Protocol of the Session on January 31, 2007

Nicht immer war es für uns leicht, Lösungsansätze zu fi nden. Obwohl, und auch das will ich an dieser Stelle betonen, wir insgesamt alle Petitionen einstimmig beschlossen haben. Das gilt sowohl für den Bericht als auch für jede einzelne Petition. Und auch das will ich an dieser Stelle sagen: Wir haben um manche Lösung hart gestritten im Interesse der Petenten. Dieser Streit war immer geprägt von gegenseitiger Achtung und ich hoffe, dass es auch in Zukunft so bleibt.

An dieser Stelle möchte ich einen Ausfl ug in die Geschichte des Petitionsrechtes machen. Rupert Schick, ehemaliger Sekretär des Petitionsausschusses im Deutschen Bundestag, sagte einmal: „Das Petitionsrecht im heutigen Sinne gestaltet Beziehungsfelder zwischen den Wählerinnen und Wählern und den Gewählten, aber auch zwischen dem Parlament und der Regierung. Beide Beziehungen sind für das Gedeihen und die innere Festigung des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates von großer Bedeutung. Die Behandlung der Petition stellt eine eigenständige Aufgabe des Parlaments dar. Sie steht zwar nicht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, kann aber in vielen gestörten Beziehungen zwischen Bürgern und Staat heilen und den Parlamenten wichtige Anregungen für die Ausübung der demokratischen Kontrolle geben.“ Ich füge hinzu: Die im Bericht wiedergegebenen Einzelfälle von Petitionen lassen des Lebens bunte Fülle voll erkennen, die wir als Parlament nicht nur so beiläufi g zur Kenntnis, sondern ernst nehmen sollten.

Von 87 Sitzungen hat der Petitionsausschuss seine letzte am 23. August 2006 und die letzte Ortsbesichtigung am 12. September 2006 durchgeführt. Auch dieser Arbeit, quasi bis zur letzten Minute, hat es der Landtag zu verdanken, dass die heutige Beschlussfassung vorliegt. Noch einmal allen Beteiligten einen Dank.

Dem Bericht ist zu entnehmen, dass wir inklusive Mehrfachpetitionen 80 Eingaben abgeschlossen haben. In 26 Fällen konnte dem Anliegen der Petenten entsprochen werden. Auch das ist aus meiner Sicht ein beachtliches Ergebnis. 8 Petitionen, die sich über das Verhalten der GEZ beschwerten beziehungsweise um Befreiung von der Rundfunkgebührenpfl icht baten, wurden abgeschlossen.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Leider mussten wir diese abschließen, weil nach gegenwärtiger Rechtslage dem Anliegen der Petenten nicht entsprochen werden konnte. Aber genau diese Peti

tionen gaben den Anstoß dafür, dass der Landtag die Landesregierung in seiner Dezembersitzung einstimmig aufgefordert hat, sich für eine Neuregelung der Voraussetzungen einzusetzen. Dieses Ergebnis ist, denke ich, auch im Sinne der Petenten und ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Natürlich prüft der Ausschuss in erster Linie den Einzelfall, prüft das Verhalten der Verwaltung und die Nutzung der in den verschiedenen Gesetzen möglicherweise verankerten Ermessenspielräume. Wenn aber in der Beratung deutlich wird, dass ein Gesetz Lücken hat oder in Einzelfällen zu unbeabsichtigten Härten führt, sollte der Petitionsausschuss meines Erachtens den gesamten Landtag darauf aufmerksam machen und gegebenenfalls Gesetzesänderungen anregen.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

In diesem Sinne werden wir wohl in Zukunft auch über die Frage der Altanschließer im Wasserabgabenbereich und die Erhebung der Zweitwohnungssteuer im Abgabenrecht reden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass Sie unsere Beschlussempfehlung gelesen haben. Für einige Fachbereiche kristallisieren sich Schwerpunkte heraus, die wir gemeinsam ernst nehmen sollten. In diesem Sinne möchte ich um Zustimmung zum vorliegenden Bericht bitten. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Linkspartei.PDS und Dr. Armin Jäger, CDU)

