Protocol of the Session on January 31, 2008

Das zweite Beispiel ist die Musikschule Grevesmühlen. Das Besondere an dieser Musikschule ist, dass sie als Schule, wenn Sie so wollen, als Gebäude gar nicht existiert. Man hat eben dieses Gebäude nicht, aber für diese Musikschule ist die Kooperation mit den Schulen ein konstituierendes Element.

(Heike Polzin, SPD: Schon seit sehr vielen Jahren.)

So unterrichten an der Grundschule Klütz sechs Instrumentallehrer Blech- und Holzblasinstrumente, Akkordeon, Schlagzeug, Gitarre und Blockfl öte. Die Schüler zahlen 4 Euro im Monat, bei sozialen Härten ist der Unterricht beitragsfrei. Diese und vergleichbare Kooperationen in anderen Schulen, ob in Grevesmühlen oder in Dorf Mecklenburg, sichern seit Jahren den Bestand von Orchestern in diesen Regionen.

Mit den beiden Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Bildungsministerium und den staatlichen und privaten Musikschulen besitzt unser Land hervorragende Bedingungen zur weiteren Ausgestaltung der musischen Bildung unserer Kinder. Und ich bin sehr dafür, dass wir das vertiefen. Die Kooperationen beweisen seit Jahren ihre Vorzüge, erzielen nachhaltige Erfolge und wachsen stetig. Sie sind so wirksam, das sei an dieser Stelle gesagt, weil sie die unterschiedlichen Interessen der Schüler vor Ort berücksichtigen, weil sie helfen, das Konzept der Ganztagsschule und in Zukunft der gebundenen Ganztagsschule umzusetzen, sowie weil sie sicher fi nanziert sind und die real vorhandenen personellen Möglichkeiten nutzen. Daher setze ich mich dafür ein, dass die engere Zusammenarbeit der Musikschulen mit den Schulen in das Schulgesetz aufgenommen werden soll, voraussichtlich in den Paragrafen 133.

Ein Instrument kennenzulernen und damit zu musizieren, ist aber nur eine Möglichkeit der ästhetischen Bildung des Kindes. Wir stehen dafür, dass unser Bildungssystem jedem Kind eine ästhetische Vielfalt erlebbar macht. Deshalb engagieren wir uns auch mit bedeutenden Mitteln für das Projekt „Künstler für Schüler“. Hier entwickeln die Schüler unter Anleitung von Künstlern ihre künstlerischen Ausdruckskräfte. Durch ein weiteres Projekt wie „Jedem Kind ein Instrument“ – und ich gebe zu, die Überschrift ist gut – würden wir nur die vorhandenen Mittel und Kräfte teilen und damit schwächen. Unterstützen Sie uns besser bei der weiteren Ausgestaltung der Kooperationsverträge zwischen unseren Schulen und Musikschulen! Ich bin sehr gern bereit, weitere Ideen in diesem Zusammenhang entgegenzunehmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Körner von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich ausschließlich dem Anfangsteil der Rede des Ministers anschließen. Ich möchte hier aber nicht wiederholen, welch hohe Bedeutung die Musik insbesondere für unsere Gesellschaft, für die Situation und die Entwicklung der Kinder hat. Das hat der Minister in einer Form gesagt, dass man sich dem nur anschließen kann.

Ich möchte mich gleich dem Antrag der FDP-Fraktion zuwenden. Ich möchte Ihnen sagen, Herr Kreher, Sie haben eine schöne Rede gehalten und einen schönen Antrag geschrieben für jeden, der nicht in der Materie steckt.

(Michael Andrejewski, NPD: Oh, vergiftendes Lob.)

Auf den ersten Blick klingt das alles fantastisch, aber Ihr Antrag wirft viel mehr Fragen auf

(Heike Polzin, SPD: Und Widersprüche.)

und gibt keine Antworten.

(Hans Kreher, FDP: Dann kommen Sie doch in die Ausschüsse, dann können wir das beraten.)

