Protocol of the Session on November 19, 2010

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Insofern, meine ich auch, haben wir wichtige Reformschritte in den letzten Jahren eingeleitet, die ganz klar von Berlin, aber auch mit Mecklenburg-Vorpommern entwickelt worden sind, und wir haben da sicher eine Vorreiterrolle in Europa gespielt. Wer aber künftig mitgestalten will, der muss ganz klar erkennen, dass das Prinzip, nämlich öffentliche Zahlungen für öffentliche Leistungen, konkreter zu gestalten und durchzusetzen ist, ansonsten werden wir keine Legitimation für diesen Bereich haben. Ich finde es richtig, dass die Säulenstruktur bestehen wird, und ich werbe ausdrücklich dafür, dass auch die Ausgleichszulage im Übrigen dann in die erste Säule kommt und damit über die europäische Zahlung abgewickelt wird. Ich stimme der Einschätzung der Kommission zu, dass die vorgeschlagene zweite Option das Modell für Europa insgesamt sein kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, MecklenburgVorpommern hat, glaube ich, hier gute Gründe, um dieses Modell weiter mit zu unterstützen. Aber ein Thema beunruhigt natürlich die Gemüter in den neuen Bundesländern und ich erwarte hier in aller Klarheit nicht nur Lippenbekenntnisse der Bundesregierung, sondern dass jetzt gezielt Maßnahmen dagegen eingeleitet werden, nämlich die sogenannte Kappung oder die Benachteiligung von größeren Unternehmen, die wir im Osten Europas haben. Das betrifft nicht nur die neuen Bundesländer, sondern auch die neuen Beitrittsländer, nämlich dass größenabhängige Benachteiligungen von Unternehmen aus meiner Sicht nicht zu akzeptieren sind, nein, ich lehne sie kategorisch ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Ich will das auch kurz begründen, denn gerade, wenn man den Leistungsbezug, und den wollen wir, jetzt herausstellt für Lebensmittelsicherheit, für Umweltsicherheit, für Tierschutz, aber auch für Beschäftigung, dann ist es aus meiner Sicht nicht zu verantworten, ob die Leistung einer Gesellschaft in einem kleineren Betrieb oder einem größeren Betrieb unabhängig davon bewer

tet wird, sondern ich sage hier ganz klar, wir wollen Gerechtigkeit, und deswegen klare Ablehnung dieser Kappung, wenn sie dann kommen sollte. Für mich ist auch klar, wir haben das Prinzip der Mehrfamilienbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt. Wenn diese Unternehmen Mitarbeiter angemessen entlohnen, sollen aus meiner Sicht diese Betriebe und dürfen sie nicht einseitig benachteiligt werden. Ich erwarte hier noch mal, auch von der CDU/CSU, aber auch von der FDP und insbesondere von der Bundesregierung, eine ganz klare Ansage, dass dieses kategorisch abgelehnt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden insofern in den nächsten Wochen und Monaten eine spannende Diskussion bekommen. Ich hatte auch die Hoffnung im Übrigen, dass sich erste Zahlen und Hinweise in diesem Papier wiederfinden. Es sind keine Zahlen enthalten. Das hängt natürlich auch mit den schwierigen Finanzlagen insgesamt der Europäischen Union zusammen. Aber wir werden insofern im nächsten Jahr spannende Wochen und Monate erleben, wo dann die Bundesregierung ihrer Verantwortung nachkommen muss, nämlich das Finanzbudget mitzugestalten und nicht wie in unserem Bereich im Übrigen einseitige Streichungen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zuzulassen.

Ich glaube, wir haben hier eine gute Grundlage, eine objektive, nach vorn gerichtete Politikdiskussion zu führen, und ich freue mich auf die Auseinandersetzung, aber auch richtungweisenden Beiträge dieses Hauses und darüber hinaus. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Professor Tack. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag stellt den Abschluss der Agrardebatten in dieser Sitzungswoche dar und das ist auch gut so. Wir haben dieses Thema ja bereits mehrfach im Landtag behandelt und jede Partei hat unterschiedliche Positionen zur Weiterführung der GAP nach 2013 dargelegt. Dabei war eine Weiterführung der gemeinschaftlichen Agrarpolitik unter den demokratischen Parteien niemals strittig. Das will ich so unterstreichen, denn es gibt keine vernünftige Alternative dazu. Strittig war und ist aber die Frage, ob ein „Weiter so!“ oder ob eine stärkere ökologische und soziale Ausrichtung der Agrarförderung der Europäischen Union der richtige Weg in die Zukunft sei.

