Protocol of the Session on February 1, 2007

Ihre Parteien haben sich bis heute nicht zu einer nachhaltigen Bevölkerungspolitik durchringen können, sondern führen sich auf wie Quacksalber, welche an den Auswirkungen rumpfuschen, ohne die Ursachen zu bekämpfen. Die Sicherheit unseres Rentensystems ist nur vordergründig ein Generationsproblem. Der entscheidende Faktor ist, wie viele Beitragszahler auf die Rentenbezieher kommen und wie hoch ihr Einkommen ist.

Herr Lüssow, kommen Sie bitte zum Schluss, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Verlierer Ihrer Politik sind wieder einmal die Menschen im Land, welche nicht über eine dicke Geldtasche verfügen. Solch eine Politik ist asozial und ungerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Wir unterstützen daher das Vorhaben …

Herr Lüssow, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD – Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Original abgeschrieben bei ver.di.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/105. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünsche, den bitte ich ums Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/105 bei Zustimmung durch die Fraktion der NPD ansonsten Ablehnung durch die Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP abgelehnt.

sind die eigentlichen Gewinner. Sie werden entlastet, wieder einmal, wie immer in den letzten Jahren bei den Gesundheitsreformen. Die Kassen sollen zukünftig insolvenzfähig werden.

(Harry Glawe, CDU: Sind sie heute schon. Sind sie heute schon.)

Sie sollen insolvenzfähiger werden. Sorry.

(Harry Glawe, CDU: Nein, sind sie heute schon.)

Ich habe mich korrigiert, Herr Glawe.

Man könnte vielleicht froh darüber sein, wenn man meint, 250 Kassen sind zu viel, und man kommt mit weniger aus. Insofern ist Insolvenz etwas Gutes. Aber auf wessen Rücken wird denn das wieder ausgetragen? Natürlich auf dem Rücken derjenigen, die bei diesen Kassen versichert sind. Das wissen wir, wie so etwas läuft. Es hat also weitreichende Folgen für die Versicherten. Wird es dann so weit kommen, dass Patienten nur noch gegen Bargeld behandelt werden, weil das sicher ist für die behandelnden Ärzte? Die Kosten im Gesundheitswesen steigen weiter. Allein die Erhöhung der Mehrwertsteuer belastet die Kassen, so ihre Kalkulationen, mit knapp 1 Milliarde Euro. Hinzu kommt der reduzierte Bundeszuschuss, der mit einem Einnahmeverlust von 1,7 Milliarden Euro zu Buche steht. Weitere 2 bis 4 Milliarden Euro werden benötigt, damit die Kassen ihrer Verpfl ichtung nachkommen können, bis Ende 2007 möglichst schuldenfrei zu sein, deshalb die Beitragssteigerung der meisten Kassen zum Teil auf über 16 Prozent.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Politik der einseitigen Kostendämmungsmaßnahmen fortgesetzt. Die führen dazu, das weitgehend funktionierende Netz, beispielsweise von Apotheken, Krankenhäusern, ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten und der Hilfsmittelanbieter, zu zerschlagen. Was hier an Kosten gespart wird, müssen die Kranken über den Verlust von Qualität und wohnortnaher Versorgung teuer erkaufen.

Lassen Sie mich zwei Sätze zum geplanten Gesundheitsfonds sagen. Es gäbe durchaus Gründe, einen solchen Fonds einzuführen, allerdings im Rahmen einer Bürgerversicherung, wie wir meinen, und nicht nur wir.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Dann müssten allerdings auch weitere Elemente einfl ießen. Solche Elemente wären eine Festlegung auf einen umfassenden morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, damit wirklich ein Wettbewerb, wenn man ihn denn haben will, gerecht sein kann, die Einbeziehung der Privatversicherten, ein Kontrahierungszwang für alle Kassen, eine Beitragserhebung für alle Einkommen und eine anteilige Steuerfi nanzierung für die sogenannten versicherungsfremden Leistungen. Von all dem fi ndet sich im Gesetzentwurf nichts. Ohne Risikostrukturausgleich, ich hatte das schon angedeutet, ist ein fairer Wettbewerb der Kassen nicht möglich. Viele werden dann in die Pleite getrieben. Ich hatte gesagt, wer diese Pleite auszuhalten hat.

(Harry Glawe, CDU: Das stimmt doch gar nicht, was Sie hier erzählen.)

Der Arbeitgeberanteil kann beliebig festgeschrieben werden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Glawe, Sie können mich doch dann korrigieren. Ich bin schon gespannt darauf, was Sie an Perspektiven darlegen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Für ein solidarisches und nachhaltiges Gesundheitskonzept, Drucksache 5/160.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Für ein solidarisches und nachhaltiges Gesundheitskonzept – Drucksache 5/160 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei.PDS Professor Methling. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit mehreren Jahren arbeiten verschiedene Regierungen der Bundesrepublik Deutschland an einer Gesundheitsreform mit dem Versprechen, dass sie den Menschen zum Vorteil gereichen solle. Finanzierungsgrundlagen des Gesundheitssystems sollen langfristig gesichert, die Qualität und Effi zienz der medizinischen Versorgung gesteigert, Transparenz geschaffen und Bürokratie abgebaut werden. Aber 80 Prozent der Bevölkerung lehnen – wie die Linkspartei.PDS und nicht nur die – diese Reform ab. Warum ist das so? Weil sie kaum eines der Probleme, die sie vorgibt zu lösen, tatsächlich einer Lösung zuführen wird. Sie ist, um mit der Ärztekammer zu sprechen – dazu ein Zitat –, „ein fauler Kompromiss auf Kosten der Patienten“. Und diese Einschätzung gibt es von vielen Seiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

