Protocol of the Session on January 31, 2008

(Heike Polzin, SPD: Stimmt.)

sondern die Mobilisierung der Spendengelder.

(Heike Polzin, SPD: Ja, es gibt auch noch andere Probleme, nicht nur das.)

Eine wichtige Zahl ist das. In Nordrhein-Westfalen zahlt die Stiftung 35 Euro pro Kind im Jahr. Frau Polzin, haben Sie gut zugehört? 35 Euro im Jahr.

(Heike Polzin, SPD: Ich bin eine Frau. – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich habe „Frau Polzin“ gesagt. Haben Sie …

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ja, dann ist das schlimm, wenn Sie bei mir nicht zuhören.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Also, meine Damen und Herren, wenn Sie es wollen, dann müssten wir im Ausschuss dieses Projekt genauer besprechen. Ich will hier nichts allein machen. Aber wir sollten diese Initialzündung, die wir hier mit auslösen könnten, für die Musikbildung und für diese breite Basis im Land durchaus nutzen. So weit also das Konzept in NRW.

Sicherlich wird man das Konzept an den Rahmen des Landes Mecklenburg-Vorpommern anpassen müssen. Die Grundidee bleibt aber davon unberührt. Wir wissen, dass wir mit diesem Antrag eigentlich, meine Damen und Herren von der CDU, offene Türen einlaufen, weil sie …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Sie hören ja gar nicht zu, Herr Dr. Jäger!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Frau Lochner-Borst erklärt mir gerade den komplizierten Sach- verhalt, von dem Sie sprechen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

… in Nordrhein-Westfalen dieses mit uns gemeinsam gemacht haben und es dort erfolgreich ist.

Die SPD und DIE LINKE können es eigentlich gar nicht so schlecht fi nden, da die Idee ursprünglich von Hugo Chávez stammt. Der deutlich auf der linken Seite des politischen Spektrums zu suchende Staatslenker hat durch diese Idee eines der bemerkenswertesten Jugend

orchester der Welt zustande gebracht. Außerdem haben sich die Stadtverordneten von SPD und LINKE in Rostock für eine vergleichbare Initiative ausgesprochen.

DIE LINKE hat sich mit einem Musikschulgesetz vergeblich um eine Stärkung der Musikschulen bemüht. Hier besteht noch einmal die Chance, und diesmal hoffentlich fraktionsübergreifend, nicht nur die Musikschulen, sondern vor allem die Musikkultur des Landes auf breiter Basis zu fördern.

Den Herren von der Fensterfraktion möchte ich noch sagen, dass ein Kind, welches zu einem Musikinstrument greift, sicherlich nicht so schnell zu einem Baseballschläger greifen wird.

(Raimund Borrmann, NPD: Der war noch nicht bei uns. Der kennt uns nicht.)

Musikerziehung ist auch ein hervorragendes Gewalt- und Radikalismuspräventionsprogramm. Und in diesem Zusammenhang, meine Herren von der Fensterfraktion, möchte ich zu Ihrem Änderungsantrag, der so ideologisch einseitig auf deutsches Liedgut aus ist, nur sagen: Lesen Sie mal Herder,

(Irene Müller, DIE LINKE: Da verlangen Sie aber echt zu viel, Herr Kreher.)

wie deutsches Liedgut, auch deutsche Volkslieder europäisch immer wieder beeinfl usst waren. Wir sind als deutsche Kultur ein Teil der europäischen Kultur

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

und diese Vielfalt möchte ich auch in Musikschulen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Udo Pastörs, NPD: Aber kein Multikulti durcheinander.)

Anschließend noch einmal ein Zitat der CDU-FDP-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen: „Wir reden heute immer von den Anforderungen der Wissensgesellschaft. Wir hören immer häufi ger, wie wichtig gerade auch in der Wirtschaft die kreative Kopfarbeit wird. Und nicht zuletzt fragen wir uns, wie wir auch in Zukunft friedlich und solidarisch zusammenleben können. Und zwar auch dann, wenn unsere Gesellschaft immer bunter wird und geprägt durch Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen.“

(Udo Pastörs, NPD: Ziehen Sie mal für ein halbes Jahr nach Neukölln!)

