Protocol of the Session on March 16, 2011

Für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich an dieser Stelle bei den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses und bei den Mitberatern sehr herzlich bedanken. Aber auch den Sachverständigen möchte ich an dieser Stelle noch einmal meinen Dank aussprechen sowie natürlich auch dem Sekretariat des Europa- und Rechtsausschusses.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Schließen möchte ich mit dem bereits angekündigten Zitat aus der Stellungnahme eines Sachverständigen aus der Anhörung, denn dieses Zitat bringt, wie ich meine, die Empfehlung des Ausschusses auf den Punkt. Ich zitiere: „Der Föderalismus hat manche Schwächen. Seine Stärke aber besteht darin, dass in bestimmten Bereichen ein Bundesland den anderen Bundesländern zeigen kann, wie man es richtig macht. MecklenburgVorpommern würde dies mit der Errichtung des Landesamtes unter Beweis stellen.“ Zitatende.

Vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich Sie um Zustimmung zu der entsprechenden Beschlussempfehlung. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Müller.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Justizministerin Frau Kuder.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Rückfallrisiko minimieren und dem Schutzinteresse der Bevölkerung gerecht werden und damit weitere Opfer von Straftaten verhindern, das war und ist meine justizpolitische Zielstellung. Das Konzept zur Integralen Straffälligenarbeit, kurz InStar, das FoKuS-Konzept und jetzt die Errichtung des Landesamtes für ambulante Straffälligenarbeit sind logisch aufeinander folgende Maßnahmen, die genau diesem Ziel dienen.

Die Errichtung eines neuen Landesamtes, das war von vornherein klar, bedarf in der heutigen Zeit einer besonders überzeugenden Begründung.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Diese Begründung, meine Damen und Herren, haben wir im Rahmen der sorgfältigen und sachlichen Beratung dieses Gesetzentwurfes, für die ich mich ausdrücklich bedanken möchte, geliefert. Hervorheben möchte ich, dass auch die durch den Europa- und Rechtausschuss durchgeführte Sachverständigenanhörung eine breite Zustimmung ergeben hat. Da das Gesetz selbstverständlich nicht rückwirkend in Kraft treten soll, ist es auch richtig, das Inkrafttreten nunmehr für den 1. April 2011 vorzusehen.

Meine Damen und Herren, in den Beratungen ist deutlich geworden, wie sinnvoll es ist, im Sinne einer effektiven und effizienten Aufgabenwahrnehmung die drei Säulen der ambulanten Straffälligenarbeit, nämlich Führungsaufsichtsstelle, Bewährungshilfe und Forensische Ambulanz, unter einem Dach einer Behörde zu vereinen. Wir haben darstellen können, dass mit der Errichtung des Landesamtes, entgegen zunächst anders lautender Befürchtungen, keine relevanten Mehrkosten verbunden sind. Wir haben klargestellt, dass mit dem neuen Landesamt kein Rückzug der Bewährungshilfe aus der Fläche verbunden ist. Ich unterstreiche erneut, die Bewährungshilfe bleibt unverändert mit den einzelnen Dienststellen im gesamten Land präsent. Die Zentralisierung bezieht sich allein auf die Zusammenführung der bisher bei den vier Landgerichten angesiedelten Führungsaufsichtsstellen zu einer zentralen Führungsaufsichtsstelle als Bestandteil des Landesamtes und die enge Verknüpfung mit der Geschäftsleitung der Sozialen Dienste der Justiz und der Forensischen Ambulanz.

Diese Zentralisierung erscheint mir zwingend geboten. In der Diskussion hat sich auch keine Stimme erhoben, die die Führungsaufsicht in der bisherigen Form weiterführen will. Lassen Sie mich insoweit stellvertretend für viele andere auf die Stellungnahme des vom Rechtsausschuss angehörten Vorsitzenden des Richterbundes Mecklenburg-Vorpommern hinweisen. Sie werden mir zustimmen, dass dieser sicher nicht verdächtigt ist, sich gegen Richter oder Gerichte zu stellen.

Der Vorsitzende des Richterbundes verweist ausdrücklich darauf, dass die von ihm befragten Landgerichtspräsidenten und die bisherigen richterlichen Leiter der Führungsaufsichtsstellen keine Einwendungen – ich wiederhole, keine Einwendungen! – gegen die geplante Regelung erhoben haben. Ich zitiere: „Vielmehr wird die vorgesehene Regelung ausdrücklich befürwortet, da allgemein erwartet wird, dass die Aufgaben der Führungsaufsichtsstellen von einer eigens dafür eingerichteten Behörde besser und intensiver wahrgenommen werden können.“ Zitatende.

