Protocol of the Session on November 15, 2007

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Weil Sie so oft in Schwerin sind. – Raimund Borrmann, NPD: Das zeigt doch die Nutzlosigkeit der Debatte.)

Darum geht es mir doch nur. Ich komme auch noch zu den Inhalten Ihrer Rede, das ist nämlich wesentlich interessanter, Herr Professor Methling.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja?! Dann haben Sie mir zugehört.)

Ich höre Ihnen immer zu.

Natürlich ist es so, dass eine fehlende Transparenz bei den Strompreiserhöhungen vorhanden ist. Darüber brauchen wir doch gar nicht zu diskutieren, das hat das Bundeskartellamt doch längst festgestellt.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ja, dann tun Sie doch was!)

Wir müssen doch nicht über Fakten diskutieren, die letztendlich schon längst auf dem Markt sind. Das Bundeskartellamt hat bereits erklärt, ich gehe einmal davon aus, dass Sie nicht nur den „Spiegel“ lesen, sondern andere Zeitschriften auch, …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aber der „Spiegel“ ist auch lehrreich.)

Das Bundeskartellamt hat bereits erklärt, dass es gerade daraufhin tätig werden will. Wenn ich das einmal zitieren darf aus der „Netzeitung“ vom 5. November dieses Jahres. Da steht drin: „Die großen Energiekonzerne geraten wegen des Verdachts auf Preisabsprachen beim Strom stärker unter Druck.“ Und dann kommt es: „Der Präsident des Bundeskartellamts, Bernhard Heitzer, sprach am Montag von ,starken Indizien‘ dafür, dass die Marktführer die Preise künstlich hochgetrieben oder untereinander abgesprochen hätten. Seine Behörde wertet noch Daten aus.“ Und kurz darauf in einer anderen Zeitung steht dann, sie würden auch tätig werden. Dass das schwierig ist in dem Bereich, das ist wieder ein anderes Thema. Das brauche ich Ihnen, glaube ich, nicht zu erklären.

Und dann komme ich zu dem dritten Punkt, dass die Kopplung der Strom- und Gaspreise an den Rohölpreis beendet werden muss.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da kann man die Behörde ja durchaus politisch unterstützen.)

Bevor Sie sich jetzt wieder künstlich aufregen, vielleicht noch einmal ein Fakt: Bei E.ON ist es zum Beispiel so, dass bloß sechs Prozent der Gesamtkosten an der Strompreiserzeugung aus dem Bereich der Gasversorgung kommen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Die meisten Energieversorger machen gar keinen Strom aus Gas, weil ihnen die Marktpreise dafür einfach zu hoch sind. Auch das ist eine Tatsache. Das hat aber nichts damit zu tun, ob es sinnvoll ist, den Rohölpreis an den Gaspreis zu binden beziehungsweise umgekehrt, oder nicht.

Und nun komme ich noch einmal zu den Punkten, die vorhin angesprochen worden sind, und zwar die kartellrechtlichen Prüfungen. Ich möchte jetzt nicht all das wiederholen, was eben schon gesagt worden ist. Es ist geprüft worden. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass geprüft worden ist. Da stellt sich die Frage, ob das Kartellrecht tatsächlich ein wirksames Instrument ist,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

und zwar nicht bei der Prüfung, sondern bei der Umsetzung.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist Ihre wichtigste Feststellung. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Ich habe die Hoffnung, dass die Neuregelung des Kartellrechtes gerade in dem Bereich der Energieversorgung, die jetzt durch die Bundesregierung geplant wird, dann tatsächlich vielleicht ein Mehr bringt. Aber erlauben Sie mir doch bitte einmal die Aussage, wenn Sie im Hinterzimmer irgendwelche Absprachen treffen möchten, dann wird es auch in Zukunft schwierig werden, diese tatsächlich bis ins Letzte nachzuprüfen. Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass man das, wenn wirklich – ich sage es mal in aller Schärfe – kriminelle Handlungen vorgenommen werden, mit diesen Mitteln ohne Weiteres beseitigen kann. So weit zu Ihrem Antrag.

Sie haben ja selber eingeräumt, dass Sie auch überlegt haben, ob dieser Antrag nicht möglicherweise hätte zurückgezogen werden müssen. Darüber kann man diskutieren. Es wird niemandem schaden und es wird niemandem nutzen, wenn man über diesen Antrag hier diskutiert. Aber die Frage ist doch eine ganze andere, da komme ich jetzt zu Ihrem Redebeitrag, Herr Professor Methling, die Frage ist doch wirklich die Liberalisierung des Strommarktes.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Das ist doch das eigentliche Thema. Das ist auch das eigentlich Interessante an Ihrem Antrag beziehungsweise von dem, was Sie geredet haben. Wir müssen doch – und da stehe ich durchaus auf demselben Standpunkt wie Sie – feststellen, dass die Liberalisierung des Strommarktes, wie sie seit den 90er Jahren hier in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt worden ist, wobei man das Liberalisieren in dem Zusammenhang durchaus einmal mit einem Fragezeichen versehen darf,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, na klar.)

gescheitert ist. Das muss man, wenn man die Ergebnisse hier in der Bundesrepublik Deutschland …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, zumindest was den Wettbewerb angeht.)