„Aus alledem erwächst für Politik eine zentrale Aufgabe: Wir müssen noch mehr in die Förderung aller Talente unserer Kinder investieren. … Über Schule, Berufsausbildung oder Hochschulen wird in diesem Zusammenhang immer geredet. Über die kulturelle Bildung unserer Kinder dagegen deutlich seltener.“

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie dazu auf, gemeinsam für die Verwirklichung dieser wunderbaren Idee zu stimmen und den Antrag zur Detailabstimmung in den Kulturausschuss zu überweisen. Damit kommen wir der Idee des Kulturlandes Mecklenburg-Vorpommern einen erheblichen Schritt näher. Meine Damen und Herren, ich setze auf Ihre Unterstützung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Kreher.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bitte, Herr Minister Tesch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der FDP hat einen Antrag zur Gestaltung eines musischen Projektes eingebracht. Dieses Projekt heißt: „Jedem Kind ein Instrument“ und es ist dem in Nordrhein-Westfalen gestarteten Projekt gleichen Namens entlehnt. Dem Vorhaben liegt eine wunderbare Idee zugrunde: Wir ermöglichen jedem Grundschulkind in unserem Land, unter Anleitung eines Instrumentallehrers ein Orchesterinstrument zu erlernen. Dieses Instrument wird dem Kind für die Dauer des Lernens geliehen.

Bei diesem Vorhaben geht es darum, alle Wesenskräfte unserer Kinder zu entwickeln. Es ist unbestritten, dass sowohl die aktive als auch die passive Beschäftigung mit Musik die kognitiven, motorischen, kreativen und sozialen Fähigkeiten aller Kinder deutlich positiv beeinfl usst. Musizieren ist eine der komplexesten menschlichen Tätigkeiten. Gefordert werden gleichzeitig Intellekt, Grob- und Feinmotorik sowie präzise Koordination von gezielt gespielten Emotionen. Ich bin überzeugt, dass Musizierangebote unseren Kindern ganz neue Welten eröffnen. Vor allem das aktive Musizieren regt die Phantasie an und weckt Ehrgeiz. Die Musik kann auch Gemeinschaft stiften, denn richtig fordernd wird Musik erst, wenn man sie nicht allein macht, sondern gemeinsam mit Freunden und Gleichgesinnten ausübt.

Dieses Anliegen, den Schülerinnen und Schülern ein Musikinstrument nahezubringen, unterstütze ich sehr. Es stellt sich für mich jedoch die Frage, ob wir dieses Ziel mit dem Modell aus Nordrhein-Westfalen verwirklichen sollten,

(Heike Polzin, SPD: Sehr wohl.)

denn deren Erfahrungen zeigen – und ich fi nde, es gehört dazu, Herr Kreher, wenn Sie das dann darstellen –, dass nur knapp 40 Prozent der Schüler der beteiligten Grundschulen das Angebot, ein Instrument zu erlernen, annehmen. Schließlich haben auch Grundschulkinder schon sehr unterschiedliche Interessen, Neigungen und Talente.

(Heike Polzin, SPD: Das ist auch gut so. – Ilka-Lochner-Borst, CDU: Ja.)

Ein Instrument zu erlernen, ist doch nur eine Möglichkeit, die Welt ästhetisch zu erfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Ilka Lochner-Borst, CDU: Stimmt.)

Und ich bitte Sie, noch einen weiteren Aspekt zu beachten: In Nordrhein-Westfalen sind die Instrumentalstunden in den beteiligten Schulen fest in den Kernstundenplan der Grundschule integriert. Damit wurde der reguläre Musikunterricht in der Praxis abgeschafft. Sehr verehrte Abgeordnete der FDP, das kann nicht Ihr Anliegen sein, denn der Musikunterricht bietet den Kindern mehr als nur das Erlernen eines Instrumentes.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Heike Polzin, SPD: Sehr richtig und so soll es auch bleiben.)