Danke schön, Frau Borchardt.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit fi ndet eine Aussprache nicht statt. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Wir kommen unmittelbar zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfi ehlt in seiner Beschlussempfehlung, die in der Sammelübersicht aufgeführten Petitionen entsprechend den Empfehlungen des Petitionsausschusses abzuschließen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf der Drucksache 5/175 einstimmig angenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktion der NPD hat eine Dringlichkeitssitzung des Ältestenrates beantragt. Ich unterbreche die Sitzung für 30 Minuten.

Unterbrechung: 14.00 Uhr

Wiederbeginn: 14.32 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Entschließung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 – Für ein wettbewerbsfähiges und sozial gerechtes Europa, auf der Drucksache 5/163, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Entschließung „Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Misstrauen und Ängste gegenüber der Europäischen Union abbauen“, auf der Drucksache 5/152. Zum Antrag der

Fraktionen der SPD und CDU liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/197 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Entschließung zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 – Für ein wettbewerbsfähiges und sozial gerechtes Europa – Drucksache 5/163 –

Änderungsantrag der Fraktion der NPD – Drucksache 5/197 –

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Entschließung „Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Misstrauen und Ängste gegenüber der Europäischen Union abbauen“ – Drucksache 5/152 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU hat der Abgeordnete Herr Detlef Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Meine sehr verehrten Damen! – Zwei Damen sind noch da. – Meine Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass wir vollzähliger wären bei so einem, wie ich fi nde, spannenden Thema, aber ich glaube, die Kollegen kommen noch dazu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Sie wissen, dass jedes Mitgliedsland der EU für ein halbes Jahr die Präsidentschaft im Europäischen Rat, dem höchsten Entscheidungsgremium der EU, übernimmt. Deutschland ist im ersten Halbjahr 2007 dran, nun schon zum zwölften Mal, und die Kanzlerin – auch das wissen Sie – hat ja mittlerweile ihre Amtsgeschäfte aufgenommen.

Der Vorsitz in der Europäischen Union ist entgegen mancher Vermutung nicht die Gelegenheit, eigene nationale Interessen besonders gut zu platzieren, sondern eher als Schlichter aufzutreten bei Interessenkonfl ikten zwischen den Mitgliedsstaaten und natürlich auch innerhalb der EU-Organe. Aber er soll natürlich auch dazu beitragen, dass die Arbeit der EU effektiver und erfolgreicher wird. Und da, glaube ich, hat die deutsche Ratspräsidentschaft doch schon ein Zeichen gesetzt, indem sie nämlich versucht, mit den nachfolgenden Ländern, und in diesem Fall sind das ja Portugal und Slowenien, die 18-monatige Triopräsidentschaft zu bilden. – Ein schwieriges Wort. – Die drei versuchen jetzt gemeinsam, die anstehenden Dinge sozusagen vorzubereiten. Das, glaube ich, macht auch eine Menge Sinn, weil sich dadurch eben auch personelle und fachliche Kontinuität einstellt. Und insofern, glaube ich, ist das eine richtig gute Entscheidung.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon gesagt, ein Großteil der Aufgabe der Ratspräsidentschaft ist natürlich von formeller Natur, etwa die Organisation und Leitung der Tagungen sowie die Vorlage von – auch das habe ich bereits angedeutet – Kompromissvorschlägen in strittigen Fällen. Viele von den Vorgängerpräsidentschaften angestoßene politische Prozesse müssen übernommen und weitergeführt werden. Insofern ist, wie gesagt, so eine Zusammenarbeit durchaus zu begrüßen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die deutsche Ratspräsidentschaft fällt in eine Zeit, das wissen Sie, vielschichtiger europäischer und internationaler Herausforderungen an die EU, in ein Spannungsfeld zwischen fortschreitender Globalisierung, weltweiter

Krisenszenarien mit unvermittelt aufkommenden Friedensbedrohungen, eines langfristig angelegten Erweiterungsprozesses und des ins Stocken geratenen Verfassungsprozesses. In der Aussprache werde ich noch zu dem einen oder anderen Thema einiges sagen.

