Sie sehen also, wir glauben auch, dass wir in den Ausschüssen noch sehr viel Diskussionsbedarf haben, und stimmen der Überweisung zu. – Ich danke Ihnen.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Schildt. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über das Warum und Wieso dieses Gesetzentwurfes hat uns der Minister in der Begründung, wie ich meine, ausführlich informiert.
Wichtig ist mir, noch mal zu betonen, dass mit diesem Gesetzentwurf über das Bundesrecht nicht hinausgegangen werden soll. Das war eine Forderung, die auch in der Diskussion von den meisten angesprochen wurde. Dennoch gibt es Landesspezifika und Entwicklungen der letzten Jahre, die Ausführungsvorhaben der bundesrechtlichen Bestimmungen in unserem Land erforderlich machen. Die Stichworte hierzu wurden schon genannt: Sanierung devastierter Flächen, das haben wir hier mehrfach diskutiert und als Arbeitsaufgabe auch charakterisiert, die zunehmende Versiegelung von Flächen und die damit verbundene Abnahme landwirtschaftlicher Flächen, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Erosionsgefährdung von Ackerflächen und die Gefährdung von Steilufern und Steilhängen und so weiter. Der Minister hat es ganz umfassend mit Zahlen belegt. Ich brauche es nicht zu wiederholen.
Darüber hinaus sollen konkretisierende Regelungen die Durchsetzung des Bundesrechts auf die ab Juli 2012 zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte möglich machen. Im Sinne der Entbürokratisierung werden in dem vorliegenden Gesetzentwurf zudem bodenschutzrelevante Regelungen aus anderen Gesetzen und Verordnungen zusammengeführt.
Es ist also ein ganz normaler, aber notwendiger Gesetzgebungsprozess und ich bitte deshalb um Überweisung des Gesetzentwurfes in den Agrarausschuss. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Überweisungsvorschlag des Ältestenrates. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/4169 zur Beratung an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvor
schlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes, auf der Drucksache 5/4172.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 5/4172 –
Das Wort zur Einbringung hat die Justizministerin des Landes Frau Kuder. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! De regulierung und Bürokratieabbau sind eine Daueraufgabe der Landesregierung. Eine Aufgabe, die alle Ressorts betrifft. Jeder ist aufgerufen, in seinem Bereich dazu beizutragen.
Für den Justizbereich hat der Landesgesetzgeber bereits 2005 und 2006 Schritte zur Deregulierung hinsichtlich der Widerspruchsverfahren unternommen. Die Überlegung war damals folgende: Widerspruchsverfahren können zwar eine wichtige Rechtsschutzfunktion zugunsten der Bürger erfüllen. Sie können aber auch als sinnlose und zeitaufwändige Formalität zur Belastung werden.
Um hier zugunsten der Betroffenen effektivere Verfahren anzubieten, hat der Landesgesetzgeber damals in einigen speziellen Bereichen die Widerspruchsverfahren ganz abgeschafft. Zum Beispiel bei bestimmten Entscheidungen nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz. In anderen Bereichen ist ein Wahlrecht des Betroffenen eingeführt worden, ob er ein Widerspruchsverfahren einleiten oder sofort Klage erheben will. Damit können die Bürger selbst entscheiden, ob sie eine erneute Überprüfung des Bescheides durch die Behörde für sinnvoll halten oder dies für sie eher eine unnötige Zwischenstation ist.
Praktisch wichtigster Anwendungsbereich dieses sogenannten Optionsmodells sind die Baugenehmigungsverfahren. Die ursprünglich bis zum 31. Dezember 2008 befristete Laufzeit der vorgenannten Regelungen ist bis zum 30. Juni 2011 verlängert worden. Grund hierfür war, die endgültigen Auswirkungen dieser Regelung hinreichend prüfen zu können. Die insoweit durchgeführte Prüfung hat Folgendes ergeben:
1. Die Bürger haben insbesondere bei Baugenehmigungsverfahren von dem Optionsmodell Gebrauch gemacht und auf ein Widerspruchsverfahren verzichtet.
3. Eine Ausweitung auf weitere Sachgebiete wird gerade auch aufgrund der Erfahrungen anderer Bundesländer nicht befürwortet, weil das Widerspruchsverfahren eine grundsätzlich sinnvolle Funktion erfüllt und eine ansonsten erhebliche Mehrbelastung der Gerichte zu befürchten wäre.