Ihr Antrag spricht von ausgewählten Schulen, ohne zu sagen, wer sie denn auswählen soll. Und wenn man mit ausgewählten Schulen beginnt, dann ist ja nahe liegend, dass zu irgendeinem Zeitpunkt die Auswahl sozusagen in die Allgemeinheit der Schulen übergeht. Da ist von keinem Zeitpunkt die Rede. Es ist überhaupt nicht klar, mit welchen Strukturen Sie an dieses Projekt herangehen wollen. Darüber hinaus wollen Sie in Ihrem Antrag die Stundentafel verändern, aber ich spüre nicht ansatzweise ernsthafte Bemühungen, wie Sie eine über viele Jahre austarierte Stundentafel einfach so mir nichts, dir nichts im Vorübergehen verändern wollen. Was soll denn dafür gestrichen werden? Wollen Sie den Stundenplan ausweiten? Das ist alles völlig offen in Ihrem Antrag, es wird einfach nur so dahingesagt.

Über die Finanzierung lese ich in Ihrem Antrag auch nichts. Sie wollen eine Stiftung gründen. Aber wer soll der Träger dieser Stiftung sein? Wer soll diese Stiftung eintragen? Sie wollen den Kulturtaler anzapfen? Wissen Sie überhaupt, mit welchen Dimensionen bei dem Kulturtaler zu rechnen ist? Das geht in den fünfstelligen Bereich. Vielleicht kommen bei dem Kulturtaler 20.000 oder 30.000 Euro zusammen, so, wie wir ihn als Prüfungsauftrag gegeben haben.

(Zuruf von Jörg Vierkant, CDU)

Was wollen Sie denn mit diesem Geld machen?

(Hans Kreher, FDP: Haben Sie uns gesagt, was Sie mit dem Kulturtaler machen wollen?)

Es war keine Rede über Elternbeiträge, sondern allenfalls die Rede davon, dass Sie die erlassen wollen, keine Frage nach der Startsumme, keine Ausführungen über die Startsumme, die dieses Projekt einmal an ausgewählten Schulen kostet, und überhaupt keine Aussage über eine zukünftige Gesamtsumme, die hier irgendwann in Rechnung steht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sie verweisen auf Nordrhein-Westfalen – 50 Millionen Euro – und sagen, dort ist das Projekt sozusagen durchgeführt worden. Das stimmt so nicht, denn das Projekt läuft in Nordrhein-Westfalen erst seit einem Jahr.

(Hans Kreher, FDP: Ja, seit einem Jahr. Genau seit einem Jahr.)

Seit einem Jahr und mit 50 Millionen Euro. Bei diesen 50 Millionen Euro sind 10 Millionen Euro von der Bundesstiftung Kultur. Sie können mir glauben, in der ganzen Republik wird die Nase gerümpft über diese Mittel der Bundesstiftung Kultur. Sie wissen aufgrund des Föderationsvertrages, dass der Bund eigentlich in die Länder

fi nanzierung gar kein Geld geben darf. Es ist also eine höchst fragwürdige Sache, die dort passiert ist, dass mit Bundesmitteln aus der Stiftung ein Landesprojekt unterstützt wird. Das wird bundesweit sehr kritisch gesehen.

Darüber hinaus ist die Gesamtfi nanzierung weiterhin unklar. Sie sagen nicht, wie diese Mittel zustande kommen sollen. Wissen Sie überhaupt, was ein Klassensatz Instrumente kostet? Wie viel Geld müssten Sie überhaupt aufbringen, wenn Sie zehn Klassensätze Klarinetten anschaffen wollen? Es klingt alles schön, aber es ist überhaupt nicht untersetzt.

Das Modellprojekt in Nordrhein-Westfalen läuft, wie gesagt, seit einem Jahr. Es ist überhaupt noch nicht evaluiert worden. Die Evaluierung steht erst mit dem Jahr 2009 an. Es gibt überhaupt noch keine Ergebnisse über die Praxis dieses Projektes, im Gegenteil, es gibt eher Negativschlagzeilen.

