Und wenn man genug Lärm macht, wenn man die Aufmerksamkeit aufrechterhält, wenn man den Leuten klarmacht, welche Gefahren drohen, und wenn die Etablierten Angst haben, deswegen Wahlen zu verlieren, dann werden sie sich auch noch zurückhalten. Aber wenn man nur eine Sekunde nachlässt, dann kommt es mit der Schweinerei sofort dazu, dann wird das durchgesetzt und dann haben die Bürger weniger Rechte. Das hier ist eine Schwächung der Rechte der Bürger und wir werden darauf weiterhin hinweisen. – Danke.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung. Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Tagesordnungspunkt 22 auf Drucksache 5/4063 eine namentliche Abstimmung beantragt.
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Ich bitte den Schriftführer, die Namen aufzurufen.
(Die Abgeordneten Dr. Till Backhaus, Andreas Bluhm und Dr. Ulrich Born werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Wir unterbrechen die Sitzung für zwei Minuten.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 58 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 53 Abgeordnete, es enthielt sich kein Abgeordneter. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/4063 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten der Länder bei der Sicherstellung guter medizinischer Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger, Drucksache 5/4047.
Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten der Länder bei der Sicherstellung guter medizinischer Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger – Drucksache 5/4047 –
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der Koalitionsfraktionen zielt darauf ab, die Einflussmöglichkeiten der Länder bei der Sicherstellung einer guten medizinischen Versorgung in Zukunft zu stärken, also bei allem, was gesetzgeberisch in der nächsten Zeit auf uns zukommt, diesen Aspekt im Auge zu haben und den weiterzuverfolgen, damit wir bestimmte Einflussmöglichkeiten bei uns im Land verbessern können.
Dieser Meinung sind auch alle Gesundheitsminister aus allen Bundesländern, und die haben einen entsprechenden Beschluss gefasst auf ihrer 83. Gesundheitsministerkonferenz und fordern jetzt den Bund auf, an dieser Stelle tätig zu werden. Und ich finde, dass wir zunächst von hier aus unsere handelnden Akteure auf der Bundesebene in dieser Hinsicht unterstützen sollten.
Und wenn wir uns die Situation mal ansehen, dann muss man erkennen, dass sich gerade der Bereich der Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren stark verändert hat. Früher war alles einfacher. Wir hatten auf der einen Seite die stationäre medizinische Versorgung. Dafür waren die Länder zuständig. Die ganze Sache befand sich in der Planungszuständigkeit der Länder. Und wir hatten auf der anderen Seite die ambulante medizinische Versorgung. Da verständigten sich die Kassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen und machten da die Planungsaussagen in dem Bereich. Und das hat auch funktioniert.
Heute sieht die Situation anders aus, deutlich anders aus: Wir haben auf der einen Seite eine Zentralisierung von Krankenkassen zu verzeichnen, was die Einwirkungs möglichkeiten der Länder auf die Kassen immer stärker reduziert, und wir haben auf der anderen Seite im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen Instrumente, die bestimmte Elemente dem gesetzlichen System entziehen. Das heißt also beispielsweise, die Selektivverträge, die wir heute haben, reduzieren die Einflussmöglichkeiten der Länder in ganz erheblichem Umfang, weil solche Verträge nur noch ausgehandelt werden zwischen den Kassen auf der einen Seite und den Anbietern auf der anderen Seite.
Ich möchte das Ganze mal verdeutlichen am Beispiel der ambulanten Versorgung. Maßgeblich für die ambulante Versorgung ist die Bedarfsplanungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. In dieser Bedarfs
planungsrichtlinie werden Aussagen getroffen, wie die ambulante medizinische Versorgung vor Ort zu planen ist. Es ist also nicht so einfach, wie Herr Köster von der NPD es uns in seinem vorherigen Beitrag zu diesem Thema weismachen wollte, sondern die Gemengelage ist komplex.
