Ist ein Maler, Bildhauer, Medienkünstler, Grafiker oder Fotograf berühmt geworden, dann sind seine Kunstwerke in Museen und Sammlungen präsent und auch in Katalogen zu betrachten. Wahrscheinlich hat eine kunstwissenschaftliche Aufarbeitung schon begonnen, ist ein Werksverzeichnis erstellt. Und selbstverständlich wird es Museen ein Bedürfnis sein, Teilnachlässe oder sogar den gesamten Künstlernachlass zu übernehmen.
Wenn ein weniger bekannter Künstler stirbt, ist es um seinen künstlerischen Nachlass meistens schlechter bestellt. Nicht selten sind die Angehörigen, die der Künstler beerbt, mit den besonderen Aufgaben, die sich daraus ergeben, überfordert. Zur Trauer und allen unabdingbaren Regelungen und Handlungen, die stets zum Todesfall nötig werden, kommt die Erfassung der Kunstwerke, kommt die Feststellung ihres Wertes, kommt die Sorge um deren Verbleib. Für die Erben von Bildhauerinnen und Bildhauern potenzieren sich in dieser Hinsicht die Problemstellungen, geht es doch hierbei in der Regel um Werke mit größeren Ausmaßen und auch um Gussformen, die ihre Herstellung voraussetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, das rege Kunstschaffen insbesondere der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der jüngsten Vergangenheit verdient es dringend, bewahrt und erforscht zu werden. Die bestehenden Museen können dies nur noch beschränkt leisten, auch wenn dort die wissenschaftliche Aufarbeitung garantiert und die Werke für Forschung und als Leihgabe für Ausstellungen erreichbar wären. Aber Museen sehen zunehmend ihre Aufgabe an anderer Stelle und nicht so sehr darin, sich mit dem kulturellen Erbe zeitgenössischer bildender Kunst zu beschäftigen. Was also tun und wohin mit dem Nachlass?
Auch andere Länder beschäftigen sich mit diesen Fragen. In Hamburg existiert ein Forum für Künstlernachlässe. Dieses beschränkt sich aber hauptsächlich auf die Archivierung der Werke. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen plant Ähnliches. Auch in Berlin und Leipzig gibt es Bemühungen. Darüber hinaus gibt es in
Deutschland ein paar private Projekte. Meist handelt es sich um Stiftungen. Die größte dieser Art ist das Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kulturfonds in der Abtei Brauweiler bei Köln. Im Depot befinden sich dort 6.000 Bilder. Dort, so sagten uns die Verantwortlichen, hätte man alle Platzkapazitäten bereits ausgereizt.
Auch wenn man nun Erweiterungsbauten und Satellitenprojekte plant, sind die dortigen Aktivitäten keine Lösung für die Herausforderungen, vor denen wir in Mecklenburg-Vorpommern stehen. Wir schlagen Ihnen seitens der LINKEN deshalb vor, dass die Landesregierung im Zusammenwirken mit den Künstlerverbänden prüft, inwiefern unterstützende Maßnahmen des Landes zur Pflege, Aufarbeitung und Veröffentlichung von Nachlässen bildender Künstlerinnen und Künstler in Mecklenburg-Vorpommern geboten und möglich sind.
Aus unserer Sicht kommen strukturell verschiedene Modelle in Betracht. Neben einem Stiftungsmodell sollte über ein Netzwerk der Museen und Kunsthäuser ebenso nachgedacht werden wie über eine mögliche Gründung einer Genossenschaft. Gefragt ist auch das Engagement der Heimatstädte, in denen die Künstlerinnen und Künstler gewirkt haben.
Im Sinne eines ausgeglichenen Haushalts wären die ausgewählten Nachlässe in unserem Modell und der jetzigen Archivarbeit Schenkungen und diese ergeben wiederum ein Arbeitsfeld für Studenten, Praktikanten, Historiker, Archivare und Restauratoren.
Insofern gilt es, im Umgang mit den Nachlässen bildender Künstlerinnen und Künstler ein breites Spektrum zu beleuchten. Entscheidend ist letztlich, dass wir durch konkrete Handlungen unserer besonderen Verantwortung gegenüber den Werken der Künstlerinnen und Künstler unseres Landes gerecht werden. Und hier schließt sich der Kreis der Einbringung des Antrags der Fraktion DIE LINKE. Erhält unser Antrag die Zustimmung, können wir durch einen ersten Schritt, nämlich der von uns angestrebten Prüfung, tatsächlich und praktisch belegen, dass wir den Künstlern unseres Landes und ihrem Schaffen Anerkennung entgegenbringen und es nicht bei wohlklingenden Worten oder Videobotschaften belassen. – Ich bedanke mich bei denen, die aufmerksam zugehört haben.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Koplin, Sie haben das Wort „Respekt“ benutzt. Ich will das wirklich mit Respekt behandeln. Sie können auch, glaube ich, die letzten vier Jahre zurückgucken, ich habe es bei jedem Ihrer Anträge getan. Es fällt aber mittlerweile schwer, denn wenn man sich den Antrag
anschaut, wer so eine Trauerrede hier abliefert, so nach dem Motto, überall ist Fehlanzeige, das finde ich schon spannend.
