Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt erheblichen Diskussionsbedarf. Deswegen werden wir eine Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf anregen.
Und im Übrigen, Herr Caffi er, begrüße ich ausdrücklich, dass Sie in Ihrem Vorhaben darauf verzichtet haben, Haushaltssicherungskonzepte der Kommunen genehmigungspfl ichtig zu machen. Das würde auch der kommunalen Selbstverwaltung widersprechen. Wir freuen uns auf eine spannende Beratung in den Ausschüssen, damit tatsächlich die Doppik in Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit den Kommunen eingeführt werden kann. – Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das hast du gut gemacht, Helmut.)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Minister hat von einem trockenen Gesetz gesprochen.
Mal abgesehen davon, dass wir wenig feuchte Gesetze haben, Herr Professor Methling, natürlich ist es etwas schwierig, diesen Gesetzestext zu lesen. Er ist ja in der Tat etwas trocken.
Aber das Gesetz, meine Damen und Herren, das ist überhaupt nicht trocken, das ist ungeheuer spannend. Und ohne zu Übertreibungen neigen zu wollen, möchte ich sagen, dieses Gesetz wird die kommunale Praxis in unserem Land wesentlich mehr verändern als viele, viele andere, die wir hier gemacht haben. Es ist vielleicht nur wenig übertrieben, wenn ich sage, das ist schon eine kleine Revolution, wie man in den Kommunen mit
Dennoch gibt es natürlich, obwohl die kommunale Ebene insgesamt diese Umstellung will, schon einige Zweifl er, die sagen: Na ja, was bringt denn das? Das Geld wird dadurch doch nicht mehr und ich muss mich jetzt auch noch mit einem neuen System des Haushaltens und des Buchführens auseinandersetzen. Was bringt uns das? Nun, meine Damen und Herren, wir könnten es uns hier sehr einfach machen und könnten sagen: Das müssen wir machen, da gibt es eine Vereinbarung der Innenministerkonferenz und da kann Mecklenburg-Vorpommern nicht ausscheren. Ich glaube aber, das wäre viel zu einfach.
Ich will hier gerne bekennen, dass ich ein überzeugter Anhänger der Einführung der Doppik auf der kommunalen Ebene und in öffentlichen Haushalten insgesamt bin und dass ich glaube, dass diese Reform überfällig ist. Wir lösen mit der Einführung des doppischen Systems ein System des Umgangs mit Geld in unseren Kommunen ab, das die alten Preußen im vorvorigen Jahrhundert entwickelt haben, um ihre Staatsdomänen zu verwalten. Danach stellen wir heute noch, zumindest in den Grundzügen, kommunale Haushalte auf. Und das Kassenwirksamkeitsprinzip, das einer der entscheidenden Gedanken dieses altpreußischen Systems ist, führt dazu, dass in unseren Haushalten nur das einnahmeseitig wie ausgabenseitig auftaucht, was sozusagen in der Kasse klingelt. Das heißt, ein kameralistisches Haushaltssystem misst ausschließlich Geldströme, es misst aber nicht den Ressourcenverbrauch, den die kommunale Verwaltung wie jeder andere Erzeuger von Dienstleistungen hat, und ist deshalb etwas, was den Blick auf die Realitäten eigentlich mehr verstellt als eröffnet. Wir verbessern also mit der Einführung der Doppik ganz massiv die Möglichkeiten zur Steuerung unserer kommunalen Politik. Wir kommen zu einer outputorientierten Steuerung, wir kommen zu einer Steuerung über Zielvereinbarungen, zu Dingen – der Minister hat bereits darauf verwiesen –, die von den Verwaltungsreformern, von denen, die zukunftsorientierte Verwaltungen haben wollen, bereits seit Langem gefordert werden.
