Protocol of the Session on May 18, 2011

Aber worum geht es uns? Uns geht es darum, dass ein Krankenhaus auf den echten medizinischen Bedarf reagieren kann. Sehen Sie den letzten Winter, in dem sich bedauerlicherweise gerade viele ältere Menschen in unserem Land Brüche geholt haben, wegen dem strengen Winter, wegen Eis und Glätte.

(Udo Pastörs, NPD: Nicht wegen des Winters, weil die Streupflicht nicht erfüllt wurde.)

Und wenn jetzt in der Orthopädie eines Krankenhauses die Betten belegt sind, dann ist es doch ein Irrwitz, dass es so läuft, wie es bisher war, dass dann ein Krankenhaus beantragen muss, ich brauche fünf Betten mehr, und durch die ganze Planungsmühle, die ein halbes Jahr eigentlich dauert, durch muss, um diese fünf Betten zu bekommen, anstatt zu sagen, meine Chirurgie ist gerade nur mit 70 Prozent belegt, da habe ich Betten frei und deswegen kann ich diese Betten nutzen für die Orthopädie. Darum geht es uns, dass wir wirklich auf die akute Situation reagieren können, dass wir nicht diese alten Menschen wegschicken und sagen, dann musst du dir das nächste Krankenhaus suchen.

Und da muss ich Sie doch ganz herzlich bitten, Frau Dr. Linke, wir haben es jetzt mehrfach gesagt: Hören Sie auf, nur weil Sie Stimmung gegen das Gesetz machen wollen, hier auf dem Rücken von Menschen Ängste zu schüren, die nicht da sind!

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Dieses Krankenhausgesetz, diese Rahmenplanung sorgt dafür, dass wir unbürokratischer werden, dass Krankenhäuser flexibler werden und dass Krankenhäuser da sein können für die medizinischen Nöte, die wirklich vorhanden sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig. Sehr gut. – Stefan Köster, NPD: Die werden demnächst einfach Abteilungen zumachen. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ich bin sehr stolz darauf, dass wir gemeinsam die Patientenrechte stärken. Zukünftig wird es Patientenbeschwerdestellen an jedem Krankenhaus geben. Die Kritik der Patienten kann somit sofort Beachtung finden und auch ausgeräumt werden. Familien haben jetzt das Recht, ihr Kind im Krankenhaus rund um die Uhr begleiten zu können. Ich freue mich, dass auch Menschen mit Behinderungen die gewünschte Begleitung nun rechtlich deutlich besser einfordern können als bisher – das ist auch ein Beitrag für die inklusive Gesellschaft – und, was mir besonders am Herzen liegt, dass wir auch in der palliativen Versorgung den sterbenden Menschen die familiäre Begleitung ermöglichen können.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, der Gesetzentwurf berücksichtigt die speziellen Erfordernisse unseres Flächenlandes. Die Entbürokratisierung im Bereich der Krankenhausfinanzierung tritt neben eine schlanke Krankenhausplanung. Dabei wurden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten verstetigt, aber die Finanzierungsstrukturen an sich deutlicher und zielgenauer erfasst. Die Festbetragsfinanzierung wurde als Regelfall der Einzelförderung vorgesehen und die pauschalen Fördermittel unterliegen nicht mehr einer jährlich neu zu fassenden Verordnung. Die Maßgaben dieser Förderung werden nun einmalig in einer Verordnung festgelegt, tragfähig und verlässlich, kooperativ und praktikabel. Ich sehe diese Entbürokratisierung sehr positiv.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dieser Betrachtung stehe ich nicht alleine da. Das neue Gesetz fand im Rahmen der Anhörung der Verbände ein positives Echo.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, den wir mit den Verbänden kooperativ abgestimmt haben und der auch im Sozialausschuss sehr konstruktiv beraten wurde. Und an der Stelle möchte ich mich für die konstruktive Beratung im Sozialausschuss bedanken. Ich sehe die Änderungsanträge der Regierungsfraktionen und auch die der FDP, die im Sozialausschuss eine Mehrheit fanden, sehr positiv. Ich möchte mich hier bei der FDPFraktion bedanken, dass Ihnen offensichtlich als Oppositionsfraktion auch daran gelegen ist, wichtige Gesetze des Landes nicht im Wahlkampf zu zerreiben, sondern konstruktiv mitzuarbeiten.

