Protocol of the Session on June 14, 2007

Meine Damen und Herren, Sie haben durchaus die Möglichkeit, eine Politik zu betreiben, die die Bezeichnung „kinderfreundlich“ wieder verdient. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Familienförderung, ob Ehekredit, Kinderrente, Müttergehalt, Begrüßungsgeld für Neugeborene oder Kindergeld, man muss nur den Willen zeigen, etwas zu tun, und nicht ständig Scheindebatten über die Kinderfreundlichkeit aus wahlkampftaktischen Erwägungen heraus führen.

Meine Fraktion sieht bei aller Bedrohlichkeit der demografi schen Entwicklung keinen Status quo. Wir wollen daher, dass im Bildungssektor in die Zukunft gedacht wird. Bildungspolitik gepaart mit einer vernünftigen Familienpolitik kann schon in zehn Jahren den Ausbau des Schulnetzes notwendig machen. Würden Sie es mit dem Kampf gegen die demografi sche Katastrophe ernst meinen, dann würden Sie keine Politik der Schulschließungen betreiben. Auch unter Kostengesichtspunkten haben Schulschließungen gegenüber kleineren wohnortnahen Schulen keinen Vorteil, die Kosten werden lediglich umgeleitet. Was Sie durch Schulschließungen einsparen, das geben Sie durch Schulbeförderungskosten wieder aus. Lediglich die Gemeinden werden fi nanziell entlastet, da sie sozusagen den Kostenfaktor Schule eingespart haben. Die Landkreise als Träger der Schulbeförderung müssen fi nanziell zusetzen. Es gibt selbst unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten kein Argument gegen kleinere Schulen. Sie haben sich aber mit den Entwicklungen abgefunden und möchten nicht dagegensteuern. Das ist die traurige Realität. Haben Sie dann aber auch bitte das Rückgrat, es den Menschen hier ins Gesicht zu sagen. Wir jedenfalls bleiben dabei, dass Schulen wohnortnah zu erhalten sind und das von Ihnen konzipierte Konzept der Lernfabriken abzulehnen ist.

Was Sie mit der Demografi e begründet an Schulpolitik betreiben, ist schlichtweg die Durchsetzung der Einheitsschule. Nur deshalb machen Sie sich für Regionalschulen und Schulzentren stark. Hier haben Sie einen Hebel gefunden, das aus Ihrer Sicht überholte deutsche Schulsystem mit seiner Aufgliederung in Gymnasium, Realschule, Hauptschule und Förderschule langsam abzuwickeln. Dabei ist, auch wenn es den roten und tiefroten Ideologen nicht passt, die Frage nach der Struktur des deutschen Bildungswesens längst beantwortet. Alle Schulforschung bescheinigt einer einheitlichen Schule miserable Leistungen. Das dreigegliederte Schulsystem hat sich auch in der bisher ausgegebenen PISA-EStudie durchgesetzt. Der Virus der Selbstverleugnung und der schulpolitischen Prinzipienlosigkeit, wie er spätestens seit 1994, als die SPD erstmalig an der Regierung mitbeteiligt war, ausgebrochen ist, hat nicht zum Erfolg geführt. Machen Sie daher endlich Schluss mit Ihren katastrophalen Schulexperimenten und beenden Sie die Schulschließpolitik!

Ein weiterer von uns angesprochener Punkt ist die Verbesserung der Unterrichtsqualität. Diese kann man – zumindest aus unserer Sicht – am besten in kleineren Schulen umsetzen. Daher bieten die heutigen Entwicklungen natürlich auch Chancen im Bereich der Unterrichtsqualität. Kleinere Klassen können zu einer individuellen Betreuung der Schüler durch die Lehrer führen. Bringen wir uns also nicht selbst um die Chancen, die sich hier ergeben.

