Protocol of the Session on September 19, 2007

Mit der Doppik lässt sich problemlos eine Kosten- und Leistungsrechnung als Grundlage für die Steuerungen der Kommunen verbinden.

Nur mit der Doppik ist die Vereinheitlichung des Rechnungswesens im Konzern Kommune möglich.

Aufgrund zahlreicher Ausgliederungen und Beteiligungen weisen Kommunen heute vielfach konzernähnliche Strukturen auf. Dabei wird der städtische Kernhaushalt kameral geführt, die Tochterorganisationen hingegen rechnen kaufmännisch, sodass Zahlenwerke vorliegen, die nicht kompatibel sind.

(Beifall Toralf Schnur, FDP)

Ein einheitliches Rechnungswesen auf doppischer Basis ist notwendig, um einen Gesamtüberblick über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns Kommune zu gewinnen.

Für eine nachhaltige Haushaltswirtschaft ist es wichtig, langfristig die Gesamtkosten abzuschätzen und steuern zu können.

Schließlich bietet die Doppik nicht zuletzt wegen der weiten Verbreitung die höchste Zukunftssicherheit. Hier ist auch die Entwicklung in anderen europäischen Ländern zu beachten.

Die Entwürfe für das Regelwerk des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens wurden im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes des Landes mit den kommunalen Landesverbänden unter Beteiligung kommunaler Praktiker entwickelt. Hier lege ich auch für die Zukunft im Rahmen der Diskussion mit den Kommunen, die sich im Laufe der Diskussion das eine oder andere nachher doch anders überlegen, großen Wert darauf, dass ein umfangreicher gemeinsamer Prozess stattgefunden hat.

In den Arbeitsgruppen und Projektgremien wurden das Finanzministerium, der Landesrechnungshof und das Statistische Landesamt frühzeitig eingebunden. Erfahrungen aus anderen Bundesländern sind durch eine externe Beratung in das Projekt eingebracht worden. Hier möchte ich die Zusammenarbeit im Gemeinschaftsprojekt und das Engagement der Beteiligten lobend hervorheben. Insgesamt arbeiten am Regelwerk des Verfahrens rund 120 Personen mit. Neben den gesetzlichen Regelungen wurden Entwürfe für den untergesetzlichen Rechtsrahmen erarbeitet und im Weiteren werden Praxishilfen zur Unterstützung der Umsetzung insbesondere mit Blick auf die vielen kleineren Kommunen im Land erstellt. Außerdem wird ein Netzwerk von Arbeitskreisen aufgebaut, in denen sich bereits jetzt regelmäßig 70 bis 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch treffen. Durch das Gemeinschaftsprojekt soll eine einheitliche Umsetzung der Reform im Land sichergestellt werden. Eine möglichst große Akzeptanz der Reform ist die beste Voraussetzung für eine weitreichende Umsetzung der Reformziele.

Mit dem Gesetzentwurf werden Änderungen von Gesetzen vorgenommen, um das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen auf der Grundlage eines doppischen Rechnungssystems einzuführen. Der Änderungsbedarf konzentriert sich auf Regelungen in der Kommunalverfassung. Da bei den verschiedenen Rechtsvorschriften auf das Gemeindehaushaltsrecht Bezug genommen wird oder Begriffe aus dem Haushalts- und Rechnungswesen verwandt werden, sind auch andere Gesetze anzupassen. Neben den notwendigen Änderungen zur Regelung des Verfahrens erfolgen hier auch andere Änderungen, soweit sie in einem Zusammenhang zum neuen Rechnungssystem stehen und sinnvoll erscheinen.

Nach der weiteren Planung soll das untergesetzliche Regelwerk parallel zum Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht werden. Die Anhörungsverfahren dazu werden voraussichtlich im Oktober/November 2007 eingeleitet. Das vorliegende Regelwerk soll nach Möglichkeit bereits am 1. Januar 2008 in Kraft treten. Im Rahmen des Projektes haben sich bereits einige Kommunen auf eine vorzeitige Umstellung zu diesem Stichtag vorbereitet. Hierdurch konnten wichtige praktische Erfahrungen gesammelt und insbesondere landesspezifi sche Besonderheiten bei der Entwicklung der Entwürfe zum Regelwerk berücksichtigt werden.