Der VdM in Nordrhein-Westfalen hat signalisiert, dass 800 Lehrerstellen in Nordrhein-Westfalen fehlen. Wo sollen die herkommen? Wo wollen Sie die Lehrerstellen hernehmen, mit denen Sie hier anfangen wollen? Der VdM kritisiert eine Schwerpunktverlagerung der kulturellen Bildung im Musikbereich von den Musikschulen an die Schulen. Sie höhlen in Nordrhein-Westfalen die Musikschulen aus. Ist Ihnen das bewusst? Also ich habe mit Leuten des Landes Nordrhein-Westfalen gesprochen, die schütteln nur den Kopf. Erkundigen Sie sich doch mal vor Ort in NRW beim Verband der Musikschulen.

(Hans Kreher, FDP: Sie waren doch neulich bei dem Obleutegespräch dabei.)

Diese stehen diesem Projekt äußerst kritisch gegenüber, jedenfalls in dieser Form, wie es dort praktiziert wird.

Sie werfen viele Fragen auf, haben aber keine Antworten und, damit will ich zum Schluss kommen, haben länderspezifi sche Ausrichtungen überhaupt nicht im Blick. Der Bildungsminister hat es gesagt, die Integration in die Ganztagsschulen ist erfolgt. Die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Musikschulen und Schule spielt in Ihrem Antrag gar keine Rolle.

Es gibt nach meiner Auffassung wichtigere Dinge, denen Sie sich überhaupt nicht stellen. Fangen Sie doch einmal an, darüber nachzudenken, wie Sie die Mittel der Musikschulen dynamisieren wollen! Da liegen die Probleme. Fangen Sie doch überhaupt erst einmal an, darüber nachzudenken, wie Sie die Wartelisten an den Musikschulen reduzieren wollen, die ohnehin bestehen! So kommen Sie an den Kern der Probleme. Sie machen hier ein Wolkenkuckucksheim auf, was schön klingt, aber was deutlich erkennen erlässt, dass Sie in der Gegenwart der kulturellen Diskussion dieses Landes überhaupt noch nicht angekommen sind. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Dr. Körner.

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der gestrigen Diskussion um den Entwurf eines Musikschulgesetzes meiner Fraktion habe ich mit dem vorliegenden Antrag der FDP-Fraktion gleich mehrere Probleme. Dieser Antrag ist ohne Zweifel detaillierter als der Breitband

antrag, allerdings ist er in sich viel widersprüchlicher. In der gestrigen Debatte zum Musikschulgesetz hat Kollege Kreher die Gefahr eines Zunftgesetzes beschworen, das möglicherweise andere Begehrlichkeiten wecken könnte. Nun frage ich Sie: Tut dies der vorliegende Antrag nicht? Gesunde Ernährung und Bewegung, politische Bildung und Demokratieerziehung, Berufsvorbereitung, Gewaltprävention sind nur einige Stichworte der Diskussionen um Themen, denen sich die Schule verstärkt widmen sollte, und nun kommt die musische Bildung und Erziehung hinzu.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Warum die FDP-Fraktion gestern unseren Gesetzentwurf ablehnte und gleichzeitig in der Begründung dieses Antrages schrieb, ich zitiere: „Außerdem werden Musikschulen dadurch in die Lage versetzt, ihr Angebot auf eine erheblich erweiterte Basis zu stellen, was deren Qualität sichern und steigern dürfte“, Ende des Zitats, ergibt vor dem geschilderten Hintergrund keinen richtigen Sinn. Bessere Bedingungen und Planungssicherheit für die Musikschulen durch ein Gesetz hätten diese Initiative sicher besser unterstützt als der vorliegende Antrag und die Musikschulen auch nachhaltiger gestärkt.

