Protocol of the Session on March 17, 2011

für den sehbehinderten Vater eine Beaufsichtigung des Kindes auf dem Spielplatz, denn er sieht nicht, ob da Glas auf dem Spielplatz rumliegt,

für die gehörlose Mutter eine Unterstützung bei den Elternabenden für einen Gebärdendolmetscher,

Eltern mit einer seelischen Behinderung benötigen möglicherweise Unterstützung bei Behördengängen.

An behinderte Mütter und Väter werden bisweilen höhere Maßstäbe angelegt, als an nicht behinderte Eltern. Dieses macht umso deutlicher, wie wichtig eine Unterstützung für die Eltern ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Angebot einer personellen Assistenz entlastet sowohl Eltern als auch das Kind. Sie ermöglicht den Eltern, ihr Kind weiter nach eigenen Vorstellungen zu erziehen. Die Eltern können damit weiter Hauptbezugsperson bleiben, aber sie werden von den Lasten der eigenen Einschränkung befreit und das kindliche Erleben altersgerechter Aktivitäten bleibt auch gewährleistet. Dabei tun Assistenten all das, was Mutter oder Vater behinderungsbedingt nicht selbst können. Die Erziehungsaufgabe aber bleibt ganz klar bei den Eltern. Viele behinderte Eltern berichten von erheblichen Schwierigkeiten bei der Suche nach staatlicher Unterstützung bei einer solchen Assistenz.

Das Sozialgesetzbuch VIII konzentriert sich auf die spezifischen Bedürfnisse in der Kindheit und Jugend. Damit Eltern mit Behinderungen umfängliche Leistungen der Jugendhilfe erlangen können, zum Beispiel sozialpädagogische Familienhilfe, muss das Kindeswohl gefährdet sein und ein Erziehungsdefizit festgestellt werden. Die Eingliederungshilfe nach SGB XII wiederum kann nur Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erbringen. Hilfe für nicht behinderte Kinder ist dort ausgeschlossen. Kommen sich die beiden Seiten hier nicht entgegen und orientieren sich nicht am Bedarf von Eltern und Kindern, kommt es zu einem Zuständigkeitskonflikt, der die Eltern vor große Hürden stellt. Dieses Problem greifen wir Liberalen mit diesem Antrag auf.

Leistungen des Sozialhilfeträgers und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe müssen zusammengeführt werden. Nur trägerübergreifend finden wir hier eine akzeptable Lösung. Eine solche bedarfsorientierte Hilfe gibt es in anderen Bundesländern bereits, beispielsweise die begleitende Elternschaft in Baden-Württemberg. Auch der Sächsische Landtag hat hierzu einen Antrag beschlossen. Dabei soll der Familie zu einer größtmöglichen Selbstständigkeit verholfen werden. Die Familien sollen in der Persönlichkeitsentwicklung sowie bei der Teilhabe in der Gesellschaft Unterstützung finden. Wir dürfen die Elternschaft nicht erschweren, sondern müssen Unterstützung gewähren. Leistungsträger müssen wir klar definieren. Leistungen müssen klar geregelt werden.

Die UN-Konvention spricht sich auch im Bereich der Partnerschaft, Ehe und Elternschaft für eine Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und ohne Behinderung aus. Das Recht auf eine unabhängige Lebensführung darf für keinen Lippenbekenntnis sein! Wir brauchen konkrete Lösungen und im Einzelfall kann dies die persönliche Assistenz sein. Wir geben damit Menschen mit Behinderung die Freiheit, sich Kinder zu wünschen und eine Familie zu gründen.

Ich werbe für diesen Antrag, weil viele Sachen auch mir so gehen. Sie wissen, einige von Ihnen wissen, ich habe

selbst eine zehnjährige Tochter. Meine geschiedene Frau ist Rollstuhlfahrerin und als wir damals unser Kind bekamen, war so eine ähnliche Ansage, ob das überhaupt alles geht, und die Familie hatte da sehr viel Skepsis. Ich glaube, es würde unserem Land guttun als Kinderland, wenn man es auch diesen Eltern ermöglichen würde, sie hierbei zu unterstützen und diesen Dschungel der verschiedenen Leistungsträger vielleicht an mancher Stelle mit zu entwirren. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr gut, Ralf.)

