Und zuerst erhält das Wort in Vertretung der Sozialministerin Frau Schwesig der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst: Bei dem Psychiatrie plan handelt es sich nicht um ein Gesetz, eine Verordnung, eine Richtlinie oder einen Erlass, deshalb ist dieser auch im Gesetzgebungsplan des Ministeriums,
(Irene Müller, DIE LINKE: Na, na, na, na, na! Das war aber der Arbeitsplan und nicht die Gesetzgebung.)
des Sozialministeriums enthalten. Mit dem Begriff „Psychiatrieplan“ drängt sich zunächst der Gedanke auf, dass es sich bei der Psychiatrie ja nur um ein Teilgebiet handelt. Das ist richtig. Wenn man sich aber im Weiteren fragt, Teilgebiet wovon, dann wird deutlich, wie komplex die Materie ist.
Eine wesentliche Grundlage der Psychiatriereform, die ihren Ursprung in den 70er-Jahren hatte, besteht darin, dass die Segmente des Hilfssystems nicht einzeln betrachtet werden dürfen, weil es sonst nicht möglich ist, dem tatsächlichen Hilfebedarf in der Gesamtheit gerecht zu werden. Diesen ganzheitlichen Ansatz nimmt die Ministerin sehr ernst.
Das psychiatrische Hilfssystem ist ein Teilgebiet der Medizin, die sowohl die Allgemeinpsychiatrie wie auch die Psychosomatik und die Gerontopsychiatrie bezeichnet und einbezieht, die Suchthilfe und auch die Jugendhilfe, die Rehabilitation, die Eingliederungshilfe, Hilfen zur Arbeit und ich könnte diese Aufzählung noch fortsetzen. Das bedeutet, dass eine Vielzahl von gesetzlichen
Regelungen zu berücksichtigen ist und dass Akteure aus unterschiedlichen Hilfssystemen einbezogen werden müssen.
Damit bewegt sich der Psychiatrieplan in einem Geflecht von sehr komplexen Bedingungen mit einer Vielzahl von Akteuren. Wenn dann noch das Ziel darin besteht, nicht bei der Beschreibung der vorhandenen Voraussetzungen stehen zu bleiben, sondern sich gerade die problematischen Stellen, das heißt insbesondere die Schnittstellen zwischen den Hilfssystemen anzusehen und nicht nur vom personenzentrierten Ansatz zu reden, sondern ihn auch schon im Aufbau des Plans umzusetzen, wird klar, dass es sich bei der Erarbeitung des Psychiatrieplans um einen komplexen, umfassenden Prozess handelt.
Die Ministerin legt Wert darauf, dass dieser Prozess durch eine intensive Einbeziehung der Praxis geerdet wird. Es besteht also nicht nur ein ambitionierter Ansatz für die Entwicklung des Plans, es soll auch ein Plan aus der Praxis für die Praxis werden.
Im September 2008 haben wir mit dem Psychiatriebeirat des Landes die Vorgehensweise zur Erarbeitung des neuen Psychiatrieplanes abgestimmt. Es wurden fünf Arbeitsgruppen gegründet, die sich am Aufbau des Plans orientieren. Die Arbeitsgruppen befassten sich mit dem Erstkontakt zum Hilfssystem, der individuellen Hilfe planung, der Umsetzung der Hilfen, der Vernetzung, Koordination der Hilfen und schließlich der Gerontopsychiatrie als einem besonderen Schwerpunkt des Plans.
Die Arbeitsgruppen waren mit Praktikern aus allen Feldern des psychiatrischen Hilfssystems besetzt. Diese intensive Einbeziehung der Praxis ist fundamental für das spätere Verständnis und die Mitwirkungsbereitschaft an der Umsetzung des Plans. Damit ist gewährleistet, dass wirkliche, nicht nur am Schreibtisch bestehende Probleme aufgegriffen werden und dass Lösungen entstehen, die umsetzbar sind. Durch die intensive und breite Diskussion im Rahmen der Entwicklung des Planes hat er bereits in seiner Entstehung einen Entwicklungsprozess in der Praxis initiiert. Aber ein solcher Prozess ist sehr zeit- und abstimmungsintensiv und es gilt: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.
Natürlich hätte es sich die Ministerin auch einfacher machen können, einen Psychiatrieplan par ordre du mufti, das hätte niemand sozusagen mit auf den Weg genommen. Oder ich hätte eine Ausschreibung machen können, meint die Ministerin, auf deren Grundlage sie eine Firma mit der Erstellung des Planes beauftragt.
