Protocol of the Session on March 6, 2008

Zweitens. Inhaltliche Diskussionen im Rahmen der Enquetekommission sollten aufgrund des engen Zeitplanes weitgehend vermieden werden. Nach Aussagen von Vertretern der Koalitionsfraktionen fanden inhaltliche Absprachen etwa mit den kommunalen Spitzenverbänden und entsprechende Zugeständnisse ausdrücklich außerhalb der Sitzungen der Enquetekommission statt. Die Koalitionsvertreter plädierten darüber hinaus dafür, vor Beschlussfassungen keine inhaltlichen Debatten zu führen. Inhaltliche Klärungen sollte die Enquetekommission vielmehr nach Beschlussfassung zum Leitbild der Landesregierung auf dem Wege der Selbstbefassung vornehmen, weil alles andere den Zeitplan sprengen würde.

Drittens. Der von SPD und CDU erzeugte Zeitdruck hat eben diese Koalitionsfraktionen mit erheblichen Konsequenzen für das Reformvorhaben insgesamt offensichtlich erpressbar gemacht. Ein eingebrachter, aber nicht zur Abstimmung gestellter Antrag der Hansestadt Wismar bringt es auf den Punkt.

(Heinz Müller, SPD: Warum ist er denn nicht abgestimmt worden?)

Ich verkürze den Antrag: Entweder die Einkreisungskonzeption des Leitbildes der Landesregierung wird aufgehoben oder wir beantragen als Hansestadt Wismar in der Enquetekommission ein geordnetes Verfahren mit einem vernünftigen Arbeitsplan. Da dies aber wiederum den Zeitplan sprengen würde, haben sich die Koalitionsfraktionen ohne Beratung in der Enquetekommission entschlossen, das Leitbild der eigenen Landesregierung an zentraler Stelle aufzuweichen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Hört, hört! – Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Michael Roolf, FDP)

Meine Damen und Herren, dies alles wird freilich nur von Bedeutung und auch rechtlicher Relevanz sein, wenn sich der Landtag in Kürze die, wie eben geschildert, zustande gekommenen Empfehlungen der Enquetekommission zu eigen macht. Vom Leitbild der Landesregierung bleibt es nunmehr lediglich bei Vorgaben für die Landkreise und die wurden in der Enquetekommission kaum fachlich debattiert. Einer notwendigen Funktionalreform wurde durch die Koalitionsfraktionen der umfassende Charakter abgesprochen und auf konkrete Termine wurde ausdrücklich verzichtet.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Die oberen Landesbehörden und unteren staatlichen Behörden wurden aus dem Reformbedarf ausgeklammert, Kreis- und Gemeindestrukturen sollen isoliert betrachtet werden.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Und ein deutliches Bekenntnis zu einem sozial verträglichen Charakter der Reform lehnten die Koalitionsfraktionen derzeit nachdrücklich ab.

Meine Damen und Herren, es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das „Leitbild“ der Landesregierung zum „Leidwesen“ der Reform mutiert,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

gerade weil es außerhalb der Koalition durchweg auf Kritik stößt oder aber bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht wurde. Deshalb, meine Damen und Herren, wird es Sie nicht verwundern, dass Sondervoten zum Zwischenbericht eine sicher nicht unwesentliche Bedeutung zukommt. Für die von meiner Fraktion nominierten Mitglieder der Enquetekommission kündige ich das schon an.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das haben Sie damals auch gemacht.)

Und, meine Damen und Herren, um dafür den Zeitdruck ein bisschen herauszunehmen, danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit und ziehe namens meiner Fraktion den Antrag zurück.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Antragsteller haben den Antrag zurückgezogen. Die FDP hat damit natürlich auch ihren Änderungsantrag zurückgezogen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da fehlten sowieso zwei Kommata.)

Ich komme damit zum Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Auswirkungen des Programms Kommunal-Kombi in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/1283. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/1348 vor.

Antrag der Fraktion der FDP: Auswirkungen des Programms KommunalKombi in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/1283 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU – Drucksache 5/1348 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Roolf von der FDP.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt kriegen wir, glaube ich, ein bisschen mehr Tempo, ein bisschen mehr Dynamik in die Debatte rein.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na, wenn Sie da stehen, ist das ganz klar.)

Das liegt nicht nur an mir,

(allgemeine Unruhe – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Bescheidenheit, Bescheidenheit! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

sondern das liegt an dem couragierten Handeln der Fraktion DIE LINKE. Kompliment für das couragierte Handeln!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir schließen uns da an.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich spreche zu unserem Antrag „Auswirkungen des Programms Kommunal-Kombi in Mecklenburg-Vorpommern“. Wir freuen uns, Herr Dr. Jäger, auf die sehr konstruktive Zuarbeit der Koalitionsfraktionen in Ihrem Änderungsantrag.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, so sind wir nun mal.)

Wir nehmen den Änderungsantrag gerne in unseren Antrag mit rein. Wir sehen eine breite Übereinstimmung unserer politischen Forderungen und freuen uns darauf, dass wir den Bericht zum ersten Quartal 2009 hier gemeinsam hören können.

