Protocol of the Session on November 15, 2007

Meine Damen und Herren, dies wäre eine Politik zur Verhinderung von Beschäftigung, das will ich klar sagen, also nicht das, was wir – wie ich es fi nde – angesichts von 127.500 gemeldeten Arbeitslosen im Land brauchen.

(Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Irene Müller, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, der Anteil von Zeitarbeitsnehmern an allen Erwerbstätigen liegt in Deutschland bei 1,5 Prozent. Dies ist im europäischen Vergleich eher gering. Zum Beispiel in Großbritannien und den Niederlanden liegt dieser Anteil bei über 4 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Anteil bei 1 Prozent unter dem deutschen Durchschnitt. Zum 30.09.2006, leider haben wir da keine anderen Zahlen, gab es rund 7.700 Zeitarbeiter im Lande.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Besorgen Sie sich die Zahlen im nächsten Jahr! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das ist jetzt auch nicht viel anders. Die Zahl ist eher noch etwas geringer, aber sie ist nicht wesentlich höher als diese Zahl.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Also da habe ich wesentliche Zweifel.)

Gut, die können Sie auch haben.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Der Anteil der Zeitarbeit am Beschäftigungsaufbau sinkt. Während die Branche zu Beginn des aktuellen konjunkturellen Aufschwungs noch jeden zweiten neuen Arbeitsplatz schuf, ist es jetzt nur noch jeder vierte. Die Unternehmen stellen – und das ist auch logisch und konsequent – nach Verfestigung der Konjunktur wieder selbst Mitarbeiter ein. Das ist, wie gesagt, die logische Konsequenz.

Zeitarbeitsfi rmen sprechen bereits davon, dass sie kaum noch die gesuchten Mitarbeiter fi nden, weil Unternehmen, wie ich es bereits sagte, direkt einstellen. Die Übernahme von Zeitarbeitern durch Kunden ist von 30 auf 40 Prozent gestiegen.

Nun haben Sie sich ein Beispiel rausgesucht – ich erlaube mir, das aber noch einmal nachzuprüfen, ich habe es leider Gottes im Moment nicht parat –, was Sie bei der Aker-Werft festgestellt haben, aber in anderen Firmen ist

das in der Tat anders. Und man muss ganz klar sagen: Zeitarbeit hat auch wesentliche Vorteile.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das sieht meine Tochter aber gar nicht so.)

Drei will ich nennen:

Erstens. Zeitarbeit bietet in der Tat Einstiegschancen für Arbeitslose und Berufsanfänger. Von den Mitarbeitern in Zeitarbeitsfi rmen waren 2005 71 vor Eintritt in die Firma ohne Beschäftigung. Knapp 49 Prozent waren von bis zu einem Jahr und etwa 14 Prozent bereits seit über einem Jahr ohne Beschäftigung. Insofern muss man sagen, dass diese Branche auch mit entsprechender Qualifi zierung im Rahmen der Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Überwindung von Langzeitarbeitslosigkeit leistet.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ah ja!)

Zweitens. Die Zeitarbeit bietet natürlich Sprungbrettchancen. Das ist doch ganz klar. Wenn sich jemand in der Firma gut einarbeitet und dann – wie Sie sagen – unter Umständen mindestens genau dasselbe leistet wie einer, der lange Jahre schon in der Firma ist, dann hat er große Chancen, auch in dieser Firma angestellt zu werden. Das klappt zugegebenermaßen nicht immer, aber die Chancen wachsen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das stimmt überhaupt nicht.)

Drittens. Wir sollten auch feststellen, besteht in Leiharbeitsunternehmen kein Bedarf mehr an Leiharbeit, dann fallen die Arbeitnehmer nicht in Arbeitslosigkeit zurück, sondern sie bleiben beim Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt. Der Arbeitgeber dieses Unternehmens trägt dann das Beschäftigungsrisiko.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Jeder Arbeitnehmer erhält bei seiner Zeitarbeitsfi rma grundsätzlich einen schriftlichen unbefristeten Arbeitsvertrag mit Leistungen wie Sozialversicherung, bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und so weiter und so fort. Im Übrigen, das will ich auch sagen, ist das in anderen europäischen Ländern anders. In Frankreich beispielsweise ist der Arbeitsvertrag des Zeitarbeitnehmers gekoppelt an den Einsatz im Kundenbetrieb ohne langfristige Beschäftigungssicherheit wie in Deutschland.

Meine Damen und Herren, konkret zum Antrag: Ich habe es bereits gesagt, Ihr Antrag fordert in Ziffer 1 eine tarifl iche Gleichstellung der Leiharbeiter zur Stammbelegschaft. Ganz klar, damit wäre dann Leiharbeit völlig unsinnig, weil der Arbeitgeber, der leiht, ja dann nichts mehr davon hätte. Ihr Vorschlag würde also das wirtschaftlich durchaus sinnvolle Instrument von Zeitarbeit unrentabel und damit bedeutungslos machen. Die Einstiegschancen für Arbeitslose und Arbeitnehmer würden damit auf ein Minimum fallen.