Meine Damen und Herren, die Sachverständigen haben auch übereinstimmend erklärt, dass die Anbindung einer solchen zentralen Einrichtung bei einer anderen Justizbehörde – zu denken wäre an das Oberlandesgericht, den Generalstaatsanwalt oder an eine Justizvollzugsanstalt – aus vielerlei Gründen nicht zielführend ist. Die vernünftigste Lösung liegt in der Errichtung des Landesamtes.

Mit dieser Frage haben sich insbesondere eingehend der Brandenburgische Generalstaatsanwalt und der Staatssekretär des Thüringer Innenministeriums auseinandergesetzt. Der Staatssekretär des Thüringer Innenministeriums hat zwar darauf hingewiesen, dass der Zug der Zeit in die entgegengesetzte Richtung geht, also bestehende Landesbehörden eher aufgelöst werden. „Ein solcher Zeitgeist“ – ich zitiere – „darf jedoch einer sinnvollen Fortentwicklung der Organisationsstrukturen in einem Land nicht ausnahmslos entgegenstehen – ansonsten droht ein Land seine Zukunftsfähigkeit einzubüßen.“ Zitatende.

Und so ist es, meine Damen und Herren, und davon hat die Landesregierung sich leiten lassen. Unser Ziel ist es, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeit den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung vor Wiederholungstaten zu erreichen. Das vorliegende Gesetzesvorhaben ist hierzu ein zentraler Beitrag.

Gleichwohl, ich habe es immer wieder betont und wiederhole es auch an dieser Stelle, eine optimal organisierte ambulante Straffälligenarbeit ist imstande, das Rückfallrisiko zu minimieren. Dennoch bei aller Anstrengung wird es ein Restrisiko immer geben und eine absolute Sicherheit wird es auch in Zukunft nicht geben können. Aber wir schulden der Bevölkerung, das Machbare zu tun. Das heißt in diesem Fall die Schaffung vernünftiger organisatorischer Voraussetzungen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Zitat des Brandenburgischen Generalstaatsanwalts schließen. Dieser macht deutlich, dass wir im richtig verstanden Sinne sehr wohl im Zug der Zeit sitzen, und zwar weit vorn. Ich zitiere: „Mecklenburg-Vorpommern hat die einmalige Chance, seine schon bestehende Vorreiterrolle im Bereich der ambulanten Straffälligenarbeit weiter auszubauen und sollte sie nutzen. Nicht um sich bundesweit zu profilieren, sondern um alle Möglichkeiten zu nutzen, Straftäter von erneuten Straftaten abzuhalten. Denn dies ist das oberste Ziel, das wir im Interesse des Schutzes der Bevölkerung zu verfolgen haben.“ Zitatende.

Dem, meine Damen und Herren, ist nichts hinzuzufügen, nur noch meine Bitte an Sie, dem Gesetzgebungsvorhaben der Landesregierung zuzustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will es gleich vorwegnehmen: Wir alle sind gefragt, wenn es um die Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor Straftaten geht. Unter Berücksichtigung dieses Anspruches ist es auch unsere Verpflichtung, alle erdenklichen Möglichkeiten auszuloten, auch neue Wege zu gehen. Dabei ist der größtmögliche Schutz vor Wiederholungsstraftaten ein Bereich, den wohl niemand von uns unterschätzt. Und natürlich muss dafür die Straffälligenarbeit wirkungsvoller gestaltet werden, wofür unter anderem eine Bündelung der Aufgaben und eine höhere Effizienz der Verwaltung erforderlich sind. So weit, so gut.

Aber, und da will ich auch gleich auf ein Problem aufmerksam machen, während des gesamten parlamentarischen Verfahrens konnten uns weder eine Wirkungsanalyse noch die Mängel im derzeitigen System aufgezeigt werden. Und da stellt sich schon die Frage, ob nicht genau das die Basis für eine Veränderung sein sollte.

Herr Dr. Jäger guckt mich jetzt ganz verstört an.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Letztendlich hat auch das ein Experte innerhalb der Anhörung gesagt. Es wurde einzig und allein auf die Schaffung des Landesamtes abgestellt. Und da bleibt für uns die Frage: Ist es richtig – und ich glaube, die Justizministerin hat es auch schon angesprochen –, in Zeiten der Entbürokratisierung ein neues Landesamt zu gründen? Aus unserer Sicht nicht.

Ja, es wurde uns versichert, dass alle anderen bestehenden Varianten wie zum Beispiel die Einordnung ins Justizministerium geprüft worden sind. Auf welcher Grundlage allerdings diese Prüfung stattgefunden hat, konnte nicht vermittelt werden. Das ist aus unserer Sicht bedauerlich. Aber – und nun komme ich zum Kern unseres Antrages, der Ihnen vorliegt –, dass man trotz dieser vorhandenen Mängel, das wurde immer wieder betont, ein einzigartiges Projekt in Angriff nimmt und nicht einmal eine wissenschaftliche Begleitung noch eine Evaluierung vorsieht, ist nun wirklich mehr als fraglich. Wir meinen, das sollte man unbedingt tun. Unterstützt wurden wir in unserer Auffassung sowohl durch die Sachverständigen

(Dr. Armin Jäger, CDU: Einen, einen!)

als auch durch die Experten, die im letzten Jahr bei der Vorstellung des Landesamtes im Justizministerium anwesend waren.

