Protocol of the Session on April 23, 2008

Doch was wollen nun die freien Liberalen? Betreiber von Einraumgaststätten sollen zukünftig selber entscheiden, ob sie ihren Gästen das Rauchen erlauben oder untersagen.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Das bedeutet den faktischen Wegfall des Rauchverbotes in einer Vielzahl von Gaststätten. Ferner sollen in Schulen und in allen Kinder- und Jugendeinrichtungen, wie zum Beispiel Jugendfreizeiteinrichtungen, Jugendbildungseinrichtungen, Jugendherbergen, Schullandheimen, Schülerheimen, auf dem Gelände Raucherbereiche und in den Gebäuden Raucherräume eingerichtet werden. Manchmal sind es ja auch Räucherräume.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Toralf Schnur, FDP: Räucherräume!)

Dies halte ich für noch viel bedenklicher, da der Bundesgesetzgeber das Rauchen erst ab dem 18. Lebensjahr überhaupt erlaubt sowie Lehr- und Aufsichtspersonal eine besondere Vorbildfunktion haben. Der Einstieg in die Sucht und in die Abhängigkeit in früheren Jahren soll so offensichtlich weiter abgesichert werden.

Die FDP will somit Gaststätten sowie alle Kinder- und Jugendeinrichtungen zu Schutzzonen für Raucher erklären. Aus dem Nichtraucherschutzgesetz soll de facto ein Raucherschutzgesetz werden.

(Ralf Grabow, FDP: So was macht Ihr? Was macht Ihr denn da?)

Der Nichtraucherschutz und der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen bleiben hierbei auf der Strecke. Oder wofür sollen an Schulen Raucherbereiche und Raucherräume eingerichtet werden, wenn erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr geraucht werden darf? Soll diese bundesgesetzliche Vorgabe des Kinder- und Jugendschutzes durch das Land Mecklenburg-Vorpommern unterlaufen werden? Vielmehr gilt es, verstärkt die Einhaltung bestehender Gesetze vor Ort zu gewährleisten. Regeln sind nun einmal dazu da, dass man sich auch daran hält. Anderenfalls droht ein empfi ndliches Bußgeld. Ich fordere in diesem Zusammenhang insbesondere die Lehrer auf, ihrer Aufsichtspfl icht nachzukommen und die Einhaltung des Rauchverbots für Kinder und Jugendliche während der Schulzeit zu gewährleisten!

(Detlef Müller, CDU: Sehr richtig. – Zuruf aus dem Plenum: Vor der Schule.)

Außerhalb der Schule sind die Eltern in der Verantwortung.

Den Ansatz der FDP halte ich hierbei für kontraproduktiv. Alle Experten bestätigen nämlich, dass der mit dem Nichtraucherschutz gewählte Weg die einzig denkbare Möglichkeit ist, den frühen Einstieg unserer Kinder in die Abhängigkeit in Schule und Freizeit zu verhindern.

Das Nichtraucherschutzgesetz zeigt im Übrigen bereits positive Erfolge. Der Zigarettenkonsum ist rückläufi g und im Bereich der Prävention bei Kindern und Jugendlichen konnte eine Trendwende erreicht werden. Der Gesetzentwurf der FDP ist somit sehr einseitig gedacht und aus meiner Sicht rein populistisch. Sie als selbsternannte Vertreter eines wirtschaftsliberalen Denkens spielen mit dem Leben und der Zukunft unserer Kinder. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Rühs.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lüssow von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ihr Gesetzentwurf, Herr Roolf, ist wirklich dreist. Ihnen scheint nichts peinlich zu sein. Da stellen Sie sich hier vor vier Wochen an dasselbe Podium und erklären wortreich, warum Sie das Nichtraucherschutzgesetz nicht ändern wollen. Man wisse ja noch gar nicht, wie das Gesetz sich auswirken würde. Es sei ja gerade erst beschlossen.

Da hat die NPD vorgeschlagen, Eckkneipen und Hafenschänken zu schützen und das Nichtraucherschutzgesetz verfassungsgemäß zu gestalten. Die NPD hatte vorgeschlagen, Ausnahmeregelungen zukünftig vor allem im Bereich der Gastronomie gelten zu lassen. Wir haben angeregt, für Lehrer und Schüler ausgewiesene Raucherbereiche einzurichten. Wir haben darauf hingewiesen, dass die Regelungswut des Nichtraucherschutzgesetzes nicht nur gegen den Gleichbehandlungssatz des Grundgesetzes verstößt, sondern vor allem auch einen wirtschaftlichen Kahlschlag hinterlässt. Auf diese Vorschläge fi el Ihnen, Herr Roolf, nichts Besseres ein, als die NPD über demokratisches Bewusstsein aufzuklären.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was immer notwendig ist.)