Danke schön, Herr Grabow.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Grabow hat ja darauf hingewiesen, dass ähnlich schon der Sächsische Landtag in dieser Sache debattiert hat.

Herr Grabow, Sie hätten auch darauf hinweisen sollen, dass dieser Antrag der Eins-zu-eins-Antrag ist, den Ihre Fraktion in den Sächsischen Landtag eingebracht hat. Sowohl der Antragstext wie die Begründung ist eins zu eins abgekupfert. Und Sie wissen ja, es gab in den letzten Wochen ziemlich heiße Debatten über Plagiate. Sie hätten es an der Stelle wenigstens sagen sollen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ach, das nennt man bei Politikern konzertierte Aktion.)

Keine Fußnote! Sie haben nicht mal versucht, das Kopieren ein bisschen zu vertuschen, indem Sie das eine oder andere Wort verändert haben. Aber wegen der Würde des Hohen Hauses möchte ich natürlich selbstverständlich zu Ihrem Antrag Stellung nehmen. Es gibt ja auch einen Grund, warum der sächsische Antrag oder die sächsische FDP das im November bereits eingebracht hat letzten Jahres, weil es nämlich der Zeitpunkt war, nachdem die Länder sich schon länderübergreifend und parteiübergreifend diesem Thema gewidmet haben.

Der sächsische Antrag verlangt jetzt auch in Mecklenburg-Vorpommern eine Prüfung, inwieweit mit den Leistungsträgern des persönlichen Budgets eine gemeinsame Vereinbarung zur Gewährleistung von Eltern assistenz für Menschen mit Behinderung als trägerübergreifende Leistung vereinbart werden kann, zum Zweiten, ob das Leistungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe für die Gewährung von Elternassistenz im Besonderen genutzt werden kann, und zum Dritten, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene dafür einsetzt, dass die Elternassistenz für Mütter und Väter mit Behinderung gesetzlich geregelt wird.

Die Unterstützung für Eltern mit Behinderung ist sehr wichtig für die Eltern selbst, aber auch für die Kinder. Und – Herr Grabow hat es gesagt – oftmals wird Eltern oder Menschen mit Behinderung die, finde ich, unverschämte Frage gestellt, ob sie tatsächlich wirklich das Risiko eingehen wollen, ein Kind in die Welt zu setzen. Da bin ich ganz eng mit Herrn Grabow zusammen. Alle Menschen haben das Recht auf die Geburt von Kindern. Alle Menschen haben das Recht, neues Leben in

die Welt zu setzen. Und deswegen ist es natürlich eine Frage, die nicht gestellt werden darf, die aber immer wieder im Alltag auftritt. Und es ist mir wichtig, hier ganz klar zu sagen bei den Debatten, die wir auch dazu haben in Deutschland: Jedes Leben ist lebenswert.

Und deswegen ist natürlich wichtig, dass wir die Eltern mit Behinderungen unterstützen, und dazu gehört die Unterstützung durch die Elternassistenz. Zuständig für die Unterstützung für Eltern mit Behinderung sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Sie müssen nach dem Achten oder/und Zwölften Sozialgesetzbuch prüfen, ob Leistungen für Elternassistenz gewährt werden können und welche Leistungen dann aus welchem SGB in Betracht kommen. Brauchen Eltern Unterstützung für eine Erziehungshilfe, dann sind es Leistungen aus dem Achten Sozialgesetzbuch. Aber benötigen Eltern Unterstützungsleistungen für eine Haushaltshilfe, dann wird Hilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch geprüft. Ein erzieherischer Bedarf wird im Rahmen einer Hilfeplankonferenz unter Einbeziehung aller Beteiligten im Einzelfall festgestellt und vereinbart. Dieser Rechtsanspruch besteht uneingeschränkt für Eltern mit Behinderung.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Wenn feststeht, welche Leistungen zu erbringen sind, können diese Leistungen selbstverständlich als persönliches Budget erbracht werden. Das persönliche Budget ist keine neue Leistung, sondern nur eine Form der Leistungsgewährung. Und welche Leistungen zu gewähren sind, entscheiden in unserem Land die Landkreise und kreisfreien Städte. Dem Ministerium für Soziales und Gesundheit steht kein Weisungsrecht zu.