Einige Bundesländer gehen so vor, Sie wissen es vielleicht, Sachsen und Thüringen. Das wollte Frau Ministerin Schwesig nicht. Abgesehen davon, dass in einem solchen Fall zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen ist, geht auch der Prozess mit den Akteuren im Land verloren. Das ist aber der Ministerin sozusagen ein wichtiges Anliegen, wenn ein Plan nicht graue Theorie bleiben soll.
Wo stehen wir jetzt? Der Psychiatriebeirat befasst sich gegenwärtig mit dem Entwurf des Psychiatrieplans. Sodann wird es eine letzte Abstimmungsrunde geben. Und das Ziel der Ministerin, meiner Kollegin Frau Schwesig, ist ganz klar, die Arbeiten im Laufe des Frühjahrs abzuschließen und den Psychiatrieplan noch in dieser Legislaturperiode vorzulegen.
Und um auf Ihren Eingang zurückzukommen, Frau Müller, die Ministerin wird Wort halten. Und wenn uns andere voraus sind, dann sind wir wieder mit dem Beschließen anderen voraus. So ist es dann nun mal. – Herzlichen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Grabow. Es war uns nicht möglich, Ihnen ein Signal zu geben. Also das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben das Thema ja schon sehr ausführlich dargestellt. Ja, es ist richtig, es arbeiten...
Es arbeiten auch die Betroffenenverbände zurzeit mit an der Planung. Das Schlimme ist, dadurch, dass man so lange gebraucht hat, wird das jetzige Material, was da ist durch die neuen Beschlüsse der AMK-Konferenz, also der Arbeitsministerkonferenz und der Sozialministerkonferenz, was da auf dem Tisch liegt, kann man eigentlich, wenn man ehrlich ist, noch mal neu anfangen, weil dies ist, glaube ich, weiter gehend als die Diskussionsvorlagen, die jetzt da sind.
Ich nehme Frau Ministerin gerne ernst. Wir werden versuchen oder zugucken, ob das jetzt wirklich in dem ersten Vierteljahr passiert. Auf jeden Fall müssten wir dann etwas schneller werden, sonst überholt uns häufig die Zeit. Und da gebe ich der LINKEN auch recht: Wie lange zetern wir schon mit dem rum?!
Gut, das ist auch eine Frage, aber ich habe selbst an verschiedenen Tagungen teilgenommen. Wie oft wir da rüber geredet haben!
Ich hoffe nur jetzt, dass, wenn wir jetzt den neuen aufstellen, dass wir auch die neuen Beschlüsse der AMKKonferenz, also der Sozialministerkonferenz, der Arbeitsministerkonferenz einfließen lassen. Nicht, dass wir hier etwas vorgelegt kriegen, was in dem Augenblick, wo wir es vorgelegt bekommen, schon wieder veraltet ist. Also ich glaube, ein bisschen Druck im System kann nicht schaden, deswegen werden wir dem Antrag zustimmen.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rühs. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Frau Müller, Sie sprachen mich ja so unverhofft an: Ich habe keine Module, ich gehe stets gern individuell auf Sie ein. Meine Lateinkenntnisse, die Sie auch ansprachen, sind in der Tat rudimentär,
dafür bin ich einer Sprache mächtig, die auf Latein beruht, nämlich Französisch, aber das nur so am Rande.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden heute über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE, bei dem der Antragstext kaum mehr Worte als die Überschrift selbst enthält: „Die Landesregierung wird aufgefordert, die angekündigte Fortschreibung des Psychiatrieplans für Mecklenburg-Vorpommern dem Landtag unverzüglich vorzulegen.“ Das war es auch schon. Das ist der gesamte Antragstext.
Die Fortschreibung des Krankenhausplans in den Fächern Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie war jedoch bereits in der 21. Kabinettssitzung am 3. Juni 2008, also vor knapp zweieinhalb Jahren, auf der Tagesordnung. Das Kabinett hatte damals die Fortschreibung durch das Ministerium für Soziales und Gesundheit zur Kenntnis genommen.
Vielleicht befand sich Ihre Fraktion, Frau Müller, zu dem Zeitpunkt ja bereits in der Sommerpause – es war immerhin Anfang Juni –,
sodass sie davon keine Kenntnis erlangte. Es ist inzwischen ja auch ein bisschen sehr lange her, immerhin zweieinhalb Jahre. Da kann man das eine oder andere schon mal aus den Augen verlieren.
