Protocol of the Session on June 13, 2007

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Der Formulierung, sich im Bundesrat für die sofortige Überprüfung der Folgen der Besteuerung von reinem Biodiesel und Pfl anzenkraftstoffen einzusetzen, können wir zustimmen. Eine Unterkompensationsprüfung als ständiges Korrektiv der Besteuerung einzusetzen halten wir allerdings für wenig praktikabel.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist aber die einzige Möglichkeit, mehr zu bekommen.)

In welchen Zeiträumen sollte geprüft werden und wie fl exibel kann eine Steuergesetzgebung eigentlich sein? Was wäre im Fall einer zeitweiligen Überkompensation?

(Rudolf Borchert, SPD: Ja, da haben wir das Problem.)

Und gesetzt den Fall, eine gewisse Überkompensation sollte tatsächlich eintreten, was ich ehrlich bezweifl e bis 2009, dann sollten gerade wir als Abgeordnete dieses Landes froh darüber sein, dass die überwiegend mittelständisch geprägte Branche, die in unserem Land ihren eingetragenen Sitz hat, ein wenig Geld verdient. Denn nur Unternehmen, die Gewinne generieren, können Steuern zahlen, und nur Unternehmen, die Gewinne generieren, sind überhaupt in der Lage, Investitionen zu tätigen und damit Arbeitsplätze im Land zu schaffen und zu sichern.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und FDP)

Ich bitte Sie, Herr Professor Dr. Methling, den Teil 2 Ihres Änderungsantrages zu Punkt 3 eventuell noch einmal zu überdenken. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Wir denken darüber nach.)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Zur Beratung des vorliegenden Antrages, des Antrages der Fraktion der FDP „Rücknahme der Besteuerung bio

gener Kraftstoffe“, Drucksache 5/584, liegt, wie eben schon erwähnt, ein Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/624 vor.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort der Landwirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der FDP-Fraktion dankbar für diesen Antrag und will aus der Sicht der Landesregierung wie folgt dazu Stellung nehmen.

Wir haben das Grundproblem, Frau Reese – das ist, denke ich, Ihnen auch bewusst –, dass wir von der Europäischen Union beziehungsweise Bundesregierung aufgefordert worden sind, die Überkompensation, die es in der Vergangenheit gegeben hat, zu überprüfen, und in der Folge ist es dann zu der Besteuerung gekommen. Im Übrigen haben wir von Anfang an gerade aus dem Land heraus immer wieder deutlich gemacht, wenn wir den Bioenergiemarkt weiter voranbringen wollen, ist es kontraproduktiv, tatsächlich in diesen Größenordnungen die Besteuerung vorzunehmen.

(Beifall Michael Roolf, FDP)

Wir erkennen sehr deutlich, das ist so, dass neben der Besteuerung wir auch andere Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Bioenergiemarkt erkennen müssen, wo gehandelt werden muss. Das heißt, wir haben uns sowohl in der Agrarministerkonferenz, der Umweltministerkonferenz als auch der Wirtschaftsministerkonferenz mit dem Thema „biogene Treibstoffe“ auseinandergesetzt und die Bundesregierung aufgefordert, zu überprüfen, wie es zurzeit geschieht. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst dazu eine klare Aussage haben und dann wirklich gehandelt werden muss.

Ich persönlich glaube, dass im Übrigen der zweite Schritt der weiteren Besteuerung zurückgenommen werden muss,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

weil ansonsten tatsächlich die Kapazitäten in diesem Bereich stillgelegt werden. Das zum einen.