Und wie stellt sich diese dar? Noch 1990 sind alle davon ausgegangen, dass wir eine Ärzteschwemme haben werden, und zwar flächig über die ganze Bundesrepublik. Heute haben wir ein Nebeneinander von Ärztemangel und von Ärzteüberfluss. Und wenn man sich ansieht, wie sich das verteilt, dann haben wir den Ärzteüberfluss in der Regel in den großen Städten und den Ärztemangel haben wir auf dem platten Land. Das hat meines Erachtens damit zu tun, dass die Lebensentwürfe von jungen Leuten heute in der Regel anders aussehen, als das noch vor Jahren der Fall war. Das heißt also, die Bereitschaft, in die Fläche zu gehen und dort als Landarzt tätig zu werden, ist heute nicht mehr in dem Umfang ausgeprägt, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.
Wenn man sich zum Zweiten anguckt, wie Planungsregionen definiert werden, dann sind diese Planungsregionen heute festgelegt in der Regel auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte. Und wenn man sich die Planungsregionen eines Kreises anguckt, dann gibt es da sehr wohl Bereiche, wo ausreichend oder sogar zu viele Ärzte sind, und dafür im ländlichen Bereich umso weniger. Und dann gilt eine solche Region letztendlich nicht als unterversorgt.
Und außerdem werden bei diesen Planungsinstrumenten Elemente der allgemeinen Raumplanung zugrunde gelegt, also beispielsweise der Morbiditätsgrad einer Bevölkerung spielt dabei keine Rolle. Raumplanerische Aspekte determinieren diese Planungsgesichtspunkte und Morbidität wird nicht berücksichtigt. Jeder von uns kennt die Situation in Mecklenburg-Vorpommern. Da sieht es in einigen Bereichen mit der Morbidität anders aus als im Bundesdurchschnitt, ohne dass diese Dinge jetzt bei der Planung der ambulanten ärztlichen Versorgung in hinreichendem Umfang berücksichtigt werden.
Und wir haben auch einen deutlichen Wandel in der Zusammensetzung der Ärzteschaft. Die Ärzteschaft wird weiblicher. Immer mehr Frauen streben in den Arzt beruf, und die haben letztendlich andere Vorstellungen von Arbeit. Da spielt Familie, da spielen Kinder und Kindererziehung eine wesentlich größere Rolle, und das lässt sich häufig mit der Tätigkeit in einer allgemeinen Landarztpraxis nicht so in Einklang bringen und deswegen hat man die entsprechenden Konsequenzen.
Um jetzt wieder auf unseren Antrag zurückzukommen, unter Punkt 2 haben wir all die Dinge zu Papier gebracht, die unseres Erachtens auf der Bundesebene in Angriff genommen werden müssten, um hier für eine deutliche Stärkung der Länder bei der ambulanten ärztlichen Versorgung und bei der ärztlichen Versorgung ganz allgemein zu kommen. Ich will jetzt nicht hier eins nach dem anderen vorlesen, das kann jeder für sich selber tun. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Um das Wort hat zunächst gebeten die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig. Frau Schwesig, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Land Mecklenburg-Vorpommern steht vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, die medizinische Versorgung, aber vor allem auch die pflegerische Versorgung sicherzustellen. Die Menschen im Land werden älter, das ist was Gutes, denn dass die Menschen älter werden, hat damit zu tun, dass die Lebenserwartung höher ist, und eine höhere Lebenserwartung zeichnet sich aus durch bessere Lebensbedingungen. Aber wenn Menschen immer älter werden, dann steigt der Bedarf an medizinischer Versorgung.
Gleichzeitig erleben wir, dass insbesondere die ländlichen Räume dünner besiedelt werden, dass auch die Großfamilien nicht mehr zusammenbleiben und dass sich die Frage stellt, wie wir die medizinische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum sicherstellen können.
Und zwei wichtige Säulen in der medizinischen Versorgung im Land sind zum einen die ambulante Versorgung mit niedergelassenen Ärzten, aber eben auch die stationäre Versorgung mit guten Krankenhäusern.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern, die Landespolitik hat Einfluss auf die Frage, wo sollen Krankenhäuser sein, welche Versorgungsleistungen sollen sie anbieten, also welche Abteilungen, wie viele Betten. Das können wir alles klein, klein definieren. Aber die Landespolitik hat wenig Einfluss darauf, wie planen wir und wie stellen wir die ambulante medizinische Versorgung sicher. Also das heißt, wir können nicht sagen, da fehlt ein Arzt und da soll ein Arzt hin, sind aber gleichwohl dafür verantwortlich, dass Gelder ins Land fließen, um Ärzte zu bezahlen, haben aber eben keinen Einfluss darauf, wo Ärzte sich niederlassen und wie man vor allem organisieren kann, dass die niedergelassenen Ärzte – also Hausärzte, Augenärzte et cetera – mit den Krankenhäusern zusammenarbeiten. Auch das ist wenig in unserem Gestaltungsspielraum.