Doch nun ein paar Worte zur Vorgeschichte. Seit dem Jahr 2006 nahm die Zahl der Anträge auf Kapazitätserhöhungen in psychiatrischen Kliniken und psychiatrischen Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern zu. Die Krankenhausträger beantragten aufgrund erhöhter Auslastung häufiger vollstationäre Betten anstelle von tagesklinischen Plätzen, obwohl eine Untersuchung belegt, dass ein Drittel der vollstationär behandelten Patienten auch teilstationär versorgt werden kann, und die Analyse der Versorgungssituation darauf hinweist, dass die niederschwelligen Angebote auszubauen sind.
Daher waren die im Krankenhausplan bestehenden Regelungen für die Fächer Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie durch Regelungen zu ersetzen, die zu der gewünschten Umstrukturierung des Versorgungssystems führten. Mit der Neuregelung des Krankenhausplanes wurde angestrebt, den Bedarf an vollstationären Kapazitäten durch die Verbesserung der Situation im niederschwelligen ambulanten und teilstationären Bereich zu begrenzen und, soweit die Möglichkeit besteht, auch zurückzuführen. Daneben soll die Qualität der Behandlung durch eine Optimierung der Konsiliar- und Liaisondienste sowie die Konzepte zur Behandlung von Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung sichergestellt werden.
Zudem streben die Träger der Krankenhäuser mit Unterstützung der Krankenkassen weitere Verträge zur sektorenübergreifenden Versorgung an. Soweit sich der Behandlungsbedarf weiter erhöht, werden somit vorzugsweise im teilstationären und ambulanten Bereich neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Beibehaltung der bisherigen Planungskriterien würde hingegen zu höheren Investitionskosten, also höheren Ausgaben für das Land
und höheren Kosten im Rahmen der Betriebsmittel, also höheren Ausgaben auch für die Krankenkassen führen.
Bereits in einer Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Ralf Grabow hat die Landesregierung am 19.07.2007 über das neue Konzept zur Fortschreibung der Krankenhausplanung im Fach Psychiatrie umfassend informiert: Der Psychiatrieplan des Landes, der das gesamte psychiatrische Versorgungssystem umfasst, wurde und wird stetig fortgeschrieben und an die sich ändernden Bedarfe angepasst. In einem ersten Schritt erfolgte die bereits kurz skizzierte Weiterentwicklung der Krankenhausplanung im Fach Psychiatrie. Die Krankenhausplanung wurde zuerst betrachtet, da sie einen wesentlichen Bestandteil des psychiatrischen Versorgungssystems darstellt und in diesem Bereich ein besonders hoher Handlungsbedarf bestand. Die Krankenhausplanung im Fach Psychiatrie ist insofern als Ausgangspunkt zur Fortschreibung des Psychiatrieplanes integraler Bestandteil des Psychiatrieplanes.
Der erste Entwurf zur Krankenhausplanung im Fach Psychiatrie wurde im Übrigen auf der Grundlage eingegangener Stellungnahmen von der Krankenhausgesellschaft, allen psychiatrischen Krankenhäusern und psychiatrischen Abteilungen des Landes, der Ärztekammer, dem Landkreistag, den Gesundheitsämtern sowie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie überarbeitet. Dieser Entwurf wurde anschließend den an der Krankenhausplanung Beteiligten zur weiteren Diskussion vorgelegt.
Die Fortschreibung der Krankenhausplanung folgt dem Grundsatz, dass insbesondere die niederschwelligen, das heißt die ambulanten und teilstationären Angebote zu fördern sind. Darüber hinaus wird die Entwicklung von Leistungen im Sinne der Soziotherapie und der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege gefördert, was zu einer Entlastung im Krankenhausbereich in den kommenden Jahren beitragen wird.
So sieht denn auch die Fortschreibung des Krankenhausplans im Fach Psychiatrie ausdrücklich eine Begrenzung des stationären Bereiches zugunsten der teil stationären und ambulanten Leistungen vor. Dies bedeutet einen Ausbau der tagesklinischen Angebote insbesondere in Form von ausgelagerten Tageskliniken, die in den letzten Jahren in Umsetzung dieser neuen Planung auch bereits sehr zahlreich in unserem Land neu eröffnet wurden. Zu nennen sind hier beispielhaft die Anfang dieses Jahres eröffnete neue HELIOS-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wismar oder die Ende letzten Jahres in Anwesenheit des Ministerpräsidenten feierlich eingeweihte neue Damp-Tagesklinik für Erwachsenenpsychiatrie in Stralsund oder die neue Damp-Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Greifswald.
Mit diesem im Psychiatrieplan verbindlich festgeschriebenen neuen Ansatz soll die gemeindenahe, lebensfeldorientierte Behandlung und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen weiterentwickelt werden. – Wir lehnen Ihren Antrag daher ab und ich danke für die Aufmerksamkeit.