Die 2005 und 2006 eingeführten Regelungen haben sich demnach in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich bewährt. Sie sollen nun durch den von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf entfristet werden.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache zu diesem Gesetzentwurf nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich komme damit zur Abstimmung über die Überweisung. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/4172 zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP und Stimmenthaltung vonseiten der Fraktion der NPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über die Kommunalverfassung und zur Änderung weiterer kommunalrechtlicher Vorschriften, auf der Drucksache 5/4173.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes über die Kommunalverfassung und zur Änderung weiterer kommunalrechtlicher Vorschriften (Erste Lesung) – Drucksache 5/4173 –
Das Wort hat jetzt der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Caffier. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Kommunalverfassung ist wohl eines der wichtigsten und auch bekanntesten Gesetze in unserem Land. Nach 17 Jahren Geltungsdauer, in denen selbstverständlich immer wieder notwendige Änderungen erfolgt sind, legt Ihnen die Landesregierung nun ein Ablösegesetz vor. Ich habe mich für diese Form der Novelle entschieden, um den Rechtsanwendern auch in Zukunft ein übersichtliches und leicht handhabbares Gesetz an die Hand zu geben. Aber auch gemessen an der Zahl und Bedeutung der vorgesehenen inhaltlichen Änderungen handelt es sich um eine Kommunalverfassungsnovelle größeren Umfanges, wie wir sie zuletzt in diesem Landtag im Jahre 2004 vorgenommen haben.
In der Zwischenzeit hat sich bei einer Reihe von Themenbereichen Regelungsbedarf aufgetan, dem man sich stellen muss, um den Kommunen das Rüstzeug für die kommunalen Herausforderungen zu geben. Schlagwortartig benannt bestehen diese Herausforderungen
in einem teilweise rasant verlaufenden demografischen Wandel, der einen massiven Anpassungsdruck auch auf kommunale Strukturen ausübt,
in einer zum Teil schweren Schieflage kommunaler Haushalte, die zum Teil auch auf hausgemachten Ursachen beruhen, in der Gestaltung kommunaler wirtschaftlicher Betätigung, die einerseits unternehmerische Flexibilität, andererseits aber auch wirksame kommunalpolitische Kontrolle ermöglicht und nicht zuletzt in einem deutlich gestiegenen Anspruch der Bürger auf Information und Einbeziehung in das kommunalpolitische Geschehen. Und das ist auch gut so.
Meine Damen und Herren, der Ihnen vorliegende Entwurf der Kommunalverfassung greift diese Herausforderungen auf. Dementsprechend betrifft er vor allem die Bereiche Bürgerbeteiligung, Ortsteilverfassung, Haushaltskonsolidierung und wirtschaftliche Betätigung der Kommunen. Lassen Sie mich zur Konkretisierung auf einige Eckpunkte dieses Entwurfes eingehen:
Zahlreiche Beschwerden und Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass die Einbeziehung in die Kommunalpolitik bisweilen immer noch als unzureichend empfunden wird. Um die Demokratie vor Ort zu stärken, sieht der Gesetzentwurf eine Reihe, eine ganze Anzahl von neuen Vorschriften vor. Im Medienzeitalter soll es künftig klarer geregelte und bessere Möglichkeiten der Fernsehberichterstattung aus Sitzungen kommunaler Vertretungen geben. Diese Neuerung halte ich insbesondere bei den neuen Landkreisen für sehr wichtig.
Die Einwohner erhalten künftig bessere Möglichkeiten der Meinungsäußerung, bevor kommunale Großvorhaben beschlossen werden, eine sehr häufig in der Gesellschaft derzeit diskutierte Form der Einbeziehung der Bevölkerung. Sie müssen umfassender über mögliche damit zusammenhängende Abgabenerhöhungen informiert werden. Es kann nicht sein, dass die Bürger erst aus der Zeitung von finanziellen Risiken erfahren, die eine Stadt eingegangen ist, wenn beispielsweise mal wieder ein Spaßbad möglicherweise tiefrote Zahlen schreibt. Diese Abwägung muss im Vorfeld erfolgen und der Bürger muss über die Risiken informiert werden, auch über Informationspolitik. Da können wir alle noch besser werden.