Meine Damen und Herren, ich komme nun zu einem Punkt, den ich für elementar halte, die Schulwegzeiten. Hier haben wir durch die Politik der Schulschließung sicherlich die größten Probleme. Wie sollen denn die Kleinen in der Schule oder in der Nachbereitung des Unterrichts akzeptable Leistungen erbringen, wenn sie heute teilweise Schulwege haben, für die man selbst Erwachsene bemitleiden möchte? Hier reicht es nicht mehr aus, dass das Kultusministerium nur unzureichende Empfehlungen ohne bindenden Charakter herausgibt. Vielmehr muss hier eine gesetzliche Regelung her. Die Beförderungszeiten für Kinder dürften nach unseren Vorstellungen pro Strecke eine Zeit von maximal 45 Minuten nicht überschreiten. Nur so kann man gewährleisten, dass die Kinder ihre Bildungschancen nutzen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Kinder oftmals früher als ihre Eltern aufstehen müssen, damit sie pünktlich in die Schule kommen. Unter diesen miserablen Bedingungen ist es überhaupt kein Wunder, dass es zu Konzentrationsschwächen, Hyperaktivität, Leistungsverweigerung und Lernschwächen kommt, unter denen die Unterrichtsqualität im Gesamten leidet.

Der Landtag setzt die Rahmenbedingungen, die nicht geeignet sind, im bildungspolitischen Sektor im Bundesvergleich Verbesserungen zu erreichen. Im Übrigen sind Bildungspolitik und Schule immer auch ein volkswirtschaftlicher weicher Standortfaktor. Wer glaubt denn allen Ernstes, dass sich in einer Region Unternehmen ansiedeln, wenn Schulschließungen eindeutig signalisieren, dass hier die Zukunft verspielt und abgehakt ist? Arbeitslosigkeit, Bildungskatastrophe, Zukunftslosigkeit sind hier eine Todesspirale, die zu diesen Entleerungsräumen führt, von denen wir hier in Mecklenburg-Vorpommern inzwischen einige haben. Der Cocktail, den Sie hier in der Bildungspolitik den Bürgerinnen und Bürgern gemixt haben, ist ungenießbar. Es ist, das sagte ich schon am Anfang, an der Zeit, endlich umzudenken. Der Landtag kann heute ein Bekenntnis zum Erhalt von wohnortnaher Schule, zu verbesserter Unterrichtsqualität und verbesserten Schulbeförderungszeiten abgeben. Die Landesregierung hat, wenn es der Landtag will, bis Ende 2007 Zeit, ein umfassendes Konzept für eine Verbesserung bildungspolitischer Rahmenbedingungen vorzulegen. Ich werbe deshalb für die Annahme unseres Antrages. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Danke schön, Herr Lüssow.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Vizepräsident und Abgeordnete Herr Kreher von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt ein Antrag der NPD-Fraktion vor, der in großen Teilen von unserem Wahlprogramm der FDP abgeschrieben wurde,

(Stefan Köster, NPD: Da gucken Sie mal bei uns rein!)

wobei Teile ein bisschen verändert wurden, aber im Großen und Ganzen ist es etwas, was wir formuliert haben. So, wie wir es das letzte Mal schon erlebt hatten,

dass ein CDU-Antrag aus Saarbrücken abgeschrieben wurde, so ist es jetzt bei uns abgeschrieben worden.

(Stefan Köster, NPD: Herr Kreher, wir kennen Ihr Wahlprogramm gar nicht.)

Ach so. Na, dann ist es aber sehr erstaunlich, dass Sie das fast wortwörtlich, bis auf ein paar kleine Änderungen, übernommen haben.

(Udo Pastörs, NPD: Freuen Sie sich doch!)

Ich würde mich freuen, wenn hinter Ihrem Antrag wirklich berechtigt das Ziel stehen würde, etwas umzusetzen, wenn Sie wirklich konstruktiv an einem Bildungssystem hier in Mecklenburg-Vorpommern mitarbeiten wollten. Das aber habe ich aus all dem, was Sie hier in der letzten Zeit von sich gegeben haben, nicht gemerkt. Auch gestern ging es wieder nur um wenige Begriffe wie „Volksgenossen“.