Und weil diese Ratspräsidentschaft eine große Herausforderung für Deutschland ist, fi nde ich es gut, dass wir uns als Parlament hier politisch zu diesem Prozess bekunden, denn unser Bundesland – und darauf hat der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung ja auch hingewiesen – und seine Menschen profi tieren in höchstem Maße von einer leistungsstarken und schlagkräftigen EU. Leider wissen das unsere Menschen immer noch viel zu wenig und insofern sollten wir dieses ändern. Ich bin gespannt auf die jetzt folgende Diskussion. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Müller.

Es hat jetzt das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS der Fraktionsvorsitzende Professor Dr. Methling. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch die Bundesregierung am 1. Januar dieses Jahres hat die Bundesrepublik Deutschland eine große Verantwortung für die Fortführung des europäischen Integrationsprozesses. Während 1957 sechs Länder zu den Gründerstaaten zählten, hat die EU heute 27 Mitgliedsstaaten. Wie wir wissen, haben weitere Länder bereits ihren Beitritt beantragt oder denken über einen solchen Schritt nach.

Es ist unbestritten, dass die Europäische Union einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Teilung Europas geleistet hat und noch leistet. Genauso klar ist aber, dass noch gewaltige Probleme zu lösen sind. Die EU braucht zum Beispiel eine Verfassung. Die Frage ist nur, welche. Angela Merkel hat die Wiederbelebung des Verfassungsvertrages zu einem Schwerpunkt ihrer Amtszeit erklärt. Ein Scheitern der EU-Verfassung sei ein historisches Versäumnis, so die Bundeskanzlerin. Die Ablehnung dieses Verfassungsvertrages in Frankreich und in den Niederlanden stellt jedoch aus Sicht der Fraktion der Linkspartei.PDS vor allem eine historische Chance dar. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ist für eine Verfassung, will aber eben nicht diese.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Vertragsentwurf sind durchaus einige Regelungen, die wir ausdrücklich begrüßen, zum Beispiel, dass die Kompetenzen des EU-Parlaments ausgeweitet werden. Der EU-Kommissionspräsident soll ferner endlich vom Parlament gewählt und nicht mehr in Klüngelrunden der Staats- und Regierungschefs ausgemacht werden.

Es gibt aber auch wesentliche Kritikpunkte, die unsere Zustimmung unmöglich machen beziehungsweise gemacht haben. Ein elementarer Geburtsfehler ist beispielsweise die fehlende Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger. Zum Ratifi zierungsprozess sollte auch ein Referendum gehören. Einige Mitgliedsstaaten haben ein solches durchgeführt. In Deutschland ist eine Volksabstimmung nicht zwingend geboten, verboten ist sie allerdings auch nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

In anderen Ländern wie Luxemburg oder Spanien wurde die Verfassung durch Volksentscheid angenommen. In Deutschland ist übrigens der EU-Verfassungsvertrag nach wie vor nicht ratifi ziert, wie wir wissen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stelle die Frage: Was hindert uns eigentlich daran, in einer solch wichtigen Frage auch ein Referendum durchzuführen? SPD und CDU sollten nicht immer nur von mehr Mitbestimmung reden, sondern diese gelegentlich, aber zumindest bei dieser Angelegenheit auch tatsächlich zulassen. Wir alle beklagen, dass die Identifi kation der Bürgerinnen und Bürger mit der EU erheblich verbessert werden muss. Die Skepsis oder Gleichgültigkeit gegenüber der EU schlägt sich auch bei den Europawahlen nieder. Gingen in Mecklenburg-Vorpommern 1994 noch 65 Prozent zur Wahl, waren es 1999 50 Prozent, 2004 sogar nur noch 45 Prozent. In Bezug auf die soziale, friedliche und ökologische Ausrichtung der EU gibt es große Kritik. Wenn wir die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen, wenn wir sie für die EU gewinnen wollen, dann müssen wir sie endlich an den wesentlichen Entscheidungen der EU auch teilnehmen lassen.