Dann sagen Sie, das Produzieren und Verteilen hat sich nicht geändert. Also, man muss sich einfach mal anschauen, selbst dieses Gebäude stände heute nicht so da, wenn sich nicht einiges geändert hätte in diesem Land. Dann würden Sie hier gar keine Rede halten können, weil wahrscheinlich alles von der Decke fallen würde.
Also was in diesem Land im Grunde genommen restauriert und hergestellt worden ist, gerade auch im Bereich von Denkmalschutz und anderen Bereichen, das kann sich sehen lassen. Und es bleibt sicherlich, und da gehen wir nicht auseinander, viel zu tun. Und dann sprechen Sie von Respekt. Ganz zum Ende Ihrer Rede sagen Sie, das ganz breite Spektrum und bis zum 15. Juni legen wir mal vor, wie es sein soll, in einer ersten Prüfung. Das ist respektlos, wenn Sie das, was Sie vorher gesagt haben, ernst meinen.
Ja, das hat nichts mit nicht arbeiten zu tun, sondern es ist die Frage, das ist so eine große Aufgabe. Sie haben auch kurz referiert, wie das in anderen Bundesländern ist. Also wenn das dann ernst gemeint ist, dann doch nicht mit so einem Antrag, bis zum 15. Juni prüfen Sie da mal irgendetwas in dieser Breite.
Das Land hat seit seiner Gründung – das kann man jetzt großartig finden oder nicht ausreichend, ich finde es zumindest großartig – etwas geschaffen, nämlich auch eine einzigartige Kunstsammlung anzulegen. Auch das wäre, wenn Sie sagen, es hat sich nichts geändert, wahrscheinlich zu anderen Zeiten so kaum möglich gewesen. Es hat nämlich sozusagen, um hier auch eine gewisse Funktion, natürlich mit Einschränkungen, auch auf Ihren Antrag bezogen, aber ich will schon sagen, eine gewisse Sicherung, Bewahrung und Präsentation bildender Künstler des Landes vorangebracht.
Und das ist auch das Ziel dieser einzigartigen Kunstsammlung, dieser Ankauf von Kunstwerken, der dann auch mit einer Kunstkommission, die das breit auswählt, verbunden ist. Und wenn man einfach mal reinschaut, dann ist, glaube ich, die aktuelle Zahl zur Stunde so, dass rund 330 Kunstwerke aller Genres, also im Grunde genommen das, was Sie auch aufgezählt haben – Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie, Installationsdinge, Medienkunst –, also über 330 Objekte künstlerischen Schaffens in unserem Lande sind dort repräsentiert. Auch das ist nicht nur gesammelt und angekauft, sondern auch mit einem Katalog versehen und zwischenzeitlich in den letzten Jahren im Land ausgestellt worden.
Und ich finde auch, dass diese Sammlung gerade vor dem Hintergrund einen besonderen dokumentarischen Wert und auch Charakter hat, da sie eben wesentliche Bezüge zu Künstlerinnen und Künstlern aufzeigt, denn das wissen Sie, glaube ich, ja auch, dass ein ganz wichtiges Kriterium ist, dass es Künstlerinnen und Künstler sein müssen, die zu Mecklenburg dann doch einen bestimmten Bezug aufweisen.
Der Kunstankauf ist deshalb, und das sei natürlich schon einschränkend dann gesagt, neben der Ausstellungs-
und Katalogförderung und der Vergabe von Arbeits-, Reise- und Aufenthaltsstipendien ein wichtiger Bestandteil der Künstlerförderung und auch ein Schwerpunkt der Kulturförderung.
Ich sage es ja gerade. Ich wollte es nur sagen. Es ist auch eine gewisse Form, wenn wir anfangen wollen. Das ist schon ein Anfang, den werden Sie ja nicht wegwischen. Es ist aber natürlich keine Nachlassverwaltung im klassischen Sinne, das sei doch zugestanden. Und dazu bedarf es eben weiterer Institutionen und auch kunstinteressierter Persönlichkeiten. Wir werden mit Sicherheit – auch die Modelle anderer Bundesländer sind angesprochen worden – hier auch schon mit Sponsoren oder auch mit Kunstliebhabern und Sammlern, die da rauf setzen, dann ebenfalls in eine Zusammenarbeit treten müssen.
