Protocol of the Session on May 10, 2007

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Darauf komme ich noch einmal.

Herr Koplin!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach Geschäftsordnung darf ein Abgeordneter dieses Hohen Hauses erklären, dass und warum er sich enthalten hat. Die Begründungen dafür sind ihm überlassen. Ich bitte jetzt, dem Redner hier zuzuhören und die Würde des Hauses zu achten.

Bitte, Herr Koplin.

Danke schön, Herr Präsident. Ich rede weiter.

Dieser Ort mahnt. Menschen sind dort – in Anführungsstrichen – ausgebildet worden, um – ebenfalls in Anführungsstrichen – wissenschaftliche Experimente zu machen, um Arzneimittel zu testen oder herzustellen. Ich fi nde es unerträglich, wenn Sie sich hier hinstellen, sich zum Gralshüter der Menschen erklären, für die Sie Fürsorge tragen wollen, wenn es um die Arzneimittel geht, und sich weder gestern aus Anlass des 8. Mai noch heute an dieser Stelle in irgendeiner Form mit irgendeinem Satz davon zu distanzieren, was damals getan worden ist, denn Sie stellen sich permanent in diese Tradition.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und Ralf Grabow, FDP – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Zukunft für die junge Generation – Bedarfsgerechte Berufsausbildung im Land sichern, Drucksache 5/490. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/549 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Zukunft für die junge Generation – Bedarfsgerechte Berufsausbildung im Land sichern – Drucksache 5/490 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/549 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Polzin von der Fraktion der SPD. Bitte sehr, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer schwierig, den Adrenalinspiegel so schnell wieder in den Griff zu bekommen,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

aber wir haben ja nun schon einiges Training.

Ihnen liegt ein Antrag zu einem Thema vor, das schon einige Wochen wieder einmal sehr aktuell ist. Ich möchte ganz kurz in der Antragseinbringung klarstellen und auch abgrenzen, dass unser Antrag ein Stück weiter zielt. Es geht in unserem Antrag nicht darum, die aktuelle Versorgungssituation an den berufl ichen Schulen allein ins Auge zu fassen, weil ich denke, dass wir dazu im Bildungs- und auch im Finanzausschuss richtige Entscheidungen getroffen haben und mit unserer Entschließung deutlich gemacht haben, dass die diesjährige Versorgung mit unseren interessierten Augen beobachtet wird, dass wir mittels des Monitorings sicherstellen wollen, dass jedem Ausbildungswilligen und -fähigen eine Lehrstelle zur Verfügung steht.

(Zuruf von Regine Lück, Die Linkspartei.PDS)

Ich denke, dieses Thema wird zum vereinbarten Termin im Bildungsausschuss wieder aufgerufen und ist quasi die Taktik bei dem Thema, der kleine Schritt.

Wir gehen in diesem Antrag ein Stück weiter. Die Kolleginnen und Kollegen, die schon etwas länger in diesem Hohen Hause arbeiten, wissen, dass das Thema Unterrichtsversorgung uns Jahr für Jahr wieder belastet – in unterschiedlichem Maße, in unterschiedlicher Stärke. Und es gibt auch einige, die stellen tatsächlich die berechtigte Frage: Wird das jemals völlig punktgenau planbar und realisierbar sein? Ich wage die Prognose nicht, wann wir das wirklich so schnell hinbekommen. Nichtsdestotrotz fi ndet sich auch in unserem Koalitionsvertrag in der Ziffer 177 zum Thema Berufsschulen gerade der Punkt, dass wir uns darauf verständigt haben, die Unterrichtsversorgung dort erheblich zu verbessern, denn wir erinnern uns: Wir waren in den letzten Jahren teilweise bei knapp über 80 Prozent. Das konnte niemanden von uns zufriedenstellen.

Der Versuch, auch im Nachtragshaushalt mit weiterer Streichung von 100 kw-Vermerken einen Beitrag zu leisten für eine bessere Unterrichtsversorgung, zeigt, dass bereits gehandelt wird. Ich weiß auch, dass das Thema beim Minister in sehr guten und kompetenten Händen ist. Aber ich denke, wir wollten auch vonseiten des Parlaments diesen Weg konstruktiv begleiten, denn uns allen ist klar, Berufsschule, Berufsausbildung ist nicht nur ausschließlich ein Thema des Bildungsministeriums. Wir sehen sehr deutlich, dass die Wirtschaft und das entsprechende Ministerium, dass die Partner des Ausbildungspaktes ebenso gefragt sind, und darum wollen wir auch gern als Initiatoren quasi dieser weitergehenden

