Protocol of the Session on March 28, 2007

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Dem Redner hätten Sie das bitte auch sagen müssen.)

Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Müller von der Linkspartei.PDS.

(Unruhe bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Werner Kuhn, CDU)

Meine Rede hat sich erübrigt. Das Gesetz muss geändert werden. Das habe ich jetzt vernommen.

Werter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass bei diesem Thema unser Beschlussantrag heißt: „Alle Kinder gleich behandeln“.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)

Ich sage es hier noch mal klar und deutlich,

(Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

wir wollten hier keine Vermischung mit dem, was wir heute Morgen diskutiert haben, sondern ein ganz für sich stehendes Thema.

(Beifall Dr. Marianne Linke, Die Linkspartei.PDS)

Zu der Anmerkung wegen dem Nichtlesenkönnen. Ich fand mich irgendwie angegriffen, weil ich als Popanz bezeichnet wurde von Herrn Kuhn. Nur das mal zur Richtigstellung.

(Jörg Vierkant, CDU: Das stimmt nicht, das stimmt nicht.)

Er hat das gesagt.

(Jörg Vierkant, CDU: Er hat gesagt, Popanz auf- bauen. Das ist eine ganz andere Redewendung.)

Meine Damen und Herren, die Debatte ist schon sehr, sehr lang. Allerdings haben wir in...

Frau Abgeordnete Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kuhn?

Nein, ich muss ja erst mal anfangen zu reden.

(Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja wohl unfair, Herr Kuhn. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

unserer Gesellschaft. Das wird von Ihnen fälschlicherweise propagiert. Wir sind uns in der Koalition einig darüber, nicht nur den Arbeitslosen und ihren Familien zu helfen und ihnen nicht den Rotstift anzusetzen. Dies gilt im Besonderen auch für Kinder. Folglich unterstützen wir als Landesregierung nachhaltig den Einsatz für Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit von Kindern. Heute Morgen haben wir darüber debattiert. Der Einstieg in das Kindergartenjahr, das nicht mehr mit Elternentgelt versehen ist, der soll so schnell als möglich geschafft werden.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Warten wir es mal ab!)

Das ist eine Form von Chancengleichheit, damit letztendlich in der Vorschulausbildung, in der frühkindlichen Bildungsphase unsere Kinder einen guten Einstieg in die Grundschule haben und eine vernünftige schulische Bildung bekommen, die eine Grundvorsetzung für die berufl iche Bildung nachher ist. Wir müssen doch den Tatsachen in Mecklenburg-Vorpommern ins Auge schauen und wissen ganz genau, dass es nicht nur kompliziert ist, genügend Lehrstellen zu bekommen, sondern die Bewerber, die auf die einzelnen Lehrstellen refl ektieren, sind ja manchmal nicht in der Lage, die Grundvoraussetzungen zu erfüllen. Das ist eine Riesenaufgabe.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich fi nde, dass Sie regelrecht am Thema vorbeireden.)

Es geht um Chancengleichheit, es geht um Kinder und da spielt das eine enorme Rolle.

(Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Es geht um den Antrag „Alle Kinder gleich behandeln“.)

Das bedeutet aber nicht, dass wir den vorliegenden Antrag der Linkspartei.PDS in der Form unterstützen, wie Sie das gerade vorgeführt haben. Sie, liebe Genossinnen und Genossen, kommen wieder einmal zu spät.

(Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja wohl der Gipfel!)

Wir haben den Knackpunkt geregelt. Die Landesregierung ist längst auf Bundesebene erfolgreich gewesen. Ich habe es Ihnen vorhin gesagt.

(Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Wie bitte?! Da steht „kann“.)

Das Arbeitslosengeld II wird nicht von einem Begrüßungsgeld

(Zurufe von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS, und Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

oder anderen Zuwendungen in der Bedarfsgemeinschaft belastet. Sie laufen mit Ihrem Antrag ins Leere.

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Deshalb möchte ich auch diesbezüglich meine Ausführungen beenden. Unsere Fraktion wird Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Herr Abgeordneter, hier ist noch eine Anfrage von Frau Gramkow von der Linkspartei.PDS.