(Zurufe von Regine Lück, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Zu Ziffer 2 des Antrages. Geltendes Recht ist, die gesetzlichen Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen sind auch von den Verleihbetrieben zu beachten. Auch hier gilt also eigentlich kein Handlungsbedarf.

(Regine Lück, DIE LINKE: Eigentlich!)

In Ziffer 3 fordern Sie die Begrenzung der Verweildauer im Leihbetrieb. Dies ist eine konkrete Regelung, die im

Zuge der Arbeitsmarktreform aufgehoben wurde. Entleihenden Unternehmen muss es möglich sein, Leiharbeiter auch in länger dauernden Projekten zu beschäftigen oder für einen ausgefallenen Stammarbeiter einen Vertreter über den gesamten Projektzeitraum einzusetzen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Ach, einen ausgefallenen Stammarbeiter kann er einstellen?!)

um Anlernphasen zu verhindern. Von der Freigabe profi tiert haben auch viele ältere und langzeitarbeitslose Arbeitskräfte, die eine längere Zeit Einarbeitung benötigen.

Lassen Sie mich noch ein paar Zahlen hinzufügen: 51,4 Prozent der Leiharbeiter weisen eine durchschnittliche Leiharbeitszeit zwischen einer Woche und drei Monaten aus, 35,4 Prozent von drei Monaten und mehr. Auch das zeigt, Leiharbeit ist für Entleiher natürlich ein Flexibilisierungselement. Das ist gar keine Frage. Und man muss auch nüchtern sagen, natürlich weichen Firmen damit aus, indem sie zum Beispiel das Thema Kündigungsschutz umgehen. Das ist so. Aber ich bitte Sie mal, wenn Sie Unternehmer wären

(Vincent Kokert, CDU: Wären!)

und Sie nicht wüssten, ob in dem nächsten Jahr die Konjunktur noch so gut läuft wie jetzt, ob Sie sich entsprechend Leute aufbauen würden mit dem Wissen, Sie können sie dann nicht so ohne Weiteres entlassen, oder ob Sie nicht auch zu einem solchen Instrument greifen würden?

Frau Lück, wir sollten uns hüten, über Dinge zu reden, die wir selbst nicht zu verantworten haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Insofern bitte ich, sich hier einmal ein bisschen in die Situation von Unternehmern zu versetzen, meine Damen und Herren. Mein vorrangiges …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie müssen mal mit Leiharbeitern sprechen!)

Ich weiß, Herr Professor Methling, das können Sie mir ruhig abnehmen, ich habe in meiner eigenen Familie solche Fälle, ich weiß, wie die Situation ist. Sie ist nicht rosig, das ist ganz klar.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Die freuen sich auch nicht darüber, aber sie freuen sich, dass sie wenigstens Arbeit haben. Das bekommen wir schon noch hin in der Diskussion.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, das kann ich auch so aus der eigenen Familie berichten. – Udo Pastörs, NPD: Ha!)

Und das möchte ich am Ende zumindest erst einmal erreichen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist eine Bankrotterklärung des Staates. So eine Aussage ist eine Bankrotterklärung der Wirtschaftspolitik.)

Ach ja, wissen Sie, dazu muss man gar nichts mehr sagen. Ich glaube, das lassen wir!

Meine Damen und Herren, mein vorrangiges Ziel ist es, die Wirtschaft zu stärken und es ihr zu ermöglichen, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Der Wirtschaftsaufschwung greift, die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt,

(Udo Pastörs, NPD: Sie sollen sich freuen, dass sie für 5 Euro Arbeit fi nden?)

das wird auch zu einem entsprechend höheren Lohnniveau und stabileren Arbeitsbedingungen führen. Zugegebenermaßen geht auch mir das Ganze nicht schnell genug, das gebe ich hier gerne zu. Zeitarbeit bietet Chancen und Vorteile sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Der nachlassende Anteil der Zeitarbeit am Beschäftigungsaufbau zeigt, dass er als gewissermaßen notwendiges Ventil genutzt wird. Ich denke, wir sollten die Arbeitsmarktreformen nicht infrage stellen. Insofern bitte ich Sie, diesen Antrag, so, wie er hier geschrieben ist, zumindest abzulehnen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte. Bitte, Herr Abgeordneter.

(Michael Roolf, FDP: Na, das wird aber ein Spagat! Das wird ein Spagat!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Leiharbeit hat in den letzten Jahren bundesweit an Bedeutung zugenommen. Dabei ist, das muss man feststellen, Leiharbeit nicht immer gleich Zeitarbeit. Die jahresdurchschnittliche Zahl der Zeitarbeitnehmer von 2003 bis 2005 ist von rund 114.000 auf circa 444.000 Beschäftigte bundesweit angestiegen. Dabei ist festzustellen, und das muss man hier konstatieren, dass der Anstieg von Leiharbeit nicht vollständig mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze gleichzusetzen ist.