Sie meinten, die NPD habe es wohl nicht verstanden, dass Demokratie bedeute, sich Mehrheitsentscheidungen zu beugen. Ich habe darauf schon in einer Presseerklärung geantwortet und das möchte ich hier und heute noch einmal bekräftigen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: He!)

Demokratie bedeutet nicht, wie Sie uns das vor vier Wochen hier erklärt haben, sich Mehrheitsentscheidungen zu beugen. Demokratie bedeutet den aktiven Willen zur Veränderung und Neugestaltung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist Ihnen selber eingefallen, ja? – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Im Übrigen müssten Sie sich fragen lassen, warum das, was Sie uns da vorgeworfen haben, nicht für Sie gilt. Warum haben Sie sich denn vor vier Wochen noch der Mehrheitsentscheidung gebeugt, die dieses schlampige Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet hat, und jetzt, vier Wochen später, beugen Sie sich plötzlich nicht mehr? Geht es Ihnen um die Sache oder geht es Ihnen um die Profi lierung Ihrer Partei? Welche Demokratieauffassung haben Sie?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Stimmen Sie im Parlament Vorschlägen zu, die Sie für richtig halten, oder stimmen Sie nur Ihren Vorschlägen zu, die Sie selbst gemacht haben? Insofern ist Ihr Gesetzentwurf sehr lehrreich und zeigt, wie tief der Parlamentarismus in diesem Land bereits gesunken ist. Sie erklären den Leuten, wir dürfen, wie dieses die NPD fordert, keine direkte Demokratie haben, weil im Parlament die freien Debatten stattfi nden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

In Wirklichkeit nickt man hier aber nur ab oder profi liert sich mit Parteienegoismus, so, wie Sie das mit Ihrem hier vorliegenden Gesetzentwurf tun. Wir machen das nicht mit und stimmen deshalb einem Gesetzentwurf zu, der richtig ist, obwohl er von der FDP stammt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Lüssow.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon einiges gehört

über die zurzeit besprochenen Gerichtsurteile. Darauf werde ich nicht näher eingehen. Ich bin jedoch der Meinung, dass unser Nichtraucherschutzgesetz hoffentlich Bestand hat und, vor allen Dingen, dass es inhaltlich genau das ist, was wir in diesem Land zum Schutze der Nichtraucher benötigen.

(Udo Pastörs, NPD: Die Hoffnung stirbt zuletzt.)

Sehr geehrte Damen und Herren, nun aber zum Inhalt des vorgelegten Gesetzentwurfes. Sie schreiben in Ihrer Problemanalyse – und das haben Sie auch eben vorgetragen –, dass 80 Prozent der Stammgäste bei einer Umfrage angaben, künftig eine Gaststätte nicht erst zu besuchen, wenn dort nicht mehr geraucht werden darf. Haben Sie sich aber auch einmal damit beschäftigt, wie viele Menschen nicht in Gaststätten gehen beziehungsweise gegangen sind, weil sie den Rauch dort nicht ertrugen, nämlich genau das, was vorhin unser Sozialminister ansprach?

(Toralf Schnur, FDP: Wie viele? Wie viele?)

Es gibt zudem mehr Nichtraucher und unter diesen werden die Gaststättenbetreiber immer mehr Kunden gewinnen, wenn sie ihre Räumlichkeiten rauchfrei halten. So sind im Land fast 70 Prozent Nichtraucher. Bei den Urlaubern und über die Tourismusbranche und ihre Entwicklung freuen wir uns da besonders. Hier liegt die Nichtraucherquote nach Angaben des Sozialministeriums sogar bei über 90 Prozent, von denen auch die Kneipen profi tieren. Ich verstehe nicht, warum wir in Deutschland solche Diskussionen überhaupt führen müssen. In anderen Ländern ist das Rauchverbot erfolgreich eingeführt worden und hat eben nicht zu einem Kneipensterben geführt.

Studien, die von Professor Dr. Ulrich John vom Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Greifswald durchgeführt wurden, belegen zudem, dass längerfristig die Umsatzzahlen nicht zurückgehen werden. Was den Rückgang der Umsatzzahlen im Jahr 2007 angeht, muss man mit in Betracht ziehen, dass diese deutlich unter den Umsatzzahlen des Vorjahres lagen, was wohl auch damit begründet ist, dass wir die Fußballweltmeisterschaft hatten.

Der Abwärtstrend in der Gastronomie setzte bereits vor Inkrafttreten der Raucherverbote ein. Nach einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg läuft die Umsatzentwicklung in der Getränkegastronomie in den einzelnen Bundesländern auch sehr unterschiedlich. In Niedersachsen beschleunigte sich der Abwärtstrend nach Einführung des Rauchverbotes mit leichter Erholung im Dezember. In Hessen folgt er weiter dem Bundesdurchschnitt. In Baden-Württemberg zeichnet sich sogar eine positive Trendwende ab. Die Studie zieht die Schlussfolgerung, je länger das Nichtraucherschutzgesetz einschließlich einer Bußgeldregelung in Kraft ist, desto positiver entwickeln sich die Umsätze in der Getränkegastronomie. Und das ist, fi nde ich, doch ganz erstaunlich. Also wird Ihre Argumentation nicht durch die Studie bestätigt.