An der Gesetzlichen Krankenversicherung, GKV, so, wie sie jetzt organisiert ist, gibt es sicherlich vieles zu kritisieren, aber noch bietet sie derzeit circa 90 Prozent der Bevölkerung weitgehende Absicherung im Krankheitsfall. Das Solidarprinzip ist trotz der in den vergangenen Jahren verursachten Risse und Löcher noch zu erkennen. Tritt das Wettbewerbsstärkungsgesetz, WSG, tatsächlich in Kraft, wird von Solidarität nur noch wenig übrig bleiben. Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung verfolgt kein geringeres Ziel, als auch das Gesundheitssystem dem neoliberalen Umbau der Gesellschaft zu unterwerfen. Das höchste individuelle Gut, die Gesundheit, wird zunehmend marktwirtschaftlichen Kategorien unterworfen. Gesundheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber keine Ware, sie ist ein lebensnotwendiges Gut. Ob wir krank werden, können wir nicht selbst entscheiden. Das ist ein Lebensrisiko, für das öffentliche Schutzfunktionen wahrgenommen werden müssen, zumal dann, wenn sich eine Gesellschaft sozial defi niert.

Das GKV WSG sieht in allen Bereichen eine Privatisierung der Kosten und Leistungen vor. Gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Daseinsvorsorge wird zusehends verdrängt, solidarische und soziale Ausgleichselemente werden geschliffen. Dieser Umbau, meine sehr geehrten Damen und Herren, spaltet die Gesellschaft in bisher kaum vorstellbarer Art und Weise und hat bedrohliche Folgen für Versicherte, Kranke und Beschäftigte. Das Schlagwort „mehr Eigenverantwortlichkeit“ zielt auf Entsolidarisierung und Schuldzuweisung an die Individuen. Privatversicherte sollen sich nach wie vor nicht am solidarischen Versicherungssystem beteiligen.

(Michael Roolf, FDP: Falsch.)

Arbeitgeber und private Kapitalgesellschaften, die auf den lukrativen deutschen Gesundheitsmarkt schielen,

Der Arbeitgeberanteil kann beliebig festgeschrieben werden,

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das wissen sie doch noch nicht. Sie streiten ja jeden Tag.)

für die zusätzlichen Kosten aber werden ausschließlich die Versicherten zur Kasse gebeten.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Was gestern war, ist heute nicht mehr wahr. – Zuruf von Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

Für die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung in Mecklenburg-Vorpommern werden die negativen Auswirkungen gravierend sein, da eine hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Einkommen und eine massive Abwanderung zu Buche schlagen. Dagegen ist das gern gebrauchte Argument einer Kostenexplosion aufgrund der demografi schen Entwicklung in Deutschland ein Mythos oder besser ein ideologisches Konstrukt, wenn man sich die Entwicklung in den letzten hundert Jahren anschaut. Es wird argumentiert, dass alte Menschen häufi ger krank seien. Das stimmt natürlich so nicht. Es kommt darauf an, welche Gesundheitsfürsorge und -behandlung ihnen zugänglich ist. Das betrifft auf jeden Fall die unteren sozialen Schichten. Menschen aus der sogenannten Oberschicht können sehr gesund sehr alt werden. Es wäre hier daher eher über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen zu diskutieren, anstatt über ihr bloßes Alter. Es ist also ein ökonomisches, ein soziales und kein demografi sches Problem.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehe ich mir das an, was da als Gesundheitsreform daherkommen soll, sage ich: Helfen Sie mit, es einzustampfen und einen Neustart zu wagen, denn das, was in den letzten Minuten, in den Nächten in dieser Zeit entschieden wird, hat wohl kaum die Chance darauf, dass es ein Projekt ist, was in die Zukunft führt.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und FDP)

Es geht um nicht weniger als die Gesundheitsversorgung für alle Menschen, die in der Bundesrepublik leben.

(Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Richtig, für alle.)

Stimmt die Mehrheit des Bundestages zum wiederholten Mal gegen die Mehrheit des Volkes ab, ist das ein weiterer Punkt, bei dem Staat und Demokratie in den Augen der Bevölkerung Schaden nehmen. Viele Expertinnen und Experten haben in allen Diskussionen zum vorgelegten Gesetzentwurf klar und deutlich ihre ablehnende Meinung, aber auch Alternativen dargelegt. Das sollten wir nutzen für ein nachhaltiges und soziales Gesundheitssystem. Es ist eine lösbare Aufgabe. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Professor Methling.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Sozialminister des Landes Herr Sellering. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die aktuelle Gesundheitsreform, das war ein schwieriger und zäher Verhandlungsprozess im Sommer letzten Jahres,

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Der ist ja noch nicht beendet.)

das ist eine Nachtverhandlung mit den Spitzen der Koalitionsparteien

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Die 2003 auch schon.)