Protocol of the Session on May 10, 2007

Und in diesem Prozess ist es doch richtig und wichtig, dass wir uns einbringen. Wer die Papiere verfolgt hat der letzten Jahre, seitdem die Niederlande und Frankreich Nein gesagt haben, der wird selbstverständlich feststellen, dass es nicht unsere Einschätzung ist, dass der EU-Verfassungsprozess und die Entwicklung der Europäischen Union im Grunde genommen in einer Krise stecken, und das nicht, weil sie Nein gesagt haben, sondern weil das, was dort abgelaufen ist, was sich entwickelt hat, teilweise bei den Bürgern nicht ankommt und nicht ernst genommen wird. Sie spüren nicht die Entwicklung von Europa. Was sie aber spüren, ist Bürokratie, Sozialabbau und Intransparenz. Das spüren sie ganz genau.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Und in der Weise wurde im Ausschuss der Regionen in einer aus meiner Sicht sehr guten Einschätzung dargestellt, dass wir die Bürgerinnen und Bürger, die Ängste, die Sorgen und Nöte in diesem Verfassungsprozess wahrnehmen müssen. Wenn wir ganz genau hingucken, Herr Ministerpräsident, Sie sagen, die Lissabon-Strategie ist erfolgreich, dann verstehe ich nicht, warum eingeschätzt worden ist von der Europäischen Union, dass die Lissabon-Strategie eben nicht erfolgreich war,

(Hans Kreher, FDP: Zum Teil.)

zum Teil nicht erfolgreich war und ein Neuanfang der Lissabon-Strategie angefangen wurde. Da frage ich mich natürlich: Was bedeutet denn das? In der Lissabon-Strategie – und das haben wir damals sehr begrüßt – wurde festgelegt die Vollbeschäftigung. Aber das, was in der Europäischen Union in den Ländern abgefallen ist, sind zum Teil Arbeitsplätze, die keinem Niveau entsprechen, Niedriglohnbereiche ohne Ende.

(Hans Kreher, FDP: Was haben Sie denn, in dem Bereich, wo Sie Verantwortung in Mecklenburg-Vorpommern getragen haben, getan in den letzen Jahren?)

Wir haben dafür gestritten, dass Arbeitsplätze geschaffen werden müssen, die sozialversicherungspfl ichtig sind. Und das, glaube ich, ist auch nicht wenig. Wir haben nicht gesagt, dass wir alles gekonnt haben. Das sage ich an der Stelle auch ganz bewusst.

(Beifall Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Und in der Weise, so, wie ich das jetzt versucht habe, möchte ich noch mal betonen: Wir sind für eine europäische Verfassung, wir sind aber dafür, dass wir gemeinsam den Verfassungsdiskussionsprozess noch mal aufmachen, und zwar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und auch darum, dass die Leute, die Bürgerinnen und Bürger Europa erleben – und nicht nur, dass sie mit dem Euro durch die Gegend fahren können –, dass sie nicht mehr an Grenzen stehen, sondern es muss für sie

erlebbar sein. Sie müssen Europa für sich anerkennen. Und wenn uns das gelingt in einem neuen europäischen Diskussionsprozess, dann, glaube ich, haben wir sehr viel bewirkt.

(Beifall Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

Und, Herr Kuhn, was den Integrationsprozess betrifft: Frau Merkel selber hat zu Beginn ihrer Ratspräsidentschaft festgestellt, dass der Integrationsprozess eben nicht gelungen ist. Und wenn der nicht gelungen ist, dann müssen wir uns doch fragen, genau analysieren, warum ist er nicht gelungen und was können wir gemeinsam dafür tun? In dem Sinne bitte ich noch einmal darum, zumindest die Fragen, die auch Herr Müller hier noch mal angesprochen hat, zu akzeptieren und zu sagen, wir mischen uns als Land Mecklenburg-Vorpommern in diesen Diskussionsprozess neu ein und wollen, dass das, was wir hier aufgenommen haben, an Diskussionspunkten im Land Mecklenburg-Vorpommern – beziehungsweise auch in der Bundesrepublik Deutschland – mit diskutiert wird. Wir sind uns selbstverständlich darüber im Klaren, dass vielleicht nicht alles aufgenommen wird. Aber wenn der Verfassungsprozess aufgemacht wird, und der muss aufgemacht werden, dann, glaube ich, ist es wichtig und richtig, dass wir uns in bestimmten Fragen mit einmischen, denn auch wir müssen danach dafür streiten hier im Land Mecklenburg-Vorpommern, dass die Verfassung angenommen wird von den Bürgerinnen und Bürger – unabhängig davon, ob es eine Volksabstimmung geben wird oder nicht. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Frau Borchardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie oft sich der ehemalige Bundesverfassungsrichter und Bundespräsident Roman Herzog entschuldigen musste, nachdem er, wie ja auch die Linkspartei zitiert hat, bezweifelt hatte, ob man die Bundesrepublik überhaupt noch uneingeschränkt als parlamentarische Demokratie bezeichnen könne,

(Beifall Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

mit der Begründung, die meisten der in Deutschland geltenden Gesetze würden von der Bundesregierung im EUMinisterrat beschlossen und der Bundestag würde somit umgangen. Herr Oettinger ist ja jetzt noch dabei, sich permanent zu entschuldigen, Deutschlands zerknirschtester Ministerpräsident. Da die CDU auch Deutschlands faulsten Abgeordneten hat, ist sie auf ihre Weise eine Partei der Rekorde.