An dieser Stelle möchte ich aber eines ganz deutlich sagen, was auch in der Diskussion mit den Landesverbänden zum Ausdruck kam, damit sich die Akzente nicht verschieben: Das neue Rechnungssystem soll das zukünftige Instrument der kommunalen Haushaltsprozesse werden. Die Haushaltskonsolidierung der Kommunen selbst aber steht auf der Aufgabenskala naturgemäß noch vor der Einführung des neuen Instrumentariums.

(Beifall Toralf Schnur, FDP)

Und meine Aufmerksamkeit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bei allen Problemen, die ich weiß, die damit verbunden sind, werden auch weiter in dieser Hinsicht keinen Deut schwächer werden, auch nicht durch die Einführung eines neuen Rechnungssystems. Denn da gibt es die eine oder andere Hoffnung, dass man gerade in der Umstellungsphase die berühmten Nebelkerzen zünden kann.

Ich gehe davon aus, dass für den laufenden Betrieb des neuen Systems keine Mehrbelastungen im Vergleich zum bisherigen Haushaltsrecht verursacht werden. Der bei den Kommunen anfallende Umstellungs- und Anpassungsaufwand für Hard- und Software sowie alle organisatorischen Maßnahmen einschließlich der erforderlichen Schulungen lassen sich fl ächendeckend nach wie vor nur schwer beziffern, da die Rahmenbedingungen in den einzelnen Kommunen sehr, sehr unterschiedlich sind. Unabhängig davon ist dieser einmalige Umstellungsaufwand von den Kommunen im Zuge der üblichen Fortentwicklung des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens selbst zu tragen. Dabei ist berücksichtigt, dass bei jeder Umstellung beziehungsweise Erneuerung eines Systems entsprechende Anpassungsaufwendungen entstehen. Für die jeweilige Kommune ist entscheidend, dass sie sich rechtzeitig auf die Umstellung einstellt, mit den Inhalten und Reformzielen auseinandersetzt und die personellen und fi nanziellen Voraussetzungen schafft.

Ich darf hierzu aus der Gesetzesbegründung zum Paragrafen 1 Absatz 2 Kommunal-Doppik-Einführungsgesetz zitieren: „Es wird den Gemeinden weiterhin die Gelegenheit gegeben, abhängig von den Rahmenbedingungen vor Ort … einen geeigneten Stichtag zu wählen. Durch die Streckung des Reformprozesses soll den Kommunen eine ihren Bedürfnissen entsprechende Umstellung zu möglichst niedrigen Kosten ermöglicht werden. Dies geschieht z. B. durch eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Personalressourcen in Verbindung mit einer Aufgabenumverteilung und die Vermeidung von Neueinstellungen oder einer zeitlich längeren Nutzung gerade neu beschaffter Hard- und Software. Auch der Fortbildungsbedarf kann über einen längeren Zeitraum … abgedeckt werden.“

Im Zusammenhang mit der Frage nach den Kosten ist auch mehrfach die Frage zur Konnexität gestellt worden. Dazu wird von der Landesregierung folgende Auffassung vertreten: „Das strikte Konnexitätsprinzip … kommt hier nicht zur Anwendung. Bei dem Haushaltsrecht der kommunalen Körperschaften … handelt es sich nicht um eine öffentliche Aufgabe im Sinne der genannten Vorschriften, sondern ausschließlich um ein behördeninternes organisatorisches Instrument, das zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben notwendig ist.“ Und die Kommunen und Gemeinden haben sich für diesen Weg entschieden. Insofern auch noch einmal eine klare Defi nition zur Aufgabenstruktur: „Die Haushaltsführung der Kommune ist eine notwendige institutionelle und organisatorische Grundbedingung für die kommunale Selbstverwaltung. Diese Existenzaufgabe wird originär wahrgenommen, wie z. B. auch die Bildung von Organen und die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für das Tätigwerden der Organe.“