Ich habe einen letzten Punkt, den ich ansprechen will, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete: Bund und Länder diskutierten in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv darüber, wie wir zu einer besseren medizinischen Versorgung kommen können. Und ein wichtiger Punkt in dieser Diskussion ist die Verzahnung der Sektoren von ambulanter und stationärer Versorgung. Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser sollen die Möglichkeit bekommen, besser miteinander zu kooperieren. Dazu hat am Dienstag dieser Woche bei

dem Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr mit den Regierungsfraktionen des Deutschen Bundestages und mit zwei Vertretern, Herrn Grüttner und mir, der Ländergesundheitsminister eine abschließende Beratung stattgefunden. Ich bin der Meinung, dass der Schritt, ein neues Versorgungsgesetz auf den Weg zu bringen, wo wir auch zulassen, dass die verschiedenen Leute im Gesundheitswesen miteinander kooperieren, um hier die medizinische Versorgung zu verbessern, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Ich bin sehr froh, dass die vielen Punkte, die auch hier im Landtag mehrheitlich durch die Regierungsfraktionen für dieses Versorgungsgesetz beschlossen worden sind, dass diese Punkte sich jetzt auch in den gemeinsamen Eckpunkten zwischen Bund und Ländern wiederfinden. Und wenn wir dieses Versorgungsgesetz auf den Weg bringen, ist es auch ein Zeichen dafür, dass wir in der Lage sind, über Ländergrenzen hinweg und über Parteigrenzen – jedenfalls einigen Parteigrenzen – hinweg Politik für die Menschen zu machen.

Mit unserem neuen Krankenhausgesetz warten wir aber nicht darauf, sondern wir haben bereits mit diesem Gesetz die Weichen für eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit gestellt. Die Arzneimittelversorgung der Patienten im Übergang vom Krankenhaus zur ambulanten Versorgung wurde aufgegriffen und geregelt. Erstmals ist es auch möglich, die Nutzung von geförderten nicht mehr benötigten Krankenhausflächen der ambulanten Versorgung zugänglich zu machen. Die Vernetzung beider Versorgungsbereiche wird vorangebracht und wirtschaftlicher Leerstand wird vermieden. Die Mitnutzung von Geräten ist ebenfalls ein wichtiger Baustein für diese Zusammenarbeit. Synergien werden genutzt und alte, überholte Strukturen aufgebrochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die verantwortungsvolle Zusammenarbeit bedanke ich mich bei Ihnen. Viele von Ihnen haben uns bei diesem Gesetz gut unterstützt, uns begleitet. Ich bin sehr froh, dass es heute dazu kommen wird, dass wir dieses Gesetz mehrheitlich auf den Weg bringen können.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle aber auch ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, die seit über einem Jahr gemeinsam mit den entsprechenden Verbänden sehr konstruktiv dieses Gesetz erarbeitet und hier viel fachliches Know-how und Kraft investiert haben. Vielen Dank für diese Arbeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie, heute dieses Krankenhausgesetz zu beschließen. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in MecklenburgVorpommern, einer guten medizinischen Versorgung, im Interesse unserer Krankenhäuser als große Arbeitgeber und der Planungssicherheit bin ich guten Mutes, dass Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, dieses Gesetz heute hier mit Ihrer Abstimmung zum Erfolg bringen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der in Rede stehende Tagesordnungspunkt wird immer wieder in den Medien reflektiert. Lassen Sie mich deshalb den feinen Unterschied zwischen den Auffassungen meiner Fraktion und der Sozialministerin benennen: Wir verstehen diese Politik, aber wir haben für diese Politik kein Verständnis. Wir reden nicht über ein „Wünsch dir was“ einer Ministerin in ferner Zukunft,

(Angelika Peters, SPD: Aber Sie verstehen das.)

sondern über das Hier und Heute, niedergelegt in der Drucksache 5/6967.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Verantwortung für die Krankenhausversorgung ist laut Bundesgesetz und gemäß bisherigem Landesgesetz eine staatliche Aufgabe, gerichtet auf eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und damit flächendeckende stationäre medizinische Versorgung der Bevölkerung. Sie entzieht sich damit weitestgehend den Regelmechanismen,

(Udo Pastörs, NPD: Sollte sich entziehen.)

wie diese in der Wirtschaft durch Angebot und Nachfrage sowie Gewinnmaximierung gelten. Ausgehend vom Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes hat sich Mecklenburg-Vorpommern als Land, haben sich die Kommunen und die Krankenhäuser des Landes in der Vergangenheit dieser Aufgabe gestellt. Der zum 01.01.2005 in Kraft gesetzte und immerhin noch geltende Krankenhausplan folgt dieser Logik. Für Frau Sozialministerin Schwesig soll sich das nun ändern, sie will die Krankenhausplanung modernisieren und die Krankenhausfinanzierung entbürokratisieren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist doch sehr gut.)

Modernisieren, Entbürokratisieren, das sind große Worte, Herr Nieszery,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, genau.)

sie klingen für die SPD außerordentlich zeitgemäß.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, für Sie nicht?)

Eigentlich fehlt nur noch die Wortgruppe „Eigenverantwortung stärken“, dann wäre die Trias der Deregulierung und Liberalisierung komplett, eine Trias, die im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts mit Steuersenkungen für Vermögende und der Umsetzung der Agenda 2010 durch Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder, die Minister a. D. Clement, Schmidt, Fischer und die anderen noch aktiven Abbauakteure des Sozialstaates Einzug gehalten hat.