Zum anderen ist es so, dass ich auch der Überzeugung bin, wir haben tatsächlich in unserem Bundesland – Sie haben das schon angedeutet – 25 Millionen Euro in die Verarbeitungskapazitäten hineingegeben, insbesondere über die Förderung der Gemeinschaftsaufgabe, das heißt, der Bund hat selbst diese Kapazitäten mit gefördert. Jetzt abzuschöpfen oder sie gegebenenfalls in die Konkurse fahren zu lassen, kann nicht richtig sein. Aus rein fi skalischen Gründen das alles zu bewerten ist im Übrigen auch kontraproduktiv. Aus meiner Sicht ist klar, dieses Gesamtthema ist im Zusammenhang mit Klimaschutz und auch im Zusammenhang mit alternativer Entwicklung zu sehen. Wir haben aus der Sicht des Landes tatsächlich 300 neue Arbeitsplätze in diesem Bereich damit schaffen können und es ist eine Kapazität von immerhin 425.000 Tonnen RME, also Rapsmethylesther, in Mecklenburg-Vorpommern entstanden. Deutschlandweit gibt es zurzeit eine Kapazität von 4 Millionen Ton

nen. Deswegen sind wir davon überzeugt, dass wir den reinen Biokraftstoffmarkt weiterentwickeln müssen. Wir haben hier im Übrigen technologisch auch eine Vorreiterrolle in Europa, was dazu führen wird, in der Zukunft damit zusätzliche Aktivitäten auslösen zu können.

Unmittelbar nachdem in den Koalitionsvereinbarungen zwischen SPD und CDU auf Bundesebene festgelegt wurde, dass die bisherige Förderung hin zu einer Mindestbeimischquote geändert werden soll, habe ich mich an die Bundesregierung gewandt mit dem Ziel, tatsächlich auch darauf hinzuweisen, welche Probleme wir, sowohl was die Beimischung und den Zwang anbetrifft, bekommen werden, wenn wir hier nicht in Schritten erhöhen, und zum anderen, was die Problematik der Besteuerung anbetrifft.

Gemeinsam haben wir uns im Übrigen dafür stark gemacht – das ist auch ein Antrag im Bundesrat des Landes Mecklenburg-Vorpommern gewesen –, dass ausdrücklich die biogenen Treibstoffe in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft nicht besteuert werden, also damit günstig gestellt werden. Insofern hoffe ich, dass auch insbesondere diese Wirtschaftsbereiche noch stärker auf diese tatsächlich biogenen Treibstoffe zufassen. Ich habe mich im Übrigen im März 2007 erneut an Minister Steinbrück als auch Minister Seehofer gewandt, mit dem Ziel, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verändern, das heißt also, diese Steuerstufen zu überprüfen und wenn irgend möglich sie zurückzunehmen. Dazu habe ich bereits meine Ausführungen gemacht.

Die prekäre Lage auf dem Biodieselmarkt ist aber nicht allein auf die Besteuerung und damit vorgesehene weitere Steuererhöhung zurückzuführen. Wir wissen alle, dass der Biokraftstoffmarkt von verschiedenen Faktoren beeinfl usst wird, eben auch durch die Preisschwankungen im fossilen Dieselkraftstoffbereich. Nicht zuletzt ist der Wettbewerbsdruck im Zusammenhang mit den Kapazitäten, die aufgebaut worden sind, deutlich zu erkennen. Deshalb bedarf es nach Auffassung der Landesregierung und auch meiner Überzeugung einem ganzen Bündel von Maßnahmen, um die Situation auf dem Biodieselmarkt weiter zu entspannen. Ich möchte diese hier ganz kurz ansprechen:

Erstens. Wir fordern, ein Zertifi zierungssystem für Biomasse als Voraussetzung für eine Steuerbefreiung. Dies muss schnellstmöglich durch die Bundesregierung eingeführt werden. Es darf im Übrigen nur Biomasse steuerbegünstigt werden, wenn bei ihrer Erzeugung die Nachhaltigkeitsgrundsätze und auch Mindestumweltstandards sowie Sozialstandards eingehalten werden. Das ist im Übrigen auch WTO-relevant. Wir wissen alle – da bin ich beim Klimawandel und Klimaproblem –, was in Brasilien oder in anderen Regionen dieser Erde im Rahmen von Ethanol oder auch anderen Biokraftstoffen passiert. Aus meiner Sicht muss das damit gelöst werden.