(Beifall Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Aber Herr Herzog, der auch Mitglied der CDU ist, hat natürlich recht. Europa braucht neue Grundlagen, und zwar demokratische. Und Demokratie heißt, die Völker fragen. In Deutschland hätten selbstverständlich Volksentscheide abgehalten werden müssen. Wollt ihr den Euro, die EU-Ost-Erweiterung? Wollt ihr das Ende der Bundesrepublik als souveräner Staat? Wollt ihr die Herabwürdigung des Grundgesetzes zu einer untergeordneten Regionalverfassung? Die FDP hat recht, wie die

ausgegangen wären, weiß man nicht, aber sie hätten zumindest abgehalten werden müssen.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Es wird aber in dieser EU alles autoritär und von oben herab gemacht. Es wird ein neues Großreich geschaffen, das so keiner haben will. Die Völker wollen mehr Freiheit und weniger Zentralismus, was man in Schottland sehen kann, in Katalonien und auch anhand der Befragungen in Frankreich und den Niederlanden.

Die neue Verfassung dient nur dem Zweck, um nach ihrem Inkrafttreten jeden, der die Brüsseler Superbürokratie zu kritisieren wagt, als Verfassungsfeind verfolgen zu können. Straftatbestände wie antieuropäische Hetze oder Leugnung der Legitimität der Union – so etwas hat es schon mal gegeben in den Südstaaten nach der Niederlage im Sezessionskrieg – würden mich nicht weiter überraschen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Kranke Fantasien!)

Falsch ist auch, was hier immer gesagt wird, dass die EU den Frieden fördere. Und was jetzt folgt, ist keine Fantasie: Wer so etwas behauptet, hat zum Ersten den Angriffskrieg gegen Jugoslawien vergessen, in dem die NATO, freundlich beklatscht von der EU,

(Beifall Raimund Borrmann, NPD)

in Serbien zahlreiche Zivilisten getötet hat, ohne UNResolution. So viel zu: „Nie wieder Krieg!“, 8. Mai.

(Beifall Udo Pastörs, NPD – Hans Kreher, FDP: Und was war im Kosovo? Was war im Kosovo?)

Nicht das, was behauptet wurde!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja, das entscheiden Sie!)

Und zum Zweiten fördert es eben nicht den Frieden,...

Ich habe meine Meinung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Dann sagen Sie doch mal die Wahrheit!)

... wenn man Völker mit unterschiedlichsten Traditionen und Anschauungen

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sagen Sie doch mal die Wahrheit, was Sie meinen!)

zu wesentlichen Themen in einem Staat und unter einem Gesetz zusammenfasst. Wären die US-amerikanischen Nord- und Südstaaten zwei Nachbarländer gewesen, hätten sie auch angesichts ihrer stark gegensätzlichen Kulturen und Gesellschaftsstrukturen friedlich zusammenleben können, nebeneinander. Aber sie bildeten eine Union und genau das hat den Sezessionskrieg ausgelöst. Durch zu viel Nähe kann man auch Konfl ikte auslösen.

Das zeigt sich auch heute in vielen europäischen Ländern, wo islamische Parallelgesellschaften und die traditionellen Nationalkulturen immer weniger miteinander auskommen.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

In ihrer Realitätsblindheit wollen die EU-Lenker ja nicht nur einen europäischen Großstaat schaffen, der ständig rastlos erweitert wird, nämlich allseits Mehrer des Reiches. Dieses Europa soll auch noch gleichzeitig Asien,

Afrika und der islamische Orient sein. Man schaufelt den sozialen und kulturellen Sprengstoff förmlich nach Europa hinein und bildet sich ein, diesen höchst gefährlichen Prozess schon beherrschen zu können, wenn man die richtigen Regelungen in eine EU-Verfassung hineinschreibe wie Wortmagie. Goethes „Zauberlehrling“ wäre für diese Eurokraten vielleicht eine empfehlenswerte Lektüre.

Für die NPD-Fraktion gibt es nur eine tragfähige Grundlage: für Europa souveräne Nationalstaaten

(Beifall Stefan Köster, NPD)

und los von Brüssel, solange es noch geht, bevor das als Sezession betrachtet wird, die vielleicht Konsequenzen nach sich zieht. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Danke, Herr Andrejewski.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/475. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/475 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD bei Zustimmung der Fraktion der Linkspartei.PDS abgelehnt.

Ich rufe vereinbarungsgemäß auf den Tagesordnungspunkt 36: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Bürgerwillen beachten – Nein zum Neubau des Steinkohlekraftwerkes in Lubmin, Drucksache 5/482.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Bürgerwillen beachten – Nein zum Neubau des Steinkohlekraftwerkes in Lubmin – Drucksache 5/482 –