Protocol of the Session on August 24, 2007

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Und lassen Sie mich ganz klar sagen, daran ändert auch das Greifswalder Urteil nichts, auch wenn dieses Urteil bei uns selbstverständlich eine große Enttäuschung hervorgerufen hat, dass die Richter sich nicht imstande gesehen haben, unserer mutigen, juristisch innovativen Lösung zu folgen und sie mitzutragen.

(Michael Roolf, FDP: Da haben sie Mut gehabt.)

Diese Enttäuschung gibt es, auch wenn es manchem vielleicht nachvollziehbar erscheint, dass den Richtern eine positive Entscheidung offenbar schon dadurch sehr erschwert worden ist, dass wir verfassungsrechtliches Neuland betreten haben und auf keinen Präzedenzfall verweisen können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh, das hören die Juristen gerne. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Ich habe in den Gremien der SPD bereits gesagt – und ich wiederhole das hier –, wir haben aber trotz dieser fehlenden Zustimmung des Gerichtes überhaupt keinen Grund, uns etwas vorzuwerfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Wir sind ja, meine Damen und Herren, das mit unserem Reformvorschlag verbundene verfassungsrechtliche Risiko nicht leichtfertig eingegangen. Wir haben, gerade weil wir uns der Untiefen verfassungsrechtlichen Neulands bewusst waren, doch sehr früh einen anerkannten Verwaltungsexperten ausdrücklich als Lotsen an Bord geholt und später den gesamten Gesetzgebungsprozess von namhaften Juristen begleiten lassen.

(Michael Andrejewski, NPD: Und dann auf Grund gelaufen.)

Und, meine Damen und Herren, eines ist klar, die Situation im Land erforderte eine mutige, weitreichende Lösung,

(Michael Roolf, FDP: Eine verfassungs- konforme. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Verfassungskonforme.)

im Grunde eine richtungsweisende Lösung auch für unsere Nachbarländer, die mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind wie wir.

Und, Herr Roolf, die Situation im Land hat sich nicht geändert. Sie erfordert nach wie vor eine solche mutige weitreichende Lösung.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Merkwürdigerweise setzt sich nach dem Urteil diese Erkenntnis plötzlich auf ganz breiter Front auch bei allen politischen Kräften und Institutionen durch,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE und Volker Schlotmann, SPD – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das ist wahr.)

die früher lauthals dagegen waren oder zumindest nach Kräften verzögert haben. Selbst die fundamentalistischen Gegner von gestern reden heute plötzlich nur noch von dem unabweisbaren Reformbedarf und davon,

(Rudolf Borchert, SPD: Tja! – Heike Polzin, SPD: Und dass es ganz schnell gehen muss.)

dass im Interesse der Bürger schnell gehandelt werden muss.

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, ganz schnell.)

Meine Damen und Herren, manche sind einfach nicht wiederzuerkennen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Damit meinen Sie aber nicht uns, Herr Kollege. – Heiterkeit bei Heike Polzin, SPD)

Ich vermute, das liegt daran, dass Ihnen plötzlich klar geworden ist, was es eigentlich für unser Land, für seine Handlungsfähigkeit in der Zukunft,

(Heike Polzin, SPD: Die Geister, die ich rief.)

für sein Überleben als eigenständiges Bundesland bedeutet, wenn von den bekämpften Reformschritten tatsächlich nichts übrig bliebe.

Schon mit dem Näherrücken des Verkündungstermins in Greifswald stieg bei manchen sichtlich die Beklommenheit, selbst bei manchen Klägern, die sich bange fragten, was machen wir eigentlich, wenn wir tatsächlich gewinnen. Ich sage für die SPD, wir sind nach wie vor dabei, ohne zu schmollen, ohne nachtragend zu sein, konstruktiv im Interesse des Landes. Wir haben allerdings auch keinen Grund, von unseren bisherigen Zielen abzuweichen, also weniger Bürokratie, weniger Behörden, weniger Beamte, mehr Bürgernähe, Stärkung des Ehrenamtes,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

und zwar alles durch Stärkung des Ehrenamtes. Was ist denn das Ehrenamt wert, wenn kein Geld mehr da ist?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und vor allem werden wir das weiter tun durch die Schaffung von Verwaltungseinheiten in einer Größe, die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit garantiert, und durch den Abbau von Dopplungen bei der Bearbeitung von Verwaltungsaufgaben mit regionaler Bedeutung. Diese beiden wichtigen Punkte werden wir weiter verfolgen. Wir wollen das so schnell wie möglich, aber auch – das sage ich ganz klar – unter möglichst weitgehender Minimierung der verfassungsrechtlichen Risiken. Denn machen wir uns nichts vor: Die durch den Schock über das Urteil hervorgerufene Einmütigkeit hinsichtlich des grundsätzlichen Reformerfordernisses,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

eine so weitgehende Verwaltungsreform, wie sie in Mecklenburg-Vorpommern unzweifelhaft notwendig ist, eine solche weitgehende Verwaltungsreform im Einvernehmen aller zu machen, das wird wohl, muss wohl leider ein frommer Wunsch bleiben.

Meine Damen und Herren, die SPD in MecklenburgVorpommern steht weiter zur Verwaltungsreform und ist bereit, ihre Rolle, den Prozess der Erarbeitung eines Konzeptes für diese Reform weiter wie bisher konstruktiv und bestimmend wahrzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Ich habe Ihnen noch ein Zitat von Wilhelm Busch mitgebracht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh!)

Herr Roolfs, zu Ihrem Punkt 4 oder 5 Ihres Antrages, wo Sie über eine

(Michael Roolf, FDP: Ohne „s“ bitte. – Dr. Armin Jäger, CDU: Roolf, ohne „s“. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Neuausrichtung der Enquetekommission nachdenken, da lautet das Zitat: „Man merkt die Absicht und man ist verstimmt“.

(Heiterkeit bei Helmut Holter, DIE LINKE)

Lassen Sie mich ganz klar sagen, die Enquetekommission ist wichtig für den gesamten Reformprozess und weil sie so wichtig ist, braucht sie den bestmöglichen Vorsitzenden. Den hat sie mit Heinz Müller und er wird das auch bleiben.

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Da helfen keine Manöver, undurchsichtige oder so durchsichtige wie das jetzt, sondern das wird er bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Sellering.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der FDP-Fraktion Vizepräsident Kreher.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe heute gehört, es ist ein mutiger Entwurf gewesen. Ich frage mich nur, gegen wen sich der Mut gerichtet hat,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, genau so ist das.)

denn es ist eindeutig festgestellt worden, dass in diesem Entwurf, der vom Verfassungsgericht abgelehnt wurde, vor allem kritisiert wurde, dass dem Ehrenamt nicht genügend gerecht geworden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und, meine Damen und Herren, ich möchte hier aus Erfahrung eines seit 1990 ehrenamtlich Tätigen in den Kommunen, im Kreis und in meiner Gemeinde sagen, was es seit 1990 bedeutet hat, dass dieses Ehrenamt sich nach und nach entwickeln konnte. Meine Damen und Herren, ich weiß, wie ich 1990 als Bürgermeister angefangen habe, wie man bei mir zunächst ankam, wenn die Heizung in der Wohnung nicht funktionierte, weil vorher alles zu DDR-Zeiten staatlich geregelt war. Das hat erst nach und nach wieder angefangen zu wachsen, diese Selbstverantwortung und Selbstorganisation der Gemeinden.