Zweitens. Es müssen sowohl die rechtlichen als auch die technischen Voraussetzungen für eine höhere Beimischung von Biodiesel zu Dieselkraftstoff geschaffen werden. Sie wissen, dass wir bis 2010 5,75 Prozent beimischen wollen. Aus meiner Sicht muss hier schneller gehandelt werden, um damit quasi den Markt weiter anzuregen, um tatsächlich auch die Mineralölgesellschaften zu zwingen, diese Kraftstoffe mit aufzunehmen, um damit einen wertvollen Beitrag zu leisten.

Drittens. Die vorgesehene Erhöhung der Pfl ichtbeimischquote für biogene Kraftstoffe muss vorgezogen und dieses auch zu einer europäischen Forderung aufgemacht werden.

Viertens. Die bisher auf EU-Ebene unverbindliche Vorgabe zu Mindestanteilen von Biokraftstoffen im Kraftstoffmarkt muss in verbindliche EU-weite Regelungen eingebettet und damit auch nach Ansicht der EU-Kommission umgesetzt werden.

Fünftens. Der Absatz von Biodiesel und Pfl anzenöl in der Landwirtschaft ist steuerbegünstigt. Ich habe darauf hingewiesen. Die Erzeuger von Biodiesel müssen sich von der besten Seite zeigen, um damit umzusetzen, dass dieser Kraftstoff auch in den eigenen Produktionsanlagen genutzt wird.

Sechstens. Ebenso müssen Produzenten von Biodiesel und auch Pfl anzenölen den EU-weiten Absatzmarkt weiter erschließen.

Siebtens. Die zum 1. Januar 2008 vorgesehene Steuererhöhung für Biodiesel um 6 Cent muss ausgesetzt werden. Es ist nicht abzusehen, dass die Marktbedingungen sich zum Ende des Jahres so ändern und damit die Wettbewerbslage sich derart verbessert.

Ich denke, dass ich damit deutlich gemacht habe, dass wir uns seit Ende 2005 als Landesregierung um dieses Thema gekümmert haben und uns weiter kümmern werden mit dem Ziel, tatsächlich diesen heimischen Rohstoff in dem Stoffkreislauf weiter zu behalten, um damit auch für die wirtschaftlichen Aktivitäten in unserem Land zu sorgen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspar tei.PDS der Abgeordnete Professor Tack. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag zum Thema der biogenen Kraftstoffe hat mindestens drei Dimensionen. Zum einen ist es ein steuerpolitisches Thema. Das wird schon klar aus der Liste der Redner, die hier sprechen werden. Zum anderen ist es ein energiepolitisches Thema und nicht zuletzt – das ist für unserer Fraktion heute mit das Wichtigste – ist es ein Zukunftsthema.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Ich meine damit die zukünftige Klimaentwicklung, aber auch die aktive Einfl ussnahme auf die Gestaltung des unabweisbaren Klimawandels. Ich meine die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe und ihrer Wettbewerbsfähigkeit, ein Thema, mit dem wir uns am morgigen Tag noch einmal beschäftigten werden und zu dem wir auch etwas sagen wollen. Ich meine die heutigen und künftigen Entwicklungspotenziale des ländlichen Raumes. In Kenntnis über diese Vielschichtigkeit will ich mich aber aus zeitlichen Gründen auf den ersten Aspekt, die fi skalische Seite, hier konzentrieren, da dort im Moment der Schlüssel liegt, um weiteren Schaden von der Biokraftstoffbranche in unserem Lande abzuwenden.

Sie werden es verstehen, dass ich mich besonders dafür engagiere, da ich seit 1993 die Projektgruppe „Biogene

Kraft- und Schmierstoffe“ unseres Landesbauernverbandes leite. Biokraftstoffe waren bekanntlich bis zum 1. August des vergangenen Jahres aus guten Gründen von der Mineralölsteuer befreit. Dazu ist von meinen Vorrednern bereits etwas gesagt worden. Sowohl Biodiesel als auch Pfl anzenöl und Bioethanol dienen mit ihrer CO2-Neutralität erstens dem Klimaschutz und zweitens der Erhöhung der Wertschöpfung in den regionalen Wirtschaftskreisläufen, die wir absolut wollen. Dazu, denke ich, gibt es überhaupt keinen Dissens hier in diesem Hause.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)