Was macht aber das Land Mecklenburg-Vorpommern? Sie sehen, dass die Frage der Elternassistenz rechtlich geregelt ist. Wir wissen aber auch, dass es für Eltern oft schwierig ist und auch zum Teil unübersichtlich zu klären, wo welche Leistungen beantragt werden können. Hier sind natürlich in erster Linie die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung gefordert, auch wirklich diese guten Leistungen an die Eltern zu bringen.

Nichtsdestotrotz haben sich alle Länder des Themas Elternassistenz angenommen bereits auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Herbst letzten Jahres. Vor dem Hintergrund der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe – nicht nur der Sozialminister, sondern eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Sozialminister- und Jugend- und Familienministerkonferenz – eingerichtet, eine Arbeitsgruppe zur Inklusion von jungen Menschen mit Behinderung. Und innerhalb dieser Arbeitsgruppe befasst sich eine Unterarbeitsgruppe schwerpunktmäßig mit dem Bereich „Elternassistenz“.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Unterarbeitsgruppe der Länder kommt in ihrem Zwischenbericht vom 5. Oktober 2010 nach Anhörung von Praktikern aus verschiedenen Bereichen – und dazu zählen Praktiker aus dem Sozialamt, Jugendamt, freigemeinnützige Träger, Justiz sowie Kranken- und Pflegeversicherung – zu dem Ergebnis, dass der Leistungstatbestand der Elternassistenz nicht umfassend neu geregelt werden muss, sondern es wird vielmehr angeregt zu prüfen, inwieweit Klarstellungen im Rahmen der rechtlichen Regelungen nötig, machbar und sinnvoll sind, um Eltern mit Behinderung zu mehr Rechtssicherheit zu verhelfen. Der Sozialministerkonferenz wird noch in diesem Jahr ein abschließender Bericht vorgelegt.

Sie sehen also, dass wir länderübergreifend gemeinsam an Lösungen arbeiten. Die Länder werden den Bericht der Arbeitsgruppe zur nächsten ASMK in diesem Jahr beraten und gemeinsam einen Lösungsvorschlag unterbreiten und deshalb sehe ich keine Notwendigkeit eines Beschlusses, so, wie die FDP-Fraktion ihn hier vorstellt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Mantei von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinder sind für mich oder ich betrachte Kinder als Segen, und aus meiner christlichen Erziehung heraus auch als Segen Gottes. Und ich bin auch der festen Überzeugung, dass jeder das Recht hat, Kinder zu bekommen.

Heute hatte ich auch so ein schönes Erlebnis und das passt so schön. Ich hatte von unserer FDP-Kollegin das Kind mal kurz schaukeln dürfen – ein wunderbares Gefühl,

(Michael Roolf, FDP: He!)

und das möchte ich keinem vorenthalten.

Und einen Satz kann ich mir leider jetzt auch nicht verkneifen: Kopieren ist in Deutschland noch erlaubt. Aber gut, wir wissen es einzuordnen.

