arzt kann keine Strangulierungsmerkmale erkennen. Stattdessen stellt er Verbrennungen an Fußsohlen und Schienbeinen, durch Schläge verursachte innere und Kopfverletzungen fest. Freunde und Bekannte kommen, um den Toten zu sehen.

Nun greift die Volkspolizei, Ihre Volkspolizei, ein und ordnet die sofortige Beerdigung an. Als der Pfarrer bei der Überführung auf den Friedhof die Glocken läuten lässt, wird er einen Tag festgehalten. Die Witwe wiederum wird angewiesen, mit niemandem über die Todesursache ihres Mannes zu sprechen. Doch unter den zahlreichen Beerdigungsgästen hat sich längst herumgesprochen, dass sich dieser Mann nicht selbst getötet hat.

Ich bedanke mich bei jenen Abgeordneten, die noch Anstand und Ehrgefühl haben und der Frauen und Männer des Volksaufstandes gedachten.

(Die Abgeordneten der Fraktion der NPD nehmen ihre Plätze wieder ein. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist Ihnen gestern abgegangen.)

Die Erinnerungskultur hier im Landtag ist nicht nur einseitig, sondern auch lügnerisch. Warum, Frau Bretschneider – mal wieder nicht anwesend –,