Die Bürger haben einen Anspruch darauf zu erfahren, dass sie selbst zum Beispiel über höhere Grundsteuern für finanzpolitische Entscheidungen ihrer Stadtvertretung einstehen und nicht ein großzügiger Geldgeber in Schwerin oder Berlin. Ich gestehe offen, dass ich mir von dieser Neuregelung nicht nur ein steigendes, finanzpolitisches Verantwortungsbewusstsein der Kommunen und ihrer Bürger verspreche, sondern auch ein Ende des Schwarzen-Peter-Spiels, das bisher zumeist auf Kosten von Dritten veranstaltet wird.
Eine Neuregelung, die mir ebenfalls am Herzen liegt, ist der vorgesehene Rechtsanspruch auf Einsicht in die Protokolle öffentlicher Sitzungen. Dieser Anspruch ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber es gab in der Vergangenheit leider auch immer wieder Fälle, in denen das örtliche Verwaltungen – und das ist dann auch kommunale Hoheit – nicht so gesehen haben. Und wenn das so ist, dann haben wir auch die Verpflichtung, das so zu regeln, dass das, was selbstverständlich ist, dann auch für alle gilt.
Mehr und mehr müssen sich Kommunalpolitiker heute mit der Tatsache befassen, ob freiwillige Gemeindezusammenschlüsse bei sinkenden Einwohnerzahlen und steigendem Kostendruck ein Mittel sind, eine kraftvolle kommunale Selbstverwaltung langfristig zu sichern. Die Landesregierung schlägt vor, damit einhergehenden Befürchtungen über weniger Zusammenhalt und Bürgernähe in historisch gewachsenen örtlichen Gemeinschaften mit einem spürbaren Ausbau der Ortsteilverfassung zu begegnen.
Im Zentrum der geplanten Neuerungen steht der Ortsvorsteher. Er kann in einer Einwohnerversammlung direkt gewählt werden und vertritt die Interessen des Orts teiles auch gegenüber der Gemeindevertretung. Der Ortsvorsteher kann Einwohnerversammlungen des Ortsteiles einberufen, besitzt ein aufschiebendes Vetorecht gegen Beschlüsse der Vertretung, sofern es dieser Gebietsänderungsvertrag vorsieht, und entscheidet über die Verwendung des Ortsteilbudgets. In der Gemeindevertretung hat er ein Teilnahmerecht, ein Rederecht und ein Antragsrecht sowie ein Auskunftsrecht gegenüber der Verwaltung.
Das alles sind Passagen, die es, glaube ich, erleichtern sollten, kleineren Gemeinden ihre Identität zu erhalten bei durchaus notwendigen Fusionen, die wir alle kennen, die man nicht unbedingt schön findet, aber die offensichtlich Realität sind, wenn wir die demografische Entwicklung im ländlichen Raum dieses Landes betrachten.
Gerade im ländlichen Raum kann mit dieser Institution ein Ansprechpartner und ein Kümmerer, über den wir hier in diesem Hause häufig diskutiert haben, erhalten werden, der für eine Dorfgemeinschaft oft von unschätzbarem Wert ist. Die Gemeinden müssen sich allerdings entscheiden, ob es einen Ortsvorsteher geben soll oder ob sie an der bisher schon möglichen Ortsteilvertretung als Beratungsgremium festhalten wollen. Das ist dann eine kommunale Selbstentscheidung. Erfolgen freiwillige Gemeindezusammenschlüsse innerhalb der Kommunalwahlperiode bleiben die ehemaligen Bürgermeister bis zum Ende der Wahlperiode zudem Mitglied des Amtsausschusses. Auch dies soll den Schritt zu einer freiwilligen Fusion erleichtern.
Im Bereich des Haushaltsrechts beabsichtigt die Landesregierung, die Verbindlichkeiten von Haushaltssicherungskonzepten zu erhöhen. Als Rahmenplan für eine Haushaltskonsolidierung über einen mehrjährigen Zeitraum muss ein Haushaltssicherungskonzept mehr sein als nur eine unverbindliche Richtschnur. Zwar müssen auch Änderungen und Abweichungen möglich sein, um Kommunalpolitik handlungsfähig zu halten, dies jedoch nur, wenn die selbst vorgegebenen Einsparvorgaben in ihrer Summe auch erhalten bleiben.