Und wenn hier sozusagen Wege beschrieben worden sind, dann ist es so, wenn man auf die Museen schaut, deutschland- und weltweit, dass da eine bestimmte Praxis vorherrscht. Wenn man jetzt aber zum Beispiel auch das Staatliche Museum Schwerin nimmt, die natürlich auch Teile oder Einzelstücke aus Nachlässen angeboten bekommen, dann erfolgt auch dort eine gezielte Prüfung und über den Umgang wird natürlich dann im Einzelfall entschieden.
Wichtig finde ich in dem Zusammenhang, wenn man das schon so breit anlegt, dass wir mit Sicherheit auch überregional schauen müssen. Denn wenn man die Nachlässe von Künstlerinnen und Künstlern aus MecklenburgVorpommern sichern will, glaube ich nicht, dass man nur eine Nachlassverwaltung auf ein Land bezogen in den Blick nehmen kann – und das ist auch kein Wegschieben dieser Funktion –, sondern man muss, glaube ich, auch überregional schauen. Und überregional besteht unter anderem das Archiv Bildende Kunst der Akademie der Künste seit 1994. Es sammelt, bewahrt und erschließt die Nachlässe von Malern, Grafikern, Bildhauern, also die gesamte Breite bis hin zu Kunsthistorikern, Publizisten.
Hier ist es natürlich so, dass es da auch um Fragen des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart geht. Die haben auch den Kunstfonds, die Stiftung, auch die sammelt Werkexemplare der jüngeren Kunst, auch das sei gesagt. Und natürlich, das oben erwähnte Engagement Dritter könnte sich beispielsweise auch in der Gründung von Vereinen wiederfinden, die sich dem Nachlass eines Künstlers widmen.
Das von Ihnen angesprochene Forum in Hamburg ist ja ein e. V. Das muss man vielleicht dem Hohen Haus auch sagen, sonst kommt es da zu Missverständnissen. Also insofern kann das oben erwähnte Engagement Dritter beispielsweise sich auch in der Gründung eines Vereins wiederfinden. Anderenorts gibt es Modelle eben auch von Vereinen oder Stiftungen bürgerlichen Rechts, die neben den Kunstwerken auch Tagebücher, auch da rauf sei mal hingewiesen, Briefe oder auch Dokumente der
entsprechenden Künstler verwahren. Und selbstverständlich bestehen auch hier im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel Fördermöglichkeiten für Initiativen dieser Art. Das muss man einfach ganz klar sehen.
Aber wenn man jetzt mit so einem Antrag sagt, wir sollen da bis zum 15. Juni das einfach in dieser Breite prüfen, da muss ich sagen, alles zusammen genommen bestehen aus meiner Sicht eine ganze Reihe von Möglichkeiten, das Schaffen bildender Künstler aus MecklenburgVorpommern zu pflegen und zu veröffentlichen. Und deshalb ist es eigentlich schade, einen Antrag so zu stellen. Ich kann ihn – und das sage ich jetzt einfach mal, habe ich noch nie getan – bei allem Respekt so nicht ernst nehmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dr. Körner. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann meine vorbereitete Rede an diesem Punkt beiseitelegen,
weil die Ausführungen des Ministers deutlich gemacht haben, dass bei der Landesregierung durchaus ein Problembewusstsein vorhanden ist.
Was Sie hier einfordern, Kollege Koplin, das war mir im Einzelnen so nicht klar hinsichtlich auch der Anzahl der genannten Kunstwerke, die der Minister erwähnt hat.
Man kann sich immer wieder die Frage stellen, ob genügend Künstlernachlässe berücksichtigt werden, wenn sie durch die Produzenten beziehungsweise durch die Erben nicht angemessen verwahrt werden können. Aber umfänglich wird dieses Thema niemals in den Griff zu bekommen sein.
Stutzig hat mich allerdings gemacht, und da weiß ich auch nicht genau, was Sie da meinen, wenn Sie Künstler der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit Mecklenburg-Vorpommerns bezeichnen. Da gibt es sicherlich einen ganzen Teil, aber in der jüngsten Vergangenheit, wenn ich insbesondere auf die DDR schaue, DDR-Vergangenheit, da gibt es ja sicherlich auch einige, die sich damals für Künstler gehalten haben und auch durch die DDR-Regierung als Künstler bezeichnet
und auch finanziell behandelt wurden, aber wo ich meine, dass es sich nicht lohnt, dass man ihre Nachlässe aufbewahrt, weil das teilweise auch Auftragskunst war, die propagandistische Ziele hatte.
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Nehmen Sie doch mal Professor Dennewitz zum Beispiel. Das ist jüngste Vergangenheit.)