Protocol of the Session on February 1, 2007

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Etwas präziser bitte, Herr Präsident.)

Bei Zustimmung der NPD und Ablehnung aller anderen Fraktionen ist dieser Antrag abgelehnt.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/158 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss sowie zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer für diesen Überweisungsantrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die große Mehrheit. Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei Ablehnung der NPD-Fraktion

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

und Zustimmung aller anderen Fraktionen ist dem so zugestimmt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Entschließung „Informationsfreiheitsgesetz bürgerfreundlich um setzen“, Drucksache 5/159.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Entschließung „Informationsfreiheitsgesetz bürgerfreundlich umsetzen“ – Drucksache 5/159 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Linkspartei.PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, es gehört gewiss nicht unbedingt zur Rolle des Parlaments, von der Regierung die Änderung einer Verordnung zu verlangen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nee, wirklich nicht.)

Das ist im Prinzip nicht sein Brot, denn der Landtag ist bekanntlich kraft Verfassung die erste, die gesetzgebende Gewalt sowie oberste Stätte der politischen Willensbildung. Anders ist Artikel 20 Absatz 1 unserer Landesverfassung wohl nicht zu interpretieren. Das ist seine wichtigste Aufgabe. Zugleich übt der Landtag, so steht es auch in Artikel 20 Absatz 1, die Kontrolle über die Tätigkeit der Landesregierung und die Landesverwaltung aus, und zwar ausnahmslos. Und darum geht es uns. Der Antrag hat einen Fall der Kontrolle der Exekutive im Auge, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Sicher, es ist im Allgemeinen nicht üblich und war und ist auch bei uns nicht parlamentarischer Alltag, dass der Landtag eine Regierungsverordnung erörtert beziehungsweise kritisiert oder gar deren Änderung verlangt. Dennoch ist es legitim, wie Sie im Artikel 20 Absatz 1 der Landesverfassung nachlesen können. Es gehört durchaus zum Kontrollauftrag des Landtages, sich darum

zu kümmern, wie die Landesregierung mit den Verordnungsermächtigungen, die ihr der Landtag erteilt hat, umgeht. Bekanntlich gibt es keine Blankoermächtigung für die Regierung zum Erlass von Verordnungen, was übrigens eine der wichtigsten Lehren aus dem Scheitern der Weimarer Republik ist.

Meine Damen und Herren, in Paragraf 13 Absatz 2 des Informationsfreiheitsgesetzes ist dem Innenministerium bekanntlich auf die übliche Weise die Ermächtigung erteilt worden, Gebührentatbestände und die Höhe von Gebühren sowie auch die Auslegungserstattung festzulegen. Dem ist der Innenminister mit der Verordnung vom 28. September 2006 – am ersten Donnerstag nach der Landtagswahl – nachgekommen. Allerdings reibt man sich nicht nur verwundert darüber die Augen, sondern mehr darüber, wieso die Verordnung rückwirkend in Kraft gesetzt wurde, nämlich per 29. Juli 2006. Ganz und gar ins Grübeln kommt man dann aber, wieso diese Verordnung am 30. Juni 2008 – also bereits nach weniger als zwei Jahren – wieder außer Kraft gesetzt werden soll. Da fragt man sich wohl besorgt, was da geplant oder gedacht ist. Die einfachste Antwort wäre natürlich „gar nichts“, aber so einfach ist das wohl nicht. Bekanntlich sind derartige Verordnungsermächtigungen in der Regel nötig, um die praktische Arbeitsteilung zwischen Exekutive und Legislative zu klären und um auch der Regierung Spielräume für eigenverantwortliches exekutives Handeln zu belassen. Es ist ferner mit der Ermächtigungserteilung zugleich das stillschweigende Eingeständnis des Landtages gegeben, dass er sich die Einzelheiten des Gesetzesvollzuges nicht selber auf den Tisch ziehen möchte. Das soll auch bei dieser Verordnung so bleiben. Und insoweit ist die Verordnung überhaupt nicht zu beanstanden.

