(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Marc Reinhardt, CDU: Ach so! Das ist aber etwas anderes, Herr Holter, nicht?)
Letztendlich geht es darum, dass Sie, die Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen, gestern,
auf diesem Wandertag nicht aussagefähig waren, weil Sie sich nämlich ganz konkret mit der Situation gar nicht beschäftigt haben. Und da war Fehlanzeige! Deswegen müssen Sie hier heute keine markigen Reden halten,
sondern Sie müssen sich einmal mit der Situation auseinandersetzen! Im Berufsschulbereich Mecklenburgische Seenplatte werden 70 Stellen abgebaut, das heißt 4.900 Stunden weniger. Im Schulamtszweig Rostock stehen noch 14 Lehrerstellen zur Absicherung der vollzeitschulischen Ausbildung zur Verfügung. Der Bedarf liegt weitaus höher, wie es auch der Minister hier bestätigt hat. Die Frage ist das Management, das will ich Ihnen zugestehen. Die Frage ist das Wie. Und deswegen ist es gut, und dem stimmen wir zu, dass dann im Ausschuss ganz konkret darüber beraten wird.
Wenn aber diese Verunsicherung, und eben nicht nur bei denen, die ausgebildet werden wollen, nicht abgebaut wird, sondern auch bei den Lehrkräften, wird die Abwanderung der guten Lehrkräfte aus Mecklenburg-Vorpommern in andere Bundesländer und ins Ausland anhalten.
Das kann nicht im Interesse der berufsschulischen Ausbildung in Mecklenburg-Vorpommern sein. Eine Zentralisierung der Vollzeitbildungslehrgänge kann nicht das
Ziel haben, dass die Fahrtwege verlängert werden, denn die Kosten werden nicht erstattet. Deswegen, meine Damen und Herren, Herr Minister, war es richtig und notwendig, dass wir erst hier und dann im Ausschuss weiterhin darüber diskutieren, weil das sicherlich, und da stimme ich Ihnen zu, bis November ein Dauerthema sein wird. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1529 zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Kann ich davon ausgehen, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion der FDP ebenfalls an diesen Ausschuss überweisen?
(Ilka Lochner-Borst, CDU: Herr Reinhardt hatte das im Rahmen seiner Rede beantragt. – Zurufe von Heike Polzin, SPD, und Harry Glawe, CDU)
Das ist beantragt worden, dann lasse ich darüber abstimmen. Wer für diesen Überweisungsvorschlag stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU DIE LINKE, FDP und NPD sowie einer Enthaltung seitens der Fraktion der NPD diesem Überweisungsvorschlag zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren, vereinbarungsgemäß rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Fassbinder-Stück in Schwerin aufführen – Informations- und Meinungsfreiheit gewährleisten – Diskussion über Amtsmissbrauch und Korruption führen, Drucksache 5/1485.
Antrag der Fraktion der NPD: Fassbinder-Stück in Schwerin aufführen – Informations- und Meinungsfreiheit gewährleisten – Diskussion über Amtsmissbrauch und Korruption führen – Drucksache 5/1485 –
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Reaktionen auf unsere Anträge sind von einer immer größer werdenden Hysterie geprägt, so auch im vorliegenden Fall: der Vorschlag unsererseits, die Landesregierung möge im Rahmen eines Gesprächs oder Gedankenaustauschs mit Verantwortlichen des Mecklenburgischen Staatstheaters die Aufführung des Stücks „Der Müll, die Stadt und der Tod“ anregen. Stupide wie immer, wenn Sie nicht weiterwissen, werden Parallelen zur NS-Zeit gezogen. Über diese wacklige Brücke versuchen Sie dann, den Bogen zur NPD zu schlagen. Simsalabim, schon ist der Beweis erbracht, dass der hier vorliegende Antrag der NPD das Grundgesetz aushebeln und die Freiheit der Kunstschaffenden einschränken soll. Dieser Vorwurf trifft auf ganz andere zu, wie ich noch zeigen werde.
Egal, wie man zur NPD oder zum Regisseur Fassbinder stehen mag, wird sich doch zunächst jeder fragen, worum es überhaupt in dem Theaterstück geht, das wir
sehr gern aufgeführt sehen wollen. Die Mitglieder des Theaters am Turm, deren künstlerischer Leiter Fassbinder 1974/75 war, beschäftigten sich mit aktuellen Frankfurter Problemen, so auch mit der überbordenen Immobilienspekulation im Stadtteil Westend.
