Protocol of the Session on January 31, 2008

Das geht nicht. Was der Professor erzählt, ist völlig unwichtig.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das geht nicht. Wenn Sie sich bitte mal in der europäischen Schifffahrt und auch in der Durchführbarkeit der ganzjährigen Beschiffbarkeit, wie Sie so schön sagen, unserer Gewässer umschauen, dann werden Sie feststellen, dass wir auch Jahreszeiten in der Rheinschifffahrt gehabt haben, in denen die Schifffahrt aufgrund mangelnder Wasserstände nicht möglich gewesen ist. Das alleine zu wissen, macht Ihren Antrag absurd. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Danke, Herr Timm.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1204. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1204 bei Zustimmung der NPD-Fraktion, aber Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008 in Mecklenburg-Vorpommern mit Leben erfüllen, Drucksache 5/1196.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008 in Mecklenburg-Vorpommern mit Leben erfüllen – Drucksache 5/1196 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Europäische Union umfasst mittlerweile 27 Staaten. Sie stehen miteinander in intensiven Interaktionen, was ebenso auf die EU als Ganzes wie auf jedes ihrer Mitglieder in Bezug auf Staaten außerhalb der EU zutrifft. Die Liberalisierung der Arbeitsmärkte, eine größere Mobilität durch die Binnenmärkte, der Austausch in den Bereichen Bildung und Freizeit, alte und neue Migrationsbewegungen sowie damit einhergehend ein gewachsener Austausch von Menschen und Waren führen – und das ist uns allen klar – zu einem Mehr an Multikulturalität, einer höheren Zahl an Sprachen, zu ethnischen und kulturellen einschließlich religiösen Hintergründen.

Diese kulturelle Vielfalt betrachten wir als eine große Stärke der Europäischen Union und nicht, wie rückwärtsgewandte nationalistische Kräfte lauthals verkünden, als eine Bedrohung für die Lebensfähigkeit der Völker. Wir stimmen mit dem EU-Kommissar für Kultur, Jan Figel, überein, wenn er sagt, Zitat: „Die EU ist das einzige ,geopolitische Novum‘, das sich auf den Respekt der kulturellen Vielfalt in der Welt stützt und solcherart ein attraktives Modell zur Nachahmung bietet.“

Meine Damen und Herren, als der EU-Kulturkommissar Jan Figel am 4. Dezember 2007 den offi ziellen Status für die Kampagne für interkulturellen Dialog gab, wurden am gleichen Tag die Ergebnisse einer jüngst durchgeführten Umfrage vorgestellt. Die Teilnehmer/-innen dieser von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Flash-Eurobarometer-Umfrage waren nach ihren Formen des Kontaktes mit Menschen aus anderen Kulturen, nach

ihrer Haltung gegenüber kultureller Vielfalt überhaupt und nach dem damals noch bevorstehenden Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs befragt worden. Die wichtigsten Schlussfolgerungen fasste die Kommission wie folgt zusammen:

Erstens. Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen sind in Europa Alltagsrealität.

Zweitens. Die große Mehrheit der EU-Bürger/-innen meint, dass Menschen mit einem anderen ethnischen, religiösen oder nationalen Hintergrund das Kulturgeschehen in ihrem Land bereichern.

Drittens. Das vorherrschende Gefühl in der EU lässt sich so beschreiben: Interkultureller Dialog ist nützlich, aber ebenso müssen heimische kulturelle Traditionen hochgehalten werden.

Viertens. Die EU-Europäer/-innen verbinden vielerlei mit dem Ausdruck „Interkultureller Dialog in Europa“, und zwar meist Relevantes und Positives.

Fünftens. Es gibt ein großes Interesse für das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs.

Die Situation in Deutschland aber verdeutlicht eine repräsentative Umfrage über religiöse Pluralisierung, deren Ergebnisse die Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) kurz vor Weihnachten öffentlich machte. Danach fühlen sich 44 Prozent der West- und 43 Prozent der Ostdeutschen durch fremde Kulturen bedroht – weit mehr als in vielen anderen Ländern Europas. Und genau deshalb sollten wir dieses Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs nutzen. Ziel ist es, die europäischen Völker und ihre jeweiligen Kulturen näher zusammenzuführen.