Ich will hier gar nicht auf die Diskussion um die Produktbildung im kommunalen Haushalt eingehen. Ich weiß, dass das eine teilweise recht schwierige Diskussion ist, wie groß man in so ein Produkt schneidet. Aber es ist grundsätzlich richtig, dass wir unsere Haushalte produktorientiert aufstellen. Es ist grundsätzlich richtig, dass wir Kosten-Leistungs-Rechnungen ermöglichen, und zwar tatsächliche Kosten-Leistungs-Rechnungen, nicht nur die, die sich auf die aktuellen Geldströme beschränken. Und wir ermöglichen damit auch ein wirksames Controlling. Ich glaube, dieses wird unseren kommunalen Verwaltungen sehr guttun. Wir schaffen also ein wirksames Steuerungsinstrument, wir verbessern die Möglichkeiten, gerade auch für das Ehrenamt, tatsächlich unsere Verwaltungen zu überblicken und sie damit zu steuern. Das setzt allerdings voraus, dass Ehrenamt wie Hauptamt sich tatsächlich auf dieses neue System einlassen, dass sie lernen, damit umzugehen. Und hier sehe ich für uns alle einen erheblichen Bedarf, einen Bedarf an Schulungen, an Weiterbildungen, damit dieses System, so sinnvoll es an sich ist, auch wirksam angewandt werden kann.
Ich sehe selbstverständlich auch, dass es bei der Einführung Probleme geben kann. Ich denke aber, dass diese Probleme überwindbar sind. Ich will das hier an einem kleinen Beispiel erläutern. Wenn man sich mit Kulturpolitikern unterhält, über die Einführung der Doppik
spricht und auf das Problem der Aufstellung einer sogenannten Eröffnungsbilanz für unsere kommunalen Vermögenswerte kommt, dann sagen uns unsere Kulturpolitiker: Wie bewertet ihr eigentlich Museumsgut? Dinge, für die es keinen Markt gibt, nun mit einem bestimmten Wert in eine Bilanz zu übernehmen, das ist sicherlich schwierig. Aber, meine Damen und Herren, ich bin optimistisch, dass wir für solche technischen und handwerklichen Probleme sinnvolle Lösungen fi nden werden.
Wir werden also in einen, so hoffe ich, kurzen, aber ergebnisorientierten und erfolgreichen Diskussionsprozess im Innenausschuss eintreten. Ich sage hier in aller Deutlichkeit, wir dürfen selbstverständlich diesen Prozess nicht im eigenen Saft machen, sondern wir müssen ihn im Dialog mit den kommunalen Verbänden führen.
Und, Herr Holter, eine Provokation kann ich in dem, was Sie uns hier im Einzelnen kritisch genannt haben, nun weiß Gott nicht entdecken. Ich glaube, damit schießen Sie ein bisschen sehr über das Ziel hinaus. Aber ich will Ihnen gerne zubilligen, dass wir über den einen oder anderen Punkt, der in diesem Gesetz drin ist, selbstverständlich uns unterhalten werden und dass wir selbstverständlich auch hören müssen, ob denn wirklich alle Probleme so gelöst sind, wie sie es verdienen. Ich denke auch an Probleme wie die Übertragbarkeit von Haushaltsmitteln und vieles andere mehr.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, freue ich mich, dass die Landesregierung uns diesen Gesetzentwurf vorlegt. Ich erwarte schwierige, vielleicht nicht ganz trockene, aber schwierige Beratungen. Aber ich denke, dass wir sie zu einem erfolgreichen Ende bringen können. Das Geld wird dadurch nicht mehr, aber der Umgang mit dem Geld wird dadurch wesentlich besser, wesentlich bewusster und das sollte uns die Anstrengungen wert sein. Ich bitte um Überweisung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffi er hat ja nun sehr umfänglich und dezidiert zum Gesetzentwurf der Landesregierung vorgetragen und eigentlich kann man sich auf wesentliche Essentials sozusagen zurückziehen, wenn denn nicht, Herr Holter, Sie gleich von Provo kationen und Aufgeben des Konsenses mit der kommunalen Ebene gesprochen hätten.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Da haben Sie doch ein Thema. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Vielleicht deshalb von mir zunächst mal eine sehr, sehr persönliche Erklärung. Also das hat nichts mit dem zu tun, was Auffassung meiner Fraktion ist. Dazu komme ich dann gleich später. Meine Damen und Herren, meine persönliche Auffassung zu diesem Gesetzentwurf ist erst mal, ich bin im Gegensatz zu Ihnen, Herr Holter, der Auffassung, wir haben einen ganz zentralen Konsens mit der kommunalen Ebene schön beibehalten, denn wenn wir den Ressortentwurf vergleichen mit dem, was jetzt Gesetzentwurf ist – und Sie haben es ja kurz angesprochen –, dann war da mit der grundsätzlichen Genehmi
gungspfl icht für Haushaltssicherheitskonzepte wirklich eine Sache dabei, die sozusagen den Kernbestand der Finanzhoheit von Kommunen berührt. Und, das sage ich als Kommunaler, das wäre ein tiefer Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung gewesen.