Schließlich möchte ich an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, „dass die Reform des Gemeindehaushaltsrechts mit Nachdruck von der kommunalen Ebene gefordert wurde … Gleichwohl hat aber das Land mit der Einrichtung und Finanzierung des Gemeinschaftsprojektes zur ,Umsetzung der Reform des Gemeinde

haushaltsrechts und Einführung des NKHR M-V‘ den Reformprozess unterstützt. Hiermit solle eine zügige und möglichst einheitliche Vorgehensweise bei der Umsetzung der Reform gewährleistet werden.“

Die Bedenken gegen die Reform des Gemeindehaushaltsrechts, die es durchaus in dem einen oder anderen Fall gibt, will man nicht wegdiskutieren, insbesondere wenn man über viele Jahre mit einem Instrumentarium gearbeitet hat und sich auf etwas Neues einstellen muss.

(Beifall Toralf Schnur, FDP)

Es sind Bedenken vorhanden und sie sind auch nachvollziehbar. Denn die Einführung eines neuen Rechnungssystems als solches bringt eben nicht mehr Geld in die Kassen und kann auch nicht die Strukturprobleme der Kommunen in Ordnung bringen. Und so ist der Erfolg dieser Reform in einem hohen Maße von der Bereitschaft zur echten Veränderung und zum Umdenken abhängig. Dennoch bin ich der Auffassung, die kommunale Doppik bringt mehr Transparenz und einen umfassenden Überblick über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kommune. Daran müssen alle interessiert sein vom Land bis in die Gemeindeebene hinunter.

(Toralf Schnur, FDP: Richtig.)

In Verbindung mit der produktorientierten Ausgestaltung der Haushalte, der Kosten- und Leistungsrechnung und möglicher betriebswirtschaftlicher Auswertungen werden den Entscheidungsträgern Instrumente an die Hand gegeben, die wesentlich verbesserte Steuerungspotenziale eröffnen sollen. Trotz oder gerade wegen des Einsatzes neuer Instrumente bleiben erhebliche Anstrengungen zur Begrenzung der Ausgaben und zur nachhaltigen Konsolidierung unvermeidbar. Die Konsolidierung der Kommunalhaushalte muss fortgesetzt und möglichst noch verstärkt werden.

(Beifall Volker Schlotmann, SPD)

Die hinzukommende Belastung durch die Einführung des neuen Steuerungssystems muss bewältigt werden, zumal sie von den Anwendern selbst gewünscht wird. Bundesweit ist die Reform des Gemeindehaushaltsrechts nicht mehr aufzuhalten. Mecklenburg-Vorpommern darf sich dieser Entwicklung nicht verschließen und muss den Kommunen im Land die Chance geben, in diesen Prozess frühzeitig einzusteigen. Nur wenn wir eigene Erfahrungen im Land sammeln, können wir den bundesweiten Reformprozess mitgestalten.

Ich weiß, meine lieben Damen und Herren Abgeordnete, dass es ein sehr trockenes Gesetz und sehr schwieriges Regelwerk ist, was die einzelnen Instrumentarien betrifft. Es ist aber eine der Grundlagen für die kommunale Selbstverwaltung, auf der Entscheidungen nachher vernünftig getroffen werden können. Und deswegen wünsche ich dem zuständigen Ausschuss eine intensive, zügige und gute Beratung. Tragen Sie dazu bei, dass das Land den Kommunen ein neues Rechnungswesen zur Verfügung stellen kann, was letztendlich auch in Deutschland mit in die Zukunft zeigt! – Insofern gute Beratungen und vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Danke, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einführung der Doppik im kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen ist sinnvoll und konsequent. Da stimmen wir mit Herrn Innenminister Caffi er überein. Dazu gibt es überhaupt keinen Dissens.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ja prima.)