Die Krux des Satzes in Paragraf 13 Absatz 2 zur Gebühren- und Kostenregelung liegt darin – und das kritisieren wir –, dass eben mit dieser Verordnung grundsätzlich nicht die Ausführung des Gesetzes beziehungsweise das Nähere geregelt wird. Es folgt nämlich etwas ganz anderes: Es wird aus unserer Sicht nicht gerade auf legitimem Verordnungswege der Wille des Landtages in sein Gegenteil verkehrt und ihm förmlich das Wort im Munde umgedreht, denn Sinn des Gesetzes war und ist es – so steht es im Gesetzentwurf –, den freien Zugang zu den in den Behörden vorhandenen Informationen bürgerfreundlich, großzügig und unbürokratisch zu ermöglichen. Nicht anders ist jedenfalls der Paragraf 1 des Informationsfreiheitsgesetzes gemeint und so liest man es denn auch in der Begründung des Gesetzestextes.

Was erleben wir aber mit der Informationskostenverordnung? Nun, neben dem Gestrüpp von Ausnahmen des Gesetzes selbst, dass beispielsweise im Prinzip kein Informationszugang gewährt wird, wenn fi skalische Interessen des Landes berührt sind, fi ndet sich als zusätzlicher Drahtverhau jetzt auch noch die Erhebung saftiger Gebühren und die Geltendmachung ebenso saftiger Auslagen.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Nein, meine Damen und Herren, das war mit dem Gesetz nicht gewollt,

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

als die Schaffung des Bürgerrechtes auf Informationsfreiheit beschlossen wurde und zugleich dem Innenminister die besagte Verordnungsermächtigung eingeräumt wurde. Wir haben die Ziele und Motive des Informationsfreiheits

gesetzes in unserem Antrag noch einmal als Ausgangspunkt gesetzt. Es mag aus Ihrer Sicht überfl üssig sein. Wir haben damit die Hoffnung verbunden, dass die CDU den Sinn des Gesetzes wenigstens zur Kenntnis nimmt.

Ich will auch nicht verhehlen, dass wir bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Zweifel und Pessimismus dahin gehend geäußert hatten, wie der Vollzug dieses Gesetzes erfolgt, also die praktische Umsetzung, bei den vielen Ausnahmeregelungen und Auslegungshintertüren, die als Ergebnis der Verhandlungen nun vorlagen. Auf die entsprechenden Fallstricke, Tücken und Hintertüren des Gesetzes im Einzelnen haben wir bereits im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen, denn wir kannten und kennen schließlich, wie man so sagt, unsere Pappenheimer in der Verwaltung und auch höheren Orts. Und dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, dieses Gesetz nicht wollten, ist kein Geheimnis, aber es wurde beschlossen.

Interessant ist nun gerade auch aus heutiger Sicht, dass in den Landtagsdebatten und auch sonst öffentlich der damalige Innenminister davon sprach, mit dem Gesetz wäre ein Paradigmenwechsel eingetreten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das hat er gesagt.)

Er sagte damals: „Ich glaube, das kehrt das Verhältnis von Bürger und Staat um und stellt es vom Kopf auf die Füße.“ Die Botschaft hörten wir wohl, und ich kann nur hoffen, Sie auch. Denn ich kann doch wohl davon ausgehen, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die bereits in der 4. Wahlperiode hier Verantwortung trugen, diese Botschaft unterstützten. Oder hatte sie nur eine Halbwertzeit? Es geht hier auch nicht um Glaubensfragen oder Glaubensbekenntnisse, sondern um Tatfragen und um Realität. Und von dem Paradigmenwechsel, den Herr Dr. Timm noch vor einem halben Jahr annahm, sind wir weit entfernt.

