Protocol of the Session on November 17, 2010

(Torsten Renz, CDU: Nur, dass Sie das nicht gewusst haben.)

Meine Damen und Herren, dass Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen – und das finde ich schon auf der anderen Seite wieder beachtenswert beziehungsweise macht es mich nachdenklich – gegen Korruption noch nicht unterzeichnet hat, ist an dieser Stelle, glaube ich, eine Schwachstelle, wo wir gemeinsam auch Handlungsbedarf sehen sollten. Warum das bisher nicht geschehen ist, ist mir unverständlich.

(Udo Pastörs, NPD: Fragen Sie mal nach!)

Und kommen wir noch zum letzten Punkt: die Änderung von Paragraf 108 StGB, „Abgeordnetenbestechung“. Seit seiner Einführung im Jahre 1994 hat es bisher – in 16 Jahren also – nur eine einzige Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen diesen Paragrafen gegeben. Nun kann man sagen, das liegt vielleicht daran, dass wirklich

keine Bestechungen vorgelegen haben, und das wäre jetzt positiv gesehen. Man kann es aber auch von einer anderen Seite betrachten, nämlich von der Warte, dass vielleicht dieser Paragraf nicht alle Tatbestände erfasst beziehungsweise er in der praktischen Handhabung sozusagen nicht anwendbar ist.

(Torsten Renz, CDU: Und was ist Ihre Auffassung?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns ganz unaufgeregt diese Fragen diskutieren, Schlussfolgerungen ziehen und somit das Vertrauen zu uns selbst, zu den Politikerinnen und Politikern dieses Landes auch in Bezug auf die Frage der Bestechlichkeit, der Korruption weiter verstärken und dafür auch in der Öffentlichkeit werben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten die Justizministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Kuder. Frau Kuder, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich rede für den Innenminister des Landes.

(Sebastian Ratjen, FDP: Du siehst viel besser aus. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, danke.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Transparenz ausbauen – Korruption vorbeugen“ beleuchtet ein sehr ernstes und sehr umfangreiches Thema, umfasst es doch neben der von Ihnen thematisierten Abgeordnetenbestechung auch viele andere Straftaten im Amt, wie zum Beispiel Bestechung und Bestechlichkeit oder auch Rechtsbeugung.

Den Anstoß für diesen Antrag und damit die Fokussierung auf die Abgeordnetenbestechung gab offenbar der Korruptionswahrnehmungsindex 2010 von Transparency International Deutschland. Dieser Index listet insgesamt 180 Staaten nach dem Grad der bei Amtsträgern und Politikern wahrgenommenen Korruption auf. Objektive Zahlen liegen dem Bericht also nicht zugrunde. Die Bundesrepublik Deutschland belegt dabei den 15. Platz. Als einen Grund für die Platzierung nennt die Organisation die aus ihrer Sicht unzureichende Regelung der Abgeordnetenbestechung.

Ebenso wie Sie in Ihrem Antrag zitiert auch Transparency International aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6. Mai 2006. Darin hat das Gericht den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung nach Paragraf 108e Strafgesetzbuch als „symbolische Gesetzgebung“ bezeichnet. 1994 ursprünglich als wegweisende neue Vorschrift eingeführt, sei die Ausweitung der Strafbarkeit von korruptivem Verhalten an diesem Tatbestand vorbeigegangen. Er sei nicht geeignet, alle strafwürdigen Verhaltensweisen zu erfassen. Das gelte, so der BGH, insbesondere im kommunalen Bereich, weil sich die Tätigkeit in einer Kommunalvertretung kaum von der in der Kommunalverwaltung unterscheide.

Meine Damen und Herren, so viel zur Darstellung der momentanen Situation. Daraus leitet die Fraktion DIE LINKE dringenden Handlungsbedarf für MecklenburgVorpommern ab. Dieser bestehe sowohl für die Bediensteten des Landes als auch für die Abgeordneten des Landtages.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Und die Kommunalebene.)

Ob sich dieses Hohe Haus strengere Verhaltensregeln auferlegen möchte, habe ich – denken Sie mich jetzt als Innenminister – nicht zu beurteilen. Ich bin jedoch für die Prävention und Bekämpfung von Korruption in der Verwaltung zuständig. Deswegen werde ich meine Ausführungen auf diesen Teil Ihres Antrages begrenzen.

Zunächst muss ich der Schlussfolgerung der Linksfraktion entschieden widersprechen. Die Landesregierung nutzt all ihre zur Verfügung stehenden Mittel, um Korruption innerhalb der Verwaltung wirkungsvoll entgegenzuwirken. Ich betone ausdrücklich, dass der ganz, ganz überwiegende Teil der Beschäftigten im öffentlichen Dienst seine Pflichten gegenüber dem Staat loyal erfüllt und seine Aufgaben unparteiisch, gerecht und zum Wohle der Allgemeinheit wahrnimmt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das haben wir auch nicht in Zweifel gestellt.)

