Protocol of the Session on November 19, 2010

Und was es an Selbstständigenförderungs programmen gibt, da gibt es keine Verbindung zwischen der Leistungsabteilung und diesen Förderprogrammen. Und an dieser mangelnden Koordination scheitert die Betreuung der Selbstständigen, die in der Tat reiner Willkür ausgesetzt sind, und man macht sich besser nicht selbstständig in diesem Land, solange Hartz IV existiert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rühs. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir bereits gehört haben, gibt es in unserem Bundesland zurzeit 4.217 Bezieher von Arbeitslosengeld II unter den Selbstständigen. Es ist absolut richtig, dass die Selbstständigen, deren Einkommen aus ihrer Tätigkeit nicht zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes ausreicht, einen Anspruch auf Ergänzung ihres Einkommens bis zur Höhe des Existenzminimums haben. Damit wird auch den Menschen, die sich selbstständig machen wollen, die Angst vor der Zeit genommen, in der ihr erzieltes Einkommen aus der Selbstständigkeit noch nicht ausreichend ist. Auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht ist diese Förderung daher sinnvoll.

Das ist auch der Grund, warum nach dem Arbeitslosengeld II die Existenzsicherung für diese Selbstständigen übernommen wird. Allerdings hat der Wirtschaftsminister bereits richtig ausgeführt, dass diese Aufstockung nur für Bedürftige im Sinne des Gesetzes gilt. Das ist, wie bei den Aufstockern im Angestelltenverhältnis, nur für den Betrag möglich, der das Einkommen auf das Niveau des Arbeitslosengeldes II aufstockt.

Nun aber zu den Forderungen in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE.

In den ersten beiden Punkten fordern Sie die Landesregierung dazu auf, eine Verbesserung der Betreuung und eine zeitnahe beziehungsweise sofortige Vollstreckung

von Beschlüssen auf Bundesebene geltend zu machen. Wir haben bereits gehört, was für hoch qualifizierte Mitarbeiter in den Grundsicherungsstellen als spezialisierte Mitarbeiter für die Betreuung der Selbstständigen zuständig sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Aber nicht nach Leistungsverteilung.)

Dass natürlich nicht unabhängig von der Größe der Organisation jeweils ein ganzes Team gebildet werden kann, erklärt sich durch die Anzahl der jeweils zu betreuenden Fälle. Wenn ich aber die hohen Anforderungen an die Betreuung Selbstständiger ansehe, so kann ich eine Forderung nach der Verbesserung der Betreuungsqualität nicht nachvollziehen. Zum Teil werden sogar neue Mitarbeiter mit speziellen Kenntnissen der Betriebswirtschaft eingestellt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Zum Teil!)

Ja, zurzeit.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Zum Teil!)

Das spricht meiner Meinung nach für die hohe Qualität der Betreuung. Sollte es in Einzelfällen natürlich Grund zur Klage geben, Frau Borchardt, da stimme ich Ihnen zu, dann muss dem nachgegangen werden.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Er differenziert wenigstens.)

Auch die Forderung nach der Beschleunigung

(Egbert Liskow, CDU: Dafür ist er auch der Redner.)

der Bearbeitung ist angesichts der Gesetzeslage überraschend. Im Antrag selbst wird schon festgestellt, dass gemäß dem Sozialgerichtsgesetz diese Entscheidungen sofort zu vollstrecken sind. Daran halten sich natürlich die Argen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ach so!)

Ja, daran halten sich die Argen. Das denke ich schon.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Richtig so, Herr Rühs, natürlich. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: In der Regel.)

In der Regel.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Lassen Sie sich von Frau Borchardt nicht aus dem Konzept bringen. – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Michael Andrejewski, NPD)

Ich lasse mich gern auf eine Diskussion ein, Frau Borchardt, aber vielleicht wäre es besser, ich würde meine Ausführungen zunächst beenden.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Gemäß der Regionaldirektion Nord sind daher, wie ausgeführt, keine Probleme in diesem Bereich bekannt.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Ich habe mich natürlich erkundigt, bevor ich das sage.

Die von Ihnen unter 3. aufgestellte Forderung verblüfft mich etwas. Hier scheinen Sie wohl die Selbstständigen mit ergänzendem Leistungsbezug zu sehr mit den anderen Leistungsberechtigten nach dem SGB II in einen Topf zu werfen.

(Egbert Liskow, CDU: Das macht sie immer gerne.)

Den Eindruck habe ich.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das habe ich nicht gemacht. Entschuldigung!)