Wir sind uns im Wesentlichen darüber einig, dass eine leistungsfähige, wettbewerbsfähige Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung für die Erhaltung lebenswerter ländlicher Räume ist. Das ist etwas, was für unser Land von ganz ausschlaggebender Bedeutung ist. Das brauche ich nach den gestrigen Beratungen nicht weiter zu vertiefen. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts verlangen der Landwirtschaft entscheidende Beiträge zur Bewältigung des Klimawandels und des Bevölkerungswachstums in der Welt ab. Aber auch dem demografischen Wandel ist gerecht zu werden. Einer bis auf neun Milliarden wachsenden Weltbevölkerung im Jahre 2050 stehen gleichbleibende oder sich ständig verringernde Boden- und Wasserressourcen gegen

über. Daraus folgend muss sich die Landwirtschaft heute mehr denn je dem Schutz der Umwelt und der Erhaltung der Artenvielfalt stellen.

Es ist deshalb ein Trugschluss zu glauben, dass wir in einer sich ständig ändernden Welt die Agrarpolitik gleich bleiben lassen können. Die Vorschläge von Kommissar Cioloş beinhalten ganz klar eine Neuausrichtung der Agrarpolitik, die wir in Grundzügen, nicht in allem begrüßen. Uns geht es auch so wie der Kommission um ein umweltfreundliches Wachstum im Agrarsektor und der ländlichen Wirtschaft zur Verbesserung des Wohlergehens durch wirtschaftliches Wachstum unter Vermeidung von Umweltschäden.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Einem „Weiter so!“ haben wir schon im Vorfeld dieser Veröffentlichung entgegengehalten, dass damit weder die nötige Akzeptanz der gemeinsamen Agrarpolitik durch die Bevölkerung, durch den Steuerzahler erreicht wird noch die Aufgaben der Zukunft zu lösen sind.

Ich will drei Schwerpunkte einer ersten Bewertung der Vorschläge kurz anreißen:

Der erste ist die Frage, wie viel Geld in den Topf der EU für den Agrarhaushalt künftig hineinkommt und wie dieses unter den EU-Staaten aufgeteilt wird. Es gibt hier – und der Minister hat das gesagt – noch keine Zahlenvorstellungen der Kommission, aber wir sind uns angesichts der Situation und der Haushaltsdebatte der Europäischen Union darüber im Klaren, dass ein Erreichen des jetzigen Niveaus der Mittel schon ein sehr hohes Ziel wäre. Selbst das setzt eine höhere Akzeptanz der Steuerzahler für die Agrarpolitik voraus. Minister Dr. Backhaus hat dazu eine ganze Reihe von Ausführungen gemacht.

Zum anderen reden jetzt 27 Staaten über die Aufteilung der Mittel mit und die Europäische Union hat die Aufgabe, diese Mittel zur gleichmäßigen Entwicklung aller Mitgliedsstaaten einzusetzen. Dabei empfinde ich den Ansatz des Papiers, die Kohärenz zwischen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes und den anderen EU-Politiken zu verstärken und einen gemeinsamen strategischen Rahmen für die EU-Fonds zu schaffen, als richtig und zukunftsweisend.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Der zweite Schwerpunkt ist für mich die inhaltliche Ausrichtung der Förderung. Meine Fraktion sieht auch in der Option zwei des Kommissionsvorschlages mit der Orientierung auf eine höhere Nachhaltigkeit die Perspektive der künftigen gemeinsamen Agrarpolitik.

(Ute Schildt, SPD: Na, dann sind wir uns einig.)

Neben der entwickelten Basisprämie für alle Betriebe sollen aus unserer Sicht Betriebe, die für die Gesellschaft zusätzliche ökologische Leistungen bereitstellen, die der sogenannte Markt nicht vergütet, mehr Geld bekommen. Ich würde mich sehr freuen, wenn solche Betriebe, wie die Agrargenossenschaft Bartelshagen I mit Wilfried Lenschow an der Spitze, der als konventionell arbeitender Betrieb mit vielen Angestellten zahlreiche zusätzliche Naturschutzleistungen erbringen wird, künftig mehr Geld erhält als vielleicht ein reiner – in Anführungsstrichen – Marktfruchtanbauer.