Es ist ja gesagt worden, 2005 haben wir damit schon angefangen. Es wäre aber zu schön, wenn es zu einer parteiübergreifenden und einmütigen Initiative hätte werden können. Das ist leider nicht der Fall, weil – und das ist meine Kritik an Ihrem Vorgehen – Sie die Vereinbarung, die zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden getroffen wurde, diese Gemeinschaftsprojekte gemeinsam einheitlich auf den Weg zu bringen, aufgekündigt haben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach, wo gibt’s denn so was?)

Das will ich an drei Punkten deutlich machen. Weil Sie in dem Gesetzentwurf Regelungen aufgenommen haben,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dann machen wir doch das jetzt gemeinsam!)

die gegen die Auffassung der kommunalen Ebene sind. Ohne Not haben Sie dies getan. Ich wage den Ausdruck: Es ist eine Provokation, Herr Caffi er. Und das will ich an drei Punkten belegen:

Erstens. In Paragraf 18 legt der Gesetzentwurf fest, dass die Kosten sowohl für eine einmalige Umstellung als auch für die laufenden Kosten zum Verfahren von den Kommunen getragen werden und mit dem Finanzausgleichsgesetz abgegolten sind. Das halten wir schlichtweg für verfassungswidrig. Mit dieser Finanzregelung kann nach unserer Meinung das Konnexitätsprinzip der Landesverfassung nicht außer Kraft gesetzt werden.

(Beifall Regine Lück, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Zweitens. Ab 2008 besteht die Möglichkeit, dass Kommunen als sogenannte Frühstarter mit der Doppik beginnen. Auch darauf sind Sie eingegangen, das unterstützen wir. Dies hat den Vorteil, man kann Erfahrungen sammeln. Testen und Erfahrungen sammeln ist vollkommen in Ordnung, denn Probleme, auftretende Fehler, Schwächen, Kinderkrankheiten können erkannt und korrigiert werden. Die Frühstarterkommunen gehen dabei ein gewisses Risiko ein. Sie haben aber dann gegenüber anderen auch einen Vorteil, weil sie die entsprechenden Erfahrungen haben. Dafür sollen sie nun aber noch bestraft werden, weil ihnen erschwerte Bedingungen auferlegt werden. Der Gesetzentwurf legt fest, dass nur Kommunen mit geordneter Haushaltsführung und ausgeglichenen Haushalten als Frühstarter anfangen dürfen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist doch sinnvoll.)

Dies können aber nur sehr wenige und der Sinn der Frühstarterphase wird damit infrage gestellt. Ich wiederhole: Im Jahre 2012 müssen alle die Doppik einführen, egal wie ihre Haushalte aussehen.

(Ministerin Sigrid Keler: Nee!)

Deswegen kann diese Vorgabe durch meine Fraktion nicht akzeptiert werden.

Drittens geht es in diesem Prozess um einheitliche Regeln für die Buchführung. Das mag trocken sein, aber es ist wichtig.

(Minister Lorenz Caffi er: Ja.)

Das unterstreiche ich ausdrücklich, Herr Caffi er. Diese einheitlichen Regeln müssen auch in jedem Landkreis einheitlich sein. Deshalb ist es egal, wer mit wem, wann, freiwillig oder gezwungen fusioniert. Trotzdem dürfen nach dem Vorschlag der Regierung in Paragraf 17 Absatz 2 die Landkreise als Frühstarter nur beginnen, wenn das Innenministerium die entsprechende Genehmigung ausgesprochen hat. Diese – ich darf zitieren – „kann unter Bedingungen und Aufl agen erteilt werden, die sicherstellen, dass die Bildung größerer Landkreise aus Gründen des öffentlichen Wohls nicht gehemmt wird.“ Das hätten Sie auch einfacher haben und hinschreiben können: Kreise dürfen nicht Frühstarter sein.

(Heiterkeit bei Toralf Schnur, FDP)

Da es sich – ich wiederhole mich – um Buchführungsregeln handelt, ist dies nicht nachzuvollziehen.

(Minister Lorenz Caffi er: Da waren Juristen am Werk.)