So, zum Thema: „Elternassistenz für Menschen mit Behinderungen“ – ein Thema, das ist nicht neu, aber es ist wichtig, weil es ist ein soziales Thema. Von August 2005 bis Juli 2006 wurde mit einer zwölfmonatigen Aufklärungskampagne für das Recht auf Elternassistenz geworben. Dabei wollte man einerseits für einen Rechtsanspruch auf Assistenz und dessen Umsetzung … Noch mal, ich setze noch mal an. Dabei wollte man einerseits auf einen Rechtsanspruch auf Assistenz, die sogenannte Elternassistenz, hinweisen und für deren Umsetzung sensibilisieren. Andererseits wollte man mittels einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit Probleme, aber auch positive Erfahrungen und Lösungsansätze behinderter Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder aufzeigen.

Ziel war es, Benachteiligungen abzubauen und für die Bereitstellung der nötigen Hilfen zu werben. Die einschlägigen Rechtsgrundlagen sind die Paragrafen 53 und 54 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch, in Verbindung mit Paragraf 55 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch. Artikel 23 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichtet die Vertragsstaaten – also auch Deutschland –, Kindern mit Behinderungen und ihren Familien umfassende Dienste und Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

In einer Pressemitteilung des Bundesverbandes behinderter und chronisch kranker Eltern vom 25. November 2009 hieß es unter der Überschrift „Behinderte Eltern erstreiten sich Elternassistenz“, dass „mit Bescheid vom 20.11.2009 … einer körperbehinderten Mutter von 2 Kindern“ erstmals „Persönliche Budgets für Elternassistenz als Teilhabeleistung bewilligt“ worden sind. In der Begründung der Bewilligung steht: „Entsprechend der neueren Rechtsprechung ist die Pflege und Erziehung eines Kindes ein Grundbedürfnis von behinderten und nichtbehinderten Eltern. Die Verantwortungsübernahme der Eltern für ihr Kind ist eine zentrale Frage der Teilhabe

der Eltern am Leben in der Gemeinschaft.“ Dementsprechend sind „die erforderlichen Hilfen von 18 Stunden pro Woche … als Eingliederungshilfe gemäß § 54 SGB XII in Verbindung mit § 55 SGB IX anerkannt“ worden.

Vielmehr geht es bei diesem Thema um die verwaltungsmäßige Ausgestaltung der Praxis und um Fragen der Anerkennung der Bewilligung von entsprechenden Leistungen durch Sozialhilfeträger vor Ort – die Ministerin führte aus. Daher waren die Elternassistenz beziehungsweise nicht gewährte Leistungen und abgelehnte Anträge auf Elternassistenz auch schon in einigen Petitionsausschüssen der Länder und des Deutschen Bundestages auf der Tagesordnung.

Die Dinge sind für uns geklärt. Nochmals, ich fasse zusammen: Es ist eigentlich aus unserer Sicht auf Ebene der kreisfreien Städte und Landkreise zu regeln und nicht ein Problem, das wir in dieser Stärke behandeln müssen. Daher sehen wir die Überweisung als wenig zielführend an. Wir lehnen daher Ihren Antrag ab. Ihr Ansinnen, Herr Grabow, verstehe ich persönlich aber sehr gut. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Mantei.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Müller von der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren! Werte Präsidentin! Es fällt mir schwer, emotionslos hier zu reden, wenn ich gerade wieder mal mitbekommen musste, wie Herr Mantei erst mit großen Worten sein Mitgefühl und die Schönheit, ein Kind im Arm zu haben, und so weiter und so fort emotional ausbreitete und zum Schluss zu dem Ergebnis kam: So wichtig ist das alles überhaupt nicht.

(Beate Schlupp, CDU: So hat er das ja nicht gesagt. – Zuruf von Matthias Mantei, CDU)

So wichtig ist das alles überhaupt nicht, deswegen nehmen wir es nicht zur Überweisung. Da ist nichts anderes drunter zu verstehen.

(Matthias Mantei, CDU: Das ist Ihre Ansicht.)

Da ist nichts anderes drunter zu verstehen!

(Matthias Mantei, CDU: Das ist Ihre Ansicht.)