Warum, so frage ich Sie, sollen denn Selbstständige mit ergänzendem Leistungsbezug anders betreut werden als andere Selbstständige? Denn wie bekannt ist, besteht für Existenzgründer und Selbstständige bereits ein breites Leistungs- und Förderspektrum, das Maßnahmen wie Beratungsleistungen im Rahmen des geförderten Gründercoachings, Beratungsleistungen zur Behebung von Managementdefiziten sowie die Beratungsdienste der Kammern umfasst. All diese Beratungsmöglichkeiten stehen natürlich auch Selbstständigen mit ergänzendem Bezug offen. Warum nun für Sie eine Duplizierung dieser Angebote gerade durch die Arge notwendig ist, erkenne ich nicht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Weil jeder Mensch gleich ist.)

Vielmehr sollten doch die Spezialisten, die sich bereits in den genannten Coachingmöglichkeiten auskennen, diese für alle Selbstständigen anbieten. Die gesamte Infrastruktur noch einmal von den Argen bereitstellen zu lassen, wäre nicht nur eine Duplizierung, sondern in dem genannten Umfang auch gar nicht realisierbar. Sie sehen also, dass die Landesregierung ihren Einfluss auf die genannten Punkte nicht geltend machen muss.

Nun zu Ihrer Forderung, die Anerkennung steuerrechtlicher Vorschriften im Rahmen der Berücksichtigung von Ausgaben als selbstständige Arbeit nach dem SGB II zu prüfen. Es wurde hier bereits dargelegt, warum die Neuregelung in der seit dem 01.01.2008 geltenden Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung sinnvoll ist. Einerseits ist die jetzt erfolgte Methode exakter. Warum von dem Arbeitseinkommen auch nicht notwendige und gegebenenfalls nicht getätigte Ausgaben abgeschrieben werden konnten, ist unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht nachzuvollziehen gewesen. Dass die Neuregelung nur noch tatsächlich geleistete und notwendige Ausgaben als abziehbar anerkennt, ist insofern richtig und gerecht.

Die Möglichkeit, die Höhe der Leistungen unmittelbar im Anschluss an den Bewilligungszeitraum festzulegen, ist auch für die Leistungsberechtigten ein Vorteil. Niemand hat etwas davon, dass mögliche Überzahlungen nach langfristigen Bearbeitungszeiten wieder zurückgefordert werden. Ich stimme daher mit den vom Wirtschaftsminister ausgeführten Einschätzungen überein, dass diese Regelung nicht infrage zu stellen ist. Auch ein eigener Länderbericht zu diesem Punkt ist angesichts der Tatsache, dass diese Daten bereits im Rahmen der Arbeitsmarktforschung des Bundes erhoben werden, überflüssig. Dadurch, dass der gleiche Sach verhalt zweimal analysiert wird, wird die Situation nicht beeinflusst, sondern es wird nur mehr Geld ausgegeben.

Sie sehen, ich habe eine Begründung geliefert, warum wir diesen Antrag ablehnen, und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Danke schön, Herr Abgeordneter Rühs.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Koplin. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich auf den Redebeitrag des Wirtschaftsministers beziehen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sie haben die Auseinandersetzung mit unserem Antrag genutzt, um „Einfach anfangen“ noch mal so richtig madig zu machen. Darauf muss ich einfach eingehen, weil wir auch mit dem Abstand von Jahren es für richtig und vernünftig halten, „Einfach anfangen“ in die Welt gebracht zu haben, denn „Einfach anfangen“ steht für Mut machen, „Einfach anfangen“ steht für eigene Potenziale heben, „Einfach anfangen“ steht für sich nicht unterkriegen lassen und „Einfach anfangen“ steht für sich nicht einigeln und einrichten im Hilfebezug. Und wie oft führen Sie hier ins Feld, dass es so viele gäbe, die sich einrichten, die sagen, man könne ja doch nichts machen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Für all diejenigen haben wir eine Botschaft gesandt und gesagt: „Einfach anfangen“. Und „Einfach anfangen“ aus Sicht der Politik, Herr Minister, heißt, wir sind zuständig. Und ich erwarte …

(Unruhe bei Minister Jürgen Seidel)

Nein, das ist nicht falsch. Ich sehe Sie da in der Verantwortung.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sie sind zuständig, Sie sind zuständig für alle Selbstständigen in diesem Land, für alle.

Herr Koplin, Herr Minister, keine Dialoge hier von der Regierungsbank und dem Pult. Sie als Minister können jederzeit ans Pult treten.