Schrittfolge gelten. Was wir anstreben, ist ein Konzept, das in die Zukunft zeigt, das dem Geburtenrückgang, der demografi schen Entwicklung Rechnung trägt und diese auch als Chance begreift. Denn uns allen ist klar, das haben wir im Bildungsausschuss verfolgt, wie sich die Berufsschulstandorte von heute entwickeln müssen, nämlich zu regionalen berufl ichen Bildungszentren. Wir wissen, dass im Prinzip sehr, sehr viel inhaltlich dazu passiert ist, dass aber Entscheidungen zu zukünftigen Standorten mitunter auf der Strecke blieben, weil regionale Interessen einfach wichtiger waren als die Gesamtschau bei den Zentren, die wir im Auge haben müssen. Wir haben also Strategie im Auge.

Und weil Frau Gramkow die ganze Zeit irritiert zu mir und zu dem Antrag guckt,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

will ich tatsächlich das Strategische einmal untersetzen mit den Formulierungen, die sich hier wiederfi nden. Mir war es nur noch einmal wichtig abzugrenzen, dass wir mehr wollen, als die momentane Situation zu beleuchten.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Steht im Antrag, ja. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Gut. Wir haben heute schon so viele Missverständnisse gehabt, Frau Gramkow, ich wollte dem einfach vorbeugen, ganz entspannt.

Uns allen ist ein großes Problem mehr und mehr deutlich geworden, dass nämlich die Zahl der Altbewerber zunimmt, derjenigen, die nicht etwa gerade aus der Schule kommen und aktuell eine Lehrstelle suchen, sondern derjenigen, die bereits ein, zwei oder drei Lehren erfolglos hinter sich haben, die nicht die richtige Ausbildung gefunden haben aus den verschiedensten Gründen. Ich sage, wenn bereits 52 Prozent aller Lehrstellensuchenden Altbewerber sind, dann muss man sich des Problems inhaltlich annehmen.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Dann muss man fragen: Woran liegt es? Sind es die falschen Instrumente, die da greifen? Muss man endlich mal die Analyse unternehmen, wie man differenzierter mit dem Problem umgeht? Muss man auch einmal wieder die Frage nach Eigenverantwortung stellen? Denn ich glaube auch nicht, dass hier allein die Verantwortung des Staates liegt, genauso sehr ist derjenige Auszubildende, denke ich, zu motivieren, die nötigen Voraussetzungen beizubringen. Ich teile zwar nicht die globale Einschätzung der Wirtschaft, die sagt, die Schulabgänger heutzutage sind zum großen Teil nicht ausbildungsfähig – beileibe nicht. Ich weiß aber wohl, dass an dieser Kritik zumindest ein Funken Wahrheit ist, und diesem Funken muss man an der Stelle auch nachgehen, indem man ein spezielles Programm entwickelt, wie Sie es in unserem Punkt 2 vorfi nden.

Im Punkt 3 sind wir wieder bei dem Thema Demografi e. Wie wenig Zeit haben wir eigentlich noch, bis es hier einen Mangel an Auszubildenden gibt, einen Fachkräftebedarf, der jetzt schon zu prognostizieren ist? Wenn wir uns nicht jetzt dafür aufstellen, indem beispielsweise die regionalen berufl ichen Bildungszentren auch auf Weiterbildung eingestellt sind, dann sind wir in Zukunft auch für die Bedarfe der Wirtschaft schlecht aufgestellt.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Ich betone noch einmal die gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung für dieses Thema. Man kann vielleicht bei der Arbeit an dem Konzept davon absehen, das Schwarzer-Peter-Spiel zu spielen, sondern sich stattdessen konstruktiv wieder zu beteiligen. Damit wäre uns allen gedient und ich denke, dass wir gemessen an den Partnern und an den positiven Erfahrungen mit den Partnern hier zügig zu guten Ergebnissen kommen können.

Ein letztes Wort zum Änderungsantrag der FDP zum Thema Berichtswesen. Vom Grundsatz her ist nichts dagegen einzuwenden,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

dass der Bildungsausschuss einbezogen wird, und ich gehe auch davon aus. Ich hoffe auch, dass der Minister uns noch einmal deutlich sagt, dass die Ausschüsse – Wirtschaftsausschuss, Bildungsausschuss – zeitnah eingebunden werden. Aber das Ganze bis zum Oktober 2007 vorzulegen, halte ich nicht für den richtigen Termin, weil das kaum zu schaffen ist bis dahin.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben.)