(Udo Pastörs, NPD: Und zu erhalten.)

Wenn sich die europäischen Völker mit ihren verschiedenen Kulturen annähern sollen, ist ein Dialog zwischen den Kulturen unverzichtbar. Die vielen Kulturen machen eine Einheit aus und bleiben darin doch eigenständig.

(Udo Pastörs, NPD: Das wollen wir hoffen.)

Diesen Vorteil, diese Dialektik können wir auch als Einheit in der Vielfalt oder als Vielfalt in der Einheit bezeichnen. Das Motto der EU-Kampagne lautet: „In Vielfalt geeint“.

(Michael Andrejewski, NPD: Genau.)

Der Beschluss betont zugleich, dass der interkulturelle Dialog auch ein Instrument ist, das die Umsetzung einer Reihe strategischer Prioritäten der Union erleichtert. Im Übrigen steht er in der Tradition des Gründungsvertrages der Europäischen Gemeinschaft, denn diese hat die Aufgabe, eine immer engere Union der europäischen Völker zu verwirklichen sowie einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten zu leisten. Das soll geschehen unter Wahrung der internationalen – und das betone ich mit Blick auf Mecklenburg-Vorpommern – und besonders ihrer regionalen Vielfalt bei gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.

Der auch in unserem Bundesland dringend notwendige Dialog der Kulturen zwischen Menschen aus anderen EULändern sowie aus Drittländern, also Nicht-EU-Ländern, ist kein Selbstläufer. Er muss bewusst gestaltet werden, denn wir wissen doch, dass es zahlreiche unbegründete Ängste in der Bevölkerung gibt, wie zum Beispiel die Angst vor Arbeitsmarktverzerrung und Lohndumping

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

durch massiven Zustrom von Menschen aus Osteuropa, die Angst vor dem und den anderen. Noch nicht verschwunden sind manche Vorurteile und manches Misstrauen zwischen einzelnen Gruppen oder gar Völkern in der EU, immer wieder auch bewusst geschürt von Parteien und Kräften wie der NPD und nazistischen Kameradschaften.

(Michael Andrejewski, NPD: Hacken Sie nicht immer auf Herrn Koch herum! – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Denken wir nur an ihr unheilvolles Agieren in und um Löcknitz, das friedlichem Zusammenleben von Deutschen und Polen Gift verabreicht. Gefördert werden muss aber eine europäische Identität und Staatsbürgerschaft,

(Udo Pastörs, NPD: Fragen Sie mal die Zwillinge aus Polen!)

wie sie sich das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008 zur Zielstellung macht. Dafür stellt die EU 10 Millionen Euro zur Verfügung, kofi nanziert durch die einzelnen Staaten im Rahmen nationaler Strategien zur Umsetzung dieses Europäischen Jahres. Eingesetzt werden sollen diese Mittel für konkrete und vielfältige Projekte und Gemeinschaftsaktionen, vor allem in den Bereichen Kultur, Bildung, Jugend, Sport sowie Unionsbürgerschaft, aber auch in der Sozial- und Beschäftigungspolitik. Über sie sollen möglichst alle EU-Bürger/-innen und in der EU lebende Drittstaatenangehörige erreicht werden, um sie für Fragen des gleichgeachteten Zusammenlebens zu sensibilisieren und zum aktiven Mittun zu gewinnen. Es geht um das Aneignen von Kenntnissen und Fähigkeiten, um die kulturelle Vielfalt auf der Grundlage gemeinsamer Werte zu respektieren. Zu diesen Werten gehören vor allem der Schutz der Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit, Nichtdiskriminierung, Solidarität, Demokratie,

(Udo Pastörs, NPD: Richtig. Internationale Solidarität.)

Rechtsstaatlichkeit sowie die Beachtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Menschen, die zu Minderheiten gehören – Werte, zu denen sich die Fraktion DIE LINKE wie wohl alle Demokraten und Demokratinnen bekennt.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig. Wir auch.)

