Wie man übrigens auch aus Bayern hörte, will nunmehr die dortige SPD die eine Million Stimmen zur Aufl ösung
des Landtages sammeln, um die dortige latente Staatskrise zu beenden sowie Herrn Stoiber loszuwerden. Aber das hat sich ja, wie wir wissen, nunmehr auf eine andere Art erledigt. Bemerkenswert ist auch, dass die bayerische SPD bereits 2002 im dortigen Landtag einen Antrag eingebracht hat, dass auch auf Bundesebene direkte pebliszitäre Verfahren eingeführt werden sollten.
Alles in allem, meine Damen und Herren, bin ich davon überzeugt, dass auch in Mecklenburg-Vorpommern das eine oder andere Problem hätte zügiger, wirksamer und ergebnisorientierter gelöst werden können, wenn man das Volk befragt und wir bessere Verfahrensregelungen zur Volksabstimmung gehabt hätten.
Das repräsentative System stellt sich höchstens selber infrage. Plebiszitäre Elemente sind, wenn die Verfahren ordentlich geregelt sind – dies wiederhole ich gern –, ein ausgezeichnetes Mittel, um politische Verkrustungen, gerade auch im Parlamentsbetrieb, aufzubrechen. Sie gehören zum Instrumentarium der Gewaltenteilung, um selbstherrlichen und unkontrollierten Machtambitionen erfolgreich zu begegnen. Sie sind neben dem Verfassungsgericht durchaus ein Damoklesschwert für eben solche Regierungskoalitionen, die nur fähig und willens sind, im Parlament ihre Mehrheiten zusammenzuzählen.
Natürlich ist es reichlich albern, sehr geehrter Herr Minister, wenn Sie uns mit der deutschen Geschichte aus den 20er Jahren belehren wollen. Nach Ihrer Logik soll wohl das Scheitern der Weimarer Republik zeigen, wie böse unser Gesetzentwurf vom Juni 2007 ist. Sonst verstehe ich Ihren Rückgriff in die Geschichte überhaupt nicht.
Über unseren Entwurf haben Sie herumgemeckert und über Formulierungen gezickt. Sie haben Behauptungen aufgestellt, die sehr deutlich zeigen, wie Sie vorbereitet waren. Da wurde behauptet, wir hätten Ihnen, meine Damen und Herren, gleichsam unseren verstaubten Gesetzentwurf von 1993 noch einmal in die Zähne geworfen. Aber abgesehen davon, dass es parlamentarisch nicht unüblich ist, frühere Vorlagen erneut aufzugreifen und einzubringen, kann ich hier nur sagen, der damalige Gesetzentwurf hatte sein Ziel erreicht. Ohne unseren Gesetzentwurf hätten die damaligen Fraktionen von CDU, FDP und SPD nicht einmal eine Verfahrensregelung ausgearbeitet.
Wir haben allerdings seitdem zu allen möglichen Gelegenheiten angemahnt und gefordert, dass das Verfahren in der Verfassungsregelung wie im Gesetz nachgebessert werden muss. An diesem Standpunkt hat sich nichts geändert. Nun soll der Gesetzentwurf nach der Einlassung des Ministers auch noch handwerkliche Mängel aufweisen. Ehrlich gesagt, haben wir einen eigenen fehlerhaften Verweis im Nachhinein entdeckt, wofür wir uns beim Minister gern entschuldigen.
Wir sind für konstruktive Verbesserungsvorschläge dankbar. Diese haben auch folgerichtig ihren Ausdruck in den Ihnen nun vorliegenden Änderungsanträgen.
Ich will an dieser Stelle nur beiläufi g bemerken: Handwerkliche Fehler in Gesetzentwürfen haben wir zuhauf aus den unterschiedlichen Ministerien in den letzten Jahren zur Kenntnis nehmen müssen, und das, obwohl sie
hier im Gegensatz zu uns einen erheblichen Apparat zur Verfügung haben. Das ist aber weder ein Grund zur Schadenfreude noch zu einer Ablehnung eines Entwurfes.
Schließlich sagt der Innenminister – ohne, dass er eine griffi gere Formulierung gebraucht hätte –, der Entwurf sei verfassungswidrig, da er selbst Verfassungsänderungen enthält. Das ist wohl wahr, meine Damen und Herren. Aber darauf habe ich in meiner Einbringungsrede aufmerksam gemacht. Denn selbstverständlich ist es klar, dass eine Verfassungsänderung ein verfassungsänderndes Gesetz verlangt. Die Einbringung hatte ich angekündigt. Die Gesetze wären sich im Ausschussverfahren begegnet und hätten parallel beschlossen werden können. Wir bringen dennoch heute einen erneuten Gesetzentwurf ein, der die Verfassung und das Volksabstimmungsgesetz zu den beiden – aus unserer Sicht – zentralen Punkten ändern soll.