Die vertagen wir besser in den Ausschuss.

Also wie gesagt, die Debatte war schon sehr, sehr lang. Allerdings habe ich das Gefühl, dass hier keine Argumente ausgetauscht wurden, sondern Argumente gesprochen wurden, mit dem Zuhören war es gegen null tendierend. Denn wenn man zugehört hätte, hätte man gewusst, dass es uns als Linkspartei um einen ganz spezifi schen Fakt geht. Und über diesen spezifi schen Fakt werden wir hier reden, werde ich hier reden und werde das noch einmal ganz differenziert darstellen. Und da hilft auch nicht, dass Herr Seidel sich mit Herrn Müntefering darüber geeinigt hat, wie Begrüßungsgeld behandelt werden „kann“.

(Jörg Vierkant, CDU: Das war aber ein großer Erfolg.)

Und, meine Damen und Herren, die Sie da gelesen haben im „Nordkurier“, lesen Sie bitte richtig. Herr Müntefering hat gesagt, dass Begrüßungsgeld nicht anrechnungsfähig sein „kann“. Und genau dieses Wort steht heute in der Zeitung auch. Außerdem geht es uns nicht nur um Begrüßungsgeld – das steht auch ganz deutlich da –, sondern um Sach- und Geldgeschenke für Kinder und Jugendliche, also auch um Konfi rmationsgeschenke, um Kommunionsgeschenke, um Jugendweihegeschenke, Weihnachten, Ostern und so weiter. Uns geht es ganz spezifi sch darum, dass diese Geschenke nicht nur nicht angerechnet werden können, sondern dass sie nicht angerechnet werden. Wer will denn von uns wirklich, dass Kinder und Jugendliche, wenn sie von ihren Verwandten, Eltern, Oma, Opa, Onkel, Tante und so weiter Geschenke bekommen, die einsetzen, um, Herr Kuhn, dafür die Heizung der Familie zu bezahlen?! Es wäre schön, Herr Kuhn, wenn Sie die Gesetze kennen würden, die Sie selber mit verabschiedet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Das wäre gut.)

Es bekommen nicht beide Eltern, Vater und Mutter, diese 345 Euro. Der Zweite bekommt 311 Euro. Das ist schon etwas weniger, ganz davon abgesehen, was es dann noch für die Kinder gibt. Außerdem lenkt das vom wahren Problem, was wir hier ansprechen, ab. Es geht um die Geschenke, um die Sachleistung, die bitte schön ein Kind, ein Jugendlicher erhält für dieses und jenes. Das darf nicht angerechnet werden. Da haben wir auch ganz klipp und klar und deutlich geschrieben, dass wir hier auffordern, dass dafür gesorgt wird, dass bis zur Änderung des Gesetzes – Herr Grabow, wir haben auch nicht geschrieben, dass die Landesregierung das Gesetz ändern soll –,

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

dass bis zur Änderung des Gesetzes Möglichkeiten gefunden werden, einmal die Familien aufzuklären, inwieweit sie agieren müssen, damit Geschenke als Geschenke anerkannt werden, und zum anderen dafür zu sorgen, dass diejenigen, die bearbeiten, auch dementsprechend handeln können, nämlich dass sie wirklich Geldgeschenke und Sachleistungen anrechnungsfrei behandeln. Das steht dann so schön im Gesetz, dass die Berater das im Einzelfall prüfen und entscheiden können.