An dieser Stelle, Herr Minister, muss ich sagen, ich freue mich über die Ankündigung, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner jetzt etwas hinbekommen haben, was wir mit unserem Koalitionspartner damals noch nicht hinbekommen haben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: So ist das manchmal mit den Partnern.)

Ich wünsche Ihnen eine gute Hand in der Formulierung dieser Regelung für das Schulgesetz und sage Ihnen, da haben Sie auch unsere Unterstützung. Sicher würden sich Volkshochschulen, Träger der politischen Bildung, Sportverbände, Vereine oder Krankenkassen darüber freuen, wenn sie für ihr Wirken in der Schule – genauso wie hier mit diesem Antrag die Musikschulen – fi nanziell unterstützt würden. Aber das, lieber Kollege Kreher, sind eben andere Zünfte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die musische Bildung und Erziehung ist ohne Zweifel, um das deutlich zu sagen, auch für meine Fraktion ein wichtiger Teil einer fundierten und umfassenden Bildung und Erziehung. Eine Ersetzung des Musikunterrichts durch Projekte – und auch dazu hat der Minister bereits formuliert – ist allerdings auch von uns nicht gewollt. Seit Jahren ist doch bekannt, dass Musikunterricht bei uns in MecklenburgVorpommern ein Mangelfach ist und dafür ausgebildete Lehrkräfte häufi g fehlen. Es käme folglich zuerst einmal darauf an, die staatliche Aufgabe zur Sicherung eines qualitativ hohen Musikunterrichts nach der Stundentafel zu sichern und auch mehr zu tun, um Studenten zum Studium des Lehramtes für einen Musiklehrer überhaupt zu motivieren und zu gewinnen. Ich glaube, dafür wäre das bei Ihnen im Antrag ausformulierte Geld des Landeshaushaltes sinnvoller angebracht.

Einerseits weisen Sie in Ihrem Antrag ausdrücklich darauf hin, dass dieses Projekt zusätzlich zum Musikunterricht gedacht ist, und andererseits wollen Sie die Stundentafeln ändern. Da fragt man sich doch: Was denn nun?

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Was nützt dieses zusätzliche Angebot, wenn einerseits die schulorganisatorischen Grundlagen für das Fach Musik nur eingeschränkt den Anforderungen entsprechen und

andererseits Träger dieses Projektes die Musikschulen sein sollen? Auch das passt aus unserer Sicht nicht zu der Wirklichkeit an den Grundschulen unseres Landes.

Wichtig ist – auch Herr Körner hat auf diesen Gesichtspunkt schon hingewiesen – die Frage der Finanzierung des Projektes. Das Land und die Kulturstiftung des Bundes sollen in den ersten drei Jahren die Mittel aufbringen. Mal abgesehen davon, dass der Antrag eine Finanzvorlage gemäß Paragraf 55 unserer Geschäftsordnung ist und damit ein Deckungsvorschlag erforderlich wäre, bleibt jedoch die Frage: Was passiert eigentlich nach Ablauf dieser Frist? Den Kulturtaler und die Stiftung, die Sie zur Finanzierung heranziehen wollen, gibt es noch gar nicht.

Wenn Land und Bund das gesamte Vorhaben – so habe ich das gelesen – und somit für alle teilnehmenden Kinder die Kosten übernehmen, warum sind dann in Ihrem Antrag, Zitat, „Kinder von ALG-II- und Sozialhilfe-Empfängern“ separat aufgeführt? Ich schließe daraus, dass sich spätestens nach Ablauf der drei Jahre alle Eltern an den Kosten beteiligen müssten, wenn sie das Angebot annehmen. Das nenne ich dann auf gut Deutsch eine Mogelpackung. Gestützt wird dieser Verdacht auch durch einen Blick in die Projektstandards das Landes Nordrhein-Westfalen. Dort heißt es unter Punkt „2. Finanzielles“, ich zitiere:

„Die Musikschule …