Das soll es auch kurz von meiner Einbringung gewesen sein. Vielen Dank für die konstruktive Zuarbeit. Wir werden diesem Antrag natürlich zustimmen und ich gehe davon aus, Sie auch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Natürlich. Wir tun alles für Ihre Fortbildung. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Danke, Herr Roolf.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Seidel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Roolf, bei so viel angekündigter Übereinstimmung traut man sich ja gar nicht, noch etwas zu sagen. Aber ich gehe mal davon aus, dass Sie Ihren Antrag wirklich ernst meinen, und deshalb will ich doch ein paar Informationen aus der jetzigen Sicht zu dem Thema KommunalKombi, so bezeichnen wir es ja, hier geben.

Zunächst will ich, wenn wir uns dem Thema nähern, noch einmal ganz deutlich sagen, dass auch über dieser Berichterstattung steht, dass es mir darum geht, die Schaffung von sozialversicherungspfl ichtigen Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt als Priorität nach wie vor zu sehen und dieses Ziel auch in keiner Weise durch das Schaffen von geförderten Arbeitsplätzen auf dem zweiten Arbeitsmarkt zu gefährden. Meine Zusage im Fall des Bundesprogramms Kommunal-Kombi orientiert sich also an dem Ziel, den Kommunen die Inanspruchnahme zu erleichtern, aber genau aufzupassen, dass das Ziel erster Arbeitsmarkt nicht gefährdet wird.

Wir haben inzwischen erste Antragszahlen in zweistelliger Höhe. Ich will mal die absolute Zahl jetzt gar nicht nennen, es ist noch nicht so furchtbar viel. Wir haben auch erste genehmigte Anträge für das Land. Es sind aber noch relativ wenige, sodass man über praktische Erfahrungen seriöserweise hier noch nicht sprechen kann.

Wir haben in meinem Hause sehr gründlich geprüft, welche Bedingungen der Bund daran knüpft, für den Fall, dass das Programm in Anspruch genommen wird. Hier sind entscheidend für die Förderung das Kriterium der Zusätzlichkeit der Arbeit und das Kriterium des öffentlichen Interesses sowie der Wettbewerbsneutralität. So haben kommunale und sonstige Arbeitgeber – wir wissen ja, dass es nicht nur Kommunen sein müssen –, die einen Antrag auf den Kommunal-Kombi beim Bundesverwaltungsamt stellen, zu berücksichtigen, dass sie nachvollziehbar und ausführlich darlegen, worin das öffentliche Interesse an der Erledigung der jeweiligen Tätigkeiten besteht. Ein Kriterium hierbei ist, ob das Arbeitsergebnis zum Beispiel der Allgemeinheit dient. Und im Übrigen darf ich sagen, es ist auch eine stringente Prüfung seitens des Bundes angekündigt.

Generell sind hinsichtlich der Prüfung der beiden Fördervoraussetzungen „öffentliches Interesse“ und „Zusätzlichkeit“ nach den uns vorliegenden Leitlinien des Bundes strenge Maßstäbe anzulegen. Das betrifft auch eine strikte Trennung zwischen erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeiten und den Arbeitsinhalten der Tätigkeiten, die im Rahmen des Bundesprogramms dann eine Förderung erhalten können. Ich will mal Beispiele nennen.

Ein Beispiel wären zusätzliche Aktivitäten im Pfl egebereich, also dann, wenn diese Tätigkeiten nicht über den Pfl egesatz fi nanzierte Pfl egetätigkeiten sind. Da gibt es eine ganze Menge.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh ja!)

Aus eigenem Erleben weiß ich, wie schwer es ist, die entsprechende Betreuung von Demenzerkrankten zu sichern. Da könnte ich mir gut vorstellen, dass hier zusätzliche Tätigkeiten über eine solche Förderung unterstützt werden können.

Die Merkmale „öffentliches Interesse“ und „Zusätzlichkeit“ liegen zum Beispiel regelmäßig nicht vor bei Reinigungsarbeiten, um das auch ganz klar zu sagen. Hier geht man immer davon aus, dass solche Tätigkeiten, solche Arbeiten der Einrichtung selbst zugute kommen und auch regelmäßig anfallen, dass also von Zusätzlichkeit hier nicht gesprochen werden kann.

Wichtig ist, im Zusammenhang mit der Förderung durch das Bundesprogramm dürfen bestehende Unternehmen am Markt keine Wettbewerbsnachteile erfahren. Ich weiß, das ist nicht immer ganz so leicht, wie man es jetzt hier ausspricht. Das ist mir schon klar, aber dieser Grundsatz ist besonders zu betonen.

Es ist und es bleibt auch der Grundsatz, dass reguläre Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt durch die Förderung von Arbeitsplätzen im Rahmen des Bundsprogramms nicht verdrängt oder beeinträchtigt werden darf. Es soll keine Behinderung geben bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze, es soll die Wiederbesetzung frei gewordener Arbeitsplätze nicht damit gefördert werden. Es geht nicht um die notwendige Erweiterung eines Personalbestandes oder die Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse oder sich daran anschließende unbefristete Einstellungen. Das sind alles Dinge, die nicht konterkariert werden dürfen.