(Stefan Köster, NPD: Wissen Sie, woher der Begriff kommt?)

Meine Damen und Herren, hören Sie bitte zu! Dieser Begriff „Volksgemeinschaft“, „Volksgenosse“ wurde in der Nazizeit so genutzt, dass man ihn heute kaum verwenden kann, ohne an diese schlimme Zeit zu denken.

(Stefan Köster, NPD: Die Nazis haben auch Autos gefahren.)

Es wurde damals nicht nur von der Volksgemeinschaft gesprochen, sondern es wurde gleichzeitig defi niert, was volksfremd ist.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Diejenigen, die nicht zu Ihrer Volksgemeinschaft gehörten,

(Udo Pastörs, NPD: Zur Sache, Herr Kreher!)

weil sie Andersdenkende waren, weil sie andere Rassen waren,

(Unruhe bei Abgeordneten der NPD)

einen anderen Glauben hatten, wurden ausgegliedert,

(Stefan Köster, NPD: Ich glaube, ich muss Ihnen mal mein Taschentuch reichen.)

durften manchmal noch nicht einmal in den Luftschutzkeller, wie ich das von meinem Großvater weiß.

(Michael Andrejewski, NPD: Was sind denn das für Tiraden?)

Daher, meine Damen und Herren, wenn Sie diese Ideologie hier vertreten,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

kann ich keinem Ihrer Anträge zustimmen,

(Udo Pastörs, NPD: Ganz ruhig bleiben!)

selbst wenn Sie bei uns einfach abschreiben.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Aber ich möchte durchaus auch sachlich über bestimmte Dinge sprechen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Na das ist ja schon mal ein Schritt nach vorn.)

Hören Sie bitte zu!

Wichtig in Mecklenburg-Vorpommern ist auf jeden Fall das, was wir hier wollen, und zwar dass unsere Bildungsgesetze nicht ständig verändert werden. Was in den letzten Jahren, das kann ich als Lehrer sagen, zu dieser Verunsicherung, zu dieser schlechten Bilanz im Bildungswesen geführt hat, waren die vielen Bildungsgesetze, die wir hatten. Deshalb unterstütze ich es hier voll, wenn wir sagen, wir brauchen jetzt endlich erst einmal Ruhe im Bildungsbereich. Wir müssen aber in diesem Bereich Möglichkeiten schaffen, die Qualität zu erhöhen. Dazu gehören durchaus manche Dinge, die Sie jetzt gesagt haben, dass wir zum Beispiel über die Schülerbeförderungszeiten und vieles andere nachdenken. Aber, meine Damen und Herren, wie Sie gemerkt haben, machen wir das als FDP nicht, indem wir ständig propagandistische Anträge stellen, …

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet. Kommen Sie bitte zum Schluss.

… sondern wir machen das, indem wir uns konstruktiv, wie wir das vorhin bei der Medienpolitik gezeigt haben, mit einbringen, um dann wirklich dauerhaft etwas zu ändern. Das ist der Weg, den wir gehen, und das unterscheidet uns von Ihnen. – Danke schön.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD, und Michael Roolf, FDP)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Kreher, beruhigen Sie sich! Halten Sie lieber Ihren Blutdruck ein bisschen runter.

(Hans Kreher, FDP: Haben Sie keine Angst. Sorgen Sie sich nicht um meine Gesundheit!)

Es ist für die Schüler hier im Land auch besser, wenn Sie sich aktiv an der Schulpolitik beteiligen. Bauen Sie bitte keine Nebelfelder hier auf. Vielleicht hätten Sie mal unser Aktionsprogramm lesen sollen. Wir machen nämlich keine Wahlprogramme. Wir orientieren uns langfristig, haben also Aktionsprogramme.

(Hans Kreher, FDP: Ja, die schreiben Sie ab.)