Meine Damen und Herren, die Sie hier sitzen und, ich denke, doch mehr oder weniger auch mit Arbeitslosengeld-II-Empfängern zu tun haben, indem sie zu Ihnen kommen und ihre Nöte schildern, oder wir, die wir im

Petitionsausschuss sind, wenn ein Berater/eine Beraterin diese Möglichkeit hat, hat er/sie sie doch nicht wirklich. Wir wissen doch ganz genau – und ich weiß auch, dass es interne Anweisungen dahin gehend gibt –, dass das Geld zu sparen ist, dass einzusparen ist. Wir haben sehr wohl schon einmal zu Gehör bekommen, auf welche Art und Weise die Bundesagentur für Arbeit Geld eingespart hat und sich auch damit brüstet, dass sie das eingespart hat. Sie sparen, sie sparen, sie werden eben nicht entscheiden, kann oder kann nicht. Sie werden entscheiden, kann lieber nicht, eh ich selber was draufkriege. Deswegen fordere ich, fordern wir von Ihnen, hier dementsprechend zu agieren, dass, bis es eine eindeutige Regelung von Gesetzesseite, also von Bundesseite gibt, hier im Lande alle Möglichkeiten erfasst werden, um ganz eindeutige Richtlinien dahin gehend festzulegen, wie mit diesem kindbezogenen – und ich betone, kindbezogenen – und nicht Familien erhaltenden Leistungen umzugehen ist.

Sie haben sehr wohl auf das SGB II abgehoben. Da mache ich auf Folgendes aufmerksam, aber das wird Sie nicht weiter befremden, wenn es von jemandem kommt, der der Linkspartei angehört. Sie haben voriges Jahr im Sommer das SGB II mit dem sogenannten Fortentwicklungsgesetz bereichert – Anführungsstriche bitte bei „bereichert“. Dass Sie sich nicht schämen, zu so einer stringenten Art und Weise des Umklammerns von Menschen Fortentwicklungsgesetz zu sagen! Fortentwicklung wovon? Fortentwicklung von Armut und von ungleicher Behandlung von Kindern, denn wenn Sie auf der einen Seite sagen, dass Beraterinnen und Berater entscheiden können, ob sie anrechnen oder nicht, dann sage ich Ihnen klipp und klar: Nach dem Fortentwicklungsgesetz ist ihnen das gar nicht möglich. Darin steht ganz eindeutig, die Summen zum Decken der Bedarfe sind festgeschrieben, mehr wird nicht gebraucht und alles, was darüber hinaus ist, ist abzulehnen. Lassen Sie sich mal durch den Kopf gehen, auf welche Art und Weise Sie hier die Angestellten, die Beraterinnen und Berater in die Zwickmühle bringen, wenn Sie nicht in der Lage sind, für eine kurze Zeit, bis etwas anderes ins Gesetz geschrieben worden ist, eindeutige Dinge schriftlich niederzulegen.

Ich mache Sie nur ganz nebenbei darauf aufmerksam, dieses Fortentwicklungsgesetz im SGB II ist Artikel 3 Absatz 3. Wir haben ein Grundgesetz. Da gibt es ebenfalls unter dem Punkt 3 Absatz 3 eine wunderschöne Angelegenheit. Da steht, kein Mensch darf wegen seiner Rasse, Religion, wegen seines Geschlechtes, wegen seiner Wohnung, wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Es ist fast ein Omen, dass Sie genau diese Paragrafen genommen haben für dieses Fortentwicklungsgesetz und Kindern noch weniger gleiche Behandlung – ich betone, gleiche Behandlung – wie anderen Kindern zukommen lassen wollen.

Geben Sie Ihrem Herzen ein Stoß! Wir haben Argumente miteinander ausgetauscht, wir haben einander auch Stück für Stück zugehört. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche über das, was sie geschenkt bekommen, in Bedarfsgemeinschaften verfügen können. Es kann doch nicht so schwer sein, sich dafür zu begeistern. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Frau Müller, ich möchte Sie noch auf Folgendes hinweisen: Sie haben eben gesagt, dass Sie sich vorhin angegriffen fühlten mit dem Begriff

„Popanz“. Wir haben uns hier noch einmal ausgetauscht. Das bezog sich nicht auf Sie.

Ich möchte dazu aber noch einmal feststellen: Wenn jemand hier einen Fehler macht, hat der andere nicht das Recht, seinerseits auch einen Angriff zu machen. Insofern, es gibt kein gleiches Recht im Unrecht. Kein Abgeordneter hat hier, weil ein anderer einen Fehler gemacht hat, das Recht, auch so zu verfahren.