Unser vorliegender Änderungsantrag zielt genau darauf ab. Ja, wir haben ihn schon im Ausschuss gestellt und er wurde mehrheitlich abgelehnt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Wir versuchen es an dieser Stelle noch einmal. Begründet wurde die Ablehnung mit folgenden Argumenten: Eine Evaluation in Gesetzen sei nicht üblich beziehungsweise ein laufendes Controlling durch das Landesamt würde stattfinden.

Zum ersten Argument, dass es in Gesetzen nicht üblich ist, möchte ich hier einfach sagen, das ist falsch. Bisher wurde auch in dieser Wahlperiode in vielen Geset

zen eine Evaluation vorgesehen. Ich möchte nur an Paragraf 97 des Jugendstrafvollzugsgesetzes vom 06.09.2007 erinnern, sowohl eine Evaluierung als auch eine kriminologische Forschung sind hier ausdrücklich vorgesehen. Die Begründung dazu war damals, dass die Daten interessenunabhängig vom Jugendstrafvollzug evaluiert und begleitet werden sollten. Wieso soll dies bei der Errichtung eines neuen Landesamtes nicht ebenso gelten, zumal wir neue Wege gehen und – Frau Justizministerin Kuder hat darauf hingewiesen – es ein neues Modellprojekt ist, auch innerhalb der Bundesregierung? Und da, glaube ich, ist es schon wichtig, dass man das sowohl wissenschaftlich begleitet, und zwar extern, als auch eine Evaluierung vorzunehmen.

Oder ein nächstes Beispiel: Das Informationsfreiheitsgesetz Paragraf 15 sah dies ausdrücklich vor. Auch hier ging es damals um einen neuen Weg.

Oder aber auch das noch zu behandelnde Gesetz zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes. Eigentlich war vorgesehen, dass Paragraf 13a und b am 30. Juli 2011 außer Kraft treten, aber aufgrund eines Evaluationsberichtes werden wir dann über deren Weiterbestand entscheiden. Wir halten die externe wissenschaftliche Begleitung und Evaluation nach wie vor für dringend angezeigt.

Bedauerlich ist auch, dass wir über die wichtigsten Probleme der Ver besserung der Personalausstattung so gut wie gar nicht gesprochen haben. Denn eines steht doch wohl fest: Egal, was wir im Land an Verwaltungsstrukturen haben, wenn diejenigen, wie zum Beispiel die Bewährungshelfer, die tagtäglich mit den konkreten Problemen konfrontiert werden, nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind, werden wir zu keiner Qualitätsverbesserung kommen. Derzeit betreuen 80 Bewährungshelfer 5.000 Probanden im gesamten Land.

Während der Anhörung wurde von den Sachverständigen auch darauf hingewiesen, dass, und ich zitiere aus der Beschlussempfehlung: „vor dem Hintergrund aktueller Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur … Anordnung der Sicherungsverwahrung … in Zukunft mit einem starken Zuwachs in Freiheit befindlicher Haftentlassener zu rechnen“ ist, „die einer Überwachung bedürften“. Zitatende.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Hier muss man noch einmal über die bedarfsgerechte Aufstockung der Zahl der Bewährungshelfer reden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ungeachtet unserer Haltung zum vorliegenden Gesetz werden sicherlich die Koalitionsfraktionen heute den vorliegenden Gesetzentwurf beschließen. Meine Fraktion wünscht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses künftigen Landesamtes viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Leonhard von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegen! Die Bera

tungen zu dem Gesetzentwurf haben die bestehenden Zweifel, auch aus Sicht der FDP-Fraktion, an der Schaffung eines neuen Landesamtes nicht gänzlich beseitigen können. Dabei geht es hier aber nicht um das Ziel, den Schutz vor Wiederholungstätern zu verbessern. Das ist durchaus und mehr als nachvollziehbar.

Allerdings ist vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Kassen die Schaffung eines neuen Landesamtes un typisch und birgt durchaus das Risiko, dass zumindest kurz- und mittelfristig sogar höhere Kosten für den Landeshaushalt entstehen können. Das wurde zwar seitens der Landesregierung so nicht bestätigt, endgültig beurteilen können wird man das vermutlich erst in einigen Jahren. Eine realistische Kosten-Nutzen-Analyse gibt es bis heute nicht, jedenfalls war sie nicht Bestandteil der parlamentarischen Beratungen.