Ja, was den Wettbewerb angeht.

Man kann auch in andere Länder gehen, aber wenn man die Bundesrepublik Deutschland nimmt, dann ist sie gescheitert. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland noch in den 70er und 80er Jahren eine Vielzahl von

Stromversorgern gehabt. Wir haben einige große Unternehmen gehabt, wesentlich mehr übrigens als heute, die sich teilweise zusammengeschlossen haben, wir haben daneben eine Vielzahl von regionalen Stromversorgern gehabt, also eigenständigen regionalen Stromversorgern, und wir haben eine Vielzahl von Stadtwerken gehabt, die in ihrem lokalen Markt Strom erzeugt haben, sowohl für gewerbliche Kunden als auch für private Kunden. Das ist in wesentlichen Teilen heute nicht mehr vorhanden. Wir haben heute im Grunde die Bundesrepublik Deutschland aufgeteilt in vier große Strommärkte. Das sind E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW, wobei die Letzteren zur EDF gehören oder wesentlich davon beherrscht werden, und unter diesem Bereich ist im Wesentlichen mehr oder weniger nichts vorhanden. Wir brauchen doch nur einmal im eigenen Land zu gucken, wie viel eigenständige Stromversorger es unterhalb dieser Ebene tatsächlich noch gibt. Ich meine jetzt nicht die rein theoretisch hier zu benennenden Stadtversorgungsunternehmen,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

die im Grunde nur Tochtergesellschaften irgendwelcher anderen Stromversorger sind, sondern die, die wirklich selbstständig ihre Preise gestalten können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Und da werden Sie nicht mehr allzu viele fi nden.

Zu der Frage, die sich in dem Zusammenhang dann stellt, und da muss man vielleicht auch mal den Vorschlag von Herrn Rhiel bedenken, den er in Hessen aufgeworfen hat, beziehungsweise die schöne Schlagzeile – ich glaube, es ist in der FAZ gewesen, ich habe das hier irgendwo liegen, aber ich muss das jetzt nicht unbedingt raussuchen – lautete: „Hessen will die Zerschlagung der Stromkonzerne“. Als ich das gelesen habe, ich lese auch manchmal die „Frankfurter Allgemeine“ und nicht nur den „Spiegel“,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

habe ich im ersten Moment gedacht, gerade vor den Problemen, die Sie ja als Linkspartei in Hessen mit ihren jeweiligen Landesvorsitzenden haben, da möchte sich jemand bei der Linkspartei als neuer Landesvorsitzender bewerben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie meinen den Spitzenkandidaten.)

Oder als Spitzenkandidat.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wenn schon, dann bitte präzise.)

Aber als ich weitergelesen habe, da war ich mir dann doch nicht mehr so sicher, weil das natürlich eine ganz bemerkenswerte Aussage ist, die danach kommt:

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Den haben wir schon lange gewählt, den Spitzenkandidaten.)

die Zerschlagung der Stromkonzerne vor dem Hintergrund, dass andere Großkonzerne tatsächlich diese Unternehmen beziehungsweise Unternehmensbestandteile und Kraftwerke dann erwerben sollen. Namentlich wurde, glaube ich, durch Herrn Rhiel die Gasprom erwähnt. Ich habe jetzt nichts gegen die Gasprom. Aber ob es für eine Liberalisierung des Marktes sinnvoll ist, von vier auf vielleicht fünf oder sechs Großkonzerne zu kommen, wobei wir bei diesen Unternehmen dann nicht nur eine horizontale Monopolisierung oder Oligopolisierung hätten, sondern auch noch eine vertikale, weil hier

haben wir nämlich ein Unternehmen, das sowohl die Ressourcen liefert, sie auch hier verarbeitet und dann noch an den Kunden bringen will, das weiß ich natürlich nicht, ob das ein Schritt in die richtige Richtung wäre.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich glaube, eher nicht.)

Und jetzt komme ich nämlich mal auf den Punkt zurück, was wir hier machen können. Wir können natürlich weiter Briefe schreiben an das Bundeskartellamt und an den Bundeswirtschaftsminister. Das meine ich jetzt nicht abwertend. Das ist wichtig. Es ist auch in dem Zusammenhang wichtig, um deutlich zu machen, wo hier die Position des Landes ist und wo die Landesinteressen liegen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau so. Mehr wollten wir auch gar nicht.)

Aber wir sollten doch mal überlegen, was wir, Frau Schwebs, wir sollten doch mal tatsächlich überlegen, was wir im eigenen Land machen können. Und wir haben hier,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, das ist zumindest unsere Position dazu. Das haben wir doch gesagt.)

wir haben hier die Möglichkeit und wir sollten vielleicht darüber nachdenken, ob wir die Strukturen, die es in den alten Bundesländern früher einmal gegeben hat, die es in diesem Bereich eigentlich so nie in den neuen Bundesländern gegeben hat, nämlich regionale Versorgungsstrukturen, tatsächlich nicht wieder stärken.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Und die Frage, die sich da stellt,