Und genau dazu hat es eben nicht geführt, weil sehr wohl die kommunalen Spitzenverbände in der Ressortanhörung sich äußern. Ich hoffe, vielleicht mit Ihnen gemeinsam, Herr Holter, dass wir zu diesem Thema nicht etwa über einen Umweg – man könnte vielleicht die Öffnung der Kommunalverfassung als zweite Eintrittspforte vermuten – sehr bald wieder damit zu tun haben. Ich glaube, da sollten wir Kommunalen uns sehr einig sein, mit unserem Gewicht gemeinsam dafür zu sorgen, dass ein so tiefer Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung nicht vorkommen sollte.
Zur Provokation zum Paragrafen 18 vielleicht mal so viel: Ich glaube, für Herrn Müller ebenso wie für mich sagen zu dürfen, sogar für Frau Měšťan gilt das,
immer wenn es um Konnexität ging, dann waren wir uns sehr sicher, dass wir gemeinsam darauf achten, ob bei der Kostentragung das Land sich nicht sozusagen zum eigenen Vorteil der kommunalen Kassen bedient.
Da passen wir auf, das sage ich hier zu und das werden wir gemeinsam im Ausschuss miteinander zu besprechen haben.
Zu den Frühstartern. Wenn sie sozusagen als Voraussetzung mitbringen sollen, dass sie eine geordnete Haushaltsführung haben, Herr Holter, also wenn denn diese Frühstarter nicht nur einfach früh starten sollen, sondern wenn das doch eigentlich den Sinn machen soll, dass alle anderen von diesen Frühstartern lernen können, wir alle gemeinsam davon lernen können, dann macht es einfach nur Sinn, wenn man Kommunen nimmt, die eine geordnete Haushaltsführung haben. Ich glaube, darüber können wir uns sehr, sehr schnell einig sein. Und wenn Sie jetzt das große Problem der vor uns stehenden Aufgabe der Kreisgebietsreform und Funktionalreform damit verweben, dann kann ich Ihnen nur sagen, nun ja, dass man das hätte einfacher formulieren können. Landkreise sind keine Frühstarter, da pfl ichte ich Ihnen bei. Aber dass wir jetzt und in der Zukunft ein ganz anderes Aufgabenfeld zu beackern haben, das wir mit diesem, nämlich mit der Einführung der Doppik, nun beim besten Willen nicht vermischen sollten, ich glaube, darüber sind wir uns beide sehr einig.
Meine Damen und Herren, ein zweites sehr Privates will ich Ihnen auch noch sagen. Ich bin froh, meine Damen und Herren, dass dieser Gesetzentwurf nun überhaupt den parlamentarischen Raum erreicht hat. Die, die hier ein bisschen mehr darüber wissen, wissen, dass das gar nicht so einfach ist, obwohl man doch – der Minister hat ja darüber gesprochen – da schon eine lange Geschichte hat. Am 21. November 2003 nämlich haben
die Innen minister und Senatoren auf einer Konferenz beschlossen, dass bundesweit dieses neue Haushalts- und Rechnungswesen eingeführt werden soll. Und am 1. März 2005, das sage ich mal, hat es hier einen Kabinettsbeschluss im Lande gegeben. Das nur noch mal zur Erinnerung. Ich freue mich aber, dass wir jetzt so weit sind.
