Protocol of the Session on January 28, 2011

Und jetzt noch einmal, Herr Holter, weil es ja heute nun schon öfter hier thematisiert worden ist: Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der Landtag auf ein solches Ergebnis Einfluss nehmen kann, teilen wir auch inhaltlich das Anliegen Ihrer Fraktion nicht, denn der Europäische

Rat hat auf den Weg gebracht, dass Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

um folgenden Absatz 3 ergänzt wird, ich zitiere: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des EuroWährungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“ So weit das Zitat.

Nun, dass diese Notwendigkeit zur Möglichkeit der schnellen Krisenintervention besteht, das ist hier jedem klar geworden, und wenn ich Sie richtig verstanden habe, stellen Sie das selbst nicht einmal in Zweifel,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das wird Frau Borchardt Ihnen dann erklären.)

dass die Möglichkeit zur Intervention auch gegeben sein muss. Und genau mit dieser Vertragsänderung soll eine juristisch unanfechtbare Rechtsgrundlage für einen Stabilitätsmechanismus direkt im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert werden. Dieses Vorhaben ist inhaltlich vollumfänglich zu unterstützen.

Mit diesem Stabilitätsmechanismus wird ein zentrales Instrument künftiger europäischer wirtschafts- und finanzpolitischer Steuerungen auf den Weg gebracht, um zukünftig in Finanzkrisen angemessen agieren zu können. Die Details der Regelungen werden im März 2010 bekannt gegeben, denn die Europäische Kommission und die EU-Finanzminister wurden vom Europäischen Rat dazu aufgefordert, bis dahin konkrete Regelungen eines Stabilitätsmechanismus auszuarbeiten. Der Mechanismus soll dann im Juni 2013 in Kraft treten.

Auch an der Umsetzung dieser Vertragsänderung im Wege des vereinfachten Änderungsverfahrens nach Artikel 48 Absatz 6 des Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Lissabon ist nichts auszusetzen, denn die Staats- und Regierungschefs haben sich nur auf eine eng begrenzte Vertragsänderung verständigt, was Sie andererseits wiederum kritisieren. Der Krisenmechanismus soll nur als, und das hat uns eben der Kollege von der FDP-Fraktion auch noch mal gesagt, nur als Ultima Ratio …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Leonhard.)

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Leonhard heißt er.)

Der Kollege Leonhard. Ich wusste es nicht ganz genau, und deshalb danke.

Herr Kollege Leonhard, Sie haben es uns eben gesagt. Der Krisenmechanismus, haben Sie gesagt, Herr Kollege Leonhard, soll nur als Ultima Ratio zur Stabilisierung der Eurozone als Ganzes und unter strengen Auflagen aktiviert werden. Dafür ist das Verfahren der vereinfachten Änderung auch durchaus gangbar. Auch hier sind wir also anderer Ansicht als Sie, meine Damen und Herren von der LINKEN.

Die Staats- und Regierungschefs haben ihre Dezembertagung genutzt, um ein Signal zukünftiger Handlungsweisen in Finanzkrisen auszusenden. Die begrenzte Vertragsänderung zur Errichtung eines Europäischen

Stabilitätsmechanismus ist ein wichtiger Schritt, um auch zukünftig in Finanzkrisen entsprechend agieren zu können.

Und deshalb, Herr Kollege Holter, will ich auch auf diesen Widerspruch, den schon unser verehrter Ausschussvorsitzender Müller aufgezeigt hat, noch mal eingehen. Sie sagen am Ende Ihrer Begründung im vorletzten Absatz: „Zum anderen ist die Änderung des Artikels 136 AEUV nicht mit dem Europäischen Recht vereinbar. Die Änderung würde zu Vertragsänderungen und Vertragsergänzungen ermächtigen, die außerhalb des Vertragsrechts lägen.“

Hierin liegt genau der Widerspruch, denn der Vertrag wird so geändert, dass die Regierungen und die Kommission in die Lage versetzt werden, schnell zu reagieren, und damit ist eben kein vertragswidriger Zustand gegeben. Der wäre nur dann gegeben, wenn die notwendigen Änderungen nicht vorgenommen würden. Und da jeder sieht, dass reagiert werden muss, es würde also außerhalb des jetzt vertraglichen Regelungswerkes reagiert, um diesen rechtlich bedenklichen Zustand nicht eintreten zu lassen, sind genau die vorgesehenen vertraglichen Änderungen erforderlich.

Und, Herr Kollege Holter, genau weil es sich um begrenzte Regelungen handelt und nicht um eine Generalrevision des europäischen Vertragswerkes, die absolut nicht angezeigt ist, genau deswegen ist der eingeschlagene Weg rechtlich in Ordnung. Und da sich die Europäische Union insgesamt bewährt hat, wäre es auch alles andere als angebracht, jetzt hier in Ihrem Sinne von einer generellen Veränderung des europäischen Vertragswerkes das anzustreben.

Wir wollen Europa so, wie es sich entwickelt hat, wir wollen, dass es sich weiterhin gut entwickelt, und deshalb sind die finanziellen Schieflagen, die entstanden sind, zu beseitigen. Und da ist in der Tat darauf hinzuwirken, dass alle einzelnen Mitgliedsstaaten auch in die Pflicht genommen werden und dass die solidarische Hilfe dazu führt, dass jeder für sich genommen auch seine Hausaufgaben macht. Dafür sind strenge Kontrollmechanismen vorgesehen und die sind auch notwendig.