Eine Katastrophe aber wäre die Kappung von Direktzahlungen durch Einführung von Obergrenzen für unsere großen Genossenschaften und andere Mehrfamilienbetriebe.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das stimmt, das wäre schrecklich.)

Auf jeden Fall bin ich dafür, den Gedankenansatz der Kommission zur Berücksichtigung der entlohnten Arbeit weiterzuführen.

Ein dritter Schwerpunkt ist für mich das Tempo, mit dem die Neugestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik vorgenommen werden soll. Ich habe mich hier bereits mehrfach dafür ausgesprochen, dass wir in diesem sensiblen Bereich der Agrarförderung, der in einigen Betrieben derzeit bis zu 60 Prozent des Einkommens ausmacht, es auf ein sehr behutsames Tempo bringen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Sehr richtig. Sehr richtig.)

Ich halte Übergangszeiten, und das habe ich in einer vorherigen Debatte bereits auch zum Ausdruck gebracht, bis zum Jahr 2020 für angemessen. Wir brauchen angemessene Lösungen und Tempi, mit denen alle im ländlichen Raum leben können, damit das Land eine Zukunft hat.

Und was soll man hier heute beschließen? Wir sollten uns auf konstruktive Debatten im Agrarausschuss verständigen. Deshalb empfehle ich, diesen wichtigen Antrag, der hier heute vorliegt, der ja lautet „Erste Bewertung von Vorschlägen zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013“, am Ende der Debatte als erledigt zu erklären. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Sehr gut.)

Danke, Herr Professor Tack.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gemeinsame europäische Agrarpolitik scheint ein Dauerbrenner zu sein.

(Udo Pastörs, NPD: Es brennt ständig.)

Frau Schlupp hat es schon bei der Einführung gesagt, mit den Reformen 1992 sind wir in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess. Inzwischen 27 Länder in der Europäischen Union erwarten Gerechtigkeit, erwarten Vergleichbarkeit von Bedingungen und eine gleichberechtigte Entwicklungsmöglichkeit für ihre Länder.

Meine Damen und Herren, wenn jetzt die ersten Vorschläge der Kommission vorliegen, dann sind die Herausforderungen, denen wir uns alle gemeinsam stellen müssen, zunächst die Probleme der Lebensmittelsicherheit zu bewältigen, die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen und die Entwicklung des territorialen, des ländlichen Raumes gleichberechtigt vornehmen zu können. Und deshalb mussten die Ziele formuliert werden, die in einer verlässlichen Produktion von Lebensmitteln und einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion gesehen werden, die eine nachhaltige Verwaltung der natürlichen Res

sourcen zum Inhalt haben und eine ausgeglichene territoriale Entwicklung mit den Instrumenten der Entwicklung des ländlichen Raumes in der Gänze des Sozialen, ökologisch, aber auch infrastrukturell.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns einer Wahrheit stellen. Wir werden ein Agrarbudget, wie wir es bisher hatten, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zur Verfügung haben.

(Angelika Peters, SPD: Dann hält man auch keine Versprechungen.)

Es gibt zusätzliche Aufgaben, die europäisch gemeistert werden müssen, und ich spreche immer von einem Tischtuch, an dem viele ziehen.

(Michael Andrejewski, NPD: Und wir bezahlen das Tischtuch.)

Es sind neue Aufgaben dazugekommen, die transeuropäischen Verkehrsnetze, die bewältigt werden müssen, Bildungsausgaben, aber auch außen- und sicherheitspolitische Aufgaben, die zusätzliche Mittel notwendig machen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, wir haben’s doch.)

Und wenn aus den Haushalten nicht mehr zur Verfügung steht, wird die Verteilung sich etwas verändern.

Unser Ziel ist es, und das haben auch meine Vorredner, alle drei, unterstrichen, dass wir ein möglichst großes Budget zur Verfügung behalten, und das ist wichtig, dass auch von Deutschland dieses Signal ausgeht, dass wir dazu stehen.

Deshalb, meine Damen und Herren, sind auch die Meinungen, „Allens bliwwt bin ollen“

(Angelika Peters, SPD: Geht nicht. Geht nicht.)

und „Wir müssen unsere Forderungen ganz einfach stark genug zum Ausdruck bringen“, von vornherein unrealistisch. Wir werden aber auch, dem müssen wir uns stellen, eine weitere Liberalisierung der Märkte erfahren in den nächsten Jahren, darauf müssen wir uns einstellen,