Und an dieser Stelle, muss ich sagen, müssen wir gemeinsam ein Interesse haben, dass, wenn Bürgerinnen und Bürger zu Recht uns Politiker fragen: „Wie sieht’s denn aus? Wie kommt denn jetzt der Hausarzt zu mir hier in den ländlichen Raum?“ oder: „Wie geht es denn weiter mit dem Augenarzt? Wir warten hier neun Monate lang auf Termine“, dass wir nicht nur diese Probleme vor die Füße geworfen kriegen, sondern dass wir auch Gestaltungsspielraum haben und rechtliche Möglichkeiten, diese Probleme zu lösen.
Wir haben diesen Gestaltungsspielraum bei den Krankenhäusern. Und an der Stelle möchte ich ganz kurz mit einem Ammenmärchen aufräumen, was Frau Dr. Linke hier schon zweimal im Landtag gesagt hat, gestern zuletzt, dass wir die medizinische Versorgung verschlechtern, weil wir die Krankenhäuser aus dem Investitionsplan genommen haben. Mir ist es ganz wichtig, dass ich mit dieser Falschinformation aufräume, denn hier wird ein falscher Eindruck vermittelt.
Das Landeskrankenhausgesetz, was die Landesregierung jetzt auf den Weg in die parlamentarische Beratung
gebracht hat, sieht Folgendes vor: Die Krankenhäuser werden in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen und können dann Anträge auf Investitionsförderung stellen. Die entsprechende Vorschrift im Landeskrankenhausgesetz wurde sprachlich modifiziert, aber inhaltlich wird sich am Vorgehen des Landes nichts ändern. In welcher Höhe und in welchem Umfang gefördert werden kann, das ist abhängig von der Finanzplanung des Landes, und da haben Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, natürlich mit der Haushaltshoheit Einfluss drauf. Also weg mit der Geschichte, dass wir mit dem neuen Krankenhausgesetz die medizinische Versorgung verschlechtern werden. Das Gegenteil ist der Fall, aber dazu werden wir in der weiteren parlamentarischen Beratung kommen.
Bei dem Antrag der Regierungsfraktionen geht es heute darum, uns gemeinsam die Gestaltungsmöglichkeiten zu geben, so, wie es Herr Abgeordneter Heydorn vorgetragen hat, auch bei der Frage ambulante Versorgung, also Niederlassung von Ärzten, mit Einfluss zu nehmen. Und das ist, genau wie wir gestern über die Frage Stipendienprogramm diskutiert haben, ein ganz wichtiger Baustein, den wir brauchen, um ärztliche Versorgung sicherzustellen.
Ich will Ihnen das praktisch erläutern: Es ist heute so, dass die Kassenärztliche Vereinigung ihre Versorgung auf der Basis der Bevölkerungszahlen von 1990 plant. Und jeder von uns weiß, dass sich die Bevölkerungszahlen seit 1990 in der Masse geändert haben, aber vor allem in der Altersstruktur – ältere Menschen heißt mehr medizinischer Versorgungsbedarf –, und jeder von uns weiß, dass die Bevölkerungsstruktur in Städten wie Schwerin oder Rostock noch mal eine ganz andere ist als im ländlichen Raum, zum Beispiel in Vorpommern.
Deswegen haben wir auch als Land ein Modellprojekt gemacht. Wir planen gerade in der Region MecklenburgStrelitz – ganz konkret an der Bevölkerungsstruktur von heute, 20 Jahre später als 1990 –, wie sieht die Bevölkerungsstruktur aus und welche Ärzte brauchen wir da. Und zu so einer regionalen Bedarfsplanung müssen wir kommen.
Aber wir haben derzeit nicht die Möglichkeit, diese regionale Bedarfsplanung fortzuschreiben, denn die Kassenärztliche Vereinigung ist dafür verantwortlich und Landespolitik hat kein Mitspracherecht.