Die Fraktion der Linkspartei hat bekanntlich besonders in den Debatten die Kostenregelung als erhebliches Risiko und offene Flanke des Gesetzes benannt. Uns schwante bereits damals angesichts der aktuellen Kostenregelung zum Bundesinformationsfreiheitsgesetz sowie zu den Landesgesetzen in Hamburg und Schleswig-Holstein, dass auch unsere Landesregelung die gute Absicht des Gesetzes infrage stellen könnte. Leider haben wir uns darin nicht getäuscht. Unsere Ahnung hat uns nicht betrogen. Diese Verordnung ist schlimmer als die des Bundes.

Entsprechend deutlich sind darum auch Stellungnahmen verschiedener Bürgerrechts- und Journalistenorganisationen zur Kostenregelung unseres Landes. Ich will nur einige Stimmen nennen. So erklärte Ulrike MaercksFranzen von der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union: „Hier wird durch eine ungenaue dehnbare Verordnung der Verwaltung Sinn und Anliegen eines vernünftigen Gesetzes ausgehebelt und ins Gegenteil verkehrt“. Und Dr. Christoph Bruch von der Humanistischen Union stellte fest: „Wir fordern vom Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern, die Kostenverordnung zu überarbeiten. Sie darf nicht zum Killer der Informationsfreiheit werden“.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Genauso sehen auch wir es, meine Damen und Herren. Und Sie haben mit der Zustimmung zu unserem Antrag die Gelegenheit, das zu verändern. Nutzen Sie diese! – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Danke, Frau Borchardt.

Um das Wort hat der Innenminister Herr Caffi er gebeten. Herr Caffi er, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Nachdem der Landtag im vergangenen Jahr das Informationsfreiheitsgesetz auf Initiative der Linkspartei.PDS beschlossen hat – das möchte ich noch mal ganz deutlich herausstellen, wie die Entwicklung des Gesetzes ist,

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Danke! Darauf legen wir auch Wert. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Danke!)

weil es ja hier immer etwas anders ist –

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Danke!)

und das Innenministerium dahin gehend aufgrund der gesetzlichen Verpfl ichtung eine Kostenverordnung erlassen hat, möchte die Linkspartei.PDS nunmehr über den Landtag meine Behörde auffordern, diese Kostenverordnung unverzüglich den Vorstellungen der Linkspartei.PDS anzupassen.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Na, nicht nur unseren! Nicht nur unseren!)

Lassen Sie es mich deutlich vorwegsagen: Nach meiner Auffassung ist die Kostenverordnung nicht nur geboten, ja, sogar unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mit nicht absehbaren Gefahren verbunden, wenn sie nicht existent wäre. Doch dazu im Einzelnen später.

Der Entschließungsantrag enthält in den Ziffern 1 und 2 zunächst allgemeinpolitische Erwägungen. Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass es einer solchen Erklärung des Landtages nicht bedarf, denn der Landtag hat sich durch die Beschlussfassung des Gesetzes im Sommer des vergangenen Jahres bereits genau in diesem Sinne erklärt, wie es die Linkspartei.PDS jetzt wieder fordert. Eine Erklärung, so meine ich, sollte ausreichen,

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Aber Wiederholung ist die Mutter der Weisheit.)

zumal das Informationsfreiheitsgesetz selbst eine Evaluierung dieses Gesetzes in den Jahren 2010/2011 fordert. Sich zu diesem Zeitpunkt mit dem Gesetz oder einzelnen Regelungen erneut zu befassen, erscheint aufgrund der dann vorliegenden Erkenntnisse sinnvoll und legitim.

Nun zu dem Thema, das mich und meine Behörde konkret angeht, die Kostenverordnung. Zunächst möchte die Linkspartei.PDS, dass eine Höchstgebühr von 250 Euro festgelegt wird.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das ist auch in Ordnung.)