Übrigens konnte auch der eigens einberufene Verfassungskonvent dieses Demokratiedefi zit nicht beseitigen, denn schon seine Mitglieder wurden nicht gewählt. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang den luxemburgischen Premier und ausgesprochenen Europaprotagonisten Jean-Claude Juncker zitieren, der dazu sagte: „Der Konvent ist angekündigt worden als die große Demokratie-Show. Ich habe noch keine dunklere Dunkelkammer gesehen als den Konvent.“

Wir erwarten mit Spannung, wie die Kanzlerin während der deutschen Ratspräsidentschaft den Verfassungsprozess angehen will. Ein einfaches „Weiter so!“ darf es aus unserer und vieler anderer Sicht nicht geben. Ich zitiere die EU-Kommission: „Die EU-Kommission hat eine öffentliche Debatte über die ins Stocken geratene europäische Verfassung angeregt. Sie übte dabei zugleich Kritik an der Herangehensweise der deutschen Ratspräsidentschaft. Die Vizepräsidentin der Brüsseler Behörde, Margot Wallström, sagte der Zeitung ,Die Welt‘, es wäre besser, die Verhandlungen nicht hinter verschlossenen Türen im kleinen Kreis zu führen. Die Diskussion müsse für alle offen sein. Das würde die Akzeptanz in der Öffentlichkeit deutlich verbessern.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erwarten von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auch konstruktive Initiativen für eine nachhaltige Energiepolitik. Absoluten Vorrang müssen dabei die erneuerbaren Energien haben – gerade im Hinblick auf die aktuelle Diskussion über die Abkehr vom Ausstieg aus der Kernenergie oder über die Abhängigkeit Europas vom Öl. Wir fordern klipp und klar: keine Renaissance der Kernkraft! Und es muss auch klar sein, dass die Energieversorgung auf keinen Fall militärisch gesichert werden darf.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Wir unterstützen ausdrücklich das Ziel der Bundesregierung, den Kohlendioxidausstoß zu reduzieren, dabei die Vorreiterrolle in der EU zu übernehmen. Das Schmierentheater allerdings, das wir gegenwärtig auf diesem Gebiet erleben, stinkt sozusagen zum Himmel. Und es ist die reinste Lobbyveranstaltung zum Beispiel für die deutsche Autoindustrie, die einfach den technologischen Fortschritt verschlafen hat. Während Frau Merkel den Klimaschutz zur Überlebensfrage stilisiert, und zwar völlig

berechtigt stilisiert, zieht Wirtschaftsminister Glos alle Register gegen mehr Klimaschutz. Ich zitiere seine Aussage auf der Energiekonferenz: „Ich habe mein Ministerium angewiesen, alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, um die Umsetzung der CO2-Emmissionspläne der EU zu unterbinden.“ Sein Ministerium prüft derzeit gar eine Klage gegen die EU-Kommission. Leider gibt ihm die Bundeskanzlerin entgegen ihren Absichten dafür sogar Rückendeckung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, an dieser Stelle haben Sie die Gelegenheit – und ich bin der Auffassung, auch die Pfl icht –, sich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung den Standpunkt von Bundesumweltminister Gabriel unterstützt, dass der Weg zu einer langfristig gesicherten Stromversorgung bei gleichzeitiger Reduzierung des CO2-Ausstoßes nur über massive Energieeinsparung, vermehrte Nutzung regenerativer Energieträger und vor allem über technologische Innovationen führt.