Das ist der Preis auch für die Erweiterung der Europäischen Union um so viele Mitgliedsstaaten. Mit 27 ist das eben etwas schwieriger als mit 11. Wir stehen zu dieser Erweiterung, aber wir brauchen auch Regelungswerke, die in der Lage sind, in einer Krisensituation das Notwendige tun zu können. Dafür brauchen wir klare rechtliche Ermächtigungen und die werden hier mit diesen vorgesehenen Vertragsänderungen geschaffen. Und deshalb können wir Ihren heute vorliegenden Antrag nur in Gänze ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Born.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Begründung zu diesem Antrag macht DIE LINKE klar, was sie will: eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der EU. Dadurch geriete Deutschland endgültig in eine gefährliche Zwickmühle. Es muss ein Spiel spielen, das es nicht gewinnen kann, und der Name des Spiels lautet: „Zahlen oder Nazi“.

Viele Länder in der EU haben nämlich ganz andere Vorstellungen von Haushaltspolitik und Währungsstabilität als die, die in Deutschland üblich sind. Schulden sind dort kein Problem, Inflation wird locker gesehen und soziale Wohltaten wie die massenhafte Frühverrentung à la Griechenland gelten als normal. Damit sind wir auch zurechtgekommen, solange sie eine eigene Währung hatten.

Entweder wir tolerieren das und passen uns dem an, dann heißt es für uns: Zahlen! Solange wir eine gemeinsame Währung mit diesen Staaten haben, können wir sie nicht in die verdiente Pleite schlittern lassen, sondern wir müssen sie aushalten: Griechen, Spanier, Portugiesen, Iren, vielleicht demnächst auch Italien und Frankreich, bis auch wir bankrott sind.

Oder aber, andere Alternative: Wir versuchen, bei denen eine Spar- und Währungspolitik durchzusetzen, wie sie unseren Vorstellungen entspricht. Dann heißt es: Nazi, genauer gesagt, Finanz-Nazi, wie eine griechische Zeitung nicht etwa Udo Pastörs betitelt hat, sondern Angela Merkel. Ihr wird vorgeworfen, sie wolle gleichsam als Hitlers Enkelin – das muss man sich mal vorstellen! – Europa beherrschen.

Um diesem Verdacht zu entgehen, bleibt ihr nur eine Möglichkeit, nämlich jeden Scheck blind zu unterschreiben und die Pleitekandidaten Europas auf unsere Kosten wirtschaften zu lassen, wie sie wollen. Ansonsten fühlen sich die Griechen sofort an die Besatzungszeit erinnert und fordern aus Dankbarkeit für unsere großzügige Hilfe Reparationen. Was die Deutschen mit der Wehrmacht nicht geschafft haben, so heißt es, würden sie jetzt durch die Kontrolle des Euro noch einmal versuchen.

Es würde mich nicht wundern, wenn nach den Griechen auch Portugiesen, Spanier und Iren ihre schrecklichen Leiden unter der deutschen Besatzung beklagen würden. Zwar haben wir Spanien, Portugal oder Irland nie besetzt,

(Heinz Müller, SPD: Wer „wir“?)

aber das ist nichts, was die heutigen Historiker nicht hinkriegen würden. Wenn der politische Wille da ist, steht das morgen im Geschichtsbuch und übermorgen ist Leugnen strafbar.

Unbeliebt und sogar zunehmend verhasst als Zuchtmeister Europas oder beliebt und pleite, so sehen die Optionen für Deutschland aus.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Deshalb müssen wir sofort raus aus dem Euro und der EU, solange noch Zeit ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist ein bisschen sehr albern, was Sie hier schildern, was? Aber das passt zu Ihnen.)

Ein Spaziergang wird das natürlich auch nicht. Das soll nicht verschwiegen werden. Verlässt Deutschland den Euro, dürfte dessen Kurs in den Keller rauschen, was für deutsche Banken, die den Pleitestaaten Milliarden an Euro geliehen haben, wenig bekömmlich sein dürfte. Auch würden sich deutsche Exporte erst einmal drastisch verteuern. Das nimmt sich aber relativ harmlos aus – so schlimm das auch wäre – neben der Konsequenz eines Verbleibens im Euro, dem schleichenden, aber absolut sicheren Staatsbankrott.

All das wäre nicht nötig gewesen, wenn man sich auf dieses dämliche Währungsexperiment nie eingelassen hätte. Deutschland hat den Euro 50 Jahre nicht gebraucht und war dennoch als Exportnation erfolgreich. Die Schweiz, Schweden, Norwegen und Dänemark brauchten ihn auch nicht, um durch die Krise zu kommen.

DIE LINKE stört das alles nicht. Sie hat das sozialistische Experiment überlebt, einen Großteil ihres Vermögens gerettet und lässt sich nun die Rente vom Klassenfeind zahlen, und sie meint wohl, dieses Manöver beliebig oft wiederholen zu können. Aber wenn die BRD auch pleitegeht, wer zahlt dann die Stasirenten? Das sollten Sie sich mal fragen, Genossen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

(Stefan Köster, NPD: Liebe Kommunisten!)

Dass ich auf die Bemerkungen der NPD zu unserem Antrag nicht eingehen will, ist sicherlich verständlich. Die Europafeindlichkeit ist bekannt und verwundert uns, denke ich, nicht.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Nein, Sie sind europafeindlich.

(Stefan Köster, NPD: Sie haben überhaupt keine Ahnung. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ich will aber meine Zeit nutzen,

(Heinz Müller, SPD: Herr Köster hat Ahnung.)

um auf die Argumente der Koalitionsfraktionen und auch auf die Argumente der FDP einzugehen.