Einen Punkt will ich noch ganz kurz aufgreifen, meine Damen und Herren. Da fragt Herr Caffi er in der Debatte im Juni, wieso wir ausgerechnet auf die Zahl von 70.000 Unterschriften kommen. Das wäre im Begründungstext nicht klargestellt. Nun, in der Tat hielten wir eine besondere Begründung nicht für erforderlich, denn es war klar, dass wir das Quorum senken möchten, und zwar sehr deutlich. Und wenn Sie es hätten nachrechnen lassen, lieber Herr Caffi er, man muss ja nicht alles selber machen, dann hätte man Ihnen mitgeteilt, das sind etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten. Wir wollten eine Quorumsregelung, die der entsprach, die für das Bundesgesetz 2002 vorgesehen war, und zwar nicht alleine von der Partei DIE LINKE.
Die Zahlen sind also durchaus nicht willkürlich von uns aufgeschrieben worden, sondern hatten schon ihre Logik.
Nun hat uns der Innenminister aber wissen lassen, dass die Koalition dennoch für diese Legislatur eine Novellierung des Volksabstimmungsgesetzes einbringen will. Diese Botschaft haben wir gehört und fi nden sie ganz nett. Zwar fehlt uns, wie man so schön sagt, der rechte Glaube, aber wir bleiben dennoch ganz gespannt. Zunächst wäre dies so etwas wie eine Planübererfüllung Ihres Koalitionsvertrages. Vielleicht ist es sogar so etwas wie ein Gegenplan, denn im Koalitionsvertrag haben wir darüber nichts gelesen. Wie diese Änderungen aussehen sollen, können wir uns gut vorstellen. Statt einer großen Novelle werden wir sicherlich irgendwo ein Novellchen vorgelegt bekommen. Leider konnten Sie uns nicht einmal mitteilen, in welche Richtung Ihre Änderung gehen soll.
Ganz salopp fragen wir uns daher, wie Sie mit Ihrem Partner zu Potte kommen wollen. Denn erstaunlicherweise hat es auf der SPD-Seite seitdem das Gesetz besteht, also seit 13 Jahren, noch nicht einmal eine konkrete Überlegung geschweige denn eine Einsicht gegeben, dass man an diesem Gesetz etwas ändern müsste. Denn das, sehr geehrter Herr Innenminister, haben wir schwarz auf weiß als Antwort auf eine Anfrage zur Kenntnis nehmen müssen. Wenn man allerdings wie Sie nicht einmal weiß, in welche Richtung das Gesetz geändert werden soll, dann wird das wohl eine Reise von nirgendwo in das Nirgendwo. Ich bitte um Zustimmung zu unserem
Frau Abgeordnete Borchardt, ich muss Ihre despektierlichen Äußerungen bezogen auf ein Mitglied der Landesregierung an dieser Stelle als unparlamentarisch zurückweisen und bitte Sie, sich in Zukunft etwas zu mäßigen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war die gute Botschaft.)
… meine Damen, meine Herren, unsere Fraktion hat ja schon in der Ersten Lesung Ihren Gesetzentwurf abgelehnt und darum wird es Sie sicherlich auch nicht überraschen, dass wir heute Ihrem Gesetzentwurf trotz Ihrer fl ammenden Rede, Frau Kollegin, nicht zustimmen werden.
Dass es dafür zwei gute Gründe gibt, haben, wie ich fi nde, der Innenminister Caffi er und auch mein Kollege Nieszery bei der Ersten Lesung sehr gut zum Ausdruck gebracht. Es war erstens der Grund, dass der Entwurf verfassungswidrig ist. Frau Kollegin Borchardt, ich gestehe zu, dass mit dem Änderungsantrag einiges versucht wurde und versucht wird,
das hier vielleicht noch verfassungskonform zu machen, dennoch sehen wir immer noch eine Verfassungswidrigkeit in Ihrem Gesetzentwurf.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Worin besteht die, Herr Müller? – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)
Zweitens sagen wir immer noch, dass er nicht zweckmäßig ist, denn die Elemente, die für die direkte Demokratie unsere Verfassung nennt, meine sehr verehrten Damen und Herren, funktionieren in unserem Land.
Als Vorsitzender des Europa- und Rechtsausschusses werde ich in der nächsten Sitzung hier im November eine Beschlussempfehlung zu einer Volksinitiative zu vertreten haben
hat einen Gesetzentwurf hier in den Landtag gebracht. Das zeigt doch, dass es funktioniert, und darum sehen wir hier keinen Änderungsbedarf.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden der Fraktion DIE LINKE?
Im Übrigen, meine Damen und Herren, Herr Professor Dr. Methling, ich fi nde es schon bemerkenswert, dass DIE LINKE die Verfassung für sich entdeckt hat.
(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Na, na, na, na, na! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja dann ein Geschichtsverlust, Herr Müller.)
Das ist grundsätzlich nicht schlecht und macht Hoffnung. Allerdings sollten wir uns davor hüten, ständig an der Verfassung drehen zu wollen,