Protocol of the Session on December 16, 2010

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Schulte.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Verkehrsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Volker Schlotmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer kennt nicht den Spruch aus der Politik von verschiedenster Couleur, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Wenn man sich dann allerdings die Realität im Zusammenhang mit dem Antrag, der jetzt vorliegt, ansieht, dann kann man schon wirklich das Stirnrunzeln bekommen. Fakt ist der, es ist aus meiner Sicht sehr ärgerlich, dass wir seit Jahren immer wieder über das gleiche Projekt reden, ohne dass sich wirklich etwas bewegt hat.

Der Kollege Schulte hat gerade davon gesprochen und das teile ich uneingeschränkt: Auch sozialdemokratische Verkehrsminister haben dieses Projekt nicht vorangetrieben. Aber Herr Ramsauer hat es nicht nur nicht vorangetrieben, sondern er hat es jetzt schlicht und einfach gecancelt. Und damit ist die Entscheidung, die Raumsauer getroffen hat, nicht besser, weil Sozialdemokraten das damals nicht vorangetrieben haben. Ich war ziemlich sauer, um das mal salopp zu formulieren, als ich über die Medien erfahren habe, nicht in den üblichen Runden, die so zwischen Bundesministerium und den Ländern stattfinden, dass das Projekt Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 vollends auf das Abstellgleis geschoben wird.

Wir haben ja gerade gehört, das Bundesministerium hat den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege überprüft und dieses Projekt VDE 1 als nicht wirtschaftlich eingestuft. Ich kann Ihnen sagen, wir als Verkehrsministerium in Mecklenburg-Vorpommern wussten von dieser Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nichts. Die Länder, und nicht nur Mecklenburg-Vorpommern, sondern alle, sind gar nicht erst beteiligt worden bei dieser Untersuchung. Das war früher anders. In der Regel wurden die Länder einbezogen, damit auch deren Daten und Hinweise zur Verkehrsentwicklung einfließen konnten. Ich bin überzeugt davon, das wäre auch sinnvoll gewesen, denn die Untersuchung, aufgrund derer jetzt diese Entscheidung getroffen worden ist, zeigt deutliche Schwächen. Dazu möchte ich einige Hinweise geben, die die Vorgehensweise des Bundes sehr deutlich machen.

Wir gehen stark davon aus, dass die zum Streckenerhalt notwendigen Investitionen mit in die Berechnungen eingeflossen sind. Das ist absolut unüblich. Das darf eigentlich nicht sein. In der Untersuchung wird der Fertigstellungsgrad des VDE 1 mit 80 Prozent beziffert, bisher war immer von 50 Prozent die Rede. Und das ist nicht lange her, sondern vor dem Verkehrsausschuss der Industrie- und Handelskammer Rostock am 10. November diesen Jahres, also vor nicht mal fünf Wochen wurde von der Deutschen Bahn genau die Zahl 50 Prozent festgelegt und dargestellt.

Untersucht wurden auch nur ältere Planungen für den Teilabschnitt Rostock–Stralsund ohne jede Anpassung an aktuelle Entwicklungen. Bei Projekten in anderen Bundesländern wurden alle aktuellen Entwicklungen mit einbezogen. Ich glaube, zu Recht sagen zu können, das wäre auch hier sinnvoll gewesen. Die weiteren Abschnitte, wie Lübeck–Bad Kleinen, Schwerin–Bad Kleinen, Bad Kleinen–Rostock, sind nicht untersucht worden. Das müsste ja eigentlich von der bisherigen Logik bedeuten …

(allgemeine Unruhe – Udo Pastörs, NPD: Das interessiert hier gar keinen, was er da redet. Die brubbeln alle nur.)

Kollege Kreher, als Bürgermeister von Bad Kleinen sind Sie immer wieder bei mir vorstellig geworden, weil Sie genau zu dem Thema Informationen haben wollten. Deswegen sage ich es jetzt noch mal ausdrücklich auch in Ihre Richtung.

(Hans Kreher, FDP: Ja, ich bin mit Ihrem Fraktionskollegen auch gerade bei einer wichtigen Sache.)

Ja, ist mir schon klar.

Lübeck–Bad Kleinen, Schwerin–Bad Kleinen und Bad Kleinen–Rostock sind nicht in dem Zusammenhang untersucht worden. Das müsste ja eigentlich bedeuten, wenn man der Logik der Bundesregierung an der Stelle folgen wollte, der Ausbau dort findet wie geplant statt. Dem ist aber nicht so, meine Damen und Herren. Die DB AG plant derzeit bei einer der wichtigsten Teilmaßnahmen, nämlich des Umbaus des Bahnhofs Bad Kleinen, ausschließlich eine Bestandserhaltung ohne Geschwindigkeitserhöhung und verweist dabei auf vom Bund nicht zur Verfügung gestellte Mittel.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist ein Skandal!)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, hier wird mit üblen Methoden gearbeitet. Das muss ich so deutlich sagen.

(Michael Andrejewski, NPD: Aber nicht nur da. – Zurufe von Hans Kreher, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

Das Vorgehen Ramsauers zeigt eins: Das Projekt ist nicht nur auf dem Abstellgleis gelandet …

(Hans Kreher, FDP: Das war nicht nur bei Herrn Ramsauer, das war schon vorher, Herr Minister. Das war schon vorher entschieden, Herr Minister, bevor Ramsauer das Sagen hatte.)

Dann weiß ich nicht, warum Sie immer bei mir aufgeschlagen sind und gefragt haben, wie die aktuelle Entwicklung ist. Aber wir können uns gern nachher noch mal darüber unterhalten.

(Hans Kreher, FDP: Ja. – Udo Pastörs, NPD: Das hat mit seinem Zuruf nichts zu tun, Ihre Antwort gerade.)