Bislang gibt es nach meiner Kenntnis keine einzige unabhängige und seriöse Studie, die fi nanzielle Einbußen im Gefolge eines Rauchverbotes nachweist. Eine Studie zeigt sogar, dass Kneipenbetreiber bei Rauchfreiheit ihrer Einrichtung mit Umsatzzuwächsen und Neukunden rechnen können. In den USA beispielsweise, Italien, Irland und Norwegen gab es keinerlei negative Effekte. Viele Gastronomieinhaber berichten zudem über zahl

reiche Neukunden. Die Quelle mit dieser Formulierung fi nden Sie in der Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG aus dem Jahr 2004.

Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! Europaweit gibt es jährlich mehr als 80.000 Todesfälle durch Passivrauchen und wir sprechen hier von einem Nichtraucherschutzgesetz. Also das sind Auswirkungen, die das Passivrauchen hat. Und die Tendenz ist steigend. In den nächsten 40 Jahren muss mit 20 Millionen tabakbedingten Todesfällen gerechnet werden. Deshalb ist es positiv, dass Rauchverbote in immer mehr europäischen Ländern eingeführt werden. In Italien, Irland oder Griechenland gehen die Kneipenbesucher vor die Tür, um eine Zigarette zu rauchen, und Rauchern sowie Nichtrauchern ist damit gedient.

Untersuchungen in Spanien und Italien haben gezeigt, dass Rauchverbote dabei helfen können, mit dem Rauchen erst gar nicht zu beginnen beziehungsweise damit aufzuhören. Die positiven Auswirkungen eines Rauchverbots auf die Gesundheit wurden in vielen Studien nachgewiesen, kürzlich von schottischen Wissenschaftlern. Während vor Einführung des Rauchverbots 79 Prozent der Beschäftigten an Beschwerden, unter anderem Kurzatmigkeit, Husten, gereizten Augen, laufender Nase und Niesen litten, waren es einen Monat nach dem Rauchverbot 53 Prozent, zwei Monate später nur noch 47 Prozent. Das entspricht einer signifi kanten Verbesserung um 33 Prozent. Weitere positive Effekte sind eine verbesserte Lungenfunktion und eine geringere Entzündung der Atemwege bei Beschäftigten, die unter Asthma litten. Ähnliche Ergebnisse brachten Untersuchungen in Irland, Norwegen und Italien, also nicht nur in den Schönwetterländern, wo es nicht so schlimm ist, wenn man zum Rauchen nur vor die Tür zu gehen braucht.

Zudem sind Rauchverbote auch der einzige sichere Schutz vor Passivrauchen. Forscher des Krebsforschungszentrums und ihre Kooperationspartner gehen von etwa 2.140 Passivrauchern aus, die jährlich wegen des Mitrauchens an Herzerkrankungen sterben. Nicht nur erkranken, sondern sterben! Von 770, die einen Schlaganfall nicht überleben, sterben 260 Passivraucher an Lungenkrebs, 50 an anderen Lungenerkrankungen und etwa 60 Säuglinge sterben pro Jahr an den direkten oder indirekten Folgen des Zigarettenrauchens zu Hause oder ihrer Mutter während der Schwangerschaft. Ich denke, diese Untersuchungen sprechen für sich und sind Grund genug, um das Rauchen an öffentlichen Orten zu verbieten.

Sehr geehrte Damen und Herren, was eben schon mehrmals in den Fokus rückte und ich eigentlich am schlimmsten an diesem ganzen Gesetzentwurf fi nde, ist, dass durch den Gesetzentwurf der FDP das Rauchen in Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Schulen wieder ermöglicht werden soll.

(Toralf Schnur, FDP: Am besten sagen Sie noch, wir wollen es in den Kindergärten.)

Auch wenn das dem Wunsch des Landesjugendrings entspricht, ist dieser Wunsch trotzdem einfach fahrlässig.

(Toralf Schnur, FDP: Mann, Mann, Mann!)

Der politische Wille ist, dass Kinder und Jugendliche so wenig wie möglich mit Tabakrauch in Berührung kommen und schon gar nicht auf dem Schulhof. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Jugendlichen zum Rauchen das

Schulgelände beziehungsweise das Gelände der Einrichtung verlassen müssen, sich so der Aufsicht entziehen und auch nicht sichergestellt ist, dass wirklich nur Jugendliche über dem 18. Lebensjahr rauchen. Aber da muss ich einmal der Kollegin Linke ausgesprochen recht geben, Herr Roolf, umgekehrt wird ein Schuh daraus. In der Regel dürfen Schüler unter 18 nur den Schulhof verlassen, wenn sie eine Einverständniserklärung ihrer Eltern vorlegen,