Welchen Weg gehen wir in Mecklenburg-Vorpommern? Bereits seit Jahren, meine Damen und Herren, wird im Lande ein besonderer Weg beschritten, Schülerinnen und Schüler an Musikinstrumente heranzuführen. Schon vor der Bochumer Initiative – auch das sei hier mal gesagt – haben wir in unserem Bundesland angemessen mit der Betrachtung unserer Finanzen, unseres Personals sowie der Interessen unserer Kinder und Schulen ein Programm auf den Weg gebracht, das in der Praxis funktioniert, das fi nanzierbar ist und die unterschiedlichen Interessen der Schüler beachtet.

Seit 2005 besteht zwischen dem Bildungsministerium und dem Landesverband der Musikschulen Mecklenburg-Vorpommern eine „Rahmenvereinbarung zur Kooperation allgemein bildender Schulen und Musikschulen im Verband deutscher Musikschulen in Mecklenburg-Vorpommern“.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Genau.)

Und ich kann Ihnen auch sagen, dies steht im „Mitteilungsblatt“ 9/2005, Seite 968. Am 27.11.2006 habe ich eine „Rahmenvereinbarung zur Kooperation allgemein bildender Schulen und Musikpädagogen im Deutschen Tonkünstlerverband Mecklenburg-Vorpommern“, das sind die privaten Instrumentallehrer unseres Landes, abgeschlossen, „Mitteilungsblatt“ 1/2007, Seite 4. Alle Partner sind bestrebt, die musisch-kulturelle Bildung in den Schulen durch musikpädagogische und musikpraktische Angebote so zu ergänzen, dass jede Schülerin ihre und jeder Schüler seine musikalischen Fähigkeiten entdecken, erfahren und entfalten kann. Aus diesen Kooperationen sind inzwischen über 400 Verträge zwischen interessierten Schulen und Musikschulen geschlossen worden, die eine vielfältige und lebendige musikalische Arbeit an den Schulen erleben lassen. Diese Kooperationen werden durch die Förderprogramme zur Entwicklung der Ganztagsangebote fi nanziert. Auch das ist ein wichtiger Aspekt, wenn wir über Zeit von jungen Menschen, sprich Schülerinnen und Schülern, reden.

Die Kooperationsvereinbarungen legen fest, dass die Erziehungsberechtigten von der allgemeinbildenden Schule und deren Träger umfassend über das Angebot und die Aktivitäten der Musikschule zu informieren sind, dass die unterschiedlichen Bedingungen vor Ort für die einzelnen Kooperationsmaßnahmen beachtet werden, dass die Musikschulen ausschließlich geeignetes Fachpersonal einsetzen, die musikalischen Aktivitäten auf einem pädagogischen Konzept basieren und die außerunterrichtlichen musikpädagogischen Angebote im Rahmen der vereinbarten Aktivitäten als schulische Veranstaltungen zu organisieren sind.

Aus den vielen erfolgreichen Verträgen – und ich sprach davon, über 400 Verträge –, die seit einigen Jahren praktiziert werden, möchte ich nur zwei Beispiele nennen: Das eine ist die Kreismusikschule Nordvorpommern in Grimmen. Die Musikschule hat unter anderem Kooperationsverträge mit den Regionalschulen in Abtshagen und Niepars. Ein Instrumentallehrer für Blasinstrumente besucht die 5. und 6. Klassen beider Schulen und unterrichtet die Schüler parallel zum regulären Unterricht in allen Holz- und Blechblasinstrumenten. Die Schüler dieser Instrumentalklassen sind laut Vertrag auch Schüler der Musikschule und zahlen eine Ensemblegebühr von 8 Euro pro Monat. Die Instrumente gehören der Schule und können unentgeltlich genutzt werden.

Das zweite Beispiel ist die Musikschule Grevesmühlen. Das Besondere an dieser Musikschule ist, dass sie als Schule, wenn Sie so wollen, als Gebäude gar nicht existiert. Man hat eben dieses Gebäude nicht, aber für diese Musikschule ist die Kooperation mit den Schulen ein konstituierendes Element.