Und insofern – sorry, es ist kein unfreundlicher Akt – würden wir bitte Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen können, aber wir möchten natürlich zeitnah informiert werden.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

In dem Sinne kommen wir Ihnen entgegen. – Damit bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Danke, Frau Polzin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Als erster Redner ist gemeldet der Wirtschaftsminister Herr Seidel. Herr Seidel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich herzlich bedanken bei den Koalitionsfraktionen, dass wir diesen Antrag hier beraten werden. Ich glaube, dass es ein Anliegen aller Fraktionen ist, sich mit den Fragen, Problemen, mit der Situation der Berufsausbildung und all dem zu beschäftigen, was damit im Zusammenhang steht. Es geht schließlich, wie man so schön sagt, um die Zukunft. Und von daher gesehen möchte ich gern noch einmal zu Beginn meiner Ausführungen ganz deutlich feststellen, dass die duale Ausbildung eine originäre Aufgabe der Wirtschaft ist. Sie muss für die nötigen Ausbildungsplätze sorgen, sie muss ihren Fachkräftenachwuchs sichern. Dies wird immer wichtiger. Und insofern will ich dies auch gern noch einmal angesichts einer Situation, die in Mecklenburg-Vorpommern zugegebenermaßen etwas anders ist, als man es gewohnt ist über die Jahre aus der Bundesrepublik Deutschland, klar und deutlich sagen, denn den richtigen Ansatz haben die Bundesregierung und die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft mit dem „Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland 2007 – 2010“ gefunden.

Auf der Grundlage der Einschätzungen der Agenturen für Arbeit erwartet die Bundesagentur in Mecklenburg-Vorpommern für 2007 23.500 Bewerber. Das ist eine Zahl, die wir, glaube ich, nun schon mittlerweile verinnerlicht haben. Das ist ein Rückgang um 2.119 Bewerber, siehe demografi sche Entwicklung. Dieser Einschätzung hat sich auch der Landesausschuss für Berufsbildung angeschlossen. Die Bewerber setzen sich also auf der einen Seite zusammen aus den Schulabgängern und auf der anderen Seite aus den Altbewerbern, wie wir sie immer inzwischen nennen. Das Neue, die besondere Situation ist, dass die Zahl der Altbewerber über die Jahre gestiegen ist, wir jetzt bei 52 Prozent liegen – wir hatten im letzten Jahr noch 46 Prozent – und sich in der Tat hier ein Problem entwickelt hat. Die Entwicklung in den nächsten Monaten bleibt abzuwarten.

(Zuruf von Regine Lück, Die Linkspartei.PDS)

Es ist so, dass man im Moment keine seriöse Datenlage hat, aber man kann inzwischen eins sagen: Wir haben Ende April einen Rückgang bei den betrieblichen Ausbildungsplätzen. Wir haben 7.276 Plätze. Das sind 9,5 Prozent weniger. Mit dieser Situation dürfen wir uns nicht zufriedengeben, gar keine Frage, das ist an sich nicht zu akzeptieren.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Wenn wir auf der einen Seite die konjunkturelle Entwicklung sehen, dann müssen wir auch die Wirtschaft auf der anderen Seite ganz klar in ihrer Verpfl ichtung ermahnen oder sie daran erinnern. Wir haben aber auf der anderen Seite auch einen starken Rückgang der Bewerberzahlen. So hatten wir bis 2007, also bis zum April, 15.815 Bewerber. Das sind 3.947, also ungefähr 20 Prozent weniger Bewerber als in den vergangenen Jahren. Ich hatte gesagt, diese Zahlen bitte ich mit Vorsicht zu genießen, sie sind noch relativ unkonkret. Demgegenüber steht ein zunächst mal voraussichtlich folgendes Angebot an betrieblichen und außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen – ungefähr 10.500 betriebliche Ausbildungsplätze und 2.800 außerbetriebliche Ausbildungsplätze. Das entspricht ungefähr dem Niveau des Vorjahres. Und im Rahmen des Ausbildungsplatzprogrammes Ost – da unterzeichnen wir jetzt am 11. die Vereinbarung – werden für Mecklenburg-Vorpommern 1.643 Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt. Das heißt, wir haben die Situation, dass den Bewerbern ungefähr 15.000 Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Wenn Sie das jetzt mal zu den 23.500 ins Verhältnis setzen, dann hätten wir also im Moment für zwei Drittel der Bewerber Ausbildungsplätze. Das muss uns aber noch nicht in Unruhe bringen,

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Schon.)