Die Wachstumsraten an derartigen Biokraftstoffen der ersten Generation waren bis dahin auch beachtlich, wie in allen Statistiken der UFOP-Union zur Förderung des Öl- und Proteinpfl anzenanbaus oder auch des deutschen Bauernverbandes ausgewiesen. Auch und gerade in unserem Lande gab es eine sehr positive Entwicklung – Herr Minister Backhaus hat darauf hingewiesen – bei der Schaffung von zentralen und dezentralen Produktionskapazitäten. Ich denke, wenn wir die regionalen Kreisläufe sehen, die wir gestalten wollen, insbesondere die letzte Seite, nämlich die Schaffung von dezentralen Verarbeitungskapazitäten auch bei Biodiesel, bietet nicht nur bei reinem Pfl anzenöl eine große Perspektive.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)

Darüber hinaus gibt es noch umfangreiche ungenutzte Biomassepotenziale zu erschließen, was wiederum auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen könnte. So könnte insbesondere die Kraftstoffverwendung in umweltsensiblen Bereichen – und wir sind wieder bei der Frage der Einheit zwischen der Landbewirtschaftung und dem Umweltschutz – unter anderem in der Land- und Forstwirtschaft und im Öffentlichen Personennahverkehr erfolgen. Hier gibt es viele Möglichkeiten, aber diese hängen im Wesentlichen von der Schaffung der Voraussetzungen auch bei der Besteuerung ab. Die Erzeugung und Verwertung von Biokraftstoffen spart nicht nur CO2, das wissen wir alle, sondern sie sichert auch bäuerliche Existenzen. Und daran müssen wir vor allen Dingen denken.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

In Mecklenburg-Vorpommern haben zahlreiche Betriebe wie im gesamten Osten Deutschlands auf die Erzeugung und den Einsatz von Biodiesel und Pfl anzenöl als reine Kraftstoffe gesetzt. Ich erinnere nur daran, dass es auch umfangreiche Forschungsprojekte dazu gegeben hat, an denen ich selbst mitgewirkt habe. Sie haben Millionenbeträge investiert und Arbeit im ländlichen Raum geschaffen. Minister Backhaus hat die Zahlen hier bereits genannt. Das taten sie in dem Vertrauen, dass die Vorteile für den Klimaschutz und die Volkswirtschaft auch gerecht belohnt werden. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage zur Situation der Biodieselproduzenten und des Biodieselabsatzes in Mecklenburg-Vorpommern im März dieses Jahres teilte die Landesregierung mit, und die Zahl war bereits genannt worden, dass rund 25 Millionen Euro im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur für Investitionsvorhaben von Unternehmen der Biodieselproduktion im Lande bewilligt wurden. Ebenso wurde mitgeteilt, auch diese Zahl war genannt worden, dass circa 300 Arbeitsplätze nach Abschluss der Investitionsvorhaben geschaffen

worden seien. Diese Ergebnisse stehen jetzt in Zukunft nur noch auf dem Papier. Das Energiesteuergesetz und das darauf folgende Biokraftstoffquotengesetz haben zu einem drastischen Abbruch dieser positiven Entwicklung geführt, insbesondere was den Absatz von reinen Pfl anzenölkraftstoffen an Tankstellen sowie die Abgabe an Großabnehmer betrifft.

Das Energiesteuergesetz sorgte mit 9 Cent Steuern pro Liter Biodiesel seit dem 1. August des vergangenen Jahres für den Einbruch des Tankstellenabsatzes von den kleinen und mittleren Herstellern. Wir sind also wieder bei den dezentralen Anlagen. Die Produktion ist rückläufi g, einige Anlagen stehen bereits still. Arbeitsplätze sind gefährdet oder existieren schon nicht mehr. Damit sind die Befürchtungen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, auf die der Verband der deutschen Biokraftstoffhersteller, die UFOP, der Deutsche Bauernverband und viele andere, darunter auch die Linkspartei, im Vorfeld der Steuereinführung hingewiesen haben, inzwischen bittere Wahrheit geworden.