Die wenigen jedoch, die korrupt sind, schaden nicht nur dem Ansehen des öffentlichen Dienstes insgesamt, sondern verursachen auch einen beträchtlichen materiellen Schaden zu Lasten der Allgemeinheit. Deshalb setzen wir alles daran, solche Beschäftigen zu überführen und ihnen gegenüber die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

(Udo Pastörs, NPD: Solche Beschäftigten zu überführen.)

Auch vor diesem Hintergrund hat die Innenministerkonferenz am 19.11.2004 die Rahmenempfehlungen „Grundsätze für Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatische Schenkungen zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben“ beschlossen.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Wie Sie auch der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Barbara Borchardt vom 14.10.2010 entnehmen können, hat die Landesregierung diese Rahmenempfehlung bereits am 23. August 2005 durch die Verwaltungsvorschrift zur Bekämpfung von Korruption in der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt. Diese Verwaltungsvorschrift enthält unter anderem detaillierte Regelungen zur Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zur Prävention und zum Verhalten bei Korruptionsverdacht. So sind alle Beschäftigten bei Dienstantritt über den Unrechtsgehalt der Korruption und ihre dienst- und strafrechtlichen Folgen zu belehren. Diese Belehrung ist jährlich zu wiederholen.

(Udo Pastörs, NPD: Es gibt auch Unbelehrbare.)

Die Belehrung umfasst selbstverständlich auch das Verbot, Geschenke und Belohnungen anzunehmen.

In der Verwaltungsvorschrift wurden besonders korruptionsgefährdete Bereiche definiert. Dazu gehört natürlich jedes Vergabeverfahren. Wir wirken darauf hin, dass die Beschäftigten in solchen gefährdeten Bereichen nur eine begrenzte Zeit eingesetzt werden. Darüber hinaus sind

bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen Vorbereitung, Planung und Bedarfsbeschreibung einerseits und die Durchführung des Vergabeverfahrens andererseits organisatorisch zu trennen. Auch die spätere Abrechnung ist wiederum von einem anderen Beschäftigten vorzunehmen. Durch diese Maßnahmen vermeiden wir, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Bietern unter Druck gesetzt werden können.

(Udo Pastörs, NPD: Das versuchen wir zu vermeiden.)

Sollte jemand trotzdem einen Kollegen in Verdacht haben, ist er verpflichtet, sich an seinen Dienstvorgesetzten oder den Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge zu wenden. Ergeben sich daraufhin tatsächliche Anhaltspunkte für Korruption, ist unverzüglich die Polizei oder die Staatsanwaltschaft zu informieren.

(allgemeine Unruhe – Udo Pastörs, NPD: Ja, die interessieren sich nicht, sehr unhöflich, aber es ist so. Ich höre zu.)

Sollte sich der Verdacht als begründet erweisen, hat der betroffene Mitarbeiter neben strafrechtlichen Konsequenzen auch mit einem disziplinar- oder arbeitsrechtlichen Verfahren zu rechnen.

Ich wiederhole mich da gern: Die Landesregierung duldet keinen korrupten Mitarbeiter in ihrer Verwaltung.

(Stefan Köster, NPD: Und in der Regierung?)

Wir möchten, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sich jederzeit darauf verlassen können, dass Verwaltungsentscheidungen ausschließlich aufgrund objektiver Kriterien getroffen werden.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bestechlichkeit in der Verwaltung ist aber nur die eine Seite. Wie aber sieht es in den Parlamenten und Vertretungen aus? Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich die unzureichenden Regelungen für die Mitglieder in kommunalen Vertretungen gerügt. Auch hier muss ich vorab betonen, dass die ganz, ganz deutliche Mehrheit der kommunalen Vertreter ausschließlich zum Wohle ihrer Gemeinde, ihres Kreises oder ihres Amtes arbeitet.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Niemand wird beispielsweise Gemeindevertreter, um sich persönlich zu bereichern. In der Kommunalverfassung sorgen Mitwirkungsverbote und Regelungen zur Unvereinbarkeit von Amt und Mandat dafür, dass sich kein Gemeindevertreter angreifbar macht.

(allgemeine Unruhe)

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, erarbeitet die Landesregierung gerade die Novelle der Kommunalverfassung. Nach dem momentanen Stand des Beratungsverfahrens ist vorgesehen, Regelungen über die Einwerbung von Spenden aufzunehmen. Es soll ein rechtlich einwandfreies, vor allem aber transparentes Verfahren eingeführt werden. Wir gehen von dem Grundsatz aus, dass nur der Bürgermeister oder sein Stellvertreter Spenden einwerben darf.

Frau Ministerin, einen kleinen Moment.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist zwar spät am Abend,

(Udo Pastörs, NPD: Es ist zwar langweilig, aber halten Sie Ruhe!)

aber ich denke, wenn hier Dialoge geführt werden, dann kann man das auch draußen machen. Es ist für den Redner oder die Rednerin sehr schwierig, hier vorne sich in der Debatte zu konzentrieren.

Bitte schön, Frau Ministerin.

Ja, vielen Dank, Herr Präsident.

Die endgültige Entscheidung über die Annahme soll jedoch die Gemeindevertretung treffen. Dabei geht es nicht darum, den Bürgermeister oder seinen Stellvertreter zu bevormunden, vielmehr wollen wir Rechtssicherheit schaffen.