Wir werden sehr schnell sein müssen, denn wenn die Frühstarter mit Beginn 2008 früh starten sollen, dann ist es nicht nur ganz einfach so, wie der Minister gesagt hat, ja, wir werden dann sehr schnell mit den kommunalen Spitzenverbänden im zuständigen Ausschuss die Arbeit durchbringen müssen, denn der avisierte Zeitpunkt macht doch deutlich, wie eng diese Beratung des Gesetzentwurfes für uns alle auch zeitlich sein wird.
Zu Herrn Müller möchte ich sagen, die kleine Revolution ist es in der Tat. Ich als Bürgermeister oder vorher Chef einer solchen Verwaltung weiß, was diese Revolution bedeutet, was sie auch an Ängsten mitbringt. Aber es gibt keine Alternative und wir sollten gemeinsam mit der kommunalen Ebene schnell und zügig den Gesetzentwurf jetzt im Ausschuss begleiten und dann helfen, ihn hier bei uns im Land Mecklenburg-Vorpommern einzuführen.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich Ihnen sagen, dass ich mich freue, dass die Landesregierung die Auswirkungen des Urteils des Landesverfassungsgerichtes – dieses berühmten vom 26.07.2007 – so zügig eingearbeitet hat. Das ist nicht selbstverständlich, das ist gut, dass das so zügig gelungen ist.
Wir wissen alle, meine Damen und Herren, diplomatisch ausgedrückt ist natürlich diese Reform, diese kleine Revolution, wie Herr Müller sagt, wirklich umstritten, aber noch mal: Es gibt keine Alternative. Wir werden zügig mit den kommunalen Spitzenverbänden, mit den Kommunen draußen im Land diese Reform einführen, weil wir eines haben werden, nämlich wir werden gerade für die Entscheidungsträger auf kommunaler Ebene bei der neuen Darstellung von Einnahmen und Ausgaben wesentlich verbesserte Steuerungspotenziale haben, das ist einfach so, und bei entsprechender Nutzung dann auch geldwerte Steuerungsgewinne. Das, was zum Ressourcenverbrauch zu sagen war, hat Herr Müller gesagt. Das ist eben wirklich etwas völlig Neues. Und, meine Damen und Herren, wir wollen erreichen, dass Bürgerinnen und Bürger, kommunal interessierte, aber auch Kommunalvertreter, Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter ihren Haushalt endlich deutlich besser verstehen können sollen, als das bisher der Fall war. Deshalb begrüße ich auch als Bürgermeister diese Reform.
Meine Fraktion, meine Damen und Herren, wird aus den von mir genannten Gründen für eine Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse stimmen.
Abschließend möchte ich noch in Richtung Innenminister sagen, weil es nun mal so ist, wie Sie, Herr Innenminister, gesagt haben, dass nämlich mit der vor uns liegenden Reform, der Einführung der Doppik, kein Euro mehr in die Kassen kommt, wünsche ich Ihnen für die Zukunft, Herr Innenminister, eine glückliche, aber trotzdem auch harte Hand, wenn es darum geht, dass wir den Prozess der Konsolidierung, der völlig unabhängig ist von der Einführung der Doppik, miteinander in diesem Land begleiten sollen.
(Minister Lorenz Caffi er: Ihr könnt mir alle helfen. – Volker Schlotmann, SPD: Schreibt das alles auf!)
Ich glaube, das ist eine wichtige Sache, wo wir Ihnen alle gemeinsam helfen können, Herr Minister. – Danke schön.