Ob die Einführung einer solchen Kappungsgrenze tatsächlich bürgerfreundlicher ist, möchte ich jetzt einmal dahingestellt sein lassen. Auf jeden Fall – und das ist für mich das entscheidendere Kriterium – ist die Verwaltung gehalten, kostendeckend zu arbeiten. Das ergibt sich bereits aus der Verfassung und ist in der Kommunalverfassung – Sie wissen das aufgrund der Erfahrungen anderer Bundesländer, Landkreise und Kommunen, die der Hauptadressat von Informationsbegehren sind –

nochmals spezialgesetzlich geregelt. Im öffentlichen Kostenrecht richten sich die Gebühren nun einmal nach dem Aufwand. Das Finanzministerium gibt Jahr für Jahr einen Finanzerlass heraus, nach dem sich die Aufwandskosten problemlos ermitteln lassen. Wie anders als durch Rahmengebühren, die im konkreten Einzelfall mithilfe des Finanzerlasses spitz berechnet werden können, sollen Gebühren in einem Rechtsgebiet festgelegt werden, in dem der Aufwand zwischen einem kurzen Telefonat und einer umfangreichen Aktenrecherche variieren kann. Gerade im letzten Fall sind die Behörden verpfl ichtet, Gebühren auf der Grundlage des tatsächlichen Aufwandes zu erheben, welche im Einzelfall natürlich auch die Höhe von 250 Euro übersteigen können. Alles andere wäre ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip, was ich als für das Verwaltungsrecht zuständiger, aber vor allem als Kommunalminister nicht mittragen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Heinz Müller, SPD – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, allerorts wird über die Personalstrukturreform gesprochen. Ich muss Ihnen nicht erklären, worum es dabei geht. Nun wird durch das Informationsfreiheitsgesetz ausgerechnet in diesen Zeiten den Behörden eine zusätzliche Aufgabe und ein zusätzlicher Aufwand aufgebürdet. Es erscheint daher auch unter diesen Gesichtspunkten recht und billig, wenn die Behörden den zusätzlichen Aufwand auf einer sauberen gesetzlichen Grundlage erstattet bekommen, und eine solche Grundlage besitzt das Land.

Auf die weiteren Änderungsvorschläge der Linkspartei.PDS will ich kurz eingehen. Die Differenzierung der verschiedenen Arten des Aufwands in der Kostenverordnung entspricht der Praxis anderer Bundesländer und der Kommunalliteratur. Ich verweise auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage der Abgeordneten Kollegin Borchardt von der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/51, aus der sich ergibt, wie im Einzelnen die Differenzierung vorzunehmen ist.

Aus meinen Überlegungen zum Kostendeckungsprinzip ergibt sich bereits, dass eine Gebührenfreiheit bei Ablehnung eines Antrages auf keinen Fall in Betracht kommt, denn oftmals ist gerade in diesen Fällen der Aufwand besonders hoch, insbesondere dann, wenn ein Dritter zu beteiligen ist, beispielsweise wenn dessen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gegenstand des Informa tionsbegehrens sind. Dass in den Fällen des Paragrafen 14 Absatz 2 Verwaltungskostengesetz keine Gebühren erhoben werden sollen, ergibt sich bereits aus genau dieser Vorschrift, denn das gesamte Verwaltungskostengesetz bleibt neben der Kostenverordnung anwendbar, worauf die Verordnung in Paragraf 1 Absatz 3 ausdrücklich hinweist. Doppelregelungen wollen wir doch wohl vermeiden.

Derzeit besteht die Verpfl ichtung der Behörden, dem Antragsteller kostenlos eine vorläufi ge Kostenaufstellung zu übersenden, wenn die Kosten voraussichtlich höher als 200 Euro ausfallen. In den von meinem Ministerium herauszugebenden Durchführungshinweisen wird die Empfehlung ausgesprochen werden, in allen Fällen eine Kostenaufstellung zu übersenden, das heißt, auch dann, wenn niedrigere Kosten als 200 Euro anstehen.