Fassbinder beschloss 1975, darüber ein Stück zu schreiben: „Der Müll, die Stadt und der Tod“, Manuskriptuntertitel „Frankenstein am Main“. Fast zeitgleich verfasste er ein Drehbuch, das sich an den 1973 veröffentlichten Roman von Gerhard Zwerenz mit dem Titel „Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond“ anlehnte. Das, meine Damen und Herren, sind die Bäche, die schließlich zum reißenden Strom „Der Müll, die Stadt und der Tod“ vereinigt wurden.
Ein Thema ist dabei „Stadtsanierungen“, ein verharmlosender Ausdruck für das Wegekeln von Menschen aus ihren noch bezahlbaren Wohnungen beziehungsweise Häusern durch Spekulanten und Geldgeier. Das Verfahren ist ebenso einfach wie brutal. Strom und Wasser werden gesperrt und Kriminelle rein, bis dann die ganzen Wohnungen fluchtartig von den Restmietern verlassen werden. Und sind die Häuser dann erst einmal ganz leer, werden Grund und Boden an Banken, Versicherungen und Immobilienfonds verhökert. Der Rest wird neu herausgeputzt und zu Wucherpreisen vermietet. Herausgearbeitet wird das Zusammenspiel korrupter Politbonzen, Mitarbeiter der städtischen Verwaltung und Immobilienspekulanten, wobei auch Polizeiobere ihr Fett wegbekommen.
Eine zentrale Person im Stück ist neben einem Straßenmädchen namens Roma B. und ihrem Zuhälter Franz B. ein als reicher Jude bezeichneter Immobilienhai.
Der Vater der Dirne wird, wie könnte es auch anders sein, als NS-Täter dargestellt, an dem der reiche Jude sich rächen will. Dieser Handlungsstrang sollte Fassbinder aber wenig hilfreich sein oder zur Hilfe kommen, denn nicht nur die Darstellung der Geschehnisse um das Westend, sondern auch der reiche Jude atmen den Geist der Authentizität. Der FDP-Politiker Ignatz Bubis, ein ehemaliger Goldschieber und Betrüger
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Torsten Koplin, DIE LINKE: Unerhört!)
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Werner Kuhn, CDU: Das ist ja unglaublich!)
Meine Damen und Herren, es wurde beantragt, den Ältestenrat einzuberufen. Ich berufe hiermit den Ältestenrat ein.
Verzeihung, das habe ich falsch aufgeschrieben –, Herrn Andrejewski von der Fraktion der NPD für die Fortsetzung der Einbringung.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Ich mache es wie der Wirtschaftsminister Herr Ebnet, ich trage aus einem anderen Text vor. Das Zitat beginnt:...
(Gino Leonhard, FDP: Aus einem anderen Text? – Peter Ritter, DIE LINKE: Nur dass Ebnet nicht Wirtschaftsminister ist.)
Ja, einen nicht von mir oder mit mir vorgesehenen Text, aufgrund besonderer Umstände besonders fortgeschrittener Demokratie in diesen heiligen Hallen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Gino Leonhard, FDP: Zum Thema! – Zuruf von Minister Erwin Sellering)
„... Herr Bubis, der im Zuge der Stadtsanierung im Westend zum Teil denkmalgeschützte Altbauten aufkaufte, trotzdem abreißen ließ, und dies auch noch mit Genehmigung der Frankfurter Stadtoberen.
Da es nun, wie wir alle wissen, keine kriminellen Juden gibt, rauschte es im Blätterwald der Lokalpresse: In der ,Frankfurter Allgemeinen‘ und der ,Frankfurter Rundschau‘ erschienen im März und April 1976 Beiträge, die Fassbinder Antisemitismus von Links vorwarfen. Er verneinte, Antisemit zu sein, konstatiert aber dem Sinne nach eine Tabuisierung der Judenfrage in Deutschland seit 1945. An eine Uraufführung war auch in den Folgejahren nicht im Entferntesten zu denken – zu brisant der Inhalt und zu heilig die Protagonisten.