Das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs, das übrigens im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit 2007 zu sehen ist, bietet auch für Mecklenburg-Vorpommern die einzigartige Gelegenheit, bereits vorhandene Programme und Aktionen im Sinne des Mainstreaming zu nutzen,

(Udo Pastörs, NPD: Mainstreaming?)

zu verstärken und weiterzuentwickeln und ihre Wirkung zu erhöhen. Eingeschlossen werden sollten hier auch der Beginn und die Umsetzung einer tatsächlichen Integrationspolitik, wie sie der Landespolitik konzeptionell vorliegt. Das muss für die Öffentlichkeit klar erkennbar und erlebbar werden. Und dazu gehört der interkulturelle Dialog. Einen solchen Dialog verstehen wir nicht als ein Zeichen von Schwäche, sondern von Reife. Ein Ausdruck der Ernsthaftigkeit ist sinnbildlich, nicht die eigene weiße Weste zu loben und gleichzeitig mit dem Finger auf Menschen aus anderen Kulturen zu zeigen.

Als notwendig erachtet meine Fraktion einen intensiven und strukturierten interkulturellen Dialog, der alle Menschen aller Altersgruppen einbezieht, sich insbesondere

aber an die junge Generation wendet und sie einbindet, denn ihr kommt die Aufgabe zu, ein sozial integriertes Europa zu schaffen, dessen lebenswerte Wirklichkeiten weit über das hinausgehen werden, was bisher erreicht werden konnte: eine Union der praktizierenden Solidarität, der sozialen Gerechtigkeit und des verstärkten Zusammenhaltes mit allen Regionen der Erde. Stabilität, Demokratie und Sicherheit sind aber nur zu stärken und zu erweitern durch Kultur, Bildung, Sport, soziale Sicherheit, durch gleiche Möglichkeiten für alle, auch in der Beschäftigungspolitik.

Das sollte im Sinne des vorliegenden Antrages Ansporn sein, wenn wir über die konkreten Vorhaben der Landesregierung bis zum 31. März 2008 unterrichtet werden wollen. So hat es auch damit zu tun, dass wir uns alle einbringen können und sollen. Dabei gilt es, nicht nur die öffentlichen Behörden, sondern die gesamte Zivilgesellschaft in den Prozess der weiteren Annäherung der europäischen Länder einzubinden. Zu diesem Zweck müssen wir auch in Mecklenburg-Vorpommern dafür sorgen, dass der interkulturelle Dialog zu einer nachhaltigen und sichtbaren Priorität wird.

Dieser Dialog ist eine Querschnittsaufgabe zur Einbindung der Zivilgesellschaft in Entscheidungen über die gesellschaftliche Entwicklung, zur Anerkennung der gegenseitigen Abhängigkeit aller Einwohnerinnen und Einwohner Europas und der Welt durch Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Diese Aufgabe betrifft sowohl die Europäische Union als auch die Regionen Europas, wozu ich Mecklenburg-Vorpommern zähle, wie auch die Kommunen.

Stimmen Sie unserem Antrag zu! Laden wir alle Unionsbürger/-innen in Mecklenburg-Vorpommern und alle anderen Menschen ein,

(Udo Pastörs, NPD: Die ganze Welt soll kommen. Wir sind alle glücklich.)

ihn gemeinsam mit uns zu leben, zur Teilnahme an diesem Dialog. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Bildungsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Tesch. Herr Tesch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! „Vielfalt gemeinsam erleben“, so lautet das Motto des Europäischen Jahres des interkulturellen Dialogs. Dieses Motto ist gut gewählt, denn es benennt zentrale Aufgaben, vor denen nicht nur die Landesregierung, sondern die europäischen Unionsbürger heute insgesamt stehen. Der Wandel in Europa lässt uns ungehindert aller kulturellen und sonstigen Unterschiede näher zusammenrücken. In der Europäischen Union sind wir Teil einer gemeinsamen Kultur und haben die Vision einer Europäischen Unionsgemeinschaft fest im Blick. Uns verbindet nicht nur eine Interessengemeinschaft, sondern wir teilen grundlegende Ziele und Werte. Der Wandel ist also eine Chance und eine Herausforderung zugleich.