Also, das Projekt ist nicht auf dem Abstellgleis gelandet, weil es nicht wirtschaftlich war, es ist dort gelandet, weil es offensichtlich nicht gewollt ist,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ach so ist das!)

und das, obwohl im Koalitionsvertrag des Bundes steht, dass die VDE-Projekte Schiene alle bis 2017 fertig sein sollen. Vermutlich werden auch alle fertig sein, bis auf das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1.

Und auch das mal als Information: Das VDE 1 ist übrigens das einzige der VDE-Projekte, das jemals bis heute einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unterzogen wurde. Die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit sind ein wichtiger Beitrag zur Deutschen Einheit, deswegen hat man sie ja auch so genannt. Ich sage Ihnen: Ein klares Bekenntnis zur Deutschen Einheit sieht anders aus. Ich will jetzt gar nicht auf „Stuttgart 21“ und andere Strecken, die Herr Schulte angesprochen hat, eingehen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe Herrn Raumsauer ziemlich genau das geschrieben, was ich Ihnen hier gerade vorgetragen habe,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Oh, das ist gut.)

und ich kann nur hoffen, dass er sich den Sachargumenten nicht völlig verschließt. Ich sage aber auch ganz offen, meine bisherigen Erfahrungen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in den vergangenen 14 Monaten auch in anderen Zusammenhängen stimmen mich da nicht wirklich optimistisch.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich möchte mir auch nicht einen Hinweis auf das Engagement von Bundestagsabgeordneten verkneifen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ach ja!)

Ich würde darum bitten, dass man nicht nur mit lockeren Sprüchen durch die Gegend zieht, sondern tatsächlich auch in den beiden Regierungsfraktionen im Bund ernsthaft daran arbeitet.

Ich möchte Ihnen auch dazu mal eine Hintergrundinformation erläutern. Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Herr Mücke, FDP, …

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Die Worte hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.)

Hören Sie mal zu, das ist nicht uninteressant.

Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Herr Mücke, FDP, war Gast bei der FDP-Landtagsfraktion unseres Landes in Wismar vor einiger Zeit.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Das ist gar nicht lange her. Da zitiere ich einfach mal einen O-Ton von Herrn Mücke abends im „Nordmagazin“ des Norddeutschen Rundfunds. Er hat dort gesagt: „Die Fertigstellung des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit wird bis 2017 erledigt sein.“ O-Ton „Nordmagazin“, NDR.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Was sind denn solche Reden wert?)

Und jetzt frage ich mich wirklich ernsthaft, was sollen solche Aussagen, denn sie zeigen eigentlich die Glaubwürdigkeit dessen, wie man auf der Bundesebene mit den Problemen hier im Land umgeht. Ich kann an Sie nur appellieren, reden Sie noch mal mit Herrn Mücke, ob er das wirklich ernst gemeint hat

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

oder ob er da zurückgepfiffen worden ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Hans Kreher, FDP: Er kommt demnächst nach Bad Kleinen.)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist ja ein Antrag für den Jahresabschluss. Passend zu Weihnachten wird mit dem Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 ein Thema aufgerufen und eine Forderung aufgemacht, worüber sich alle demokratischen Fraktionen in diesem Hause einig sind.

Aber, meine Damen und Herren, mit der am 11. November durch Bundesverkehrsminister Ramsauer veröffentlichten Bedarfsplanüberprüfung des Bundesverkehrswegeplanes hat er faktisch das gleichzeitige Aus für den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke von Lübeck nach Stralsund bekannt gegeben. Die Strecke sollte mit der Umsetzung des VDE elektrifiziert werden, zweigleisig werden und die Züge mit 160 Kilometer pro Stunde fahren können. Bisher wurde das im Jahr 1991 – Herr Schulte hat ja die Historie dargestellt – begonnene Projekt leider nur in Teilstücken realisiert, und auch uns scheint es so, als sei dieses Verkehrsprojekt weder vom Bund noch von der Bahn zu keinem Zeitpunkt wirklich gewollt.

Und nunmehr nach der neuen Bedarfsplanüberprüfung vom 11.11. rechnet sich die Investition von 211 Millionen Euro angeblich nicht mehr. Der magische Kosten-Nutzen-Faktor liegt auf einmal unterhalb von eins und, darauf hat der Minister verwiesen, es wird wahrscheinlich das erste VDE 1 auf der Schiene sein, was nicht realisiert wird.

Aber, und darauf hat eigentlich auch schon Herr Schulte hingewiesen, die VDE sind ja mal zu dem Zweck beschlossen worden, schnell die verkehrlichen Lücken zwischen Ost und West zu schließen, um letztendlich auch die Lebensverhältnisse anzugleichen. Wie wir inzwischen alle wissen und erlebt haben, kann von schnell in Bezug auf die Umsetzung der VDE sowieso keine Rede sein. Wenn etwas in den zurückliegenden 20 Jahren Deutsche Bundesbahn schnell ging, dann war es die Abkoppelung des Ostens von schnellen Zugverbindungen, der Rückzug der Bahn aus der Fläche, der Personalabbau bei der Bahn und die Ausgliederung der Bahnbetriebswerke. 20 Jahre Deutsche Bahn bedeuten auch immer wieder Preiserhöhungen trotz Ausdünnung der Fahrpläne, Preiserhöhungen trotz Serviceabbau, Preiserhöhungen trotz Vernachlässigung der Infrastruktur und auch die Rücknahme des grundgesetzlichen Versorgungsauftrages der Bahn, die faktische Privatisierung und die Orientierung auf den Börsengang durch diverse bundespolitische Entscheidungen verschiedener Regierungen.