(Beifall Udo Pastörs, NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ja sehr schön, dass Sie da Beifall kriegen von Herrn Pastörs.)

Im Rahmen der Anhörungsverfahren wurde deutlich,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

dass sich bei Umsetzung dieses Gesetzes das flächendeckende Netz der Krankenhäuser als Zentren einer bedarfsgerechten, wohnortnahen Versorgung langfristig und dauerhaft zum Nachteil der hier lebenden Bevölkerung verändern wird. Lassen Sie mich das allein an drei Punkten aus der Anhörung begründen.

Punkt eins: Interessant ist, dass sich alle Anzuhörenden bei sehr divergierenden Eigeninteressen für den Erhalt der Planungsgrundsätze des geltenden Gesetzes ausgesprochen haben und damit die Rahmenplanung, so, wie sie nun eingeführt werden soll, abgelehnt haben. Die Planungsgrundsätze des bisherigen Gesetzes basierten auf ganz normalen Managementprinzipien, nämlich Bestandsanalyse, Bedarfsprognose und daraus abgeleiteten Planmaßnahmen, aber eben durchgeführt in staatlicher Kontrolle. Natürlich gehörten zu einem ordentlichen Planverfahren auch regelmäßige Anpassungen. Sonst würde ja dieser Plan, der gegenwärtig gilt, nicht schon das siebte Jahr in Kraft sein. Es wird also die, ja, ich sage mal, Akteure des Gesundheitswesens ungeheuer verblüffen, wenn sie hören, dass in den letzten beiden Jahren in den harten Wintern Brüche nicht behandelt werden konnten, weil der Plan nicht rechtzeitig angepasst werden konnte. Also bereiten Sie sich vielleicht schon mal auf die Kleine Anfrage dazu vor.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Im Winter sind Sie gar nicht mehr dabei, Frau Dr. Linke. Wer soll denn da die Kleine Anfrage stellen?)

Gut, also die Planungsgrundsätze waren bisher gesetzlich vorgegeben, um den staatlichen Auftrag einer bedarfsgerechten Versorgung sicherzustellen und Disproportionen im Land bei der Krankenhausversorgung zu verhindern. Die gesetzlichen Krankenkassen, die Krankenhausgesellschaft und andere Anzuhörende verweisen zu Recht darauf, dass die gegenwärtige flächendeckende, bedarfsgerechte, wohnortnahe Krankenhausversorgung in Mecklenburg-Vorpommern gerade eben das Ergebnis dieser Art der Planung ist, wie sie im geltenden Gesetz im Paragrafen 24 Absatz 1 vorgeschrieben ist, die entgegen der Auffassung der Ministerin, wie wir es eben noch mal gehört haben, von den Anzuhörenden weder als bürokratisch noch als überholt gelten.

In der gemeinsamen Stellungnahme der gesetzlichen Krankenkassen heißt es zur nunmehr vorgesehenen Rahmenplanung unter anderem, ich zitiere: Die Festlegungen im Gesetzentwurf werden „nicht von rechtlich gesicherten Instrumenten begleitet, welche die gewünschte Ausgestaltung des Versorgungsauftrages durch die Selbstverwaltungspartner ausreichend ermöglicht.“ Weiter heißt es auf Seite 5 der Stellungnahme: „(Wir) halten die Einführung einer Rahmenplanung für kein geeignetes Mittel, um die aufgeführten Ziele zu erreichen.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die Ziele sind doch klar, Frau Dr. Linke, oder?)

Ich zitiere weiter: „In Folge … ist eine flächendeckende Versorgung mit bestimmten Fachabteilungen zur Erbringung medizinischer Leistungen ggf. nicht mehr sichergestellt.“ Ende des Zitates. So weit zur Rahmenplanung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das glauben Sie doch nicht wirklich, oder?)

Zum Punkt zwei: Krankenhäuser, die nach den gesetzlich verankerten Grundsätzen in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen wurden, hatten in der Vergangenheit einen gesetzlichen Anspruch auf Aufnahme in das Investitionsprogramm des Landes. Dieser Anspruch wurde bisher lediglich dahin gehend eingeschränkt, dass es keinen Anspruch auf den Zeitpunkt der Durchführung dieser Investitionsmaßnahme geben konnte.

Im Paragrafen 12 Absatz 2 Satz 3 des vorliegenden Gesetzentwurfes heißt es nun schlicht und ergreifend:

„Ein Anspruch auf Aufnahme in das Investitionsprogramm besteht nicht.“

(Harry Glawe, CDU: Das bezieht sich doch immer auf ein Planungsjahr, Frau Dr. Linke.)